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Professionelle Unterstützung von Familien mit einem krebskranken Elternteil -

Professionelle Unterstützung von Familien mit einem krebskranken Elternteil (eBook)

Aufsuchendes Care und Case Management mit Familien-SCOUT
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
100 Seiten
medhochzwei Verlag
978-3-86216-923-8 (ISBN)
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Familien mit Kindern, in denen ein Elternteil an Krebs erkrankt, werden im Gesundheitssystem nicht ausreichend identifiziert und unterstützt. Nicht selten kommt es im weiteren Verlauf zu erheblichen psychischen Belastungen. An diesem Punkt setzt das Konzept 'Familien-SCOUT' an, das eine sektoren- und phasenübergreifende Unterstützung für Familien mit krebserkranktem Elternteil möglich macht. Um die Belastung und Sorgen aller Familienmitglieder aufzufangen, aufzuarbeiten und somit zu vermindern und sie so zur Krisenbewältigung zu befähigen, stehen den Betroffenen Fachkräfte (sog. Familien-Scouts) beratend und begleitend zur Seite. Sie ermöglichen einen erleichterten Zugang zu individuellen Unterstützungsangeboten. Das vorliegende Handbuch fasst die Erfahrungen aus der Modellprojektphase, erfolgreichen Implementierung, Weiterentwicklung und Auswertung umfassend zusammen und bringt die wichtigsten Aspekte so auf den Punkt. Wertvolle Hintergrundinformationen und Beispiele runden das Werk ab.

2 Modellprojekt Brückenschlag


2.1 Der Runde Tisch Brückenschlag


Der Impuls, die Versorgung von Familien mit einem krebserkrankten Elternteil und minderjährigen Kindern verbessern zu wollen, führte zunächst zur Suche nach Verbündeten. Ein Team aus Mitarbeitenden der Aachener Caritas und des CIO Aachen nahm Kontakt zu relevanten regionalen Akteurinnen und Akteuren aus verschiedenen Bereichen des Gesundheitssystems und der Jugendhilfe auf. Die ersten Kontaktaufnahmen waren dabei zu Institutionen und Organisationen, zu denen es gute Verbindungen gab. So konnten bei den Krankenkassen Mitarbeitende gewonnen werden, mit denen bereits in der Vergangenheit immer wieder gute Erfahrungen gemacht worden waren, wenn es im Einzelfall um das Finden von Lösungen ging. Als Krankenkassen waren das somit die AOK, die TK und die GEK Barmer. Bei den Zuständigen der Jugendhilfe konnten Mitarbeitende der Jugendämter in Aachen und in der Städteregion gefunden werden, mit denen auch schon in anderen Kooperationsprojekten der Jugendhilfe erfolgreich zusammengearbeitet worden war.

Nach und nach wurde dann der Unterstützerkreis erweitert um eine Kinder- und Jugendtherapeutin, einen niedergelassenen Onkologen, Kinder-Trauergruppen, Palliativ- und Hospiz-Initiativen.

Alle teilten die Einschätzung, dass insbesondere für die Kinder in den betroffenen Familien neue Angebote entwickelt werden sollten, da deren Versorgung bisher nur unzureichend geregelt sei.

So wurde am 13. März 2013 der erste Runde Tisch einberufen, bei dem die folgenden Organisationen vertreten waren:

