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Afrika und die Entstehung der modernen Welt (eBook)

Spiegel-Bestseller
Eine Globalgeschichte
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
512 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-11919-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Afrika und die Entstehung der modernen Welt -  Howard W. French
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»Eine ebenso schmerzhafte wie notwendige Lektüre, die demütig werden lässt.« New York Times Book Review Sachbuchbestenliste der ZEIT In dieser fesselnden Darstellung erkundet Howard W. French die zentrale, aber absichtlich vernachlässigte Rolle Afrikas und der Afrikaner bei der Entstehung von Wirtschaftssystemen und politischem Denken unserer modernen Welt. Souverän und aufrüttelnd zeigt der Autor, wie die tragische Beziehung zwischen Afrika und Europa, die im 15. Jahrhundert begann, unsere Moderne hervorbrachte. Die Geschichte Afrikas ist lange in die entlegendsten Winkel unserer globalen Geschichte verbannt worden. Doch was ist, wenn wir statt dessen Afrika und die Afrikaner in den Mittelpunkt unseres Denkens über die Ursprünge der Moderne stellen? In einer mitreißenden Darstellung, die mehr als sechs Jahrhunderte umspannt, deutet Howard W. French die Erzählung vom mittelalterlichen und ins Licht der Geschichte tretenden Afrika grundlegend neu. Dabei zeigt er, wie der ökonomische Aufstieg Europas und die Verankerung der Demokratie im Westen ebenso wie die Durchsetzung der so genannten Ideale der Aufklärung aus Europas entmenschlichendem Umgang mit dem »schwarzen« Kontinent erwuchsen. In packenden Schilderungen spürt der Autor den Lebensläufen wichtiger afrikanischer Persönlichkeiten nach: von unvorstellbar reichen mittelalterlichen Kaisern, die mit dem Nahen Osten und darüber hinaus Handel trieben, über die Stammesfürsten des Kongo, die den europäischen Mächten im 17. Jahrhundert heldenhaft die Stirn boten, bis hin zu den ehemaligen Sklaven, die die Haitianer aus der Leibeigenschaft befreiten und dem Lauf der Geschichte eine andere Richtung gaben. Eine kraftvolle Neudeutung der Weltgeschichte, deren neues Verständnis unserer gemeinsamen Geschichte uns auffordert, sich dieser Vergangenheit zu stellen, um eine andere Zukunft gestalten zu können. »Howard Frenchs Buch ist die unglaublich wichtige Neuerzählung einer Geschichte, von der Afrika und die Afrikaner lange bewusst ausgeschlossen wurden: Das Buch macht ihre Rolle als Hauptakteure bei der Entstehung der Moderne sichtbar - eine unentbehrliche Lektüre für alle, die sich für Weltgeschichte interessieren.« Amitav Ghosh  »Ein Schwarzer Journalist deutet die moderne Geschichte neu, indem er Afrika den ihm zustehenden Platz im Zentrum des Geschehens zurückgibt ...' Kirkus »Um die Welt zu verstehen, in der wir heute leben, ist dieses Buch unverzichtbar.« Sven Beckert, Autor von King Cotton. Eine Globalgeschichte des Kapitalismus  »... ein großartiges, eindringliches und packendes Buch ... Es ist keine angenehme oder tröstende Lektüre, aber es ist wunderbar geschrieben, ein wahres Meisterwerk.« The Observer  »Eine packende ... Darstellung der grausamen Ursprünge der globalen Wirtschaft.«, Publishers Weekly »Die lang nachhallende Wirkung dieser atemberaubenden Arbeit auf die gängige Darstellung afrikanischer und afroamerikanischer Geschichte kann man mit Worten kaum beschreiben ... Absolut empfehlenswert!«, Monique Martinez, Library Journal

Howard W. French, geboren 1957, hat sich als Auslandskorrespondent einen Namen gemacht und das Weltgeschehen für verschiedene Zeitungen kommentiert. 1986 ging er zur New York Times und berichtete von 1990 bis 2008 aus dem Ausland für The Times als Büroleiter für Mittelamerika und die Karibik, für West- und Zentralafrika, für Japan und die beiden koreanischen Staaten sowie für China mit Sitz in Shanghai. Seit 2008 ist er »Professor of Journalism« an der Columbia University.

Howard W. French, geboren 1957, hat sich als Auslandskorrespondent einen Namen gemacht und das Weltgeschehen für verschiedene Zeitungen kommentiert. 1986 ging er zur New York Times und berichtete von 1990 bis 2008 aus dem Ausland für The Times als Büroleiter für Mittelamerika und die Karibik, für West- und Zentralafrika, für Japan und die beiden koreanischen Staaten sowie für China mit Sitz in Shanghai. Seit 2008 ist er »Professor of Journalism« an der Columbia University.

