Biochemie des Menschen (eBook)
792 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-243344-1 (ISBN)
1 Allgemeine Chemie
Florian Horn
In diesem allgemeinen Chemieteil wollen wir das chemische Wissen auf einen Stand bringen, mit dem man sicher durch die Biochemie gelangt. Chemie ist zwar nicht jedermanns Sache, aber Biochemie ohne einige wenige Grundlagen der Chemie zu studieren, ist sicher sehr mühsam.
Dieser Chemieteil besteht aus 4 Abschnitten:
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Im 1. Abschnitt geht es um die verschiedenen Bindungen, die Atome miteinander eingehen können.
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Im 2. Abschnitt werden die wichtigsten funktionellen Gruppen vorgestellt.
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Im 3. Abschnitt geht es um die 5 Grundtypen sämtlicher Reaktionen, die im menschlichen Organismus ablaufen.
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Im 4. und letzten Kapitel besprechen wir dann noch kurz das Phänomen der Mesomerie.
1.1 Die chemische Bindung
In diesem ersten Teil geht es darum, wie Atome in einem Molekül gebunden sind. Für angehende Mediziner sind dabei nur 6 Atome wichtig. Diese sollte man dafür aber auch sicher beherrschen, da man mit diesem Wissen eine Menge Fehler vermeiden kann.
Jedes Atom setzt sich aus einem positiv geladenen Kern (Aufenthaltsort der Protonen und Neutronen) und einer negativ geladenen Hülle (Aufenthaltsort der Elektronen) zusammen ( ▶ Abb. 1.1).
Abb. 1.1 Aufbau eines Atoms.
Eine Bindung zwischen 2 Atomen entsteht dadurch, dass sie die Elektronen in ihrer äußersten Schale gemeinsam nutzen. Diese Außenelektronen werden auch als Valenzelektronen bezeichnet. Um nun zu verstehen, wie und warum eine solche Bindung überhaupt entsteht, muss man 2 Voraussetzungen kennen.
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Elektronen in einem Atom fühlen sich alleine überhaupt nicht wohl und möchten immer zu zweit sein.
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Jedes Atom wünscht sich eine volle äußere Schale mit 8 Außenelektronen. Dies wird durch die sogenannte Oktettregel beschrieben.
1.1.1 Freie Elektronen und freie Elektronenpaare
Elektronen befinden sich in sogenannte Orbitalen. Das sind Aufenthaltsräume, die Platz für 2 Elektronen bieten. Ist ein Orbital mit 2 Elektronen besetzt, spricht man von einem Elektronenpaar (Symbol: Linie). Ist ein Orbital mit nur einem Elektron besetzt, so bezeichnet man dieses Elektron als ungepaartes oder freies Elektron oder als freies Radikal (Symbol: Punkt). Treffen nun 2 Atome aufeinander, von denen jedes mindestens ein freies Außenelektron besitzt, so gehen sie miteinander eine Bindung ein. Dabei paaren sich die freien Außenelektronen der beiden Atome; sie teilen sich ab jetzt einen Aufenthaltsraum, verlieren ihre Radikalität und werden als (Bindungs-)Elektronenpaar bezeichnet.
Alle Elektronenpaare der Außenschale, die keine Bindungselektronenpaare sind, kann man auch als freie Elektronenpaare bezeichnen.
Eine Atombindung besteht immer aus einem Elektronenpaar. Ein Atom kann pro Bindung nur ein freies Elektron aus seiner Außenschale zur Verfügung stellen, die Elektronenpaare in seiner äußeren Schale sind zu zweit schon zufrieden.
Man kann damit in der Außenschale eines Atoms unterscheiden zwischen freien einzelnen Elektronen, freien Elektronenpaaren und Elektronen, die in die Bindung eingehen – die Bindungselektronenpaare.
Steckt ein Atom in einer Bindung, und möchte man die Zahl seiner Außenelektronen in diesem Verband wissen, dann rechnet man ihm für ein Bindungselektronenpaar 2 Elektronen an. Obwohl sich die beiden Atome in einer Bindung das Bindungselektronenpaar teilen, zählt ‚es‘ dennoch für jedes der beiden Bindungspartner als 2 Außenelektronen!
An dieser Stelle sollte man einen Blick in das Periodensystem der Elemente werfen (hier in der gekürzten Mediziner-Schmalspur-Fassung abgebildet …), denn dort kann man direkt ablesen, wie viele Elektronen sich auf der Außenschale eines bestimmten Atoms befinden ( ▶ Abb. 1.2).
Abb. 1.2 Vereinfachtes Periodensystem der Elemente.
Die Zahl der Außenelektronen eines Atoms entspricht der Hauptgruppe (Ausnahme: Helium), in der es steht. Elemente der Nebengruppen haben in der Regel 2 Außenelektronen.
Chlor steht in der 7. Hauptgruppe (s. u.) und hat daher 7 Außenelektronen (3 Elektronenpaare und ein ungepaartes Elektron), Stickstoff (5. Hauptgruppe) hat 5 Außenelektronen (ein Elektronenpaar und 3 ungepaarte Elektronen).
