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Psychiatrische Notfälle in der Heilpraxis (eBook)

Psychopharmakologie und Krisenintervention
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
112 Seiten
Haug Fachbuch (Verlag)
978-3-13-245671-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Psychiatrische Notfälle in der Heilpraxis - Matthias Wendland
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<p>Richtig und schnell handeln im psychiatrischen Notfall<br></p><p>Was tun Sie, wenn in der Heilpraxis bei einer Patientin oder einem Patienten ein akuter psychiatrischer Notfall eintritt? Wie erkennen Sie Frühwarnzeichen? Welche Sofortmaßnahmen müssen Sie ergreifen?<br></p><p>Dieses Buch gibt Heilpraktikern und Heilpraktikern für Psychotherapie in Ausbildung und Beruf eine klare Handlungs-Orientierung. Es ist Notfall-Coach für den Ernstfall bzw. für die Prüfung vor dem Gesundheitsamt. Sie lernen Schritt für Schritt, wie Sie einen psychiatrischen Notfall erkennen, wie Sie anamnestische Informationen bewerten und wie Sie ganz praktisch reagieren müssen.</p><ul><li><strong>Orientieren:</strong> Die durchgängige Gliederung der beschriebenen Notfallsituationen und hilfreiche Checklisten erleichtern das Finden der gesuchten Informationen.</li><li><strong>Verstehen:</strong> Der Lehrtext ist klar und verständlich formuliert. Viele didaktische Elemente unterstützen den Lernprozess.<br></li><li><strong>Vertiefen:</strong> Extra Lerntipps vermitteln zusätzliche Sicherheit für die schriftliche und mündliche Prüfung.<br></li><li><strong>Anwenden:</strong> Viele anschauliche Fallbeispiele, Praxistipps und offene Vertiefungsfragen optimieren den Theorie-Praxis-Transfer.<br></li></ul><p>Ein besonderes Plus: Eine kurze Einführung zur Psychopharmakologie sensibilisiert Sie dafür, wie Sie bereits während der Arzneimittelanamnese potenzielle Notfallrisiken bei Ihren Patientinnen und Patienten erkennen können. Weiter lernen Sie, wie und wann medikamentöse (not-)ärztliche Interventionen gezielt die Gefahr von Patienten abwenden können.<br></p>

Quelle: (c) K. Oborny / Thieme |

2 Krisenintervention bei psychiatrischen Notfällen


2.1 Grundlagen


Definition

Psychiatrischer Notfall

Unter einem psychiatrischen Notfall versteht man eine plötzlich auftretende, tiefgreifende psychische Veränderung bzw. eine akute Verschlechterung einer bestehenden, psychischen Erkrankung, die die Gesundheit des Patienten und seines Umfeldes unmittelbar gefährdet. Betroffene Patienten sind nicht in der Lage, sich ohne fremde Hilfe aus der Situation zu befreien und benötigen sofortige medizinische Betreuung (Diagnostik und Therapie).

Psychiatrische Notfälle entstehen, wenn:

  • belastende Ereignisse in kurzer Zeitfolge auftreten;

  • Patienten gleichzeitig über eine geringe Resilienz verfügen bzw. bereits an einer psychischen Erkrankung leiden;

  • Patienten ungünstige Lebensbedingungen haben.

Psychiatrische Notfälle können auch durch organische Krankheiten oder Drogenkonsum bzw. Drogenentzug ausgelöst werden.

2.1.1 Häufigkeit psychiatrischer Notfalleinsätze


Psychische Erkrankungen zählen zu den häufigen chronischen Erkrankungen in den Ländern der westlichen industrialisierten Welt. Gemessen an der Beeinträchtigung der Lebensqualität und der Verkürzung der Lebenszeit kann man sie durchaus mit den großen chronischen „Volkskrankheiten“ wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Krebs vergleichen. Dabei ist zu beobachten, dass die Zahl der psychisch Erkrankten seit Jahrzehnten langsam, aber stetig zunimmt.

Infolgedessen werden immer häufiger psychiatrische Notfalleinsätze notwendig, die durch psychische Störungen verursacht werden. Das fach- und sachgerechte schnelle Handeln in Notfallsituationen ist essenziell für die Betroffenen, da es zu lebensbedrohlichen Situationen für Helfende und akut Erkrankte kommen kann. Häufig sind die Ersthelferinnen und Ersthelfer mit diesen komplexen und dringenden Situationen überfordert.

In der seit 2019 gültigen S2k-Leitlinie Notfallpsychiatrie werden folgende Schätzgrößen pro Jahr für die Anzahl psychiatrischer Notfalleinsätze genannt (Stand: 13.04.2019):

  • ca. 500.000 Patienten werden von einem Notarzt behandelt,

  • ca. 1,5 Millionen Patienten werden in Notfallaufnahmen behandelt und

  • ca. 500.000 Patienten werden nach einer Behandlung in einer Notaufnahme stationär aufgenommen.

Psychische Erkrankungen treten am häufigsten in Form von Angststörungen und Depressionen auf, gefolgt von Anpassungsstörungen mit depressiven Reaktionen sowie Reaktionen auf Traumatisierung.

2.1.2 Entstehung psychiatrischer Erkrankungen


Wenn eine psychische Störung entsteht, ist dies immer ein multifaktorielles Geschehen, bei dem sowohl äußere Einflüsse als auch innere Faktoren eine Rolle spielen, die von der persönlichen Konstitution eines Menschen abhängig sind.

