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Die Klimaschmutzlobby (eBook)

Wie Politiker und Wirtschaftslenker die Zukunft unseres Planeten verkaufen
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
304 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99645-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Klimaschmutzlobby -  Susanne Götze,  Annika Joeres
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Empfehlung in der Kategorie »Das politische Buch 2020« der Friedrich-Ebert-Stiftung »Wer wirklich wissen will, warum das alles nicht so läuft mit Energiewende und Klimaschutz, der kaufe und lese dieses Buch. Großartig aber auch erschreckend! So darf es nicht weitergehen, wir müssen die Klimabremser endlich stoppen.« Prof. Dr. Harald Lesch Spätestens seit »Fridays for Future« ist das Thema »Klimawandel« als eines der dringlichsten Probleme unserer Zeit erkannt worden. Doch trotz eindeutiger Verpflichtungen zu den Zielen des Pariser Weltklimaabkommens sind wir weit davon entfernt, diese auch zu erreichen - warum? Ihre Argumente sind krude, ihre Finanzen undurchsichtig, aber ihr Einfluss reicht bis in Regierungen. Klimawandelskeptiker und Lobbyisten der Fossilindustrie sind nicht nur in den USA aktiv, sondern auch in Europa. Ihr Ziel: Klimaschutzgesetze torpedieren, die Verbrennung fossiler Rohstoffe fördern und die Staaten dazu bewegen, aus dem Pariser Weltklimaabkommen auszusteigen. Dieses Buch zeigt, mit welchen Strategien, Netzwerken und Argumenten die Klimaschutz-Bremser gegen die europäische Klimaschutzpolitik kämpfen. Die Autorinnen erklären, warum Deutschland seine Klimaziele wirklich verfehlt und welche Interessengruppen unsere Zukunft verbauen. Ein erschütternder Bericht darüber, dass gutgemeinte Selbstverpflichtungen gar nichts bringen und ein Weckruf: Wir brauchen eine starke Klimapolitik!  

Susanne Götze ist promovierte Historikerin, Autorin und Journalistin. Sie arbeitet als Redakteurin für den SPIEGEL. Für ihre Beiträge recherchiert sie in Europa, Afrika sowie Nord- und Südamerika zu den Folgen des  Klimawandels und internationaler Klima- und Energiepolitik. Ihr Buch Land unter im Paradies wurde im März 2019 mit dem ITB-Award ausgezeichnet, 2022 erhielt sie für Klima außer Kontrolle den NDR Sachbuchpreis.

Susanne Götze ist promovierte Historikerin und passionierte Journalistin. Sie arbeitet als Radiojournalistin für den Deutschlandfunk und schreibt u.a. für SPIEGEL, SZ, die Frankfurter Rundschau, Zeitonline, National Geographic und Cicero über Klimakrise, Klimadiplomatie, Energiewende und was das alles für unser Zusammenleben bedeutet. Seit fünfzehn Jahren recherchiert sie in Afrika, den USA, Südamerika und Europa die gesellschaftlichen Veränderungen einer Welt, die an ihre ökologischen Grenzen geraten ist. Ihr vielfach rezensiertes Buch "Land unter im Paradies" wurde im März 2019 mit dem ITB-Award ausgezeichnet. 

