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Burnoutprävention in Heil-, Pflege- und Betreuungsberufen (eBook)

Eine Anleitung zur Selbstorganisation
eBook Download: EPUB
2023 | 2. Auflage
186 Seiten
UTB GmbH (Verlag)
978-3-8463-6158-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Burnoutprävention in Heil-, Pflege- und Betreuungsberufen -  Dieter Brendt
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Das Burnout-Risiko ist wohl nirgendwo sonst so stark ausgeprägt wie in Heil-, Pflege- und Betreuungsberufen. In diesem Buch werden die Methoden des Zeit-, Ziel- und Ressourcenmanagements speziell auf die Bedürfnisse der Zielgruppe der Heil-, Pflege- und Betreuungskräfte ausgerichtet. Übungen, Fragebögen und Checklisten erleichtern die selbstständige Bearbeitung.

Dipl.-Psych. Dieter Brendt ist als Coach, Trainer und Berater bundesweit tätig in Dienstleistungsunternehmen der Pflege- und Betreuung sowie auch in Bauunternehmen, der Metall- und Elektroindustrie und im öffentlichen Dienst.

1 Wegweiser durch das Buch
2 Grundsätzliche Überlegungen
3 Ziele setzen
4 Planen
5 Exkurs: Zeitfallen und Zeitdiebe
Zu 1.: Unklare Ziele
Zu 2.: Ungeplante externe Störungen (Telefonate, unangemeldete Besucher)
Zu 3.: Zu wenig effektive, zu lange Besprechungen
Zu 4.: Zu viele, zu lange Telefonate, belanglose Inhalte
Zu 5.: Zu viel Plauderei
Zu 6.: Untergehen in der Informationsflut
Zu 7.: Arbeit anderer tun
Zu 8.: Routinearbeiten, persönliche Gewohnheiten
Zu 9.: Schwächen der Mitarbeiter
Zu 10.: Perfektionismus, Pedanterie
Zu 11.: Schlechte Arbeitsplatzorganisation, Durcheinander
Zu 12.: Unentschlossenheit
Zu 13.: Wartezeiten
Zu 14.: Unrealistische Zeitplanung: Zu viel in zu kurzer Zeit
Zu 15.: Spontanes Handeln, Ungeduld
6 Entscheiden
Zu 1.: Prioritätensetzung nach der ABC-Analyse
Zu 2.: Aufgabenordnung nach dem Eisenhower-Prinzip
Zu 3.: Tagesplanung mit der MENÜ-Methode
7 Ausführen
Denken vor der Arbeit
Reifegrad 1
Reifegrad 2
Reifegrad 3
Reifegrad 4
8 Kontrollieren
9 Stress bewältigen – Burnout verhindern
10 Literaturverzeichnis
11 Autorenprofil
Abbildungsverzeichnis

2 Grundsätzliche Überlegungen


In diesem Kapitel werden einleitend Ergebnisse und Beobachtungen des Autors im Zusammenhang mit Coachings und Supervisionen in Pflege- und Betreuungseinrichtungen dargestellt, um Tendenzen im Hinblick auf Schwierigkeiten beim Selbstmanagement der dort Beschäftigen aufzuzeigen, die auf typische Persönlichkeitszüge für diese Berufsgruppe hinweisen. Selbsttests geben dem Leser die Möglichkeit, sich selbst dahingehend zu hinterfragen, wie gut er seine Arbeit bereits beherrscht und inwieweit es der Veränderung persönlicher Einstellungen und eingeschliffener Verhaltensweisen bedarf, wenn es darum geht, sein Selbstmanagement zu optimieren.

 

BT: „Im Rahmen eines langfristig und vielschichtig angelegten Beratungsauftrags für einen großen Anbieter sozialpsychiatrischer Leistungen für Menschen mit psychischer Behinderung haben wir nach Workshops zur Einführung von Führungsinstrumenten wie einem Unternehmensleitbild, Führungsgrundsätzen und Leitlinien für gesundheitsfördernde Mitarbeiterjahresgespräche für jeden der sechs Bereichsleiter unser „Compact-Coaching“ durchgeführt. Hierbei handelt es sich um die professionelle Form eines personenzentrierten Beratungs- und Betreuungsprozesses für Menschen in der Arbeitswelt, der berufliche und private Inhalte umfassen kann und zeitlich begrenzt ist. Im Vorfeld erhalten Teilnehmende eine Auswahl psychometrischer Verfahren, deren Ergebnisse der Entwicklung erster Hypothesen zum Persönlichkeitsbild dienen. Die Auswahl der Verfahren leitet sich aus der Aufgabenstellung und dem Anforderungsprofil der Teilnehmenden ab. Den für dezentrale stationäre Wohneirichtungen, ambulant betreutes Wohnen und Tagesstätten zuständigen Bereichsleitenden wurde u. a. auch das „Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP)“ ausgehändigt. Im BIP werden in vier Bereichen überfachliche Kompetenzen als bedeutsame Determinanten des beruflichen Erfolgs auf insgesamt 14 Dimensionen erfasst:

