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Die Erfahrung des Anderen - Matthias Schloßberger

Die Erfahrung des Anderen

Gefühle im menschlichen Miteinander
Buch | Hardcover
225 Seiten
2005
De Gruyter (Verlag)
978-3-05-004147-6 (ISBN)
CHF 109,95 inkl. MwSt
Was bisher Leben und Bewusstsein, Sprache und Geist genannt wurde, steht in den neuen biomedizinischen, soziokulturellen und kommunikationstechnologischen Verkörperungen zur Disposition. Diese neuen Sozio-Technologien führen zu einer tiefgreifenden anthropologischen Entsicherung, die eine offensive Erneuerung der Selbstbefragung des Menschen als vergesellschaftetes Individuum und als Spezies herausfordert.
Für Theodor Lipps, Wilhelm Dilthey und EdmundHusserl ist die Erfahrung des Anderen eng verbunden mit dem Verstehen der Gefühle des Anderen: Ich mache die Erfahrung des Anderen, indem ich seine Gefühle verstehe. In der theoretischen Analyse der Erfahrung des Anderen stoßen diese Autoren jedoch immer wieder auf ein Problem. Die Erklärung erweist sich als zirkulär, weil sie jede Erfahrung des Anderen zunächst mit einer Wahrnehmung des anderen Körpers beginnen läßt. Erst Max Scheler gelingt mit einer radikalen Abkehr von der traditionellen Annahme eines Primats der inneren Erfahrung vor der äußeren Erfahrung eine plausible Analyse. Für ihn setzt die Erfahrung des Anderen zunächst am psychophysisch indifferenten Ausdruck des Anderen an. Schelers Denken erweist sich als attraktiv, weil es die Bedeutung von Gefühlen auf allen Ebenen der menschlichen Situation erhellt. Er kann zeigen, wie die verschiedenen Formen menschlichen Miteinanders von verschiedenen Gefühlen getragen werden: Gemeinsam geteilte Gefühle bestimmen unser Zusammenleben, lange bevor wir die Erfahrung des Anderen machen. Weil wir die Gefühle der Anderen verstehen, können wir die Erfahrung des Anderen machen. Und im Mitfühlen bzw. Teilnehmen an den Gefühlen der Anderen erfahren wir die Anderen als uns gleichwertig.

1;Inhaltsverzeichnis;6
2;Vorwort;8
3;Einleitung;10
4;1. Subjektivität und Intersubjektivität Die Aporien in der Debatte um Subjektivität und Intersubjektivität;22
4.1;1.1. Subjektivität;31
4.2;1.2. Intersubjektivität und Selbstbewußtsein;33
4.3;1.3. Intersubjektivität und Sprachkompetenz;45
5;2. Analogieschluß und Einfühlung Die zwei Antworten des bewußtseinsphilosophischen Standpunktes;54
5.1;2.1. Die Analogieschlußtheorie;56
5.2;2.2. Die Einfühlungstheorie;59
5.3;2.3. Johann Gustav Droysen;62
5.4;2.4. Theodor Lipps;63
6;3. Weder Einfühlung noch Analogieschluß: Wilhelm Dilthey;78
6.1;3.1. Beiträge zur Lösung der Frage vom Ursprung unseres Glaubens an die Realität der Außenwelt und seinem Recht (1890);79
6.2;3.2. Beiträge zum Studium der Individualität (1895/1896);86
6.3;3.3. Die Entstehung der Hermeneutik (1900);89
6.4;3.4. Das Verstehen anderer Personen und ihrer Lebensäußerungen (1910);91
6.5;3.5. Habermas Kritik an Diltheys Theorie der Intersubjektivität;97
6.6;3.6. Dilthey und die hermeneutische Tradition;106
7;4. Husserls Theorie der Intersubjektivität;110
7.1;4.1. Intentionales Bewußtsein;110
7.2;4.2. Das Programm der Ideen zu einer reinen Phänomenologie;115
7.3;4.3. Intersubjektivität in den Cartesianischen Meditationen;120
7.4;4.4. Die Kritik an Husserl;131
8;5. Schelers Lehre der unmittelbaren Fremdwahrnehmung;142
8.1;5.1. Rekapitulation. Noch einmal Dilthey;142
8.2;5.2. Überblick über die erste Phase von Schelers Denken;146
8.3;5.3. Die Unmittelbarkeit der Fremdwahrnehmung;149
8.4;5.4. Die psychophysische Indifferenz des Ausdrucks;152
8.5;5.5. Schelers neue Fassung von innerer und äußerer Wahrnehmung und die damit verbundene Transformation der Fragen nach dem Selbstbewußtsein und der Erfahrung des Anderen;162
8.6;5.6. Unmittelbarkeit und Mittelbarkeit der Fremdwahrnehmung (vertiefende Betrachtung);172
8.7;5.7. Die Umstellung der traditionellen Kategorien: innere Wahrnehmung und äußere Wahrnehmung Psychisches und Physisches. Schelers Aufnahme, Weiterführung und Abgrenzung von Husserl;179
8.8;5.8. Intentionale Gefühle;186
8.9;5.9. Formen der Sympathie: Gefühlsansteckung, Nachfühlen, Mitgefühl;193
8.10;5.10. Mitgefühl und Anerkennung;200
9;Literaturverzeichnis;210
10;Index;224

