100 Fragen an deinen Urologen (eBook)
240 Seiten
Riva Verlag
978-3-7453-2414-3 (ISBN)
Dr. med. Horst Hohmuth ist Urologe, Androloge und Sportmediziner. Für einige Zeit war er als Truppenarzt in der US-Armee tätig. Seit nunmehr 30 Jahren leitet er eine Praxis für Männergesundheit in Ulm, in der er und sein Team einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, um ihren Patient*innen zu helfen.
Dr. med. Horst Hohmuth ist Urologe, Androloge und Sportmediziner. Für einige Zeit war er als Truppenarzt in der US-Armee tätig. Seit nunmehr 30 Jahren leitet er eine Praxis für Männergesundheit in Ulm, in der er und sein Team einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, um ihren Patient*innen zu helfen.
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Hormone
so klein und doch so wichtig
Testosteron, das Schlüsselhormon des Mannes, wird häufig mit der ewigen Sehnsucht nach der Jugend in Verbindung gebracht. Daher besteht bei vielen der Wunsch, die Jugend zurückzuerobern und durch Anwendung von Testosteron einen jugendlichen Stoffwechsel zu erlangen. Ist es also sinnvoll, Testosteron zu »ersetzen«? Bei den meisten Männern fällt der Testosteronspiegel im mittleren Lebensalter nicht ab. Neben Testosteron spielen aber noch andere männliche Hormone eine Rolle.
Die Wechseljahre des Mannes
Einen interessanten Selbstversuch hat der Autor Uwe Buse in seinem Artikel Für immer jung! beschrieben.1 Darin stellt der zu dem Zeitpunkt 53-Jährige anschaulich dar, wie er eine Testosteronersatztherapie auf sich nahm und welche Veränderungen er an sich feststellte. Begleitend zur Testosteronersatztherapie verzichtete er auf Alkohol, erhöhte sein Trainingspensum und nahm damit einige Kilogramm ab. Dabei stellte er einen Aufbau der Muskelmasse und eine veränderte Selbstwahrnehmung im Hinblick auf seinen Körper fest. Die Muskeln wurden härter und praller, er fühlte sich fast euphorisch. Körperfett wandelte sich unter konsequentem Training in Muskelmasse um. Nach drei Monaten beendete er das Experiment; das sogenannte Testosteronloch blieb aus. Geblieben ist eine veränderte Lebenseinstellung mit konsequentem Training und vernünftiger Ernährung sowie reduziertem Alkoholkonsum.
Dass Testosteronmangel einen erheblichen Leidensdruck verursacht, kann ich aus meiner täglichen Praxistätigkeit bestätigen. Nicht selten sehe ich Patienten, die zum Teil schon längere Zeit unter erheblichen körperlichen Symptomen, wie Muskelschwäche, nachlassender Aktivität oder psychischen Problemen bis hin zu Depressionen, litten, bevor man durch eine Hormonuntersuchung feststellte, dass ein gravierender Testosteronmangel vorlag.
Der bekannte Dokumentarfilmer Harold Woetzel begleitete 2012 in Zusammenarbeit mit Prof. Wetterauer von der Universität Freiburg in einem Fernsehbeitrag über die Wechseljahre des Mannes einfühlsam zwei Patienten unserer Praxis, bei denen ein akuter Testosteronmangel diagnostiziert worden war und eine Therapie über drei Monate mit Testosteron eingeleitet wurde.2 Diese Patientenschicksale zeigen eindringlich, welch großer Leidensdruck bei ausgeprägtem Testosteronmangelsyndrom auftreten kann. Am Ende des Films sind aus den beiden Betroffenen, die vor der Behandlung depressiv und am Boden zerstört waren, wieder lebensfrohe, körperlich aktive Männer geworden. Durch eine Hormonersatztherapie hatten sie ein ausgewogenes Hormongefüge zurückerhalten und so in ihr Leben zurückgefunden.
