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Superorgan Mikrobiom (eBook)

Der Darm als Schlüssel zu Gesundheit und längerem Leben
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
224 Seiten
Gräfe und Unzer (Verlag)
978-3-8338-7686-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Superorgan Mikrobiom -  Dr. Nicole Schaenzler,  PD Dr. med. Florian Beigel
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Wie der Mensch von seinen Bakterien abhängt Billionen von Mikroorganismen und Bakterien leben auf unserer Haut, im Mund oder im Darm - sie werden Mikrobiom genannt. Jeder Mensch hat seine ganz eigene Bakterienzusammensetzung, sie ist so individuell wie ein Fingerabdruck. Vor allem die Bakterien im Darm stehen derzeit im Fokus der Wissenschaftler. So zeigen erste Forschungsergebnisse, dass das Mikrobiom nicht nur unsere (Darm)gesundheit, unser Immunsystem und unser Gewicht steuert, sondern auch unsere psychische und seelische Verfassung sowie unseren Alterungsprozess. Neben der hoch spannenden Darstellung des aktuellen Forschungsstands zeigt das Buch, wie wir selbst mit der richtigen Pflege unseres Superorgans chronische Erkrankungen verhindern und länger gesund leben.

Dr. Nicole Schaenzler ist promovierte Philologin und seit längerem als Medizinjournalistin tätig. Als Fachautorin hat sie zahlreiche Bücher zu medizinischen Themen verfasst. Sie ist Herausgeberin eines Gesundheitsmagazins in München.

Dr. Nicole Schaenzler ist promovierte Philologin und seit längerem als Medizinjournalistin tätig. Als Fachautorin hat sie zahlreiche Bücher zu medizinischen Themen verfasst. Sie ist Herausgeberin eines Gesundheitsmagazins in München.Priv.-Doz. Dr. med. Florian Beigel, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologe, praktiziert in einer Facharztpraxis in München und forscht an der LMU. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen.​

Hinweis zur Optimierung
Impressum
Wichtiger Hinweis
Ihr Darm, das verkannte Organ
Einfach super, dieses Organ!
Der Mensch und sein Mikrobiom: Die perfekte Symbiose
Wie unser Mikrobiom entsteht: Der erste Kontakt zählt
Keine reine Kopfsache: Die Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse
Aufruhr im Darm: Macht uns das Mikrobiom krank?
Artenvielfalt im Darm: Gesund für unser Darmmikrobiom
Glossar
Bücher, die weiterhelfen
Adressen, die weiterhelfen
Über die Autoren

DAS UNIVERSUM IM UNIVERSUM


Auf jedem Quadratmillimeter der Haut und der Schleimhaut in Mund, Vagina und noch tiefer in uns drinnen, in Lunge oder Darm – überall wuseln Mikroben, allen voran Bakterien, aber auch Viren, Pilze und Archaeen, die auch »Urbakterien« genannt werden, weil sie den Bakterien ähnlich sind. Je nachdem, wo die Mikroben angesiedelt sind, bilden sie ihr eigenes Völkchen. Die Gemeinschaft im Mund ist also eine andere als die in der Achselhöhle, in der Nase oder im Magen.

Wie eklig, werden Sie jetzt vielleicht denken. Aber nein! Unser Mikrobenreich ist existenziell wichtig für uns und unser Überleben! Diese Erkenntnis ist erst wenige Jahre alt. Und sie hat die medizinische Fachwelt schier überwältigt.

Info

SIND WIR ALLE HOLOBIONTEN?

Seitdem fest steht, dass wir Menschen – ebenso wie Tiere, Pflanzen und überhaupt alle Mehrzeller – mit unserer Mikroben-Gemeinschaft eine Einheit bilden, wird darüber diskutiert, was man künftig anstelle von »Individuum« sagen könnte. Die größten Chancen, sich durchzusetzen, scheint der Begriff »Holobiont« zu haben. Geprägt wurde er 1991 von der amerikanischen Biologin Lynn Margulis (1938–2011), die sich für ihre Neuschöpfung vom griechischen hólos (= ganz, vollständig) und bios (= Leben) inspirieren ließ.

Überraschend ist es schon, dass wir erst jetzt davon erfahren. Wir wissen fast alles über die Erde und kennen so gut wie jedes ihrer Ökosysteme; wir haben den Mond besucht und den Mars besuchen lassen, wir versuchen seit Jahren herauszufinden, ob es auch auf anderen Planeten Leben gibt … Aber dass wir selbst optimale Lebensbedingungen für eine Vielzahl an winzigen Organismen bieten, haben wir übersehen. Jetzt jedoch bemühen sich Wissenschaftler auf der ganzen Welt fieberhaft, das Versäumte nachzuholen und die Wissenslücke zu schließen.

