Einführung in die Psychosomatik und Psychotherapie (eBook)
120 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-038948-9 (ISBN)
Prof. Dr. biol. hum. Dipl.-Psych. Anna Buchheim ist Professorin für Klinische Psychologie an der Universität Innsbruck. Dr. med. Katharina Biersack ist Fachärztin und wiss. Mitarbeiterin an der Technischen Universität München. Prof. Dr. med. Eckhard Frick sj ist Professor für Spiritual Care und psychosomatische Gesundheit am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München. PD Dr. med. Joram Ronel ist Chefarzt und Leiter des Dept. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Klinik Barmelweid sowie Lehrbeauftragter an der ETH Zürich.
Prof. Dr. biol. hum. Dipl.-Psych. Anna Buchheim ist Professorin für Klinische Psychologie an der Universität Innsbruck. Dr. med. Katharina Biersack ist Fachärztin und wiss. Mitarbeiterin an der Technischen Universität München. Prof. Dr. med. Eckhard Frick sj ist Professor für Spiritual Care und psychosomatische Gesundheit am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München. PD Dr. med. Joram Ronel ist Chefarzt und Leiter des Dept. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Klinik Barmelweid sowie Lehrbeauftragter an der ETH Zürich.
Vorwort
Wen wollen wir mit diesem Buch, mit dieser Neuauflage der Einführung in die Psychosomatik und Psychotherapie ansprechen?
Dieses Buch ist für Studierende der Medizin, der Psychologie und der Psychotherapiewissenschaft geschrieben, auch für Ärzte, Ärztinnen, Psychologinnen und Psychologen, die sich noch nicht als Expertinnen und Experten in der Psychosomatik und Psychotherapie verstehen.1
Immer wieder werden im Studium Störungsbilder oft nur nach den klassischen Kriterienkatalogen gelehrt. Auch Ätiologiemodelle und Interventionen werden in vielen Fällen störungsorientiert und nach Definitionskategorien nähergebracht. Auf diese Weise kann das Verständnis für das Subjektive, also »das Menschliche« im Menschen, für sein individuelles Leiden, für die Lebenserfahrungen, die ihn geprägt und entwickelt haben, für seine (auch nonverbale) Sprache, mit der er besser oder schlechter gelernt hat, sich auszudrücken, und für die Umwelt, die ihn mal mehr, mal weniger wahrgenommen hat, nicht unbedingt entstehen. In diesem Buch kommt es uns daher darauf an, den medizinischen und den psychologischen Zugang miteinander zu verknüpfen. Im Sinne eines bio-psycho-sozialen Modells ist ein Mensch, der unter einer Erkrankung leidet, deutlich mehr als nur seine medizinische Diagnose. Eine in der Psychosomatik oft zitierte Haltung, die auch diesem Buch zugrunde liegt, lautet: »Wir behandeln keine Krankheiten, sondern kranke Menschen.«2
Dieses Lern- und Arbeitsbuch basiert daher auf den Grundlagen einer sogenannten integrierten Medizin, die psychische, soziale und körperliche Aspekte des Lebens gleichwertig berücksichtigt. Ein weiterer Schwerpunkt unseres Buches liegt in der Vorstellung, dass wir Menschen gar nicht anders können, als immer in Beziehungen zu leben, und nicht als isolierte Einzelwesen funktionieren. Gerade im Bereich der psychischen und psychosomatischen Leiden hat eine solche beziehungsorientierte Perspektive vielerlei Konsequenzen. Für die theoretischen Konzepte von Gesundheit und Krankheit genauso wie für Diagnostik und Behandlung.