Testosteron und seine Historie
Wenn es um den männlichen Hormonhaushalt geht, denken die meisten zunächst nur an Testosteron, das Schlüsselhormon für männliche Sexualität. Dieses ist allerdings nur ein Aspekt von vielen. Am Anfang steht Testosteron, um beim Embryo die männliche Geschlechtsausbildung auf den Weg zu bringen. Der genetische Chromosomensatz XY bedingt, dass sich aus undifferenzierten Geschlechtsdrüsen Hoden entwickeln. Viele Mythen ranken sich um das zentral bedeutsame Hormon der Männlichkeit: Vor Kraft strotzen, seinen Mann stehen, muskelbepackt und potent sein – das sind Eigenschaften, die Testosteron zugeschrieben werden.
Bereits im 19. Jahrhundert hatte der britische Mediziner Brown-Séquard Forschungen über dieses Schlüsselhormon männlicher Sexualität angestellt. Er führte Experimente mit tierischen Hodenextrakten durch und fand heraus, dass es positive Auswirkungen auf Gesundheit und Vitalität habe. Als er mit 72 Jahren deutliche Anzeichen des Alterns an sich feststellte, führte er 1889 erstmals eine subkutane Injektion von Hodenextrakt im Selbstversuch durch. Zur damaligen Zeit galt er als Schöpfer der Organtherapie, seine Anwendungen sollten gegen Altersschwäche und Impotenz wirksam sein. Er gilt damit als Begründer der Testosteronersatztherapie.3
Testosteron ist inzwischen ein wichtiger Geschäftsbereich großer Pharmakonzerne geworden. Der Gesamtumsatz von Testosteron wuchs in 41 Industrienationen von 2000 bis 2011 durchschnittlich um das Zwölffache: Aus 150 Millionen Dollar Umsatz wurden 1,8 Milliarden, in Deutschland erhöhte sich der Umsatz in diesem Zeitraum um das Dreifache.4
23 Wie funktioniert der männliche Hormonhaushalt?
Die männlichen Geschlechtshormone werden mit dem Begriff »Androgene« zusammengefasst. Neben dem wichtigsten Hormon dieser Gruppe, dem Testosteron, gibt es noch weitere Hormone. Für die Gesundheit des Mannes ist es entscheidend, dass diese Hormone in der jeweils richtigen Menge und in einem Gleichgewicht miteinander vorhanden sind.
Testosteron und die Androgene
Androgene spielen eine zentrale Rolle im Hinblick auf die Entwicklung und Aufrechterhaltung der männlichen Fortpflanzungsfähigkeit sowie der Sexualfunktion. Darüber hinaus aber sind Androgene wichtige Signalgeber für unterschiedliche Stoffwechselfunktionen, auf die ich nachfolgend weiter eingehen möchte. Unterstreichen möchte ich an dieser Stelle die Bedeutung, die sie im Hinblick auf männliche Verhaltensweisen, wie beispielsweise Risikobereitschaft und Antrieb, besitzen. Das wichtigste Geschlechtshormon des Mannes, Testosteron, wird zu 90 Prozent in den Hoden produziert, alle weiteren männlichen Geschlechtshormone oder Androgene, werden in den Nebennieren gebildet.
Androgene sind ebenso für verschiedene Stoffwechselprozesse wichtig. Neben Androstendion ist vielen das DHEA (Dehydroepiandrostendion) bekannt. Dies wird in den USA häufig als »Anti-Aging-Hormon« bezeichnet. Es ist in Deutschland als Hormon für eine Ersatztherapie nicht zugelassen, wird aber im Bedarfsfall über Auslandsapotheken bezogen. DHEA hat eine zentral (also vom zentralen Nervensystem im Gehirn ausgehende) stimulierende Wirkung und ist für Libido, Antrieb und Aufmerksamkeit verantwortlich. Ich verordne es im Rahmen eines sogenannten Off Label Use, wenn Patienten eine entsprechende Symptomatik aufweisen. Von Off Label Use spricht man, wenn ein in Deutschland nicht zugelassenes Arzneimittel ärztlich verordnet wird. (Der Patient muss darüber aufgeklärt werden und sein Einverständnis per Unterschrift bestätigen.) In der Regel ist eine morgendliche Einmalgabe ausreichend, um bestehende Leistungsschwächen auszugleichen und eine Besserung der Symptomatik zu erzielen.