Einleitung


Mitten im heißen Klima-Herbst 2019 reist Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Badische. Die hügelige Landschaft ist beschaulich – kleine Waldstückchen, saftige Wiesen, gemütliche Gasthäuser. Im Städtchen Sinsheim aber wird diese Idylle durchbrochen: Autobahnen und Fernstraßen durchschneiden die Landschaft, riesige Gewerbeparks zersiedeln die sattgrüne Senke. Die Fußwege sind schmal, Radwege gibt es kaum. An jenem sonnigen Oktobertag, als die Klimaaktivistengruppe Extinction Rebellion vor dem Kanzleramt campt und ihre Anhänger die Hauptstadt lahmlegen, nimmt Merkel um neun Uhr morgens ihren Flieger Richtung Sinsheim. Auf ihrer Agenda: die »Klima Arena« eröffnen – ein privates Ausstellungshaus über die Gefahren des Klimawandels. Gebaut wurde es von Dietmar Hopp, Mitgründer des Softwarekonzerns SAP und einer der reichsten Deutschen. Seine »Klima Arena« ist nur mit dem Auto zu erreichen. An den günstigen Autobahnanschluss haben die Veranstalter gedacht, dass Gäste mit dem Zug oder zu Fuß kommen, ist nicht vorgesehen. Trotzdem laufen einige wenige Besucher entlang der Leitplanken an der Schnellstraße, vorbei an Schallschutzwänden des Autobahnkreuzes. Wer hätte gedacht, dass jemand mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Einweihung einer Klimaausstellung anreist? Ist man einmal angekommen, geben die knallbunten Stellwände der Ausstellung aber den guten Rat: Zu Fuß gehen schützt das Klima am besten.

Schickeria und Lokalgrößen von Baden-Württemberg sind mit ihren Limousinen gekommen, auch der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Es gibt Schnittchen und schöne Worte. Die »Arena« ist ein Neubau mitten auf dem freien Feld. Für das Gelände wurden 2,6 Hektar Freifläche versiegelt.[2] Sogar eine eigene Straße, die Dietmar-Hopp-Straße, führt zum Autobahnzubringer, gleich um die Ecke. Direkt neben der »Klima Arena« steht ein imposantes Parkhaus, davor eine betonierte Fläche mit Dutzenden SUVs und Porsches. Als der ehemalige SAP-Chef Hopp bei der Eröffnung sagt, dass »alle beim Klimaschutz mitmachen müssen«, applaudiert das Publikum. »Seid Teil der Klimabewegung.« Der Klimawandel ist, zumindest verbal, bei den deutschen Eliten angekommen.

Drei Wochen zuvor hatte Bundeskanzlerin Merkel ihr Klimaschutzprogramm 2030 vorgelegt, das nach Ansicht vieler Wissenschaftler bei Weitem nicht ausreicht, um Deutschland aus dem fossilen Zeitalter zu führen. Merkel verteidigt ihr Programm in der »Klima Arena«. Man wolle die Ziele schrittweise erreichen. Die Christdemokratin spricht von »einigen Kontroversen«, die es um ihr Klimaprogramm gegeben habe. »Als wir das erste Mal vor zwei Jahren von der ›Klima Arena‹ erfuhren, konnte ja keiner wissen, dass das Thema heute so präsent ist«, entfuhr es der Kanzlerin. Nein? Das hätte niemand wissen können? Ein entblößender Satz angesichts eines seit 30 Jahren aktuellen, globalen Themas. Hatte Kanzlerin Merkel nicht schon 2007 mit dem damaligen Umweltminister Sigmar Gabriel in roten Anoraks auf Grönland gestanden und einen strengeren Klimaschutz angemahnt? Wollte sie nicht schon damals »schrittweise« vorgehen? Und hatte sie nicht schon als CDU-Umweltministerin Mitte der 1990er-Jahre die erste UN-Klimaschutzkonferenz in Berlin eröffnet?

