Neurologische Notfälle (eBook)
400 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-243817-0 (ISBN)
Im Notfall den Überblick haben
Kompakt alle wichtigsten Informationen in Notaufnahme und Stroke Unit
Ob akuter Schlaganfall, epileptischer Krampfanfall, Meningitis oder Enzephalitis – bei vielen neurologischen Notfällen ist Eile geboten. Eine Verzögerung bedeutet häufig eine Verschlechterung des Behandlungsergebnisses. Es gilt, schnell richtig zu diagnostizieren und so rasch wie möglich mit der Therapie zu beginnen. Doch im Ernstfall den Überblick zu behalten ist nicht leicht. Wir helfen Ihnen dabei. Diese überarbeitete und aktualisierte Neuauflage bietet Ihnen rasche und kompetente Orientierung für den Notfall – damit Sie auch unter Zeitdruck die richtige Entscheidung treffen!
- übersichtliche Darstellung der Leitsymptome für Diagnostik und Differenzialdiagnostik
- konkrete Behandlungsempfehlungen und Entscheidungshilfen für Notaufnahme und Stroke Unit
- häufige internistische Probleme
- Umrechnungstabellen und Dosierungsangaben für Notfallmedikamente
- sonstige wichtige Informationen wie juristische Aspekte der Notfallbehandlung für Neurologen, Notfallmediziner und alle, die mit neurologischen Notfällen in Berührung kommen
Die Autoren vermitteln Ihnen den aktuellen Stand der evidenzbasierten neurologischen Notfallmedizin mit hohem Praxisbezug. Es ist als Hilfestellung im Nachtdienst oder am Wochenende konzipiert – immer griff- und einsatzbereit dank des handlichen Kitteltaschenformats.
Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App haben Sie zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.
Im Notfall den Überblick haben
2 Akute Bewusstseinsstörung
Olaf Eberhardt
2.1 Definition
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andauernde Minderung der Bewusstseinshelle (und in variabler Ausprägung der Inhalte des Bewusstseins) durch primären ZNS-Fokus oder systemische Störung
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im Folgenden Fokus auf nichttraumatisches Koma als Maximalform, wobei Untersuchungsgang für geringere Ausprägungen einer Bewusstseinsstörung ähnlich, aber Bandbreite möglicher Ursachen noch größer ist
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▶ kurze Bewusstseinsverluste, ▶ Verwirrtheit (altered mental state, Delir)
2.2 Epidemiologie
2.2.1 Häufigkeit, Altersgipfel, Geschlechtsverteilung
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5–9% aller Notfallpatienten kommen mit Bewusstseinsminderung und 0,4% mit unklarem Koma; mittleres Alter: 65 Jahre, M (>) F
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Ursachen eines nicht traumatisch bedingten Komas >30min Dauer: Schlaganfall (6–54%), ZNS-Infektionen (2–51%), zerebrale Hypoxie (3–42%), Vergiftungen (1–39%), metabolische Ursachen (1–29%), Epilepsie (2–32%), Tumor (≤ 3%)
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Bei bewusstseinsgeminderten Kindern und Jugendlichen spielen Infektionen in 38% und Intoxikationen in 10–35% der Fälle eine Rolle.
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Ein Drittel der Patienten hat mehr als eine plausible Ursache der Bewusstseinsstörung!
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strukturelle Ursachen im ZNS bei 28–64%
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Die prähospitale Kategorisierung als primäre/sekundäre bzw. strukturelle/nicht strukturelle ZNS-Läsion bestätigt sich in rund 60–90% der Fälle und die prähospitale Diagnose in nur 40% der Fälle.
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In ▶ Tab. 2.1 sind die Komaursachen einer Berliner Studie aufgeführt.
Ursache | Häufigkeit (%) |
intrakranielle Blutung | 22–27 |
Epilepsie | 22–24 |
Intoxikation | 19 |
zerebrale Ischämie/posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom (PRES) | 11–12 |
metabolisch | 6–10 |
kardiopulmonal | 6–7 |
Infekt/Entzündung | 2–3 |
Tumor/funktionell | je 2 |
2.2.2 Prädisponierende Faktoren
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zerebrovaskuläre Erkrankungen: vaskuläre Risikofaktoren, Vorhofflimmern, primäre oder medikamentöse Gerinnungsstörung
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Risikofaktoren für Enzephalopathien: z.B. chronischer Alkoholabusus, Malnutrition, Tumorerkrankungen, Leber-/Niereninsuffizienz
2.3 Ätiologie und Pathogenese
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Thalamus und dorsaler Hirnstamm bis mittlerer Pons (Formatio reticularis): Bewusstseinshelle (Wachheit)
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Großhirnareale: Bewusstheit (Inhalte des Bewusstseins)
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supratentorielles Koma i.d.R. nur bei diffuser bzw. bilateraler Läsion (ggf. mit sekundärer Schädigung kontralateral als Kompressionseffekt)
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hochgradige Schädigungen des ventralen Mittelhirns oder Pons mit (bis auf Augenbewegungen) fehlender Motorik, aber erhaltener Vigilanz definieren das Locked-in-Syndrom als Schein-Koma ohne Bewusstseinsstörung
2.4 Klassifikation und Risikostratifizierung
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orientierend: Somnolenz (weckbar auf Ansprache), Sopor (weckbar auf Schmerzreiz), Koma (Augen geschlossen, z.T. Augenöffnen auf Schmerzreiz, nicht weckbar auf Schmerzreiz, maximal Wegziehen auf Schmerzreiz, maximal Vokalisationen oder Laute)
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▶ Glasgow-Koma-Skala (GCS, http://www.glasgowcomascale.org): verbreitete Skala, aber Atmung und Hirnstammreflexe fehlen; 3 Einzelscores mit angeben!
