Der Körper des Menschen (eBook)
1449 Seiten
Thieme (Verlag)
978-3-13-243936-8 (ISBN)
Quelle: © Siarhei / stock.adobe.com |
1 Biologie der Zelle
Der menschliche Körper setzt sich aus 75 Billionen „Bausteinen“ zusammen, den Zellen. Die meisten davon sind rote Blutkörperchen (25 Billionen), gefolgt von Nervenzellen (100 Milliarden). Entsprechend dieser sehr großen Menge von Zellen ist die einzelne Zelle mikroskopisch klein. Mit bloßem Auge erkennbar sind nur weibliche Eizellen, die mit einem Durchmesser von 150 μm die größten Zellen des Menschen darstellen. Einige Bindegewebszellen sind dagegen nur 5 μm „groß“. Jede Zellart hat bestimmte Aufgaben. Erythrozyten z.B. transportieren Sauerstoff, Nervenzellen leiten Erregungen weiter, Keimzellen dienen der Fortpflanzung usw. Welche Leistung die jeweilige Zelle für den Organismus erbringt, ist in bestimmten Abschnitten der sog. Desoxyribonukleinsäure (DNS bzw. DNA) in den Genen im Zellkern gespeichert.
1.1 Was ist eine menschliche Zelle?
Definition
Die Zelle ist der Grundbaustein des menschlichen Körpers sowie aller Tiere und Pflanzen. Sie ist die kleinste selbstständig lebende Einheit. Man unterscheidet zwei Kategorien von Zellen:
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prokaryote Zellen: unter dem Mikroskop ist kein Zellkern zu sehen und
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eukaryote Zellen: unter dem Mikroskop ist ein Zellkern zu sehen ( ▶ Abb. 1.1).
Außer den Bakterien sind alle tierischen und pflanzlichen Organismen sog. Eukaryoten.
Als eigenständiger Organismus tritt die Zelle in Form von Einzellern (z. B. Geißeltierchen und Amöben) auf. Bei den Mehrzellern bilden die Zellen große Verbände und sind funktionelle Einheiten im Rahmen einer übergeordneten Struktur. Gene im Zellkern steuern die Vermehrung der Zellen und die Synthese von Eiweißen. Beides zusammen stellt sicher, dass sich
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aus einer befruchteten Eizelle ein vielzelliger Organismus entwickelt und
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aus gemeinsamen Vorläuferzellen so unterschiedlich differenzierte Zellen wie z. B. Gehirn-, Lungen-, Muskel- oder Leberzellen entstehen.
Recht unterschiedlich ist auch die Form von Zellen:
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Eizellen sind rund.
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Bindegewebszellen haben Fortsätze.
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Muskelzellen sind spindelförmig oder platt.
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Epithelzellen sind kubisch oder hochprismatisch.
Unterschiedliche Größen und Formen stehen häufig in engem Zusammenhang mit den jeweiligen Eigenschaften und Aufgaben von Zellen. So können z.B. Nervenzellen, die vom Gehirn zum Rückenmark ziehen, inklusive ihres Fortsatzes bis zu 1 m lang sein.
Zusatzinfo
Bakterien
Prokaryonten sind i.d.R. Einzeller mit einer Größe von wenigen Mikrometern (10-6m). Ihre wichtigsten Vertreter sind die Bakterien. Prokaryotische Zellen sind erheblich kleiner als eukaryotische, wobei das Volumenverhältnis etwa 1:2000 ist. Prokaryonten besitzen keinen Zellkern, was das wichtigste Unterscheidungsmerkmal gegenüber den Eukaryonten darstellt. Dadurch verteilt sich das genetische Material in der gesamten Zelle, ohne durch eine eigene Zellmembran (wie bei eukaryotischen Zellen) abgetrennt zu sein.
Es gibt auf unserer Erde mehr Bakterien als Sandkörner (etwa 4–6 Quintillionen, eine Zahl mit 30 Nullen!). Von den geschätzten 1,7 Milliarden Bakterienarten sind lediglich etwa 17000 Arten bekannt bzw. beschrieben. Etwa ⅓ davon werden als pathogene Krankheitserreger eingestuft. Bakterien sind einerseits Verursacher von zahlreichen Infektionserkrankungen und verheerenden Seuchen (z.B. Pest, Tuberkulose), haben auf der anderen Seite jedoch auch lebenswichtige Funktionen, indem sie z.B. im Darm die Verdauung der Nahrung unterstützen (s. Kap. ▶ „Ballaststoffe“).
Lebensraum
Bakterien sind komplex aufgebaut und besitzen die Fähigkeit, sich sehr schnell an widrige Lebensumstände anzupassen. Dadurch konnten sie Lebensräume besiedeln, die eukaryotischen Zellen aufgrund der äußeren Bedingungen (z.B. Hitze, Säure, Lauge, Luftabschluss) verschlossen bleiben. Selbst Biotope, die wegen chemischer Verseuchung oder stark radioaktiver Strahlung für Eukaryonten lebensfeindlich sind, werden von Bakterien besiedelt. Unter günstigen Bedingungen können Bakterien sehr rasch wachsen und nachdem eine bestimmte Größe erreicht ist, verdoppelt sich ihr Genom. Danach schnüren sich die Bakterien in der Mitte ein und teilen sich. Der ganze Vorgang dauert etwa 20 Minuten, d.h. unter günstigen Bedingungen kann sich eine Bakterienpopulation innerhalb kürzester Zeit stark vermehren.