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Das Knirschen unter den Füßen


Im Jahr 1995 war mein Besuch von Djenné, einer kleinen und scheinbar von der Zeit vergessenen Stadt im Südwesten Malis, für mich fast schon zu einer Pilgerreise geworden. 15 Jahre zuvor war ich als studentischer Rucksacktourist mit meinem jüngeren Bruder im Schlepptau zum ersten Mal dort gewesen, um die Große Moschee der Stadt zu sehen, die als größtes Lehmbauwerk der Welt eine gewisse Bekanntheit genoss.

Dieses Mal war ich als Korrespondent für The New York Times zurückgekehrt, angelockt von den Ausgrabungen in Djenné, das man damals noch für die älteste bekannte Stadt Afrikas außerhalb Ägyptens hielt.1 Sie war – und ist auch weiterhin – zudem die weltweit zuletzt entdeckte antike Stadtkultur. Meine Erinnerungen an den Besuch sind noch immer intensiv mit bestimmten Geräuschen verbunden. Jeden Abend bei Sonnenuntergang erhob sich über der staubigen Schwemmebene ein durchdringender Lärm, noch beharrlicher als selbst der laute Chor der Grillen. Im Halbdunkel konnte man Raubgräber, meist Bauern mit Hacken und Pickeln, erkennen, die auf die trockene Erde eindroschen, in der Hoffnung, ihr irgendein Artefakt zu entreißen. Damals brachten unbeschädigte Graburnen oder vollständige Skulpturen, beides ziemlich selten, viele tausend Dollar auf dem sehr aktiven Schwarzmarkt, der skrupellose Sammler und sogar Museen mit afrikanischer Kunst versorgte.

Noch beunruhigender aber waren die Geräusche des Tages. Wenn man den Tell betrat, den langen, tränenförmigen, abfallenden Hügel, der die Konturen einer ummauerten Stadt freigab, die auf geheimnisvolle Weise vor 600 oder mehr Jahren verlassen worden war, trug man selbst zur Zerstörung der weitläufigen Ausgrabungsstätte bei. Jeder einzelne Schritt rief einem das in Erinnerung, wenn die schon zerbrochenen Keramikscherben, die die braune Erde in einer dichten Schicht überzogen, laut knirschend in noch kleinere Stücke zerfielen.

Djenne-Djeno oder »Alt-Djenné« wurde etwa 250 Jahre vor Christi Geburt besiedelt. Es lag in einer Schwemmebene nahe dem Ufer des Bani, einem Nebenfluss des Niger, der sich als einer der größten Ströme des Kontinents in einem weiten Bogen durch Westafrika zieht. In ihren frühen Wachstumsphasen zählte die Stadt mehr als 15 000 Einwohner, von denen viele innerhalb einer hohen, mehr als zwei Kilometer langen Mauer lebten, die an ihrem Fuß mehr als dreieinhalb Meter dick war.[1] Noch einmal etwa 30 000 Menschen lebten in zugehörigen städtischen Siedlungen in der Nähe.[2] In frühchristlicher Zeit zählte das antike Djenné mit einer solchen Gesamtbevölkerung schon zu den Städten von Weltrang. Sicher, es gab größere städtische Zentren in China und einigen wenigen anderen Regionen, aber es waren nicht sehr viele.

Lange hat man der Öffentlichkeit eingeredet, dass Afrika keine nennenswerte vormoderne Geschichte habe, oder zumindest kaum eine, die für das größere Bild unserer Welt eine Rolle spielen würde. Westliche Denker und Politiker von Hegel bis zum gegenwärtigen französischen Präsidenten Emmanuel Macron haben bis in die allerjüngste Vergangenheit die Ansicht vertreten, die afrikanischen Gesellschaften hätten gewissermaßen völlig außerhalb der Geschichte existiert. Entsprechend hat man lange geglaubt, die Völker des subsaharischen Afrika wären erst durch den Kontakt mit den Arabern, der irgendwann spät im ersten Jahrtausend begann, angeregt worden, Städte zu gründen. Diesem Denkmodell folgend, herrschte lange die Meinung vor, erst der Kontakt mit Europa, zu dem es Jahrhunderte später kam, habe das sogenannte »Schwarzafrika« aus seiner angeblichen Isolation gerissen und es mit den großen innovativen Strömungen verbunden, die den Rest der Welt seit dem späten Mittelalter erfasst hatten.[3]2