  1. Berufliche Orientierung: Leistungsmotivation, Gestaltungsmotivation, Führungsmotivation

  2. Arbeitsverhalten: Gewissenhaftigkeit, Flexibilität, Handlungsorientierung

  3. Soziale Kompetenzen: Sensitivität, Soziabilität, Kontaktfähigkeit, Teamorientierung, Durchsetzungsstärke

  4. Psychische Konstitution: Emotionale Stabilität, Belastbarkeit, Selbstbewusstsein

Wie erwartet zeigen sich im Bereich ‚Soziale Kompetenzen‘, insbesondere auf der Dimension ‚Soziabilität‘ bei allen Bereichsleitenden mit Stanine-Werten von 8 oder 9 im Vergleich zur Normstichprobe (Hauptabteilungsleiter / Bereichsleiter: N = 623) sehr hohe Ausprägungen, die gemäß der Konzeptualisierung der Dimension lt. BIP-Testmanual eine ‚Ausgeprägte Präferenz für Sozialverhalten, welches von Freundlichkeit und Rücksichtnahme geprägt ist; Großzügigkeit in Bezug auf Schwächen der Interaktionspartner; ausgeprägter Wunsch nach einem Miteinander‘ bedeuten. Diametral entgegengesetzt ist das in Abb. 3 für den Bereich ‚Arbeitsverhalten‘ beispielhaft dargestellte Ergebnis der Dimension ‚Handlungsorientierung‘.

Abb. 3: BIP-Dimension „Handlungsorientierung (HO)“ bei 6 Bereichsleitern eines Anbieters für Betreuungsleistungen

Folgen wir dem Testmanual beschreiben sich Personen mit derart niedrigen Skalenwerte auf der Dimension ‚Handlungsorientierung‘ ‚als Menschen, die häufig unsicher hinsichtlich des optimalen Vorgehens bei der Bewältigung ihrer Aufgaben sind. Wenn sie eine Entscheidung für eine bestimmte Handlungsalternative getroffen haben, zögern sie eine gewisse Zeit, bis sie mit der Umsetzung beginnen. Hin und wieder fällt es ihnen schwer, die Aufmerksamkeit auf jeweils relevante Aspekte zu richten, da sie dazu neigen, sich von sachfremden Dingen ablenken zu lassen – etwa von weiteren, ungelösten Problemen. Besonders bei unangenehmen Arbeiten besteht eine Tendenz, deren Bearbeitung hinauszuschieben oder zu verzögern‘. Das Testergebnis legt nahe, mit den Teilnehmenden an ‚Fähigkeit und Wille zur raschen Umsetzung einer Entscheidung in zielgerichtete Aktivität sowie zur Abschirmung einer gewählten Handlungsalternative gegenüber weiteren Entwürfen‘ zu arbeiten sowie gleichzeitig zu schauen, inwieweit die hohe Ausprägung auf der Dimension ‚Soziabilität‘ mit dem geringen Wert auf der Skala ‚Handlungsorientierung‘ korrespondiert.“

 

TN: „Das mag wohl so sein, wenn man dem Testergebnis folgt. Aber ein Test ist das eine, der betriebliche Alltag das andere. Oder andersherum gefragt: Spiegelt sich das Testergebnis im tatsächlichen Arbeitsverhalten der Bereichsleitenden wider?“

 

BT: „In unserem ‚Compact-Coaching‘ werden den Teilnehmenden die Ergebnisse der psychometrischen Verfahren dargestellt und in einer vertiefenden Exploration im Hinblick auf ihre Relevanz für das Arbeitsverhalten hinterfragt und gemeinsam Lernziele für das weitere Vorgehen abgesprochen. In unserem Beispiel finden auf Wunsch der Teilnehmenden alle Sitzungen an deren Arbeitsplätzen statt, weil sie so unnötigen Zeitaufwand durch längere eigene An- und Abfahrtszeiten vermeiden und gleichzeitig gewährleisten könnten, bei Notfällen vor Ort zu sein.

 