  • Bernhard Verholen – Vorstand des Regionalen Caritasverbands für die Regionen Aachen-Stadt und Aachen Land e. V.
  • Prof. Tim Brümmendorf – Direktor der Klinik für Onkologie, Hämatologie und Stammzelltransplantation, Direktor des CIO Aachen (Centrum für Integrierte Onkologie)
  • Dr. med. Jens Panse – Oberarzt der Klinik für Onkologie, Hämatologie und Stammzelltransplantation, Geschäftsführer des CIO Aachen (Centrum für Integrierte Onkologie)
  • Brigitte Drews – Abteilungsleiterin des Fachbereichs „Soziale Dienste und Jugendpflege“ in der Stadt Aachen
  • Raimund Lanser – Jugendhilfe Städteregion Aachen
  • Jürgen Engels – Regionaldirektor für die AOK Stadt Aachen (später: Alexandra Claßen).
  • Willi Mertens – Leitung Kundenservice TK
  • Adelheid Schönhofer-Yassu –Trauergruppe „diesseits“ für Kinder und Jugendliche
  • Marina Deckert – Leitung Hospizgruppe „gemeinsam“, DRK
  • Dr. med. Brit Steinau – niedergelassene Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Kinder-Jugend-PT
  • Brigitte Leyens – Teamleitung Familienpflege, Regionaler Caritasverband für die Regionen Aachen-Stadt und Aachen Land e. V.
  • Vertreterin der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Uniklinik Aachen
  • Dr. med. Andrea Petermann-Meyer – Leitung Sektion Psychoonkologie, CIO (Centrum für Integrierte Onkologie)
  • Jessica Hugot – Leitung Kompetenzfeld Familie, Regionaler Caritasverband für die Regionen Aachen-Stadt und Aachen Land e. V.

Bei diesem Treffen mit erster Bestandaufnahme waren sich die Teilnehmenden schnell einig,

  • dass die Eltern in der Situation einer so schweren Erkrankung oft selbst emotional überfordert sind, organisatorisch im Alltag an ihre Grenzen stoßen und häufig um mögliche Unterstützung gar nicht wissen;
  • dass der Fokus auf die Unterstützung der minderjährigen Kinder liegen muss. Denn nicht nur für die Krebspatientinnen und -patienten und ihre Partnerinnen und Partner ist die Diagnose Krebs ein tiefgreifender Einschnitt, sondern auch für die Kinder und Jugendlichen, die in der Familie leben;
  • dass die Leistungsträger (Krankenkassen und Jugendämter) untereinander kaum voneinander wissen und nicht vernetzt sind;
  • dass die Bereitschaft da ist, zukünftig gemeinsame Lösungen zu entwickeln und verbindliche Regelungen zu vereinbaren.

Als Schirmherrin konnte Ulla Schmidt, damals Bundestagesabgeordnete und frühere Gesundheitsministerin, gewonnen werden. Nach einer sehr intensiven Anfangsphase, die zum Aufbau der Koordinationsstelle in Aachen (2014–2017) und später dann auch zu den ersten Schritten der Studie in Aachen, Bonn und Düsseldorf (2018–2021) geführt hat, tagt der Runde Tisch inzwischen durchschnittlich zwei- bis viermal jährlich.

Der Runde Tisch Brückenschlag ist somit das beratende Gremium für Aufbau, Entwicklung und Weiterführung des Modellprojektes Brückenschlag, der Studie „Familien-SCOUT“ und der Überführung der neuen Versorgungsform in die Regelversorgung.

Jede vertretende Institution benennt Ansprechpartner mit Kontaktdaten, die Lösungen für die individuellen Probleme der einzelnen Kinder und Familien entwickeln. Diese Zusammenarbeit hat sich im Laufe der Jahre vertieft und auch zu tragfähigen Absprachen und Vereinbarungen geführt. Der Runde Tisch ist weiterhin fester Bestandteil im Netzwerk. Die Vernetzung der Mitglieder am Runden Tisch mit erfahrenen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern zu bestimmten Themenfeldern bei den Krankenkassen oder bei der Jugendhilfe haben vieles zugunsten der Familien ermöglicht. Neben den regelmäßigen Treffen finden sich auch Untergruppen, die sich situativ zu bestimmten Anfragen austauschen (z. B. Fallkonferenzen, Sondersituation Familienpflege in Aachen). Die Mitglieder sehen sich als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in der eigenen Organisation, unterstützen Aktivitäten zur Spendenakquise und zur Information der Öffentlichkeit. Sie haben auch bei der Qualifizierung der Mitarbeitenden des Modellprojekts und der Studie mitgewirkt.

Die beiden Initiatorinnen sind aus heutiger Sicht der Meinung, dass auch ein Jurist bzw. Fachmann der verschiedenen SGBs als ständiges Mitglied zu empfehlen sei. In Aachen gab es Unterstützung durch Prof. Dr. Christof Stock, Hochschullehrer an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen für Soziale Arbeit und Recht sowie Fachanwalt für Medizinrecht. Er konnte bei komplizierten Sachlagen angefragt werden – auch im Laufe der weiteren Entwicklungen zur Fortführung des Angebots. Als Referent hat er sich beim Thema Sozialrecht an der Qualifizierung der zukünftigen Scouts beteiligt, war aber nicht Mitglied am Runden Tisch.

