Heilpraktiker-Kolleg - Beruf Heilpraktiker – Lernmodul 1 (eBook)
156 Seiten
Haug Fachbuch (Verlag)
978-3-13-244117-0 (ISBN)
2 Pflichten und Grenzen des Heilpraktikerberufs
Für HP-Anwärter und Heilpraktiker ist es sehr wichtig, sich zu verdeutlichen, welche Freiräume beim Ausüben der heilberuflichen Tätigkeit in der eigenen Praxis bestehen (s. Kap. ▶ Definition des Handlungsspektrums). In diesem Kontext ist gleichermaßen wichtig, dass Heilpraktiker wissen, wo ihre Grenzen sind. In diesem Kapitel lernen Sie die relevanten Sachverhalte hierzu für den Heilpraktikerberuf kennen.
2.1 Meldepflichten und Behandlungsverbote
2.1.1 Meldepflichten
Die §§ 6–15 Infektionsschutzgesetz (IfSG) regeln, welche Erkrankungen oder Sachverhalte in welcher Form und mit welchen Daten an welches Gesundheitsamt gemeldet werden müssen ( ▶ Abb. 2.1).
Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG).
Abb. 2.1 Die meldepflichtigen Sachverhalte aus den §§ 6–15 IfSG (Infektionsschutzgesetz) müssen für die Heilpraktikerprüfung und die spätere Praxistätigkeit immer präsent sein.
2.1.1.1 Namentliche Meldepflichten nach § 6 Absatz 1 Satz1 IfSG
In Heilpraktikerpraxen kommen namentliche Meldepflichten nach dem IfSG nicht häufig vor. Eine namentliche Meldung ist so definiert, dass Name und Wohnort der betroffenen Person an das Gesundheitsamt offenbart bzw. gemeldet werden müssen (§9 IfSG).
Normen für die Meldung
Heilpraktiker müssen nach § 8 Abs. 1 Nr. 8 IfSG sämtliche Krankheiten namentlich melden, die in § 6 Absatz 1 Satz 1 des IfSG aufgelistet sind (siehe unter: https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__6.html). Ebenso müssen sie einen Verdacht auf Impfschaden und neue bedrohliche übertragbare Krankheiten namentlich melden, die nicht in § 6 Absatz 1 Satz 1 IfSG gelistet sind.
Die Meldepflicht greift i.d.R. für Fälle eines Krankheitsverdachts (V), einer Erkrankung (E) und bei Tod (T), dies wird abgekürzt mit dem Akronym VET. Es gibt 3 Ausnahmen:
-
behandlungsbedürftige Tuberkulose → bei (E) und (T),
-
Clostridioides-difficile-Infektion mit schwerem Verlauf → bei (E),
-
Gastroenteritis bei Verdacht auf Erkrankung → bei (V) und (E).
Der Bund oder die Bundesländer können durch Rechtsverordnungen des Bundesgesundheitsministeriums die Liste der meldepflichtigen Krankheiten erweitern oder kürzen (§ 15 IfSG Anpassung der Meldepflicht an die epidemische Lage).
Die namentliche Meldung muss sofort, d.h. spätestens innerhalb von 24 Stunden an das zuständige Gesundheitsamt vorgenommen werden. Welche Informationen weitergegeben werden müssen, ist in § 9 Absatz 1 des IfSG festgeschrieben. Meldeformulare finden sich auf der Webseite des zuständigen Gesundheitsamts oder des Robert Koch-Instituts (www.rki.de).
In § 9 IfSG sind u. a. die Meldevorgaben enthalten:
-
wie eine Meldung erfolgen muss,
-
welche Inhalte weitergeben werden müssen,
-
an wen die Inhalte zu adressieren sind,
-
innerhalb welcher Frist (max. 24 Stunden) die Daten weitergegeben werden müssen (siehe auch: ▶ Abb. 2.2).
-
Deshalb ist dieser Paragraf auch für Heilpraktiker relevant.
Lerntipps
Häufiges Prüfungsthema: namentliche Meldepflichten
Die namentliche Meldepflicht ist ein häufiges Prüfungsthema. Prägen Sie sich deshalb § 8 Abs. 1 IfSG (Personen/Institutionen, die melden müssen, u.a. Ärzte und Heilpraktiker) und § 9 IfSG (Angaben zur namentlichen Meldung: was, wann, wohin?) gut ein.
Prüfungsrelevant kann daher auch die Frage sein, ob der Heilpraktiker überhaupt Meldepflichten hat. Bejahen Sie dies mit der Begründung der Normenkette § 8 Abs. 1 Nr. 8 IfSG. Hier steht, dass der Heilpraktiker verpflichtet ist, Krankheiten im Sinn des § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG zu melden (Differenzierung nach VET → Verdacht, Erkrankung, Tod).
