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Subjektive Anatomie, 3. Auflage (eBook)

Theorie und Praxis körperbezogener Psychotherapie
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
320 Seiten
Schattauer (Verlag)
978-3-608-11660-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Subjektive Anatomie, 3. Auflage -  Angela von Arnim,  Claas Lahmann,  Rolf Johnen
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Der Klassiker zur Funktionellen Entspannung neu bearbeitet und ergänzt! - Verständnisfördernd: Wie entstehen Vulnerabilitäten bestimmter Organsysteme? - Fallberichte: Wie entsteht der sog. »Schatten« der Selbst-Entfremdung? Voraussetzung für das Verständnis der pathologischen Anatomie ist das Verständnis der 'normalen' Anatomie. Entsprechend ist eine subjektive Anatomie nötig, um Verständnis für eine subjektive Pathologie zu gewinnen. Das Buch führt die LeserInnen in das geheimnisvolle Grenzgebiet zwischen den bekannten Kontinenten der somatischen und der psychologischen Medizin. Es leistet einen Beitrag zur besseren theoretischen Fundierung der körperbezogenen Psychotherapieverfahren und liefert dazu Beispiele aus der Praxis. Die Autorinnen und Autoren ziehen die Funktionelle Entspannung als Selbsterfahrungs- und therapeutische Methode zur Illustration der Wirkungen auf die subjektive Anatomie heran. Im Vergleich zu anderen Verfahren liegt ihr Schwerpunkt weniger auf der Auslösung von Emotionen und bisher unbewussten Fantasien, sondern FE führt zur vertieften sinnlichen Selbstwahrnehmung: Gesunde Anteile sowie Störungen werden erlebbar und in ihrer Bedeutung verstehbar. Störungen der frühen Entwicklungsebenen finden in diesem Buch besondere Beachtung. Eine Re-Integration durch die Funktionelle Entspannung, aber auch durch andere körperbezogene Methoden, ist möglich! So kann anders als in rein verbalen Psychotherapieverfahren die vegetative Ebene und oft auch die frühe affektive Ebene erreicht werden. Dieses Buch richtet sich an: Ärztinnen und Ärzte, psychologische und ärztliche PsychotherapeutInnen, PsychiaterInnen, TherapeutInnen im weitesten Sinne, die Entspannungsverfahren und Körpertherapie anbieten, PsychotherapeutInnen

Angela von Arnim, Dr. med., Fachärztin für Innere Medizin, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Berlin-Schöneberg.

Angela von Arnim, Dr. med., Fachärztin für Innere Medizin, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Berlin-Schöneberg. Claas Lahmann, Univ.-Prof. Dr. med., Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Spezielle Schmerztherapie; Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg. Rolf Johnen, Dr. med., Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie; Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie; Psychoanalyse; Rehabilitationsmedizin; Sozialmedizin; FE-Therapeut; niedergelassen in eigener Praxis

Die Einführung des Subjekts in die Anatomie


Zum Geleit


Lehrbücher und Atlanten der Anatomie waren seit jeher ein besonderes Programmsegment des Schattauer Verlages. Da gibt es die nahezu legendären Werke des inzwischen 100-jährigen Erlanger Anatomieprofessors Johannes Rohen und seiner engsten Mitarbeiterin Elke Lütjen-Drecoll und den brillanten fotografischen Atlas, den beide unter Mitarbeit des japanischen Anatomen Chihiro Yokochi herausgegeben haben. Er zeigt den menschlichen Körper so, wie er den Studierenden, den Ärztinnen und Ärzten in Präpariersaal und bei chirurgischen Interventionen erscheint. Ohne die schön blau gemalten Venen und roten Arterien wie in herkömmlichen Atlanten, sondern in den naturgetreuen, eher wenig variierenden Farbtönen, die wir im Körperinneren vorfinden, wenn wir es mit dem Skalpell eröffnen. Das erfordert eine schärfere Wahrnehmung der natürlichen anatomischen Strukturen und kann so besser auf die Arbeit im Präpariersaal oder im OP vorbereiten.