Erforschung
Die Untersuchung von Bakterien erfolgt heute nicht mehr mit dem Mikroskop oder durch zeitraubende Kultivierungsversuche, sondern mithilfe ihres genetischen Codes. Mit molekularbiologischen Methoden werden sie sequenziert, d.h., ihr genetischer Code wird entschlüsselt und auf diese Weise kann man das Genmaterial tausender unterschiedlicher Bakterienarten sehr schnell analysieren. Auf diese Weise haben Wissenschaftler Hunderte von neuen Bakterienarten im menschlichen Darm entdeckt (s. Kap. ▶ „Mikrobiom des Darms“).
Im menschlichen Körper
Interessant ist die Tatsache, dass der Mensch eine innige Beziehung zu Bakterien hat. So ist die Zahl der Bakterien, die im Darm oder auf anderen Oberflächen leben (z.B. Haut, Mundhöhle), größer als die Zahl menschlicher Körperzellen (100 Billionen Bakterien vs. 75 Billionen menschlicher Zellen). Aufgrund ihrer geringeren Größe und des deutlich kleineren Volumens wiegen sie zusammen gerade einmal 2kg!
1.2 Eigenschaften von Zellen
1.2.1 Grundeigenschaften
Obwohl Zellen hinsichtlich ihrer Aufgaben sehr unterschiedlich sind, haben sie alle gemeinsame Grundeigenschaften:
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Stoffwechsel und Energiegewinnung: Um ihre Funktionen erfüllen zu können, benötigen Zellen Energie, die sie durch regelmäßige Nahrungsaufnahme bekommen. Die aufgenommenen Stoffe werden in zelleigene Verbindungen umgewandelt und in Form von Endprodukten (z.B. als Harnstoff bei der Elimination von Stickstoff) wieder an den Organismus abgegeben.
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Vermehrung und begrenzte Lebensdauer: Fast alle Zellen vermehren sich lebenslang durch Teilung. Auf diese Weise können sie z.B. Zellen ersetzen, die durch eine Verletzung zugrunde gegangen sind (Regeneration = Wiederherstellung von Geweben und Organen).
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Reizaufnahme und Reizbeantwortung: Fast alle Zellen stehen mit ihrer unmittelbaren Umgebung durch spezifische Zelloberflächenstrukturen (z. B. Rezeptoren) in Verbindung und können unterschiedliche Reize aufnehmen, auswerten und beantworten.
Zusatzinfo
Zellteilungsrate
Das menschliche Knochenmark bildet etwa 160 Millionen rote Blutkörperchen pro Minute, die Keimdrüsen (Hoden) des Mannes etwa 85 Millionen Spermien pro Tag. Eine hohe Zellteilungsrate charakterisiert auch die Schleimhautzellen des Dünndarms, die eine durchschnittliche Lebensdauer von nur wenigen Tagen (30 – 100 h) aufweisen. Andere Zellen wiederum teilen sich nur in einer bestimmten Entwicklungsphase und bleiben danach lebenslang erhalten, z. B. Nervenzellen und Muskelzellen.
1.2.2 Spezifische Eigenschaften
Zusätzlich zu den ▶ Grundeigenschaften besitzen einige Zellen spezifische Eigenschaften:
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Sie können sich bewegen (z. B. Abwehrzellen im Bindegewebe, männliche Spermien im weiblichen Genitaltrakt).
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Sie können Stoffeaufnehmen (Abwehrzellen z.B. Zelltrümmer) oder abgeben (Drüsenzellen z.B. Sekrete).
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Sie können eine besondere Oberfläche mit besonderen Funktionen ausbilden: die Epithelzellen der Schleimhaut im Atemtrakt z.B. Flimmerhaare, die Epithelzellen der Schleimhaut im Dünndarm z.B. einen Bürstensaum.
1.3 Grundbauplan einer eukaryoten Zelle
Für alle Zellen des menschlichen Körpers (eukaryote Zellen) gibt es einen Grundbauplan. Unter dem Lichtmikroskop erkennt man von außen nach innen ( ▶ Abb. 1.1):
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Zellmembran (Plasmalemm)
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Zellleib (Zytoplasma) mit Zellorganellen und Zelleinschlüssen und
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Zellkern (Nucleus).
Zelle.
Abb. 1.1 Grundbauplan einer eukaryoten Zelle (vereinfachtes lichtmikroskopisches Bild)....
Erscheint lt. Verlag | 12.6.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Chirurgie |
Medizin / Pharmazie ► Pflege | |
Schlagworte | Anatomie • Faller • Gefäße • Körper • Mensch • Pflege • Pflegeausbildung • Physiologie • Prüfung |
ISBN-10 | 3-13-243936-3 / 3132439363 |
ISBN-13 | 978-3-13-243936-8 / 9783132439368 |
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