Herzsprechstunde (eBook)
304 Seiten
C. Bertelsmann (Verlag)
978-3-641-30592-5 (ISBN)
Die Herzchirurgin und Gendermedizinerin Prof. Dr. med. Sandra Eifert, Leiterin einer der größten europäischen Frauenherzsprechstunden, und die Medizinerin und Wissenschaftsjournalistin Dr. med. Suzann Kirschner-Brouns haben mit viel Empathie und leicht verständlich die wichtigsten Erkenntnisse aus Forschung und Praxis über das weibliche Herz zusammengestellt. Welche Ursachen haben Herz-Kreislauferkrankungen gerade bei Frauen? Wie können Frauen sie vermeiden und was braucht das Herz, um gesund zu bleiben oder zu heilen?
Denn das Frauenherz ist kein kleines Männerherz. Es gibt anatomische Unterschiede und gerade bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielen diese eine große Rolle. Obwohl zwei Drittel der Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der westlichen Welt Männer sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen an der Krankheit sterben, doppelt so hoch. Bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr sind Herzkreislauferkrankungen die Todesursache Nummer eins.
Das weibliche Herz reagiert stark auf große Gefühle wie Liebe und Trauer, auf Ansprüche und Werte in unserer Kultur. In der Herzkrankheit oder der Herzgesundheit bildet sich die individuelle Lebensgeschichte ab.
Prof. Dr. med. Sandra Eifert, Oberärztin am Herzzentrum Leipzig, ist Herzchirurgin und hat in ihren Jahren in der Transplantationsmedizin das Leben vieler Menschen gerettet. Persönliche Erlebnisse und die Konzentration auf die Gendermedizin haben ihre Sichtweise auf das Herz vertieft. Heute kennt sie die Bedürfnisse der Frauen mit Herzerkrankungen in all ihren Facetten. Aus vielfältigen Patientengesprächen weiß sie, welche Anliegen und Bedürfnisse die Frauen mit Herzerkrankungen haben und wie immens wichtig es ist, den Patientinnen gut zuzuhören. Denn das persönlich Erlebte fließt mit den diagnostischen Untersuchungsergebnissen in die individuelle Krankengeschichte mit ein und bildet den Schlüssel zur Heilung des weiblichen Herzens.
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DEIN IST MEIN GANZES HERZ
Dein ist mein ganzes Herz. Ohne dich kann ich nicht sein.
Weil das schlagende Herz so existenziell ist, hat die Natur mit Airbag, Pacemaker und Security System am Herzen vorgesorgt. Das Herz ist das einzige Organ, das aus sich selbst heraus einen Rhythmus erzeugen kann – jedenfalls bei den meisten Menschen.
Das Universalgenie Leonardo da Vinci war einer der Ersten, der sehr viel zum anatomischen Verständnis des Herzens beigetragen hat. Betrachtet man seine exakten Studien über das Herz aus dem 15. Jahrhundert, kommt man nicht umhin, von der Schönheit und Präzision des Herzens ergriffen zu sein. Sehr kräftig wirken auf seinen Zeichnungen die Herzkranzgefäße, die das Herz selbst mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Wenn es Ihnen möglich ist, schauen Sie sich unbedingt diese Herz-Zeichnungen an.
Bleiben wir in der Bildsprache: Als Symbol gefällt uns die geballte Faust. Diese kraftvolle Geste können wir auf unser eigenes Herz übertragen, denn die Größe des Herzens entspricht der geballten Faust seines Trägers. Wenn Sie Ihre rechte Faust auf Höhe der linken Brust halten, dann bekommen Sie eine Vorstellung davon, wie groß und stark Ihr Herz unter den Rippen schlägt. Wir möchten Sie gerne dazu motivieren: Wann auch immer Sie an der Kraft Ihres Herzens zweifeln, weil Sie an einer Herzerkrankung leiden oder Ihnen schwer ums Herz ist, ballen Sie Ihre Hand zu einer Faust und werden Sie sich der Stärke Ihres Herzens bewusst!
DIE POWER DES HERZENS – ZAHLEN UND FAKTEN
Das Herz ist ein Wunderwerk der Natur. Es schlägt täglich 100 000-mal in unserer Brust und pumpt 10 000 Liter Blut durch den ganzen Körper. Das Herz macht keine Mittagspause, es schläft nicht und geht nicht in Rente. Wer oder was in unserem Leben ist derartig zuverlässig, auf wen oder was können wir uns so ohne Wenn und Aber verlassen?
Da das Herz für das Leben so unverzichtbar ist, wird es auch besonders beschützt. Es existiert so etwas wie ein anatomischer Airbag. Das Herz und seine großen Gefäße sind durch die Lungenflügel allseits wie in ein dickes Luftpolster eingebettet. Selbst bei einem schweren Unfall gibt es darum äußerst selten Verletzungen am Herzen, sondern immer »nur« an anderen Organen wie Lunge, Leber oder Milz.