Das körpereigene Ökosystem – ein Mikrobenreich


Es gibt im Moment fast nichts, was unserer mikrobiellen Gemeinschaft nicht an Superlativen zugetraut wird. So hieß es zum Beispiel eine Zeit lang, dass mehr als 100 Billionen Mikroorganismen rund 30 Billionen Körperzellen gegenüberstehen. Die Zahlen gehen vermutlich auf eine Schätzung des Mikrobiologen Thomas Luckey in den 1970er-Jahren zurück; der Amerikaner ging sogar davon aus, dass es zehnmal mehr Mikroorganismen gibt als eigene Körperzellen. Inzwischen weiß man, dass das Verhältnis deutlich weniger spektakulär ausfällt, ja sogar mit 30 Billionen weitgehend ausgeglichen ist, wie die 2016 publizierte Neuberechnung einer israelisch-kanadischen Forschergruppe nahelegt.

Imposant ist die Anzahl der von uns beherbergten Einzeller allemal, wobei längst noch nicht alle identifiziert sind. Aber es wird fieberhaft daran gearbeitet. Vor allem in den Labors der forschenden Biologen (Mikrobiologen, Molekularbiologen, Evolutionsbiologen …) und Mediziner (Immunologen, Gastroenterologen, Neurogastroenterologen …) ist gerade Gewaltiges im Gange. Und wirklich finden die Wissenschaftler fast jeden Tag neue Hinweise darauf, dass ein gutes Einvernehmen zwischen uns und unseren winzigen Mitbewohnern jenen Zustand ergibt, den wir Gesundheit nennen und der langes Leben verheißt.

Wofür sind die Mikroben wichtig?

Wie lebt es sich denn mit der Mikrobenschar? Tja, wie wohl? Vermutlich wissen Sie es nicht. Was unsere Mitbewohner genau für uns tun – und wie sie es tun –, bekommen wir eigentlich nicht mit. Eigentlich. In Wahrheit ist es nämlich so: Es gibt praktisch keinen Prozess in unserem Organismus, an dem die Winzlinge nicht in irgendeiner Form beteiligt sind. Es spricht sogar vieles dafür, dass sie nicht nur unseren Körper, sondern auch unser Seelenheil beeinflussen – zumindest die mikrobielle Gemeinschaft, die sich in unserem Darm tummelt. Vielleicht ist es ja, wie manche Wissenschaftler meinen, angemessen, von den Kleinst-lebewesen in und auf unserem Körper als einem Organ zu sprechen, das wie Herz oder Leber lebenswichtige Aufgaben erfüllt – und ohne das wir keine Minute lang lebensfähig wären.

Man muss allerdings sagen: Das Ganze steckt noch in den Kinderschuhen. Es ist ja auch kaum länger als ein Jahrzehnt her, dass mithilfe neu entwickelter Analysemethoden erste Details über unsere Mitbewohner bekannt wurden – und so fast nebenbei der Weg für eine ganz neue Forschungsrichtung geebnet wurde. Das ist für den eher behäbigen Wissenschaftsbetrieb ein extrem kurzer Zeitraum. Und dies erklärt, weshalb vieles noch im Dunkeln oder zumindest im Halbdunkeln liegt – bis hin zu Antworten auf Grundsatzfragen wie: Sind all unsere wuselnden Untermieter gleichermaßen wichtig für uns? Wer von ihnen hält uns gesund, wer macht uns krank? Wie kommen wir überhaupt zu unseren Mikroben? Und vor allem: Lässt sich die Zusammensetzung der Mikrobengemeinschaft von außen – und wenn ja, wie genau – zu unseren Gunsten beeinflussen?

Hauptwohnsitz Darm

Manches musste bereits widerrufen oder zumindest korrigiert werden. Anderes wie besagte Idee, dass wir mehr Mikroben beherbergen als Körperzellen, hält sich dagegen trotz des überzeugenden Widerspruchs weiterhin hartnäckig. Als sicher gilt jedoch: Die Besiedlung ist nicht überall gleich dicht.

Der mit Abstand größte Teil unserer mikrobiellen Mitbewohner sitzt im Darm – der Zahnbelag oder die Vaginalschleimhaut hinken deutlich hinterher. Und: Mehr als 90 Prozent davon sind Bakterien. Hier schon mal eine Kostprobe von den teilweise beachtlichen Größenordnungen, von denen in diesem Buch noch des Öfteren die Rede sein wird: Bis zu einer Billion Bakterien scheiden wir mit dem Stuhl aus – pro Gramm! Das ist um ein Vielfaches mehr, als Menschen auf unserem Planeten leben oder als die Milchstraße Sterne hat. Sehr wahrscheinlich teilen sie sich in mindestens 1 400 verschiedene Arten auf – das letzte Wort ist darüber aber noch nicht gesprochen. Dass die winzigen Wesen im Darm zusammen zwei Kilo wiegen, wie oft zu lesen ist, stimmt jedoch nicht ganz: Mittlerweile musste das Gewicht um etwa 500 Gramm nach unten korrigiert werden, manche Wissenschaftler sprechen auch »nur« noch von einem Kilo. Macht nichts. Viel wichtiger ist, dass die Wissenschaftler den Darmbakterien eine herausragende Rolle in der Medizin der Zukunft zutrauen – sei es, um uns gesund zu erhalten, sei es, um uns wieder gesund zu machen.

