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Mathesis & Graphe

Leonhard Euler und die Entfaltung der Wissensysteme
Buch | Hardcover
293 Seiten
2009
De Gruyter (Verlag)
978-3-05-004566-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mathesis & Graphe -
CHF 109,95 inkl. MwSt
Die Forschung zu und über Leonhard Euler (1707-1783) verweist oft darauf, dass das Entstehen und Etablieren neuer Zeichenpraktiken zum dominierenden Legitimationsmuster der übersichtlichen Mathematik in der Zeit der Aufklärung wird. Bei genauerem Hinsehen fällt jedoch auf, dass die konkreten Formen der Erscheinung und Durchsetzung dieser Praktiken mit ihren symbolischen Dimensionen über Jahrzehnte kaum ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt wurden. Gerade diesen Formen der Wissensentfaltung und -vermittlung versuchen die hier versammelten Aufsätze eine zentrale Position zukommen zu lassen. Denn im Falle Eulers beschränkt sich die Problematik solcher Erscheinungen nicht auf das mathematische Abstrahieren der zu lösenden Aufgaben, sind diese doch mit den graphischen Abstrahierungen vernetzt, deren Erscheinungskriterien untersucht werden.
Die Forschung zu und über Leonhard Euler (1707-1783) verweist oft darauf, dass das Entstehen und Etablieren neuer Zeichenpraktiken zum dominierenden Legitimationsmuster der übersichtlichen Mathematik in der Zeit der Aufklärung wird. Bei genauerem Hinsehen fällt jedoch auf, dass die konkreten Formen der Erscheinung und Durchsetzung dieser Praktiken mit ihren symbolischen Dimensionen über Jahrzehnte kaum ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt wurden. Gerade diesen Formen der Wissensentfaltung und -vermittlung versuchen die hier versammelten Aufsätze eine zentrale Position zukommen zu lassen. Denn im Falle Eulers beschränkt sich die Problematik solcher Erscheinungen nicht auf das mathematische Abstrahieren der zu lösenden Aufgaben, sind diese doch mit den graphischen Abstrahierungen vernetzt, deren Erscheinungskriterien untersucht werden.

Horst Bredekamp, Jahrgang 1947, ist Professor für Kunstgeschichte an der Universität Hamburg, seit 1993 an der Berliner Humboldt-Universität und seit 2003 Permanent Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin. Er war Fellow des Institute of Advanced Study in Princeton, des Wissenschaftskollegs in Berlin, des Getty Center in Los Angeles und des Collegiums Budapest. Er wurde 2000 mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa ausgezeichnet.

Wladimir Velminski, geboren 1976, Kunst- und Medienhistoriker, lehrt und arbeitet in Zürich und Berlin.

Karten, Modelle, Schnitte Monaden, Systeme, Zahlenspiele Klangfarben, Töne, Vibrationen Funktionen und Fiktionen

Eberhard Knobloch

Leonhard Euler als Theoretiker (S. 19)

Der irische Satiriker Jonathan Swift hat gesagt: Elephanten werden stets kleiner als in Wirklichkeit gezeichnet, aber ein Floh stets größer". Wer immer über Euler etwas sagenwill, muss genau dieses Problem lösen: Wiewirdman einem Mathematiker gerecht, der gleichsam ein Shakespeare der Mathematik war: universell, reichhaltig in den Einzelheiten, unerschöpflich, der alle Gebiete der reinen und angewandten Mathematik behandelte und bereicherte, dessen mathematisches, philosophisches und religiöses Denken einander bedingten?

Tatsächlichwar Euler tief religiös, ein überzeugter reformierter Protestant. 1744 erschien seine Theorie der Bewegungen der Planeten und Kometen in Berlin bei Ambrosius Haude (Abb. ).

Der Kupferstich Ferdinand Helfreich Frischs verdeutlicht Eulers Vorstellung von Gottes Schöpfung. Zahllose Sonnensysteme werden von Sonnen, Planeten, Monden, Kometen gebildet. Noch ist der erst im Jahre 1781 von Friedrich Wilhelm Herschel entdeckte Uranos nicht berücksichtigt. Die Schöpfung ist das Werk des Weisesten, sapientissimi opus, wie der Spruch besagt.