Als Referenz-Verlag für Anatomie war der Verlag also sehr aufgeschlossen, als er 1994 das Angebot bekam, ein weiteres Lehrbuch zu verlegen, das die Anatomie im Titel führte. Für Überraschung und Befremden sorgte allerdings bei näherem Hinsehen das Attribut dieses Titels: Subjektive Anatomie? War das nicht ein Oxymoron, ein Widerspruch in sich? Gibt es denn etwas Objektiveres als die Anatomie, die keine Interpretation ihres Gegenstandes, sondern nur eine scharfe Wahrnehmung und die umfassende Aneignung der Strukturen verlangt, mit denen sie sich wissenschaftlich und handwerklich beschäftigt?

Es gab Stimmen, die von der Publikation eines solchen Buches vehement abrieten, weil es sich nicht verkaufen lassen würde. Der Titel würde nur verwirren, könnte als Unsinn angesehen werden und als ein somit scheinbar exotisches Buch dem Ruf eines Verlages, der sich einen Namen mit der »objektiven Anatomie« gemacht hatte, eventuell sogar schaden. Es waren die Namen zweier herausragender Persönlichkeiten in der Medizin und der körperorientierten Therapie unter den Herausgeberinnen und Herausgebern, die dann den Ausschlag gaben, dieses Buch doch zu verlegen: Marianne Fuchs, welche die Funktionelle Entspannung entwickelt hatte, und Thure von Uexküll, dem Nestor der psychosomatischen Medizin in den deutschsprachigen Ländern.

Die Unkenrufe erwiesen sich als gegenstandslos. Das Buch erweckte innerhalb von kurzer Zeit so viel Aufmerksamkeit und fand so viele Interessierte, dass bereits drei Jahre später eine neue Auflage erscheinen konnte.

Wie erklärt sich der Erfolg dieses Buches? Die zunehmende Spezialisierung in der Medizin, das Florieren medizinischer Hightech-Verfahren und die rasanten Einführungen neuer pharmakologischer Präparate führten zu zweifellos segensreichen Entwicklungen in der Heilkunde, aber auch zu einem zunehmenden mechanistischen Verständnis der Medizin mit ihrem Maschinenmodell, dessen Wurzeln schon auf Descartes zurückgehen. Der französische Philosoph sah bekanntlich keinen Unterschied zwischen einer schlecht gemachten Uhr und einem kranken Menschen (Descartes 1662) und bahnte den Dualismus von einer »Medizin für kranke Körper ohne Seelen und einer anderen für leidende Seelen ohne Körper«, wie Thure von Uexküll es plakativ formuliert hat. In dialektische Weise rief die Deutungshoheit der mechanistischen Medizin allerdings auch eine Reihe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Medizin und Geisteswissenschaften auf den Plan, welche der Überzeugung waren, dass diese Spaltung nicht der menschlichen Natur in Gesundheit und Krankheit entspreche.

Dem Körper begegnen die Studierenden der Medizin im Präpariersaal zum ersten Mal als lebloses Objekt. Dadurch wird ein medizinisches Verständnis induziert, in dem die Ärztin oder der Arzt als handelndes Subjekt erscheinen, die Patientin oder der Patient als zu behandelnder Gegenstand. Angesichts dieser einseitigen ärztlichen Sozialisation forderte schon während der 40er-Jahre des 20. Jahrhunderts der Neurologe und spätere Lehrstuhlinhaber für Psychosomatik an der Universität Heidelberg, Viktor von Weizsäcker, die »Einführung des Subjekts« in die Medizin. Das bedeutet, den kranken Menschen nicht als Objekt der ärztlichen Tätigkeit anzusehen, sondern als Subjekt anzuerkennen, das in einer wechselseitigen Beziehung zu den Handelnden steht.

Dieses Buch liefert nun also eine Einführung des Subjekts in die Anatomie. Seine erste Auflage wurde von einer Gruppe von 13 »Neugierigen« verfasst, wie sie sich selbst bezeichneten: Autorinnen und Autoren, die aus verschiedenen Bereichen der Medizin kamen. Mithilfe der von Marianne Fuchs in enger Zusammenarbeit mit Viktor von Weizsäcker entwickelten »Funktionellen Entspannung« versuchte die Gruppe, eine Begegnung mit dem eigenen Körper zu erreichen, die eigene Körper-Erfahrung zu schärfen und gleichzeitig eine Sprache zu finden, die diese Erfahrung auszudrücken in der Lage ist.