2.2 Koordinationsstelle Brückenschlag


Die Teilnehmenden am Runden Tisch waren sich schnell einig, eine „zentrale Stelle für die Koordination der Hilfen“ einzurichten, die mit allen Organisationen und Trägern in Kontakt steht und für Familien mit krebserkranktem Elternteil und minderjährigen Kindern die verschiedenen vorhandenen Unterstützungsangebote in den Blick nimmt und vermittelt. Diese zentrale Stelle hätte dann die „Lotsenfunktion“ und würde Auslöser für weitere Unterstützung sein. Auf der Suche nach Leistungsträgern und kooperierenden Organisationen, die diese Stelle finanzieren, gab es verschiedene Überlegungen mit den Mitgliedern am Runden Tisch. Es stellten sich dabei unter anderem folgende Fragen:

  • Welche Möglichkeiten gäbe es zur Projektförderung über die Krankenkassen?
  • Wäre die „Frauenselbsthilfe nach Krebs ein geeigneter Träger (nicht zuletzt, weil in der Zielgruppe Brustkrebs die häufigste bösartige Erkrankung ist)?
  • Könnte es zu einer Mischfinanzierung von Krankenkassen und Jugendhilfe kommen in einem gemeinsamen Fonds?
  • Welche Stiftungen kämen zur Förderung infrage?

Als passend für das geplante Anliegen hat sich dann mit Unterstützung durch Ulla Schmidt ein Förderantrag bei Aktion Mensch im Bereich Kinder- und Jugendhilfe, Förderschwerpunkt Prävention, herausgestellt. Im Dezember 2013 wurde ein Förderantrag bei Aktion Mensch eingereicht mit dem Ziel, eine Koordinationsstelle für drei Jahre einzurichten, in der zwei Mitarbeitende mit jeweils einer halben Stelle eingesetzt werden. Die Arbeit der Koordinationsstelle Brückenschlag sollte evaluiert und inhaltlich weiterentwickelt werden. Über die Stadt Aachen wurde von der Jugendhilfe eine entsprechende Stellungnahme geschrieben über die Notwendigkeit der Einrichtung dieser Stelle. Der Antrag wurde bewilligt. Es konnten zwei Mitarbeiterinnen eingestellt werden, die zunächst umfassend geschult und vorbereitet wurden (siehe Kapitel 7).

Aufgabe der Mitarbeiterinnen der Koordinationsstelle war es, feste und zuverlässige Ansprechpartnerin für die Familie zu sein und Strukturen aufzubauen, die eine phasenübergreifende, individuell angepasste Unterstützung für Familien in dieser Situation sicherstellen. Diese Unterstützung sollte aufsuchend und freiwillig sein und das ganze Familiensystem umfassen. Sie sollte helfen, die Kommunikation in den Familien zu fördern und eine verlässliche Betreuung für die Kinder zu entwickeln – in der Zeit der Erkrankung, aber auch über den Tod des Elternteils hinaus. Ziel war es hierbei, die psychische Belastung der Kinder möglichst zu reduzieren. Über gezielte Maßnahmen in der Öffentlichkeit wurden sowohl betroffene Familien als auch die Beteiligten im Hilfesystem über das Angebot von Brückenschlag informiert.

Das Verfahren zur Kontaktaufnahme mit den betroffenen Familien war dabei folgendermaßen: Sobald der behandelnde Onkologe oder Onkologin identifizieren konnte, dass es sich um einen langwierigen, schweren Krankheitsverlauf bei einem onkologisch erkrankten Elternteil mit minderjährigen Kindern handelte, informierte er oder sie (mit Einverständnis der Familie) die Koordinationsstelle,...

Erscheint lt. Verlag 24.11.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
ISBN-10 3-86216-923-5 / 3862169235
ISBN-13 978-3-86216-923-8 / 9783862169238
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