Meldepflicht bei der Spezialisierung auf Kinder
Die namentliche Meldepflicht ist gegeben, wenn eine (HP-)Praxis sich auf die Behandlung von Kindern spezialisiert hat. Eine solche Praxis wird im Sinne des § 33 IfSG als „Gemeinschaftseinrichtung“ interpretiert.
§ 33 IfSG Gemeinschaftseinrichtungen:
„Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtungen, in denen überwiegend Säuglinge, Kinder oder Jugendliche betreut werden, insbesondere Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen oder sonstige Ausbildungseinrichtungen, Heime, Ferienlager“ (Hervorhebung durch die Verfasserin).
Der Gesetzeswortlaut „insbesondere“ zeigt an, dass der Gesetzgeber den Katalog der Einrichtungen für offen und erweiterbar gehalten hat.
Normenkette für HP-Praxen nach § 33 IfSG. Es entsteht nach der Gesetzessystematik folgende Normenkette:
-
Praxen des Heilpraktikers können Einrichtungen im Sinne des § 33 IfSG sein.
-
Hieraus leiten sich dann die Pflichten des § 34 IfSG ab („Gesundheitliche Anforderungen, Mitwirkungspflichten, Aufgaben des Gesundheitsamtes, soweit es die Meldung der dort genannten Krankheiten betrifft.“).
-
§ 34 ist wiederum mit § 24 IfSG verknüpft, der Pflichten aller Behandler im Infektionsschutz präzisiert,
-
mithin auch die Meldepflichten für Krankheiten nach § 6 und § 7 IfSG nach Erreger,
-
die dann von den in §§ 8 und 9 IfSG genannten Personengruppen erfüllt werden müssen.
Transferbeispiel
Prüfungsdialog zur namentlichen Meldepflicht*
Prüfer: „Ihre Patientin war vorgestern bei Ihnen und sagt den morgigen Nachsorgetermin kurzfristig ab, weil ihr Kind Masern habe. Was tun Sie?“
HP-Anwärter: „Ich weise meine Patientin darauf hin, dass eine Meldepflicht beim Gesundheitsamt besteht, die auch für Heilpraktiker gilt.“
Prüfer: „Wie reagieren Sie auf den Hinweis Ihrer Patientin, dass der Kinderarzt bereits diese Meldung getätigt hat?“
HP-Anwärter: „Trotzdem bitte ich meine Patientin höflich, aber bestimmt, dass sie mir für meine Praxis einen schriftlichen Beleg einreicht, aus dem eindeutig hervorgeht, dass der Kinderarzt bereits die Meldung vollzogen hat. Der Grund dafür ist, dass beim letzten vorgestrigen Termin vor der Terminabsage die Kindesmutter bereits Überträgerin des Virus gewesen sein könnte.“
Prüfer: „Ja, sehr gut. Wie sieht es mit den Hygienemaßnahmen aus?“
HP-Anwärter: „Nach der Terminabsage nehme ich umgehend eine Flächendesinfektion derjenigen Utensilien vor, mit denen meine Patientin in Kontakt war. Besondere Hygienemaßnahmen, wie eine Desinfektion der gesamten Praxis, sind m. E. nicht erforderlich, obwohl Masern durch Kontakt- und Tröpfcheninfektion verbreitet werden können. Der Grund liegt darin, dass übermäßige Desinfektionsmaßnahmen in solchen Fällen regelmäßig zu Keimresistenzen führen.
Prüfer: „Wie informieren Sie alle anderen Patienten, die seit vorgestern auch in Ihrer Praxis zur Sprechstunde waren?“
HP-Anwärter: Das Infektionsschutzgesetz sieht keine Pflicht vor, dass alle Patienten informiert werden müssten, sofern ein Verdachtsfall vorliegt. Prävention und Überwachung wird in der Epidemiologie in Deutschland zentralisiert über das Robert Koch-Institut gehandhabt. Allenfalls eine im Epidemiefall ergangene Rechtsverordnung über Notmaßnahmen könnte dann eine solche Pflicht auslösen.
*Eventuelle personenbezogene Daten fiktiv, Prüfungsdialog frei erfunden.
Lerntipps – Mündliche Prüfung
Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)
Sollten...
Erscheint lt. Verlag | 19.10.2022 |
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Co-Autor | Anette Oberhauser |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Naturheilkunde |
Schlagworte | Ausbildung • Heilpraktiker • Heilpraktikeranwärter • Heilpraktikerprüfung • Kompendium • Kurs • Lehrbuch • Lernmodule • Lernskript • Lernsystem • Multimedial • Podcasts • Prüfungstipps • Prüfungstraining • Prüfungsvorbereitung • Selbstlernsystem • Übungsbuch • Videos |
ISBN-10 | 3-13-244117-1 / 3132441171 |
ISBN-13 | 978-3-13-244117-0 / 9783132441170 |
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