Du musst nach Indien! (eBook)
304 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7481-1362-1 (ISBN)
Tina Vogt, geboren 1971 in Niederbayern, ist promovierte Zoologin und passionierte Globetrotterin. Sie lebt und arbeitet meist in den Tropen Asiens und Afrikas, derzeit in Liberia, wo sie sich zusammen mit ihrem Mann im internationalen Naturschutz engagiert und um den Schutz und Erhalt vom Aussterben bedrohter Tierarten, speziell des Waldelefanten kämpft. Auch privat reist sie gerne und interessiert sich besonders für Yoga, Meditation, östliche Spiritualität und damit vor allem für Indien. Schon lange verspürte sie den Wunsch, über ihre faszinierenden Erlebnisse und skurrilen Abenteuer zu schreiben, doch fand sie dafür aufgrund ihres sehr zeitintensiven Berufs kaum Gelegenheit. Bis sich diese in Form einer völlig unerwarteten, eher unfreiwilligen Auszeit bot, in der sie sich, einer inneren Stimme folgend, auf unbestimmte Zeit nach Indien begab. Der Bericht über diese außergewöhnliche und inspirierende Reise ist Tina Vogts erstes Buch.
2 Reisen
Ich liebe es, zu reisen! Die internationale, brodelnde Atmosphäre an den Flughäfen, das globale Flair, das Abenteuer, Exotik und Unternehmungslust versprüht. All das ruft bei mir ein übermütiges, aufregendes Bauchkribbeln hervor und versetzt mich in Euphorie. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich als Naturschützerin hinsichtlich des CO2-Abdruckes bei der Fliegerei ein erstaunlich reines Gewissen habe. Politisch korrekt wäre, so zu tun, als ob dies nicht nur die Umwelt, sondern auch mich massiv belasten würde. Ich könnte irgendetwas Unsinniges von mir geben, wie etwa "Ich weiß mein Verhalten trägt zur Umweltkatastrophe bei und deswegen plagt mich das schlechte Gewissen, aber ich fliege für mein Leben gern..." blablabla - gähn. Das wäre nicht nur geheuchelt, sondern kompletter Quatsch – wozu sollte diese falsche Moral gut sein? Damit ist überhaupt niemandem gedient – weder der Umwelt, noch mir selbst. Es wäre nur eines dieser Pseudo-Hintertürchen, das mir und anderen vorgaukeln soll, ein guter, verantwortungsbewusster Mensch zu sein. Ohne grünes Gewissen ins Flugzeug zu steigen wird verdammt, nachdenklich mit sorgenvollen Öko-Stirnfalten an Bord zu gehen gilt als salonfähig. Nein, ich stehe voll und ganz hinter meiner peinlichen Skrupellosigkeit. Nicht dass es mir Spaß machen würde, die Umwelt zu verpesten, aber dieses Wissen kann mich einfach nicht davon abhalten zu reisen. Ich fliege für mein Leben gerne. Nirgends fühle ich mich der Schöpfung, den Sternenwesen so nahe wie über den Wolken. Hier oben eröffnen sich ganz neue Perspektiven, die den Geist beflügeln und einen Einblick in die Ewigkeit gewähren. Scheinbar mühelos schwebt man dahin und gleitet elegant der Unendlichkeit entgegen, vorbei an schneeweißen Wattebergen, die sich wie im Wettbewerb in die Höhe schrauben, lichtdurchflutet von der strahlenden Sonne. Besonders faszinieren mich Nachtflüge gen Osten, in die Morgendämmerung hinein. Wer schon einmal einen Sonnenaufgang über den Wolken erlebt hat, das berührende Farbschauspiel um das zarte Orange der Babysonne, der weiß, welch erhabenes Gefühl die Schönheit der Schöpfung in einem hervorrufen kann.