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neuere Skala mit Score für Atmung und Hirnstammreflexe, ohne Bewertung verbaler Reaktion: ▶ FOUR-Skala
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lange Komadauer verschlechtert Prognose
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protrahiertes Koma (Augen geschlossen) geht nach längerer Dauer meist in Syndrom aresponsiver Wachheit oder minimalen Bewusstseinszustand mit offenen Augen über
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Fehlen von Hirnstammreflexen (Pupillenreaktion, Puppenkopfphänomen, Kornealreflex): Komaprognose bei Hypoxie oder Hypoglykämie meist ungünstig, aber nicht unbedingt bei Intoxikation oder Hypothermie
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hohe neuronenspezifische Enolase (NSE) bei zerebraler Hypoxie ungünstiger Marker, Grenzwert Hypothermie-abhängig
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Mortalität bei Koma 23–87%, dabei zerebrale Hypoxie >intrakranielle Blutung >zerebrale Ischämie >Intoxikation >Epilepsie
2.5 Symptomatik
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plötzlicher Beginn z.B. bei epileptischem Geschehen, zerebrovaskulärer Erkrankung oder Intoxikation
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progredienter Verlauf bei Tumor, metabolischer oder entzündlich-infektiöser Ursache
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variable Begleitsymptome der Minderung der ▶ Bewusstseinshelle je nach Läsionstopik und je nach Ursache (s.u.): z.B. Okulomotorikstörung und andere Hirnstammzeichen, Hemi-/Tetraparese, Ateminsuffizienz, Kopfschmerzen, Erbrechen, Myoklonien und epileptische Anfälle, Fieber oder Hypothermie, Brady-/Tachykardie, Hyper-/Hypotonie etc.
2.6 Diagnostik
2.6.1 Diagnostisches Vorgehen
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initial stets Stabilisierung vitaler Funktionen (ABC-Schema), sicherer venöser Zugang und Labor, internistische und neurologische Untersuchung, Fremdanamnese, ggf. zerebrale Bildgebung (cCT, ggf. mit CT-Angiografie und CT-Perfusion), fakultativ: EEG, Liquordiagnostik, MRT Kopf im Verlauf
2.6.2 Anamnese
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Geschwindigkeit des Auftretens: letzter symptomfreier Zeitpunkt, Symptomentwicklung akut, protrahiert oder fluktuierend
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Umstände und Situation bei Auffinden (z.B. Atmung, Puls, Gesichtsfarbe, Augen offen/geschlossen, Bewegungen, Urinverlust, Fieber)
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beobachtete neurologische Begleitsymptome (z.B. Blickwendung, Myoklonien, Hirnstammsymptome, Hemisymptomatik, Verwirrtheit, Wesensänderung)
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epileptischer Anfall (DD: bekannte Epilepsie, Intoxikation/Entzug, Frühanfall bei zerebraler Ischämie/Blutung, Sinusthrombose, Tumor)
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Kopfschmerzen (DD: Subarachnoidalblutung [SAB], intrazerebrale Blutung [ICB], Kleinhirninfarkt, Sinusthrombose, posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom [PRES] oder hypertensive Enzephalopathie, Meningitis, Enzephalitis, intrazerebraler Abszess, Liquoraufstau, Hypophyseninfarkt)
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frühere ähnliche Ereignisse
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kürzliches Trauma oder kürzliche OP
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Vorerkrankungen neurologisch (z.B. Epilepsie, Schlaganfall, Hirntumor); internistisch (z.B. Malignom, Leberzirrhose, Dialyse); psychiatrisch, Immunsuppression, Suizidalität
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Drogen, Alkohol, Medikamente (Medikamentenliste, Blister, auch rezeptfreie Substanzen; Gerinnungshemmer!)
Erscheint lt. Verlag | 5.7.2023 |
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Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Neurologie |
Schlagworte | Alkoholintoxination • Ersteinschätzung • Hirndruck • intercerebrale Blutung • Neurologe • Notfallmediziner • Notfallversorgung • Querschnittlähmung • Rettungsleitstelle • Schädel-Hirn-Trauma • Schockraum • Stroke Unit • Synkope • Triage • Zentrale Notaufnahme • zerebrale Krampfanfälle |
ISBN-10 | 3-13-243817-0 / 3132438170 |
ISBN-13 | 978-3-13-243817-0 / 9783132438170 |
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