Herzcheck – Fakten
Gewicht: Ein Frauenherz wiegt etwa 250 Gramm, ein Männerherz etwa 300 Gramm. Der Unterschied ist durch die Herzmuskelmasse bestimmt. Da Männer durch ihr Testosteron über mehr Muskelmasse verfügen, gilt das auch hier am Herzen. Der Unterschied ist in den Herzkammern besonders ausgeprägt; sie bringen bei Mann und Frau ein unterschiedliches Gewicht auf die Waage. Circa 103 Gramm wiegt bei Frauen die linke Herzkammer, die das Blut in den großen Körperkreislauf pumpt; bei Männern sind es 155 Gramm.
Leistung: Bis zum 75. Lebensjahr schlägt das Herz bis zu drei Milliarden Mal. Trainingseffekte steigern die körperliche Leistungsfähigkeit. Sportler können bei körperlicher Belastung pro Minute etwa 5,2 Liter Sauerstoff aufnehmen, Untrainierte maximal 2,8 Liter Sauerstoff. Sportler haben darum in Ruhe eine niedrigere Herzfrequenz, etwa 40 bis 50 Schläge pro Minute. Normal sind 60 bis 100 Schläge pro Minute.
Autonomie: Das Herz besitzt einen autonomen elektrischen Impulsgeber. Die Schläge des Herzens werden durch Aktionspotenziale hervorgerufen, die im Herzen selbst entstehen. Darum schlägt das Herz auch weiter, wenn man es aus dem Körper herausnimmt, vorausgesetzt, es bekommt ausreichend Sauerstoff. Frauenherzen schlagen pro Minute etwa 10-mal mehr, da das Herz kleiner ist.
Erster Herzschlag: Das Herz eines Embryos beginnt im Mutterleib ab der vierten Schwangerschaftswoche eigenständig zu schlagen.
Synchroner Herzschlag: Bei frisch verliebten Paaren stellen sich Herzschlag und Atmung aufeinander ein, d. h. die Herzen schlagen gleich schnell, wie eine Studie aus dem Jahr 2012 der University of California zeigen konnte.
Musik beruhigt das Herz: Ein Decrescendo, d. h. eine leiser werdende klassische Melodie, beruhigt nachweislich den Herzschlag.
My take
Sandra Eifert: »Ich möchte meine allererste Begegnung mit dem Herzen schildern, bevor wir zur Anatomie kommen, damit Sie eine Ahnung davon haben, wie stark ein Herz ist. Im Praktischen Jahr, dem letzten Jahr des Medizinstudiums, arbeitete ich drei Monate in der Herz-Thorax-Chirurgie im Hammersmith Hospital in London. Schon ab der ersten Herz-OP, bei der ich dabei sein durfte, war ich voller Ehrfurcht: Was für ein dynamisches und kraftvolles Organ! So dicht am (schlagenden) Herzen dran zu sein, war wirklich faszinierend. Ich war erstaunt, dass sich das Herz überhaupt nicht zart und zerbrechlich anfühlte, sondern im Gegenteil sehr stark und belastbar. Das beruhigte mich sofort. Mir war jetzt klar, dass dieses robuste und gleichzeitig feinfühlige Organ uns Menschen mit unbändiger Lebenskraft ausrüstet und in vielen Situationen gegenüber den Widrigkeiten des Lebens schützt. Und auch ein krankes Herz, das unter Umständen repariert werden muss, hat genügend Power, um sich wieder zu erholen.«
Anatomie des Herzens
Wir brauchen das Herz als Mittelpunkt und Motor unseres Blutkreislaufs. Es ist unverzichtbar. Es hat die Aufgabe, das mit Sauerstoff angereicherte Blut durch einen regelmäßigen, kräftigen Schlag im ganzen Körper zu verteilen. Vom Scheitel bis zum kleinen Zeh müssen alle Zellen mit Sauerstoff und Nährstoffen, Antikörpern, Botenstoffen u. v. m. versorgt werden. Dem wird anatomisch Rechnung getragen, indem das Herz über die Arterien, also vom Herzen wegführende Blutgefäße, die gesamte Blutmenge in die Organe pumpt. Verbrauchter Sauerstoff muss als Kohlendioxid genau wie Stoffwechselprodukte bzw. Abfallstoffe von den Zellen wieder abtransportiert und entsorgt werden. Mit dem gleichen Herzschlag wird darum über die Venen das »verbrauchte« sauerstoffarme Blut, das mit Kohlendioxid angereichert ist, zum Herzen zurücktransportiert.