Ich behaupte, dass das bewusste Erleben des eigenen Körpers, seine sinnliche Erfahrung und das Erspüren seiner Funktionen entscheidende Voraussetzungen für eine wahre Begegnung mit dem Körper des Anderen als Patientin oder Patient sind. Je tiefer diese Erkenntnis ist, desto besser kann es gelingen, sich in die Wahrnehmung der Empfindungen eines anderen Menschen einzufühlen, den Bezug zu dessen Schmerzen, Missempfindungen, Einschränkungen, dysfunktionalen oder heilsamen Emotionen zu finden. In einem zweiten Schritt ist der Erwerb einer treffenden Sprache für die wahrgenommenen Empfindungen bei sich selbst und anderen zu fördern, um eine Kommunikation über diese Befindlichkeit zu ermöglichen. Insofern wäre es ein großer Gewinn, wenn die »Subjektive Anatomie« ihren Platz neben den Lehrbüchern der »objektiven« Medizin finden würde. Anders als die Initiation der Studierenden über die Konfrontation mit dem leblosen, formalingetränkten und wächsernen Leichnam im Präpariersaal könnte so eine Resonanz zwischen Untersuchenden und Untersuchten, Behandelnden und Behandelten entstehen, die eine entscheidende Voraussetzung für eine adäquate Diagnostik und Therapie ist.

Ein Gastroenterologe, der mit den Jahren große Erfahrung und Routine in dem scheinbar primär technisch orientierten Vorgehen der Endoskopie erworben hatte, sagte mir einmal, dass seine endoskopischen Befunde umso aussagekräftiger seien, je besser er vor der Untersuchung im Gespräch einen Zugang zum Patienten und dessen Befindlichkeit und Erleben gefunden hätte.

Thure von Uexküll und Marianne Fuchs, die primi inter pares des Autorenteams der ersten beiden Auflagen, wurden beide 1908 geboren, Uexküll verstarb 2004 im Alter von 96 Jahren, Marianne Fuchs wurde 101 Jahre alt und verstarb 2010. 1997 war die zweite Auflage der »Subjektiven Anatomie« erschienen. Es mag an dem Verlust der »Eltern« der Gruppe gelegen haben, die die Familie der Autorinnen und Autoren zusammengehalten hatten, dass danach bis heute keine weitere Auflage erschien. Umso mehr ist es Angela von Arnim und Rolf Johnen als Mitautorin und -autor der ersten Stunde zu danken, dass sie sich jetzt, fast ein Vierteljahrhundert nach Erscheinen der zweiten Auflage und nachdem das Buch lange vergriffen war, der dritten Auflage angenommen haben. Als Koherausgeber konnten sie Claas Lahmann, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Freiburg, gewinnen, der, nach Lebensjahren gerechnet, ein Enkel von Thure von Uexküll und Marianne Fuchs sein könnte und sich als einem seiner Schwerpunkte in Forschung und Praxis besonders der Körperpsychotherapie und dem Embodiment gewidmet hat. Auf diese Weise wird eine Brücke zu den Pionieren der Körperwahrnehmung um Uexküll und Fuchs geschlagen und eine Verbindung zu den mittlerweile reichhaltigen Ergebnissen der einschlägigen aktuellen Forschung in Medizin, Psychologie und Neurowissenschaften geknüpft.

Der Titel des Buches, »Subjektive Anatomie«, wird vermutlich auch heute noch zunächst als Oxymoron angesehen werden und irritieren können. Gut so, wenn die kognitive Dissonanz den Wunsch...

Erscheint lt. Verlag 13.4.2022
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Angst • Asthma • Colitis ulcerosa • Der kompetente Säugling • Entspannungsverfahren • frühe Beziehungserfahrungen • Frühe Kindheit • Funktionelle Entspannung • Körperbezogene Psychotherapieverfahren • Körperpsychotherapie • Körper-Selbst • Körpertherapie • Morbus Crohn • Physiotherapie • Schmerzen • Schmerztherapie • Selbst-entfremdung • somatisierte Depression • Wirkfaktoren Körpertherapie • Wirkfaktoren Psychotherapie
ISBN-10 3-608-11660-5 / 3608116605
ISBN-13 978-3-608-11660-1 / 9783608116601
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