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AD(H)S und Hochbegabung -  Helga Simchen

AD(H)S und Hochbegabung (eBook)

Lern- und Verhaltensprobleme trotz hoher Intelligenz bei Kindern und Jugendlichen
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
165 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-041410-5 (ISBN)
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Bei hochbegabten Kindern mit AD(H)S wird ihre Hochbegabung meist nicht erkannt, auch weil sie beim Intelligenztest im Handlungsteil AD(H)S-bedingt schlechter abschneiden. Mithilfe einer multimodalen AD(H)S-Therapie kann dies ausgeglichen werden. Neben dem IQ-Wert können sich auch Selbstwertgefühl und soziale Kompetenz nun deutlich steigern. Dieses Buch gibt Antworten auf häufig gestellte Fragen und zeigt auf, wie Hochbegabung bei Kindern mit AD(H)S erkannt und gefördert werden kann. Zahlreiche Fallbeispiele aus der Praxis belegen, wie Schullaufbahn und Lebensqualität sich dadurch wesentlich verbessern.

Dr. med. Helga Simchen ist Kinderärztin, Neuropädiaterin, Kinder- und Jugendpsychiaterin, Psychotherapeutin, Verhaltens- und Familientherapeutin. Nach stationärer Tätigkeit als Oberärztin an einer Universitätsklinik war sie seit 1995 in eigener Praxis tätig.

Dr. med. Helga Simchen ist Kinderärztin, Neuropädiaterin, Kinder- und Jugendpsychiaterin, Psychotherapeutin, Verhaltens- und Familientherapeutin. Nach stationärer Tätigkeit als Oberärztin an einer Universitätsklinik war sie seit 1995 in eigener Praxis tätig.

1 Hochbegabung – ein Solotanz mit oder ohne Erfolg


Schon einige Jahre vor der Einschulung begeistert so manches Kind durch seinen großen Wissensdrang, seine ständigen Fragen nach dem Warum, durch seine fließende Sprache mit großem Wortschatz und seine überraschende Kreativität. Es will alles erklärt haben, begreift sehr schnell, ist pfiffig und neugierig zugleich, merkt sich jede Kleinigkeit. Es ist an allem Neuen interessiert und will aus eigenem Antrieb schon vor der Einschulung rechnen, lesen oder schreiben. Alles deutet auf eine sehr hohe Intelligenz hin, die eine erfolgreiche Schullaufbahn mit einem zufriedenen und selbstbewussten Kind verspricht.

Andere Kinder dagegen fallen durch außerordentliche Fähigkeiten auf einem oder mehreren Gebieten auf. Sie können z. B. gut turnen, Fußball spielen, singen ein Instrument spielen oder sie entwickeln technische Fähigkeiten. Wir sprechen dann von besonderen Begabungen.

1.1 Begabungen erkennen und fördern


Als Begabung bezeichnet die Psychologie die Summe der angeborenen außerordentlichen Fähigkeiten. Sie ist die Voraussetzung für das Erbringen überdurchschnittlicher Leistungen im schulisch-wissenschaftlichen, praktisch-technischen oder künstlerisch-kreativen Bereich. Der Begriff »Talent« beschreibt einzelne angeborene überdurchschnittliche Fähigkeiten für ein begrenztes Gebiet. Talent an sich ist von der Höhe des Intelligenzquotienten unabhängig, profitiert aber nicht unwesentlich davon die Anteile von Veranlagung und Umwelteinflüssen sind dabei individuell unterschiedlich.

Es gibt verschiedene Begabungs- oder auch Fähigkeitsbereiche (Talente), die einzeln oder in Kombination vorkommen können, wobei allein die intellektuellen Fähigkeiten den klassischen Begriff der Intelligenz prägen. Inzwischen wurde noch der Begriff der multiplen Intelligenz eingeführt, der Fähigkeiten umfasst, die berufliche Erfolge und Karrieren begünstigen. Dazu gehören etwa Eigenschaften, die für leitende Tätigkeiten und im Personalmanagement von Vorteil sind.

Menschen können auf einzelnen Gebieten herausragende Fähigkeiten erreichen, die nicht unbedingt mit einer überdurchschnittlichen Intelligenz korrelieren. Solche Begabungen gibt es:

  • ·

    im sozialen Bereich

  • ·

    in der Musik, als musische Fähigkeiten

  • ·

    in künstlerischen Bereichen wie Malerei oder Bildhauerei

  • ·

    als schauspielerische Fähigkeiten

  • ·

    als dichterische Fähigkeiten

  • ·

    als sportliche Fähigkeiten

Alle diese Fähigkeiten werden im allgemeinen Sprachgebrauch mit dem Begriff Begabung gleichgesetzt und können mit mehr oder weniger Intelligenz kombiniert sein. Auch wenn hohe Intelligenz keine zwingende Voraussetzung ist, so ist sie doch immer für alle Fähigkeitsbereiche förderlich.

1.2 Intelligenz – eine variable Größe und ihre Bedeutung für die Entwicklung


Der deutsche Psychologe William Stern definierte 1920 den Begriff der Intelligenz mit der Fähigkeit, abstrakt und analytisch denken zu können, und legte den Intelligenzquotienten (IQ) als das Verhältnis des Intelligenzalters zum Lebensalter mal 100 fest. Das bedeutet, dass der errechnete Intelligenzquotient einer Person immer dem statistischen Mittelwert der Intelligenzleistung ihrer Altersgruppe entspricht. Der durchschnittliche IQ liegt also bei 100.