Testosteron bei Frauen – Östrogen bei Männern
Es ist allgemein bekannt, dass Testosteron in den Hoden produziert wird. Aber wenige wissen, dass auch Frauen geringe Menge an Testosteron in ihren Eierstöcken produzieren. Hier können genetische Faktoren, eine überschießende Produktion oder eine Veränderung am Testosteronrezeptor bei Frauen bewirken, dass typisch männliche Merkmale, wie Bartwuchs oder Geheimratsecken, in Erscheinung treten.
Aber auch beim Mann können weibliche Merkmale auftreten. Ursache hierfür ist, dass Testosteron abgebaut wird in ein zweites Androgen, das Dihydrotestosteron (DHT, siehe Seite 45), und ein Östrogen, das 17-beta-Östradiol (E2). Verschiebungen dieses Gleichgewichts oder eine erhöhte ernährungsbedingte Aufnahme von pflanzlichen Östrogenen können bei Männern zu einer Verweiblichung führen, auch als »Feminisierung« bezeichnet. Weibliche Brustansätze, auch Gynäkomastie genannt, sind neben einer Fettumverteilung, meist an den Hüften, typische Symptome hierfür.
Androgene sind verantwortlich für Blutbildung, Muskel- und Knochenaufbau, aber auch für kognitive Funktionen, wie Wachsamkeit, Aufmerksamkeit, Antrieb und Stimmung. Bereits im Mutterleib spielen Androgene im Hinblick auf die Embryonalentwicklung eine entscheidende Rolle. Niedrige Spiegel des im Blut zirkulierenden Testosterons können hier bereits Störungen der männlichen Geschlechtsentwicklung verursachen. Diese können sich in Form von späteren Hormonstörungen, sexuellen Funktionsstörungen, verminderter Muskel- oder Knochenausbildung, aber auch hinsichtlich geistiger Funktionsstörungen auswirken.
Da eine Hodenunterfunktion und ein damit einhergehender verminderter Testosteronspiegel erhebliche Einflüsse auf Gesundheit und Wohlbefinden haben können, ist eine Hormonersatzbehandlung bei nachgewiesen niedrigen Testosteronwerten aus medizinischen Gründen durchaus sinnvoll und gerechtfertigt. Insbesondere bei genetisch bedingten Störungen, zum Beispiel dem Klinefelter-Syndrom (XXY-Chromosom), ist der frühe Einsatz einer adäquaten Hormonersatztherapie notwendig, um körperliche Schädigungen und Spätfolgen zu vermeiden.
Testosteron und DHT
Wie bereits erwähnt, wird im männlichen Körper Testosteron in Östradiol (E2) und durch das Enzym 5-alpha-Reduktase in verschiedenen Geweben des Körpers in Dihydrotestosteron (DHT) umgewandelt. DHT ist zehnfach wirksamer als Testosteron und spielt eine wichtige...
Erscheint lt. Verlag | 19.5.2024 |
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Reihe/Serie | 100 Fragen |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete |
Schlagworte | Androphase • Erektile Dysfunktion • Erektionsstörung • Fruchtbarkeit • Geschlechtskrankheit • Harndrang • Hoden • Impotenz • Inkontinenz • Krebs • Libido • Lust auf Sex • Pubertät • Spermien • Unfruchtbar • Vasektomie • Verhütung |
ISBN-10 | 3-7453-2414-5 / 3745324145 |
ISBN-13 | 978-3-7453-2414-3 / 9783745324143 |
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