2.1.2.1 Äußere Einflüsse

Äußere Einflüsse sind belastende Lebensumstände, wie beispielsweise:

  • Gewalt ( ▶ Abb. 2.1)

  • Armut

  • Einsamkeit

  • Arbeitslosigkeit

  • Drogenkonsum

  • gesellschaftliche Diskriminierung

  • andauernde Konflikte in Familie oder Beruf

Äußere Einflüsse, die psychiatrische Grunderkrankungen hervorrufen können.

Abb. 2.1 Werden Menschen in ihrem Alltag z.B. dauerhaft mit Gewaltsituationen konfrontiert, kann die seelische und körperliche Belastung zu psychiatrischen Erkrankungen führen. Bei regelmäßiger häuslicher Gewalt kann sich eine Depression und/oder eine Angststörung entwickeln. (nachgestellte Situation)

(Quelle: © K. Oborny/Thieme)

2.1.2.2 Innere Faktoren

Zu den inneren Faktoren einer psychischen Störung zählen in erster Linie die individuellen, angeborenen Eigenschaften und Grundmuster der Psyche, die im Charakter und Temperament eines Menschen ihren Ausdruck finden ( ▶ Abb. 2.2). Hinzu kommt eine durch Erziehung und soziokulturelle Einbindung erlangte Prägung. Anerzogene und angeborene Faktoren bestimmen letztlich zusammen, wie empfindlich ein Mensch auf äußere Stressfaktoren reagiert und in welcher Form Lösungsstrategien gefunden werden.

Hoher innerer psychischer Druck.

Abb. 2.2 Individuelle angeborene Eigenschaften und Grundmuster der Psyche zählen zu den inneren Faktoren, die ein psychisches Störungsbild maßgeblich beeinflussen. Wie gut ein starker innerer Druck aufgrund von Stressoren bewältigt werden kann, hängt von der Resilienz der Betroffenen ab. (nachgestellte Situation)

(Quelle: © K. Oborny/Thieme)

Diese innere psychische Robustheit und die Fähigkeit, in psychischen Belastungssituationen handlungsfähig zu bleiben, bezeichnet man als Resilienz. Eine hohe Resilienz bedeutet, dass der Patient über viele Merkmale verfügt, die seine Psyche schützen und stärken. Bei einer geringen Resilienz sind diese schützenden Faktoren in nicht ausreichender Form vorhanden.

2.1.3 Wann wird eine psychiatrische Erkrankung zum Notfall?


2.1.3.1 Ursachen

Ein psychiatrischer Notfall entwickelt sich häufig plötzlich aus Situationen heraus, in denen:

  • stark belastende Ereignisse innerhalb einer kurzen Zeitspanne auftreten und das Leben eines Menschen in seinen Grundfesten erschüttern;

  • gleichzeitig eine geringe Resilienz vorliegt;

  • der Mensch ungünstige allgemeine Lebensbedingungen hat, die die akute Belastung nicht abpuffern können.

Viele psychiatrische Notfallpatienten haben in der Vergangenheit bereits Phasen mit starker psychischer Belastung erlebt oder leiden an einer diagnostizierten psychischen Erkrankung. Eine psychiatrische Notfallsituation kann bei ihnen ein Zeichen für die akute Verschlechterung der psychiatrischen Grunderkrankung sein.

2.1.3.2 Stark belastende Ereignisse

Zu den stark belastenden Ereignissen zählen beispielsweise:

  • der Verlust des Arbeitsplatzes

  • das Scheitern einer Beziehung

  • die Diagnose einer schweren Krankheit

  • der plötzliche Verlust der vertrauten Umgebung

  • der plötzliche Tod eines nahestehenden Menschen

Bei Menschen, die über eine geringe Resilienz verfügen, verdichtet sich in solchen Fällen die seelische Not derart stark, dass tiefgreifende psychische Veränderungen innerhalb einer kurzen Zeitspanne auftreten. Symptome, die sich bei psychischen Erkrankungen normalerweise über Monate bis Jahre entwickeln, treten in der psychiatrischen Notfallsituation innerhalb von Stunden bis Tagen in hoher Intensität auf. Der Patient ist in seiner Handlungsfähigkeit und Selbstregulation akut massiv eingeschränkt und findet ohne Hilfe aus dieser Lage nicht mehr heraus.

2.1.3.3 Allgemeine Lebenssituation

Neben den belastenden Ereignissen spielt die allgemeine Lebenssituation des Patienten eine große Rolle:

  • Geht der Patient einer Arbeit nach?

  • Wie ist die wirtschaftliche Lage des Patienten?

  • Gibt es erkennbar einen geregelten Tagesablauf?

  • Lebt der Patient allein oder in einer Partnerschaft?

  • Ist der Patient in gesellschaftliche Gruppen integriert?

  • Gehört der Patient zur bildungsfernen Schicht der Bevölkerung?

Alleinstehende Menschen mit geringem Bildungsstand haben das größte Risiko, durch ein schwer belastendes Ereignis aus der Bahn geworfen zu werden ( ▶ Abb. 2.3). Je besser die Einbindung in soziale Gruppen, je höher der Bildungsstand und je besser das wirtschaftliche Auskommen, desto geringer ist das Risiko für eine psychiatrische Erkrankung und damit für einen...

Erscheint lt. Verlag 10.7.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Medizin / Pharmazie Naturheilkunde
Schlagworte Ausbildung • Heilpraktikeranwärter Psychotherapie • Heilpraktikerprüfung • Heilpraktikerprüfung Psychotherapie • Heilpraktiker Psychotherapie • Lehrbuch • Lernskript • Prüfungstipps • Prüfungsvorbereitung • Psychiatrische Notfälle • Selbstlernsystem
ISBN-10 3-13-245671-3 / 3132456713
ISBN-13 978-3-13-245671-6 / 9783132456716
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