Es gibt viele Definitionen des Begriffes Intelligenz, aber folgende kommt den Erkenntnissen der aktuellen Forschung am nächsten:

Intelligenz ist die angeborene Fähigkeit, durch Erkennen von Gesetzmäßigkeiten und Regeln geistige Leistungen zu erbringen, mit deren Hilfe neue Aufgaben und Anforderungen optimal gelöst werden können. D. h. also, sich in neuen Situationen und Aufgaben mithilfe des eigenen Denkvermögens zurechtzufinden, ohne dass bereits spezielle Erfahrungswerte vorliegen.

Die Intelligenz ist die wichtigste Voraussetzung, um den Anforderungen in der Schule und im Leben gerecht zu werden. Aber Intelligenz allein reicht nicht, um das Leben in seiner Vielfalt meistern zu können. Intelligenz ist im Wesentlichen angeboren, sie wird durch Eigenschaften wie Flexibilität, Kreativität und Eigenmotivation beeinflusst, also durch Eigenschaften, die zum größten Teil durch soziales Umfeld, Erziehung und gemachte Erfahrungen erworben werden.

Intelligenz ist in ihrer Verwirklichung abhängig von verschiedenen anlage- und umweltbezogenen Faktoren; die wichtigsten sind:

  • ·

    die Fähigkeit der Gefühlssteuerung

  • ·

    die Merkfähigkeit

  • ·

    die Aufmerksamkeit

  • ·

    die Fähigkeit zur Motivation zum Lösen von Aufgaben

  • ·

    der Antrieb und die Freude am Lernen und innovativen Denken

  • ·

    die Wahrnehmungsfähigkeit und deren optimale Verarbeitung

  • ·

    das Sprachvermögen und die sprachliche Ausdrucksfähigkeit

  • ·

    der innere Drang, alles zu hinterfragen und überall nach Gesetzmäßigkeiten zu suchen

  • ·

    das Arbeitstempo und die Arbeitsorganisation

  • ·

    die altersentsprechende Entwicklung motorischer Fähigkeiten

Dazu kommen noch vielfältige Umweltfaktoren, die von Geburt an wirken und die Entwicklung der Persönlichkeit lebenslang fördern oder beeinträchtigen.

Zusammenfassend ist für ein erfolgreiches Umsetzen der Intelligenz entscheidend:

  • ·

    die Höhe des mit einem standardisierten Test festgestellten Intelligenzquotienten (IQ)

  • ·

    das Maß an Flexibilität und Kreativität

  • ·

    Eigenmotivation und Freude an der Wissensaneignung

  • ·

    die Fähigkeit, Gelerntes zu abstrahieren und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen

1.3 Hochbegabung ist nicht gleich Erfolg


Kinder und Jugendliche, die einen IQ von über 130 haben, gelten als hochbegabt. Dies trifft auf etwa 2,2 % der Bevölkerung zu.

Interessant ist, dass bei Kindern und Jugendlichen mit einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (AD‍(H)‌S) der prozentuale Anteil an Hochbegabten deutlich höher zu liegen scheint, wie es Erfahrungen aus der Praxis zeigen. Zu diesem Ergebnis kamen in den vergangenen Jahren auch verschiedene voneinander unabhängige Untersuchungen.

Gerade die Schullaufbahn der hochbegabten Kinder und Jugendlichen mit AD‍(H)‌S beweist, dass der Intelligenzquotient allein keine Aussagefähigkeit über das kognitive und soziale Leistungsvermögen besitzt. Denn trotz intensiver Anstrengung in der Schule werden manchmal Leistungen erbracht, die nicht dem Intelligenzniveau entsprechen, worunter die Kinder natürlich psychisch leiden. Durch die Spezialisierung einzelner Therapeuten und Einrichtungen auf die Behandlung von diesen Kindern und Jugendlichen zeigt sich zunehmend, dass die Betroffenen mit AD‍(H)‌S im Allgemeinen einen höheren Intelligenzquotienten haben als der Durchschnitt der Bevölkerung, nur dass sie aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht immer davon profitieren können. Dieser Sachverhalt wurde bisher schon von einigen Autoren beschrieben (Rossi 2001; Neuhaus 2003). Erklären lässt sich dieses Phänomen möglicherweise damit, dass das Gehirn der Kinder mit AD‍(H)‌S von Geburt an einem viel größeren Angebot von Informationen ausgesetzt ist und sich dadurch viel mehr Nervenzellen zu viel mehr Nervenbahnen vernetzen, wodurch die Zentren im Langzeitgedächtnis mehr Informationen erhalten und abspeichern können.

Es ist schon lange bekannt, dass hochbegabte Menschen oftmals nur mittelmäßige oder gar schlechte schulische und berufliche Leistungen erbringen. Dafür gibt es sehr unterschiedliche Ursachen und Erklärungen. Diese Menschen werden in der Hochbegabtenforschung »Underachiever« genannt, was so viel bedeutet wie »unter ihren Möglichkeiten bleibend«.

Hochbegabung ist von Talent zu unterscheiden, d. h. Menschen, die auf einem Gebiet etwas Außergewöhnliches zu leisten vermögen, müssen nicht hochbegabt sein; sie haben ein besonderes Talent oder eine besondere Begabung auf einem Gebiet. Ein Hochbegabter muss nicht unbedingt über große Fähigkeiten auf einem Gebiet verfügen, aber seine intellektuellen Fähigkeiten müssen herausragend sein.

1.4 Woran kann man hochbegabte Kinder und Jugendliche erkennen?


Sehr begabte Kinder und Jugendliche verfügen über eine Vielzahl von Fähigkeiten, die in ihrer Gesamtheit mit der Höhe der Intelligenz...

Erscheint lt. Verlag 26.10.2022
Zusatzinfo 46 Abb., 4 Tab.
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Intelligenz • Psychische Probleme • Psychologie • Selbstwertprobleme • Verhaltensauffälligkeiten
ISBN-10 3-17-041410-0 / 3170414100
ISBN-13 978-3-17-041410-5 / 9783170414105
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