Warum aus Darmflora Darmmikrobiom wurde

Inzwischen hat sich die Fachwelt auf eine Änderung der Begrifflichkeiten geeinigt. So spricht heute kaum noch jemand von Darmflora, sondern nun heißt es immer häufiger Mikrobiom (mikro = klein, biom = Großlebensraum, vorherrschende Lebensgemeinschaft) oder Mikrobiota, wenn von unseren mikrobiellen Untermietern (und ihren Genen) in unserem größten Verdauungsorgan die Rede ist. Den Ausdruck gibt es schon seit Ende der 1980er-Jahre, wiedereingeführt hat ihn der amerikanische Molekularbiologe und Nobelpreisträger Joshua Lederberg (1925–2008). Zugleich beklagte der große Forscher, dass bislang niemand die Bedeutung erkannt habe, die das Mikrobiom und seine Gene auf uns und unsere Gesundheit hätten. Dies rief Lederberg seinen Kollegen im Jahr 2001 zu. Leider war es ihm nicht mehr vergönnt, mitzuerleben, wie recht er mit seiner Forderung an die Wissenschaft hatte, unseren mikrobiotischen Mitbewohnern mehr Beachtung zu schenken – und herauszufinden, was sie alles für uns zu leisten vermögen.

Natürlich hört sich Mikrobiomforschung sehr viel interessanter an als Darmfloraforschung. Aber es ist auch schlichtweg falsch, »Bakterien« und »Flora«, also Pflanzen (Flora = Pflanzenreich!), in einen Topf zu werfen. Denn mittlerweile gilt es als unbestritten, dass Bakterien eine ganz eigene Lebensform bilden.

Und noch auf etwas anderes müssen wir, die Autoren, in diesem Zusammenhang hinweisen: Eigentlich ist der Begriff »Mikrobiom« der Gesamtheit aller uns (und andere Lebewesen) besiedelnden Mikroben vorbehalten. Es wäre also wissenschaftlich korrekter, wenn wir in diesem Buch konsequent von »Darmmi-krobiom«, »intestinalem Mikrobiom«, »Darmmikrobiota« oder auch von »gastrointestinaler Mikrobiota« sprechen würden. So wie auch – je nach Wohnstätte der Winzlinge – die Bezeichnungen »Hautmikrobiom« oder »Lungenmikrobiom« exakter wären.

Sei‘s drum: Im Augenblick sind es vor allem der Darm und seine Mikrobenansammlung, die im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses stehen. Und das Interesse ist weiterhin ungebrochen: Mikrobiomforscher auf der ganzen Welt wetteifern darum, Puz-zlesteinchen für Puzzlesteinchen aufzudecken und diese dann so zusammenzufügen, dass sich ein schlüssiges Bild von all den Tätigkeiten der verschiedenen Akteure des mikrobiellen Lebens im Darm ergibt und davon, wie genau diese Mega-WG mit anderen Einheiten in unserem Körper funktioniert: mit dem Darm selbst und überhaupt mit dem gesamten Verdauungsapparat, aber auch mit dem Immunsystem oder dem Gehirn. Und weil viele von ihnen salopp von »Mikrobiom« sprechen, wenn sie eigentlich die Gemeinschaft der Darmbakterien meinen, schließen wir uns dieser Gepflogenheit der Einfachheit halber gern an.

Info

BEGRIFFSWIRRWARR

Manche Wissenschaftler wehren sich dagegen, »Mikrobiom« und »Mikrobiota« synonym zu verwenden. Sie wollen die Begriffe so verstanden wissen:

  • Von der »menschlichen Mikrobiota« sprechen sie, wenn sie die Gesamtheit der uns besiedelnden Mikroorganismen meinen.

  • Beim...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2020
Reihe/Serie Erkrankungen
GU Gesundheit
GU Gesundheit
Körper, Geist & Seele
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Krankheiten / Heilverfahren
Naturwissenschaften Biologie
Schlagworte Aktuelle Forschung • Allergie • Bakterien • Ballaststoffe • Bauchschmerzen • chronische Erkrankungen • Darm • Darmbakterien • Darmflora • entgiften • Gesunde Ernährung • GU • Haut • Immunsystem • Keime • Langes Leben • Lunge • Mikrobiom • Mikrobiomforschung • mikrobiota • Mikroorganismen • Pektin • Probiotika • Reizdarmsyndrom • Schleimhaut • Superorgan • Verdauung • Verdauungsbeschwerden
ISBN-10 3-8338-7686-7 / 3833876867
ISBN-13 978-3-8338-7686-8 / 9783833876868
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