Der Bedeutung von Beziehungen und Beziehungserfahrungen für uns Menschen tragen insbesondere psychodynamische und psychoanalytische Sichtweisen und Theorien Rechnung. Was bedeutet das? Kurz gesprochen, geht es um das Zusammenspiel von inneren Konflikten, Triebkräften, sich wiederholenden Beziehungsmustern und der durch die biografisch geprägte Entwicklung geformten Persönlichkeitsstruktur als Verstehens-Grundlage für die Entstehung von psychosomatischen oder psychischen Störungen. Die Begriffe »Psychodynamik« und »Psychoanalyse« werden hierbei oft synonym verwendet. Der erste fokussiert eher auf das Zusammenspiel der verschiedenen innerseelischen Kräfte, der zweite auf die Erfahrungen zur psychotherapeutischen Behandlung, aber auch zur gesellschaftspolitischen Kulturtheorie, welche der Wiener Arzt Sigmund Freud (1856–1939) um das Jahr 1890 begründete. Auch auf andere therapeutische »Schulen« werden wir in unserem Buch (teils auch sehr ausführlich) eingehen – aber der Schwerpunkt liegt auf der psychodynamischen Denkweise.
Wir sind davon überzeugt: Alle Fächer der Medizin sind »psychosomatisch«. Die Existenz des Facharzttitels »Psychosomatische Medizin und Psychotherapie« in Deutschland ist einerseits eine sehr große Chance. Sie birgt aber andererseits auch eine Gefahr:
»Man würde an dieses Fach den psychischen und den sozialen Aspekt quasi ›überweisen‹, so wie man abgrenzbare hormonelle Störungen an den Endokrinologen zu delegieren vermag. Eine solche ›Psychosomatik‹ würde der übrigen Medizin also eher dazu verhelfen, ihre Verantwortung für die Einbeziehung des psychischen und des sozialen Aspektes bei jeder Krankheit und bei jedem Kranken weiterhin zu verdrängen.« 3
Wenn wir der Patientin sagen: »Das ist psychosomatisch!« oder »Wir überweisen Sie zu einem Facharzt für Psychosomatische Medizin oder zu einer Psychotherapeutin« – was geschieht dann in der therapeutischen Beziehung? Es kann schlimmstenfalls wahrgenommen werden als ein Nicht-Ernstnehmen oder ein Abschieben. Oder es kann, wenn es konstruktiv gehandhabt wird, in dem integrierten Sinn des »Sowohl-als-auch« der Simultandiagnostik und Simultanbehandlung von körperlichen und psychischen Aspekten erfolgen, den wir diesem Buch zentral zugrunde legen wollen.
Viele unserer Patienten und Patientinnen haben den Wunsch, dass ihre Beschwerden »organisch« erklärbar sind. Das ist in den persönlichen Beziehungen und gesamtgesellschaftlich bis heute immer noch besser anerkannt und weniger stigmatisierend als eine vermeintlich rein »psychische« Verursachung. Als Fachleute für Psychosomatik und Psychotherapie haben wir stets auch die Verpflichtung, organische Aspekte von Störungen, z. B. in der Kardiologie, Neurologie etc., mit dem Erleben der Betroffenen zusammenzubringen und hier keinesfalls einer einseitigen Psychologisierung oder gar »Psychopathologisierung« das Wort zu reden.
Diese besondere Art der integrierten (bio-psycho-sozialen) Perspektive sollte jedoch nicht nur eine Aufgabe für Fachleute sein. Auch diejenigen Leser und Leserinnen, die weder psychosomatische Fachärztinnen werden noch Psychologen, brauchen im Patientenkontakt den erwähnten »psychosomatischen« Blick. Dazu gehört auch die Berücksichtigung des existenziellen und spirituellen Gesichtspunkts, nicht als entbehrliches Sahnehäubchen, sondern als notwendige Perspektiv-Erweiterung: Was bedeutet eigentlich eine Erkrankung für die Biografie eines Menschen? Und wie hängt das mit der Sinnfrage zusammen? Mit dem Zerbrechen von bisherigen Sinn- oder Identitätsentwürfen möglicherweise? Auch das ist nicht nur einer kleinen Gruppe von Erkrankungen vorbehalten – wie beispielsweise in der Psychoonkologie oder Palliativmedizin –, sondern es betrifft die gesamte Medizin.