Aber der Mathematiker kann durch Anwendung des newtonischen Gravitationsgesetzes und Aufstellung von Differentialgleichungen die Bahnen berechnen, das heißt aus der Ursache, der Kraft, die Wirkung, die Bahn. Davon zeugt der Kupferstich zu Beginn der 1736 erschienenen Mechanik oder analytisch dargelegte Wissenschaft von der Bewegung (Abb. ).

Das Haupt der Himmelsgöttin trägt die Sonne, um die die mit bloßen Augen erkennbaren sechs Planeten mit einigen ihrer Monde kreisen. In der rechten Hand hält die Göttin ein aufgeschlagenes Buch. Die Zeichnungen zeigen die elliptische Bahn eines Planeten in deren Gänze oder zu einem Teil. Für den gläubigen Euler gab es noch einen zweiten Weg zur Welterkenntnis. Gottes Schöpfung ist höchst vollkommen und unterliegt deshalb Extremalprinzipien.

Im Zusatz zu seiner 1744 veröffentlichten Variationsrechnung gab Euler folgende gern zitierte Erklärung ab: Da nämlich der Bau der gesamten Welt höchst vollkommen und vom weisesten Schöpfer vollendet wurde, geschieht überhaupt nichts in der Welt, bei dem nicht das Verhältnis eines Maximums oder Minimums hervorleuchtet, deshalb gibt es durchaus keinen Zweifel, dass alle Wirkungen der Welt, die auf Finalursachen beruhen, mit Hilfe der Methode der Maxima und Minima gleich erfolgreich bestimmt werden können wie aus den bewirkten Ursachen selbst.

Die Worte verdeutlichen, wie eng Eulers Philosophie, Religiosität und Mathematik miteinander zusammenhingen, wie stark diese einander wechselseitig bedingten: Der creator sapientissimus tritt in der Planetentheorie ebenso wie in der Variationsrechnung auf. Daher werden im Folgenden Eulers philosophische und theologische Denkweisen thematisiert, wie auch seine Theorien Über das Unendliche" und über die Musik angesprochen, bevor ein kurzer Epilog die Betrachtungen des Theoretikers zusammenfasst.

1. Philosophisches Denken

Euler hat sich wiederholt energisch und polemisch zu philosophischen Fragen geäußert, und zwar um die Leibniz-Wolffsche Philosophie zu bekämpfen bzw. das, was er dafür hielt. Besondere Bedeutung erlangten drei Auseinandersetzungen.

a) Die 1745 für 1747 unter Eulers Einfluss von der Berliner Akademie gestellte Preisaufgabe: On demande, qu en commençant par exposer d une manière exacte et nette la doctrine des Monades, on examine si d un côté elles peuvent être solidement réfutées et détruites par des argumens sans réplique, ou si de l autre on est en état, après avoir prouvés les Monades, d en déduire une explication intelligible des principaux phénomènes de l Univers, et en particulier de l origine et du mouvement des corps. Auf Betreiben Eulers wurde der Preis dem Monadengegner Johann Heinrich Gottlob von Justi 1747 zuerkannt.

Erscheint lt. Verlag 11.11.2009
Zusatzinfo 44 b/w and 30 col. ill.
Verlagsort Berlin/Boston
Sprache deutsch
Maße 150 x 240 mm
Gewicht 785 g
Themenwelt Geschichte Teilgebiete der Geschichte Kulturgeschichte
Geisteswissenschaften Philosophie
Mathematik / Informatik Mathematik Geschichte der Mathematik
Naturwissenschaften
Sozialwissenschaften Ethnologie
Schlagworte 18th century • Aufklärung • Aufmerksamkeit • Aufsatzsammlung • Biography • Dimension • Durchsetzung • DZPHSB25 • Ermittlung • Erscheinung • Ersuchen • Euler, Leonhard • Faltung • Forschung • Hist • History • Kommunitar. • Kühnle • Kulturgeschichte • Kulturwissenschaften • Legitimation • Leonhard Euler • Mathematicians • Mathematicians, History, 18th century • Mathematicians, Switzerland, Biography • Mathematics • Mathematics, History, 18th century • Mathematik • Muster • Philosophy • Philosophy of Culture • Sehen • Suchen • Switzerland • Symbol • Thematik • Vermittlung • Versuch • Verweis • Wissenschaftstheorie • Zeichen • Zeit
ISBN-10 3-05-004566-3 / 3050045663
ISBN-13 978-3-05-004566-5 / 9783050045665
Zustand Neuware
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