Abb. 1.3 Reaktionen von Chlor- und Stickstoffatomen zu Chlor- und Stickstoffmolekülen.
Reagieren 2 Chloratome miteinander, so bilden die beiden freien Elektronen (die Punkte) ein Bindungselektronenpaar (die Linie, ▶ Abb. 1.3). Bei Stickstoff gehen pro Atom 3 freie Elektronen in die Bindung ein. Sowohl Chlor als auch Stickstoff erlangen dadurch die angestrebten 8 Außenelektronen.
1.1.2 Die Oktettregel
Die Oktettregel besagt, dass sich in einer Außenschale nicht mehr als 8 Elektronen aufhalten dürfen (lat. octo = acht). Die einzige Ausnahme ist die erste – also die K-Schale –, die schon mit 2 Elektronen komplett besetzt ist.
Auf der anderen Seite strebt jedes Atom aber auch nach einer vollen Außenschale – egal, ob das Atom alleine oder mit anderen Atomen verbunden ist.
Die Zahl der kovalenten Bindungen, die ein Atom eingehen kann, hängt von der Anzahl seiner freien (ungepaarten) Elektronen ab. Wichtig sind hier die 4 häufigsten Elemente Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff und Stickstoff. Dann soll es noch kurz um Phosphor und Schwefel gehen, die ebenfalls in nicht unerheblichen Mengen in unserem Körper vorkommen.
Wasserstoff (H, gr.-lat. hydrogenium) Das Wasserstoffatom hat ein ungepaartes Elektron und kann deshalb noch ein weiteres Elektron aufnehmen. Dann hat es die volle ‚Edelgaskonfiguration‘ erreicht. Ein Wasserstoffatom ist daher stets nur über eine Bindung mit dem restlichen Molekül verbunden ( ▶ Abb. 1.4).
Aus diesem Grunde können auch 2 einzelne Wasserstoffatome eine Verbindung eingehen, sodass es als Gas im zweiatomigen Zustand als H2-Molekül vorliegt (hier sind einzelne Elektronen als Punkte und Elektronenpaare als Strich gezeichnet).
Abb. 1.4 Das Wasserstoffatom kann nur eine einzelne Bindung mit einem weiteren Atom eingehen.
Sauerstoff (O, neulat. oxygenium) Das Sauerstoffatom steht in der 6. Hauptgruppe und hat damit in der Außenschale 2 Elektronenpaare und 2 einzelne Elektronen ( ▶ Abb. 1.5).
Abb. 1.5 Sauerstoff kann 2 Bindungen eingehen.
Stickstoff (N, neulat. nitrogenium) Hierbei handelt es sich um ein Atom aus der 5. Hauptgruppe, das noch ein Elektron weiter von der Edelgaskonfiguration entfernt ist als der Sauerstoff und somit 3 Bindungen braucht (es ist ‚dreibindig‘).
Auch das Stickstoffatom kann die Edelgaskonfiguration erreichen, indem es mit einem anderen Stickstoffatom eine Bindung eingeht: als Gas liegt Stickstoff als N2-Molekül vor ( ▶ Abb. 1.6).
Abb. 1.6 Stickstoff ist dreibindig. Hier dient der Harnstoff als Beispiel.
Kohlenstoff (C, lat. carbonium) Der Kohlenstoff ist das wichtigste und interessanteste Atom – nicht nur in unserem Körper, sondern in der organischen Welt überhaupt, da es das Basiselement für alles Leben auf der Erde ist. Alle Biomoleküle bauen auf ihm auf, und ohne den Kohlenstoff wäre Leben undenkbar. Dies hat seine Ursache in der interessanten Elektronenkonfiguration, die vielfältigste Reaktionen möglich macht. Der Kohlenstoff ist in der Lage, 4 Bindungen einzugehen ( ▶ Abb. 1.7, er steht in der 4. Hauptgruppe).
Abb. 1.7 Kohlenstoff geht insgesamt 4 Bindungen ein.
Am bedeutendsten für die Biologie ist die Fähigkeit der C-Atome, sehr stabile C–C-Einfachbindungen auszubilden. Kohlenstoffatome können mit anderen (Kohlenstoff-)Atomen jedoch auch 2 oder 3 gemeinsame Elektronenpaare haben, wodurch Doppel- und Dreifachbindungen zwischen ihnen entstehen. Auch zu Ringen lassen sich Kohlenstoffatome zusammenlagern.
Schwefel (S, lat. sulfur) Bei Schwefel und auch dem im Folgenden besprochenen Phosphor ist alles nicht mehr ganz so einfach. Man kann sich die zahlreicheren Möglichkeiten der...
Erscheint lt. Verlag | 7.10.2020 |
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Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Studium ► 1. Studienabschnitt (Vorklinik) ► Biochemie / Molekularbiologie |
Naturwissenschaften ► Chemie | |
Schlagworte | Biomoleküle • Evolution • Humannmedizin • Lehrbuch • Medizinstudium • Molekularbiologie • Stoffwechsel • Zellbiologie |
ISBN-10 | 3-13-243344-6 / 3132433446 |
ISBN-13 | 978-3-13-243344-1 / 9783132433441 |
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