Djenné ist die bekannteste der vielen antiken Städte in Afrika, die diese Vorstellung Lügen strafen. Es war schon jahrhundertelang eine Stadt, bevor die Araber im 7. Jahrhundert in Nordafrika einfielen, ganz zu schweigen von der Ankunft Arabisch sprechender Reisender in den westlichen Ausläufern des breiten semi-ariden Bandes, das sich direkt südlich an die Sahara anschließt und von Äthiopien bis zum Atlantik erstreckt – eine Region, die wir als kulturgeographische Großlandschaft »Sudan« nennen. Djenné florierte durch den Handel mit Fisch, Getreide, Kupfer und anderen Metallen und stand dazu über mehrere hundert Kilometer hinweg mit Städten wie Timbuktu und Gao in Verbindung (siehe Karte S. 26). Bei Grabungen sind faszinierende Artefakte ans Licht gekommen, die bis in die frühen Anfänge der Stadt zurückreichen, darunter Glasperlen aus dem China der Han-Zeit, als diese Dynastie, die zwischen 202 v. Chr. und 220 n. Chr. regierte, kaum ein Jahrhundert alt war, sowie andere Handelswaren aus dem östlichen Mittelmeerraum. Gegenstände wie diese bezeugen, dass Westafrika nie derart vom Rest der Welt abgeschnitten oder aus der Zeit gefallen war, wie man es sich gemeinhin vorstellt.

Im Jahr 1995 besuchte ich also die Schwemmebene des Niger und die dort arbeitenden Archäologen, um über die gewaltigen Herausforderungen zu schreiben, die die Konservierung in einer so armen Umgebung mit sich bringt. Seitdem habe ich gelernt, dass dieses Gebiet im Geschehen des Mittelalters eine alles andere als passive oder untätige Rolle innehatte. Tatsächlich zeigt die folgende Darstellung, dass die afrikanische Initiative in dieser Region für die Entstehung der Welt, in der wir heute leben, ebenso wichtig war wie die Anstöße, die von Europa ausgingen.

Irgendwann im ersten halben Jahrtausend, seitdem es existierte, wurde Djenne-Djeno ein wichtiger südlicher Endpunkt in einem höchst einträglichen transsaharischen Goldhandel. Gerüchte über diesen Handel tauchen erstmals in antiken Schriften des Mittelmeerraums auf. Der erste handfeste Beweis für ein Einsickern subsaharischen Goldes in jenen Teil der Welt stammt allerdings erst aus den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung. Um das 6. Jahrhundert herum wuchs dieser Handel, als Teile des späteren Ghana-Reiches begannen, bei Berbern aus dem Norden Gold gegen Salz, Tuch und andere Waren einzutauschen. Gefördert wurde diese Blüte, indem man widerstandsfähige Kamele einführte, die den Transport durch die Wüste revolutionierten.[4]

Dieser »kamelgestützte« Handel brachte nicht nur neue Anzeichen des Wohlstands hervor, sondern führte auch zu dramatischen ökonomischen und religiösen Veränderungen im sudanischen Afrika und letztlich zur Entstehung großflächiger Reiche. Das erste dieser Reiche, Ghana, war eine lockere, ausgedehnte Konföderation. Sesshafte Landwirtschaft existierte dort neben Wanderweidewirtschaft. Vor allem aber beruhte die Macht der Herrscher Ghanas darauf, strategische Engpässe zu kontrollieren, durch die das Gold vom Süden in den Norden gelangte und andere wichtige Handelsgüter – wie Salz, das in den Regenwäldern des Südens fehlte – in die umgekehrte Richtung transportiert wurden. Im 11. Jahrhundert konnte das reiche und angesehene Ghana beeindruckende Heere ins Feld führen.[5]

Ein regionaler Klimawandel, der im 3. Jahrhundert n. Chr. einsetzte, beendete eine lange Trockenperiode in der Sahara und dem Sahel und erlaubte den Nordafrikanern allmählich, den Handel mit immer mehr Völkern immer weiter südlich der Sahara aufzunehmen und von dort Gold und Sklaven zu beziehen.

Durch den nachhaltigen Kontakt zu diesen Menschen aus dem Norden begannen Ghanas Führer, sich dem Islam zuzuwenden, gingen dabei aber vorsichtig vor: Das antike Ghana unterhielt zwei Hauptstädte, die nur zehn Kilometer voneinander entfernt lagen.[6] Eine war streng muslimisch geprägt, die andere, al-Ghāba (der Hain), die Wohnstatt des Königs, ehrte ältere Religionen der...

Erscheint lt. Verlag 18.3.2023
Übersetzer Karin Schuler, Andreas Thomsen, Thomas Stauder
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Regional- / Landesgeschichte
Naturwissenschaften Geowissenschaften Geografie / Kartografie
Schlagworte Afrika • Apartheit • Aufklärung • Bestseller • Buch • Christoph Kolumbus • Entdeckung Amerikas • Europäische Expansion • Imperien • Karibik • Kolonialismus • Menschenrechte • Plantagenwirtschaft • Portugal • Rassismus • Sachbuch • Sklavenbefreiung • Sklavenhandel • Sklaverei • Spanien • spanisches Weltreich • spiegel bestseller • Unabhängigkeitsbewegungen • Unabhängigkeitserklärung • Vereinte Nationen • Weltreiche
ISBN-10 3-608-11919-1 / 3608119191
ISBN-13 978-3-608-11919-0 / 9783608119190
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