Nun ist es also wieder soweit - mein spirituelles Abenteuer beginnt! Zu meiner Ernüchterung gleich mal mit Hindernissen. Auf der Fahrt zum Flughafen geraten wir in einen völlig überflüssigen Stau, brauchen für zwei Kilometer eine knappe Stunde. Ich sitze wie auf Kohlen - sollte das ganze Unternehmen jetzt schon zum Scheitern verurteilt sein? Und was wäre das für eine Botschaft vom Universum? Sofort springt Ratio helfend ein, analysiert den Kosmos und führt daraufhin eine Palette denkbarer Erklärungen an – bis sich der Stau unvermittelt auflöst, und wir es, sogar ohne sämtliche Radarfallen herauszufordern, noch rechtzeitig zum Flughafen schaffen. Vielleicht war die Botschaft ganz simpel: Vertrauen. Oder es gab überhaupt keine Botschaft, man muss ja nicht immer alles deuten müssen.
Nun aber nichts wie rein, in den Terminal, und zum Abflugschalter! Das gibt’s nicht – schon wartet der nächste Stau auf mich! Diesmal in Form von Horden von Arabern, die wild durcheinanderredend die ganze Abflughalle zu blockieren scheinen. Soviel zu brodelnder Flughafenatmosphäre. Ich kämpfe mich durch, zum Teil rücksichtslos, was eigentlich nicht meine Art, jetzt aber die einzige Methode ist, um nach Indien zu kommen. Blöderweise liegt der Schalter meiner Airline genau am anderen Ende der Halle. In dem Geschiebe und Gedränge entdecke ich plötzlich zu meiner Linken den Wrap-Service, wo man seine Gepäckstücke in Plastikfolie einwickeln lassen kann. Bei Rucksäcken unbedingt zu empfehlen! Es kursieren Gerüchte über Diebstähle oder, noch schlimmer, Drogen, die per leicht zugänglichem Gepäck geschmuggelt werden, und wenn du dann in einem Land mit Todesstrafe auf Drogenbesitz erwischt wirst, bist du im Arsch. Selbstredend lasse ich meinen Rucksack stets verpacken, so auch diesmal. Das heißt, das wollte ich, doch die Menge schiebt mich gnadenlos außer Reichweite daran vorbei, keine Chance auf Entkommen. Fieberhaft sucht Ratio nach einer Lösung - eventuell lauthals verkünden, dass es in der Moschee Freibier gibt (alkoholfrei, versteht sich)? Gute Idee, doch ob wir damit genügend Leute aus der Halle weglocken können, steht in den Sternen. Dem Andrang bei der Wickelstation zufolge wohl eher nicht, denn scheinbar schätzen auch eine Million Araber Sicherheit beim Reisen und hatten dieselbe Idee wie ich. Man muss ja Prioritäten setzen - Bombenfreiheit statt Freibier! Sie nehmen es wirklich ernst und lassen sogar Hartschalenkoffer einschweißen! Meine Güte, welch Plastikverschwendung! Ich bin bestimmt kein Rassist, aber das finde ich nun nicht in Ordnung, (a) natürlich wegen der Umwelt und (b) weil mein eigenes Sicherheitsrisiko dadurch unnötig erhöht wird. Ratio nimmt uns vor, das nächste Mal bereits vier Stunden vor Abflug am Terminal zu sein (alternativ könnte man dort übernachten), und vorab im Internet alle Eingänge sowie die genaue Position von Abfertigungsschalter und Wrap-Maschine zu recherchieren. Ok, machen wir. Jetzt aber Augen zu und Vertrauen – wenn sie mich irgendwo mit Drogen erwischen, dann stelle ich mich einfach blöd, verweise auf das Universum, behaupte, noch nie Drogen genommen zu haben, was ist das überhaupt, und werde im Notfall schließlich meine Ware zum Kauf anbieten – natürlich zum Schleuderpreis. In vielen Ländern soll man damit ganz gut durch kommen, man macht einfach einen kleinen Deal und schon flutscht es. Je korrupter ein Land, desto besser natürlich. Nicht überall auf der Welt nämlich gehört Bestechlichkeit zu den Schimpfwörtern, sondern vielerorts zum guten Ton. Auch Indien dürfte in dieser Hinsicht sehr vielversprechend sein, kein Grund zur Sorge also, dort werde ich meine hypothetischen Drogen schon loswerden. Und somit, anstatt im Knast oder gleich am Galgen zu landen, sogar noch die Reisekasse aufstocken!