4. Husserls Theorie der Intersubjektivität (S. 109-110)

Husserls Theorie der Intersubjektivität läßt sich als mehr oder weniger direkte Auseinandersetzung mit den bisher vorgestellten Ansätzen lesen. Vergegenwärtigen wir uns zunächst Husserls Ziel und seinen Weg. Erst der siebzigjährige Husserl legt 1931 eine näher ausformulierte Theorie der Intersubjektivität vor. Die späte Publikation ist in zweierlei Hinsicht erstaunlich: zum einen weil das Thema Intersubjektivität spätestens zu Beginn der zwanziger Jahre zu einem immer populäreren Thema avancierte – außerhalb wie innerhalb der Phänomenologie, zum anderen weil Husserl der Meinung war, nur durch eine Theorie der Intersubjektivität die ihm vorschwebende Letztbegründung leisten zu können. Denn erst die transzendental ausgewiesene Begründung einer qua Intersubjektivität objektiven Welt kann nach Husserls Selbstverständnis zu Beginn der dreißiger Jahre das Programm Philosophie als strenge Wissenschaft, das er zwanzig Jahre zuvor ausgegeben hatte, zumindest in Ansätzen einholen.

4.1. Intentionales Bewußtsein

Die Diskussion von Husserls Phänomenologie ist nicht allein auf die Intersubjektivitätstheorie konzentriert, sondern beginnt mit einer Vorstellung des phänomenologischen Grundbegriffs schlechthin: des Begriffs der Intentionalität. Die Motive liegen auf der Hand. In Schelers Denken spielen Husserls bahnbrechende Analysen des intentionalen Bewußtseins, wie sie zum ersten Mal in den Logischen Untersuchungen veröffentlicht wurden, eine zentrale Rolle. Da die Kritik an Husserls Intersubjektivitätstheorie den Ausgang beim intentionalen Bewußtsein wesentlich für die Schwierigkeiten von Husserls Intersubjektivitätstheorie verantwortlich gemacht hat, gilt es zu klären, ob es hier einen internen Zusammenhang gibt (was bedeutete, daß Schelers Intersubjektivitätstheorie mitbetroffen wäre) oder ob nicht erst die späteren Modi.- kationen, die Husserl an seiner in den Logischen Untersuchungen ausgesprochenen Theorie vornahm, die Schwierigkeiten seiner Intersubjektivitätstheorie vorzeichnen.

Husserls Entwicklung von den Logischen Untersuchungen (1900/01) zu den Ideen zu einer reinen Phänomenologie (1913) bringt bekanntlich nicht nur die Einführung der phänomenologischen Reduktion und das Bekenntnis zum transzendentalen Idealismus, 2 sondern auch eine von Husserl selbst betonte Verschiebung seiner Stellung zum Problem des ‚Ich', die gemeinhin als Entwicklung von einer nichtegologischen zu einer egologischen Theorie des ‚Ich' gedeutet wird. Bereits in diesem Abschnitt wird zwar auf die Ideen eingegangen, aber nur bezüglich derjenigen Inhalte, in denen sich Husserls Position nicht von den Logischen Untersuchungen unterscheidet. Eine Behandlung der Kritik an Husserls Intersubjektivitätstheorie, die meint, ihn im Ansatz zu treffen, ist nur dann sinnvoll, wenn im Ansatz Husserls liegende grundsätzliche Bestimmungen freigelegt werden können. Im übrigen wird sich bei diesem Vorgehen zeigen, daß die fruchtbaren Momente einer Philosophie – also diejenigen Momente, in denen die Analyse eines Phänomens mit seiner Erfahrung in Einklang zu bringen ist – zuweilen offenbar unbeschadet von erkenntnistheoretischen oder sonstigen Absicherungen überzeugen und Schule machen. Zumindest Scheler hat dies als einen genuin phänomenologischen Zug empfunden: "Nur eine Art von Rationalismus, welche die phänomenologische Philosophie bekämpft, kann sich fruchtbare und gültige Erkenntnis eines Sachgebietes ohne eine vorangehende Definition der betreffenden Wissenschaft und ohne &nda

Erscheint lt. Verlag 12.10.2005
Reihe/Serie Philosophische Anthropologie ; 2
Verlagsort Basel/Berlin/Boston
Sprache deutsch
Maße 170 x 240 mm
Gewicht 578 g
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Sprachphilosophie
Naturwissenschaften Biologie Evolution
Schlagworte Analyse • anderen • Annahme • anthropo • Anthropologie • Ausdruck • Bedeutung • Biology • Bund • Denken • Der Andere • Ebene • Edmund Husserl • Eichwert • Emotion • Emotion / Gefühl • Erfahrung • Erklärung • Evolution • evolutionary biology • fichtes • Gefühle • Geschichte • Gleichwert • Hochschulschrift • Intersubjectivity • Körper • Lange • Life Sciences • machen • Max Scheler • Philosophie • Philosophische Anthropologie • PI19 • Radikale • Reiß • Rente • Science • Self-knowledge • Self-knowledge, Theory of • Sonstiges • Stimme • Stoßen • Theory of • Tradition • Verstehen • Wahrnehmung • Wilhelm Dilthey • Zusammenleben
ISBN-10 3-05-004147-1 / 3050041471
ISBN-13 978-3-05-004147-6 / 9783050041476
Zustand Neuware
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