Im Zuge der Exploration erklären sich alle Teilnehmenden die im Vergleich zur Normstichprobe geringen Ausprägungen auf der BIP-Dimension ‚Handlungsorientierung‘ mit der überaus angespannten Situation in ihren Bereichen, geprägt durch die für den ‚Pflegenotstand‘ typischen Faktoren: unzureichende Personalausstattung, unzumutbare Arbeitsbedingungen, unzureichende Betreuung der Klienten aufgrund finanzieller und personeller Engpässe und zunehmende Bürokratisierung durch Auflagen des Gesetzgebers, der Heimaufsicht und der Kostenträger. Im Zusammenhang damit klagen sie darüber, dass sie Arbeitsüberlastung und Zeitnot erfahren, nur noch reagieren, statt agieren zu können, gestaltet werden, statt selbst zu gestalten, wichtige Arbeiten erst nach offiziellem Arbeitsschluss erledigen zu können und Berufs-Freizeit-Konflikte erleben. Zudem sei ihr Arbeitsalltag durch häufige Störungen geprägt. Von daher spiegle das Testergebnis durchaus ihre betriebliche Realität. Da es ihnen nicht gelänge, gegenzusteuern, ihre Zeit optimal zu gestalten und nur noch gelenkt werden, statt selbst zu lenken, wäre es ihnen nicht möglich, ihre volle berufliche Handlungskompetenz auszuschöpfen. Sie hätten den Eindruck nur noch die Hälfte ihres Potenzials ausschöpfen zu können. Von daher erhofften sie sich vom Coaching Tipps und Tricks, wie sie besser mit ihrer Situation umgehen könnten. Während ihrer Ausführungen werden alle Teilnehmenden immer wieder durch Telefonate, unangemeldete Besucher (Klienten, Kollegen, Vorgesetzte), sowie akustische Benachrichtigungen über eingehende Mails unterbrochen: ‚Sorry, aber da muss ich mal eben dran gehen‘, ‚Sie sehen ja, was hier los ist‘ oder ‚Entschuldigung, aber das eben war wirklich wichtig (für den Klienten, Kollegen oder dem Vorgesetzten)‘ und dann: ‚Wo waren wir noch einmal stehen geblieben?‘

Im Zusammenhang mit diesem Geschehen zeichne ich den Teilnehmenden den in Abb. 4 dargestellten ‚Sägezahneffekt bei Störungen‘ auf.“

Abb. 4: Sägezahneffekt bei Störungen

TN: „Diesen Effekt kenne ich gut, vor allem dann, wenn es gilt, ‚unliebsame‘ Arbeiten auszuführen, wie das Schreiben von Hilfeplänen, das Erstellen von Konzepten zum Qualitätsmanagement oder ähnlichen Schreibtätigkeiten, die mir von externer Seite aufgebürdet werden. Ich muss mich dann jedes Mal erst einmal aufraffen, also meine Aktivierung hochfahren. Werde ich gestört, nehme ich die Störung sogar mehr oder weniger dankbar an, habe ich so doch einen willkommenen Grund die unliebsame Arbeit zu unterbrechen. Dann muss ich mich wieder zusammenreißen und hochfahren, um die unterbrochene Arbeit fortzusetzen, merke aber, dass ich infolge der Ablenkung nicht mehr so ganz bei der Sache bin wie zu Beginn. Mit zunehmenden Störungen fällt es mir immer schwerer meine Aktivierung so hochzufahren, dass ich konzentriert mit der ungeliebten Arbeit weitermachen kann. Der Kurvenverlauf ähnelt dem sich verjüngenden Sägeblatt eines Fuchsschwanzes und endet dann letztlich mit dem Abbruch: ‚Das hat jetzt doch sowieso keinen Sinn‘. Nicht allzu selten mache ich die Arbeiten dann ‚in Ruhe‘ nach Feierabend oder zu Hause fertig.“

 

BT: „Genauso haben es auch die Teilnehmenden an der Exploration gesehen und es auch auf das Geschehen während unserer Sitzung übertragen können. Wegen der häufigen Unterbrechungen musste in allen Fällen die Exploration am Ende des vereinbarten Zeitfensters abgebrochen und in der nächsten Sitzung wieder aufgenommen werden. Für diese ist vereinbart worden, ein ‚Bitte nicht stören‘-Schild außen an der Tür anzubringen. Zumindest für diese Sitzung konnte dann ungestört weitergearbeitet werden. Geraume Zeit später konnte ich allerdings bei Besuchen zur Reflexion des Leitungsverhaltens in Besprechungen beobachten, dass sich das alte Störverhalten wieder etabliert hatte. Darauf angesprochen antworten die Teilnehmenden in gut geübter ‚Ja-Aber-Technik‘. Es sei im Prinzip schon richtig, dass es besser sei, für ungestörtes Arbeiten und störungsfreie Besprechungen zu sorgen, aber andererseits sei es den Teilnehmenden schon sehr wichtig, für ihre Kollegen, Klienten und Vorgesetzten und deren Anliegen jederzeit ein offenes Ohr zu haben. Und das ginge eben nur, wenn auch die Tür jederzeit...

Erscheint lt. Verlag 4.9.2023
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
Schlagworte ABC-Analyse • Achtsamkeit • Altenpflege • Belastung • Betreuungsschlüssel • Eisenhowerprinzip • Erzieher • hohe Arbeitsdichte • Informationsflut • Kita • Krankenhaus • Krankenpflege • Lehrbuch • MENÜ-Methode • Perfektionismus • Prioritäten setzen • Schlecht Arbeitsplatzorganisation • Schlechte Arbeitsbedingungen • Sozialarbeit • Soziale Arbeit • Stress • Work-Life-Balance
ISBN-10 3-8463-6158-5 / 3846361585
ISBN-13 978-3-8463-6158-0 / 9783846361580
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