Ja, das war dieselbe Bundeskanzlerin, deren Klimaziele 2020 scheitern. Alle Prognosen prophezeien seit Jahren, dass Deutschland seine angestrebte Senkung von Treibhausgasen um 40 Prozent im Jahr 2020 weit verfehlen wird.[3] Es sind noch immer rund 86 Millionen Tonnen CO[4] zu viel jedes Jahr. Die Klimaziele für 2020 werden wir wahrscheinlich erst 2025 erreichen.[5] Doch dann winkt schon das nächste Klimaziel 2030: Da werden wir mindestens doppelt so viel einsparen müssen.[6] Für ihre Versäumnisse muss die Bundesregierung in den nächsten Jahren sogar Hunderte Millionen Euro zurücklegen, um damit Verschmutzungsrechte aus anderen EU-Mitgliedsländern zu kaufen. Auf den Steuerzahlern lasten laut Finanzplan der Merkel-Regierung also zusätzliche 100 Milliarden Euro im Jahr.[7] Das ist die traurige Bilanz von drei Jahrzehnten Klimaschutzpolitik in Deutschland. Auch mit dem aktuellen Klimapaket für 2030 sitzt die Große Koalition die Klimakrise weiter aus. Doch aus der Krise droht bald eine Katastrophe zu werden. Mit ihrer Politik des »Machbaren« ist die Kanzlerin gescheitert. Sie reicht nicht aus, um den Fakten der Wissenschaft gerecht zu werden. Sie reicht höchstens für ein bisschen Klima-Show – wenn es sein muss, auch im badischen Sinsheim. Dabei weiß die Regierung selbst, dass sie handeln müsste. Ihr Sachverständigenrat für Umweltfragen – das wissenschaftliche Beratungsgremium der deutschen Bundesregierung – errechnete die Restmenge an klimaschädlichen Gasen, die ab 2020 in Deutschland noch emittiert werden dürfen, um die Erde nach den Pariser Klimazielen nicht mehr als 1,75 Grad aufzuwärmen: 6600 Millionen Tonnen. Derzeit stoßen wir 866 Millionen Tonnen Treibhausgase jährlich aus. Übrig bleibt ein Budget, das mit unserem Lebensstil nur noch für knapp acht Jahre reicht.[8]

Die Klimaschmutzlobby hält zusammen


Eigentlich müsste die Kanzlerin im Herbst 2019 mit ihren Ministern Tag und Nacht zusammensitzen, um einen Schlachtplan für den deutschen Klimaschutz zu entwerfen. Doch gerade mal zwölf Stunden nahm sich die Kanzlerin im September 2019, um mit ihren Ministern das Klimapaket zu besprechen – inszeniert als dramatische Nachtsitzung.

Dabei wären jetzt wirksame Gesetze nötig, etwa für weniger Fleisch in Kantinen, kostenlose Nahverkehrskarten, Kerosinbesteuerung oder den Abbau umweltschädlicher Subventionen für Kohlekraftwerke. Der Autoverkehr muss verringert werden, die Wärme erneuerbar und die Landwirtschaft CO-freundlich gemacht werden. Doch in Wirklichkeit findet nichts davon statt. Obwohl wir seit 30 Jahren über Klimaschutz reden, hängt die deutsche Wirtschaft immer noch am Kohle-, Öl- oder Gas-Tropf. Immer noch funktionieren rund 85 Prozent der deutschen Gesellschaft nur dank fossiler Brennstoffe – lediglich 15 Prozent unserer Energie zum Autofahren, Heizen, Laternenanknipsen und Kochen sind klimafreundlich.[9] So steht es auf den Seiten des Bundeswirtschaftsministeriums. Nur noch auf Platz 23 von 57 Industrie- und Schwellenländern liegt Deutschland laut dem Klimaschutz-Index 2019, weit abgeschlagen hinter Ländern wie Schweden und Marokko.[10] Auch in vielen anderen Ländern Europas sieht es nicht besser aus: Die großen europäischen Klimasünder in der Energiewirtschaft, in Verkehr und Landwirtschaft befeuern seit Jahrzehnten ungebremst den Klimawandel. Und nicht nur in Europa, auch in anderen Teilen der Welt werden die gefährlichen Folgen der Erderwärmung ignoriert. Trotz eines stark erhöhten Risikos für Katastrophen wie Flächenbrände, die in Australien zuletzt den Lebensraum von mindestens 500 Millionen Tieren und Tausenden Menschen bedrohten, hält der australische Premier Scott Morrison an seiner fatalen Klimapolitik fest. Er werde seine Pläne für weitere Kohlekraftwerke nicht ändern, sagte der Konservative.[11]

Wie kann das sein? Wir wollten verstehen, warum sich seit drei Jahrzehnten nichts tut. Wir wollten wissen, warum heute nahezu alle Politiker und Wirtschaftslenker Klimaschutz predigen, aber doch Gesetze verabschieden, die diesen verhindern. Warum sie Millionen Klimabewegten auf der Straße applaudieren und am nächsten Tag Subventionen für Gaspipelines, Kohlekonzerne und Fleischfabriken verlängern. Wir haben uns deshalb auf die Suche gemacht: nach den Klimaschmutzlobbys – also jenen Verbänden, Thinktanks, Unternehmen und Schlüsselfiguren in Politik und Wirtschaft, die wirksamen Klimaschutz ausbremsen und verhindern.