Was also ist das Besondere an unserem Buch?
Wir wollen die ärztlich-psychologisch-psychotherapeutische Perspektive der Vorauflagen durch einige Aspekte erweitern: Das Buch spricht bewusst Kolleginnen und Kollegen an, die am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehen – angehende Ärztinnen, Psychologen, Psychotherapiewissenschaftler und alle anderen Gesundheitsberufe, denen die Beziehungsaspekte und eine integrierte bio-psycho-soziale Perspektive wichtig sind. Eine Besonderheit sind die Expertinnen-Interviews (im Online-Anhang als Audiodateien abrufbar) und die Einarbeitung der durch das ganze Buch hindurch beschriebenen Krankengeschichte einer Patientin (wir haben Sie Frau Nowak genannt) als anschauliches Fallbeispiel.
Die Tabellen, Übersichtskästen und Übungsmaterialien am Ende des Buches bündeln konkrete Fakten wie die Beschreibung der Störungen nach ICD-11, aber sie sind auch eine Möglichkeit, nachzuschlagen und zu lernen. Zusätzlich haben wir Materialien zusammengestellt, welche für eine gelungene und reflektierende Kommunikation mit Patientinnen und Patienten hilfreich und somit gut für die Verwendung in den entsprechenden Kursen (z. B. der ärztlichen Gesprächsführung und Kommunikation) zu nutzen sind.
Obwohl wir die gängigsten Störungsbilder des Fachgebietes der Psychosomatik und Psychotherapie hier auf eine verständliche und gleichzeitig profunde Weise näherbringen wollen und zu diesen Bereichen auch Lernmaterialien zur Verfügung stellen, kann dieses Buch kein allumfassendes Handbuch oder Nachschlagewerk sein.
Im Rahmen der Erstellung der Audioanhänge durften wir ein sehr inspirierendes Expertengespräch mit Professor Michael Ermann führen, der erstmals 1994 die bisherigen Auflagen dieses Buches als Ergänzung zu seinem Werk Psychotherapie und Psychosomatik. Ein Lehrbuch auf psychoanalytischer Grundlage4 begründet und konzipiert hat.
Podcast: Michael Ermann
Was verdanken wir dem Aufschlag, den Michael Ermann, Otmar Seidl, Christian Kinzel und Eckhard Frick gemacht haben (Letzterer konnte auch für diese Ausgabe als Autor gewonnen werden)? Die Erfahrungen mit ihrem Skript des Studierendenkurses flossen in das sehr beliebte Lehrbuch der Psychosomatik auf psychoanalytischer Grundlage ein. In der vorliegenden Auflage sind wir ebenso bemüht gewesen, leicht verständlich, einprägsam und dennoch nicht oberflächlich zu formulieren. Wir waren bestrebt, neugierig auf die psychosomatische Sichtweise zu machen, wieder nicht im typisch curricularen Lehrbuchstil. So trifft sich eine wesentliche Grundhaltung der Psychosomatik mit der Schreibweise der vorherigen und dieser vorliegenden Auflage: Psychosomatik und Psychotherapie sind nicht nur wissenschaftliche Fachgebiete, sondern auch eine zutiefst »gesamtmenschliche« Angelegenheit, welche mit Beziehungen und den persönlichen, subjektiven Erzählungen und Geschichten unserer...
Erscheint lt. Verlag | 5.3.2025 |
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Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Psychiatrie / Psychotherapie |
Schlagworte | Ärzte • Ärztliche Weiterbildung • Krisenintervention • Lehrbuch • posttraumatische Störungen • Psychodiagnostik • Psychogene Störungen • Psychosomatik • Psychosomatische Medizin • Psychosomatische Störungen |
ISBN-10 | 3-17-038948-3 / 3170389483 |
ISBN-13 | 978-3-17-038948-9 / 9783170389489 |
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