Entgegen aller Wahrscheinlichkeit erreiche ich irgendwann tatsächlich den Abfertigungsschalter meiner Airline, der erstens noch nicht geschlossen und zweitens relativ wenig Andrang zu bieten hat. Na, wer sagt's denn, jetzt geht endlich einmal etwas voran! Einchecken und Sicherheitskontrolle verlaufen rasch und problemlos, und es bleibt sogar noch Zeit für einen Latte macchiato im Stehen.
Erstes Etappenziel ist Abu Dhabi, Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate. Spannend, das hier ist Neuland für mich! Zwar bin ich nur auf Transit zum Weiterflug nach Mumbai, bekomme daher von der Stadt selber außer im Landeanflug nicht viel zu sehen, aber alleine das Wissen, auf bisher unbekanntem Boden zu stehen, ist schon aufregend. Ebenso der Flughafen, der mindestens die Hälfte der Vereinigten Arabischen Emirate einnehmen muss! Anders kann es gar nicht sein, denn nach der Landung dauert es fast eine Stunde, um in den Terminal zu gelangen! Zunächst kurvt das Flugzeug ewig auf dem schier endlosen Airportgelände umher, um dann im vermeintlichen Nirgendwo anzuhalten, wo uns vermutlich ein Bus abholen soll. Der ist entweder noch nicht da, oder es muss irgendwelche anderen logischen, für mich jedoch nicht näher ersichtlichen Gründe geben, warum die Crew weitere zwanzig Minuten lang die Türen unter Verschluss hält. Meine Blase meldet sich, eigentlich ist sie schon kurz vorm Platzen. Also, das muss man unbedingt wissen – ein Transit in Abu Dhabi bedarf möglicherweise mehr Zeit als eine Reise zum Mond. Zum Glück habe ich zwei Stunden bis zum Weiterflug nach Mumbai – das sollte doch wohl reichen, oder?! - Die Blase wird vorübergehend aufdringlicher als Ratio. Endlich! Die Schlange ungeduldiger Passagiere kommt langsam in Bewegung und schiebt schließlich einen nach dem anderen hinaus in die exotische Nachtluft Abu Dhabis. Ich liebe diesen ersten Eindruck - jedes Land riecht anders und begrüßt einen mit seiner ganz eigenen, charakteristischen "Luft-Duftnote". Abu Dhabis Atmosphäre ist warm, orientalisch, feucht, leicht salzig. Während der sich nun anschließenden Odyssee mit dem Bus (wird das eine Flughafenbesichtigung? – es ist doch längst dunkel!) muss ich mich voll auf die Kontrolle des Blasenmuskels konzentrieren. Als wir entgegen aller Erwartungen irgendwann den Terminal erreichen, erfordert meine missliche Lage erneut grobe Rücksichtslosigkeit, diesmal nicht um nach Indien, sondern schleunigst auf die Damentoilette zu kommen. Welch Erleichterung! Und wie grotesk – bestand die Welt vor kurzem nur noch aus einem Blasenmuskel, ist dieser jetzt längst wieder in der Versenkung verschwunden und lässt mich auf wichtigere Dinge konzentrieren.
Zunächst mal auf Gate 11, da muss ich nämlich hin. Angekommen waren wir – wie erwähnt eine Stunde nach der Landung... – bei Gate 70. Großer Gott, 60 Gates zu passieren könnte bei den Ausmaßen dieses Flughafens einen Marathon bedeuten! Vielleicht gibt es ja einen Sky Train? - Einen Sky Train nicht, dafür aber eine Sky Bar, und zwar mehr oder weniger direkt bei Gate 11! Das hätte ich in einem arabischen Land nicht erwartet,...
Erscheint lt. Verlag | 17.10.2018 |
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Sprache | deutsch |
ISBN-10 | 3-7481-1362-5 / 3748113625 |
ISBN-13 | 978-3-7481-1362-1 / 9783748113621 |
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