Die Vereinten Nationen definieren Lobbyismus als den Versuch, direkten Einfluss auf Gesetze zu nehmen.[12] Lobbyismus ist weder strafbar noch illegal, sondern Teil unserer Demokratie. Grundsätzlich gilt: Wo sich Interessengruppen formieren, gibt es auch Menschen, die diese Interessen voranbringen wollen. Alle politischen Gruppierungen, Unternehmen und Vereine betreiben Lobbyismus – egal, wo sie im politischen Spektrum verordnet sind. Doch der Unterschied ist: Einige haben viel, andere wenig Einfluss. Viele Akteure der alten fossilen Weltordnung haben enormes Gewicht in unseren Gesellschaften. Sie lobbyieren schon seit Jahrzehnten für ihre Interessen, bauen sich Netzwerke auf und strecken ihre Fühler nach Entscheidungsträgern in der Politik aus. Ihr Lobbyismus gegen Klimaschutz kommt uns alle teuer zu stehen: Der jährliche UNO-Report zu den Gesundheitskosten des Klimawandels muss seine Zahlen in jedem neuen Bericht nach oben korrigieren: Aktuell kosten uns diese Folgen 300 Milliarden Dollar – pro Jahr. Und das sind nur Zahlen für Infektionen und Hitzetote.[13] Wer wirksame Klimagesetze verschleppt, bedroht uns alle. Dieses Buch gibt dieser gefährlichen Klimaschmutzlobby Namen und Gesichter. Es ist naheliegend, dass auch »grüne« Konzerne und Politiker ihre Interessen durchsetzen wollen – und diese zielen nicht immer nur auf die »Weltrettung« ab. Korruption und Interessenkonflikte finden sich überall, wo Menschen versuchen, Einfluss zu üben. Dieses Buch widmet sich aber ausschließlich jenen Wirtschaftsnetzwerken, Thinktanks und Zirkeln, die seit Jahrzehnten dazu beitragen, Europas Klimaschutz zu bremsen. Dabei zeigen wir, wie neoliberales Denken, rechtspopulistische Parteien, Klimawandel-Leugner, passive Entscheidungsträger und eingefahrene Strukturen den Stillstand organisieren. Die Schlüsselfiguren der Klimaschmutzlobby müssen endlich benannt, ihre Netzwerke offengelegt und ihre Motivationen kritisch hinterfragt werden.

Bremser, Leugner und Populisten – die Akteure der...


Erscheint lt. Verlag 2.6.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Naturwissenschaften
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Technik
Schlagworte Anti-Klima-Lobby • Aufdeckungsbuch • Buch • Bücher • CO2 • CO2-Ausstöße • Dabattenbeitrag • Debattenbeitrag • Debattenbuch • Fridays For Future • Greta Thunberg • Investigationsjounalismus • investigativ • Klima • Klimakrise • Klimaleugner • Klima Lüge • Klimapaket • Klima retten • Klimaschmutz • Klimaschutz • Klima und Umweltschutz • Klimawandel • Klima Wandel • Klimawandel Buch • Klimawandelleugner • Krise • Lobby • Lobbyismus • Naturschutz • Pariser Klimaabkommen • Politik • Thinktanks • Welt retten • wer verhindert klimaschutz • Wirtschaft • Zukunft
ISBN-10 3-492-99645-0 / 3492996450
ISBN-13 978-3-492-99645-7 / 9783492996457
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