Das Herz ist ein Muskel und besteht aus zwei Vorhöfen und zwei Kammern. Es liegt »schräg« im Brustkorb – die Längsachse verläuft von rechts hinten nach links vorne. Die Herzspitze befindet sich circa in Höhe der fünften Rippe. Wenn das sehr kompliziert klingt, denken Sie an die Faust …
Eine Schutzhülle, der Herzbeutel (lateinisch: Perikard) umgibt den Herzmuskel. Das Perikard ist nach oben mit den großen Gefäßen Aorta und Lungenarterie und nach unten mit dem Zwerchfell verwachsen.
Während der Entwicklung wachsen die linke und rechte Herzhälfte aufeinander zu. Die Scheidewand stellt den Zusammenschluss dar und trennt gleichzeitig rechte und linke Herzhälfte voneinander. Jede dieser Hälften besteht aus einem Vorhof und einer Kammer.
Sowohl zwischen Vorhof und Kammern als auch zwischen Kammern und den großen vom Herzen abgehenden und zuführenden Gefäßen befinden sich Klappen. Sie wirken wie Ventile, öffnen und schließen sich bei jedem Herzschlag und regeln den Blutfluss, sodass das Blut nur in eine Richtung fließt und nicht zurückströmt.
Herzwand und Herzklappen
Die Herzwand wird aus drei Schichten gebildet: einer dünnen Herzinnenhaut (Endokard), einer dickeren Muskelschicht (Myokard) und einer dünnen, mit Flüssigkeit beschichteten Außenhaut (Epikard). Die Wand der linken Kammer ist dicker als die der rechten, weil aus dem linken Herzen das Blut mit einem hohen Druck in den ganzen Körper, also den großen Blutkreislauf, hinauskatapultiert werden muss. Der Druck ist notwendig, weil es anatomisch ein sehr weiter Weg ist bis hin zum kleinen Zeh. Von der rechten Kammer hingegen muss das Blut nur eine kurze Strecke zurücklegen bis in den Lungenkreislauf. Darum spricht man hier auch vom kleinen Kreislauf.
Alle Herzhöhlen sind mit Endokard ausgekleidet, aus dieser Schicht bestehen auch die Herzklappen. Sie befinden sich zwischen den Herzkammern und den Gefäßen, die zum Herzen führen und von ihm weggehen, sowie zwischen Vorhöfen und Herzkammern. Alle Klappen öffnen und schließen sich bei jedem Herzschlag, sie funktionieren wie ein Ventil, indem sie den Blutstrom lenken.
Zwischen den Vorhöfen und Kammern befinden sich die Segelklappen, die verhindern, dass das Blut aus den Kammern zurück in die Vorhöfe fließt. Die Klappe zwischen rechtem Vorhof und rechter Kammer heißt Trikuspidalklappe, zwischen linkem Vorhof und linker Kammer befindet sich die Mitralklappe.
Am Übergang von der rechten Kammer in die Pulmonalarterie (Lungenarterie) verhindert die Pulmonalklappe, dass das Blut zurück in die Kammer fließt, an der linken Kammer übernimmt diese Aufgabe die Aortenklappe. Pulmonal- und Aortenklappe sind Taschenklappen.
Ist das Endokard entzündet – das passiert vor allem infolge einer bakteriellen Infektion mit Erregern aus dem Nase-Rachen-Raum –, betrifft das die Herzklappen maßgeblich. Sie können durch die Entzündung nicht mehr schließen, degenerieren, ihre Elastizität verlieren oder verschmelzen. Das Blut fließt dann in die falsche Richtung: anstatt in die Blutbahn ausgeworfen zu werden, fließt es mehr oder weniger stark in die Vorhöfe oder Kammern zurück. In dem Fall hört man, wenn man das Herz mit dem Stethoskop untersucht,...
Erscheint lt. Verlag | 13.9.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik ► Naturwissenschaft |
Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Allgemeinmedizin | |
Schlagworte | 2023 • Blutdruck: Infarkt • Bluthochdruck • Darm mit Charme • Das gestresste Herz • dr. med. gustav dobos • eBooks • ganzheitliche Medizin • Gender Medizin • Gesundheitliche Risiken • Herzgesundheit • Herzinfarkt • Herz-Kreislauf-Erkrankungen • Herzschlag • Herzschmerzen • Herzschwäche • herzsprechstunde • Herzstolpern • Herztransplantation • Herzversagen • Herzzentrum • Hirschhausen • Hormonelle Beschwerden • Hormonhaushalt • julia enders • Medizin • Neuerscheinung • Österreich • Psychische Belastungen • Ratgeber • Schweiz • Seelische Gesundheit • seelische Krankheitserscheinungen • Stress • Vorhofflimmern • Wechseljahre |
ISBN-10 | 3-641-30592-6 / 3641305926 |
ISBN-13 | 978-3-641-30592-5 / 9783641305925 |
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