Charakteristik der intranasalen Infektion mit neurotropen Bornaviren unter Berücksichtigung antiviraler Interventionsstrategien
Characteristics of intranasal infection with neurotropic Bornaviruses considering strategies of antiviral intervention
Seiten
2021
VVB Laufersweiler Verlag
978-3-8359-6989-6 (ISBN)
VVB Laufersweiler Verlag
978-3-8359-6989-6 (ISBN)
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Charakteristik der intranasalen Infektion mit neurotropen Bornaviren unter Berücksichtigung antiviraler Interventionsstrategien
Sabrina Munsch
1. Ein Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung der Wirkung eines Furininhibitors (MI 0701) auf die intranasale Infektion mit dem Borna disease virus 1 der Ratte, einem seit langem etablierten Tiermodell zur Untersuchung neurotroper Virusinfektionen. Daten zur Inhibition der Spaltung des viralen Glykoproteins durch den Furininhibitor und die Auswirkung auf die Infektion des olfaktorischen Systems lagen bislang nicht vor. Der peptidomimetische Inhibitor MI-0701 gehört zu den wirksamsten, reversibel bindenden, niedermolekularen Furininhibitoren, dessen Wirksamkeit an diversen Beispielen viraler sowie bakterieller Infektionen gezeigt werden konnte. In-vivo-Untersuchungen mit dem Inhibitor an BoDV-1-infizierten Tieren wurden ebenfalls bislang nicht durchgeführt. Die eigenen Untersuchungen sollten zum Verständnis der initialen Phasen intranasaler Infektionen mit neurotropen Viren und möglicher antiviraler Therapieansätze bislang unzulänglich behandelbarer neurotroper Virusinfektionen beitragen. Ein weiteres Ziel war die Charakterisierung der initialen Vermehrung des BoDV 1 im olfaktorischen System sowie der entsprechenden infizierten Zellen. Dabei sollte besonderes Augenmerk auf den die olfaktorischen Nervenfasern umhüllenden olfactory ensheathing cells (OEC) liegen, vorherige Untersuchungen ließen eine zentrale Bedeutung bei der Pathogenese der Bornaschen Krankheit vermuten. Die speziellen Mechanismen der intranasalen Virusverbreitung sind bislang nur unzulänglich verstanden. Virale Infektionen können weiterhin z. B. durch Regulation des Zelltods die Homöostase des olfaktorischen Epithels beeinflussen. Im Rahmen dieser Arbeit sollte daher auch untersucht werden, ob auch die intranasale BoDV-1-Infektion einen Einfluss auf den Zelltod des olfaktorischen Epithels hat.
2. Um den Einfluss des Furininhibitors auf die Infektionsrate in-vitro zu untersuchen, wurde eine Dissoziationskultur des olfaktorischen Epithels (OE) der Ratte mit BoDV-1 infiziert und mit dem Inhibitor behandelt. Nach 4, 7 und 10 dpi lag der Anteil infizierter Zellen bei den unbehandelten Kontrollkulturen stets höher als bei denen nach Inhibitorzugabe (p<0,0001). Es konnte eine dosisabhängige Reduktion der Infektionsrate mit einer maximalen Reduktion um knapp 80 % nach Behandlung mit 10 µM des Furininhibitors nach 10 dpi festgestellt werden. Zudem sollte untersucht werden, ob die Inhibitorzugabe nach BoDV-1-Infektion einen Einfluss auf den Neuronenanteil in der Kultur hatte. Es konnte gezeigt werden, dass der Neuronenanteil abhängig von der Behandlung war (p=0,0001). Während die BoDV-1-infizierten Kulturen stets den niedrigsten neuronalen Anteil aufwiesen (10 dpi: 4,4 %), zeigten die zusätzlich mit 10 µM MI-0701 behandelten Kulturen den höchsten Neuronenanteil auf (10 dpi: 9,9 %). Dies kann für einen potentiell protektiven Effekt des Inhibitors MI-0701 bei viraler Infektion auf die olfaktorischen Neurone sprechen. Bei molekularbiologischen Untersuchungen zum Nachweis viraler messenger RNA (mRNA) und genomischer RNA (gRNA) des infizierten OEs mittels quantitativer real time RT-PCR zeigte sich initial nach 4 dpi eine äquivalente virale Replikation und Transkription, während nach 7 dpi das Verhältnis zugunsten der Transkription verschoben war und somit die virale Proteinneubildung begünstigt wurde.
Olfaktorische Hüllzellen (OEC) zeigten in vorherigen Untersuchungen eine zentrale Bedeutung bei der intranasalen Infektion mit BoDV-1. Permanente OECs der Ratte wurden hier erstmalig erfolgreich mit BoDV-1 infiziert und es wurde eine stetige Virusausbreitung über die Zeit bis hin zu einer Infektionsrate von 16,8 % nach 6 dpi festgestellt (p=<0,0001). Nach Inhibitoranwendung konnte eine dosisabhängige Reduktion der Infektionsrate (p=0,0027) mit einer maximalen Reduktion um mehr als 85 % nach Behandlung mit 10 µM des Inhibitors nach 6 dpi festgestellt werden. Bei molekularbiologischen Untersuchungen der infizierten OECs mittels quantitativer RT-PCR zum Nachweis viraler mRNA und gRNA zeigte sich initial nach 4 dpi eine verhältnismäßig höhere virale Replikationsrate im Vergleich zur Transkription, während sich die Werte nach 7 dpi denen für die Transkription anglichen. Dies unterstreicht die Rolle der olfaktorischen Hüllzellen während der BoDV-1-Infektion und die Hypothese, dass sie in der initialen Infektionsphase die virale Replikation fördern.
Insgesamt weisen die Ergebnisse der in-vitro-Untersuchungen auf eine signifikante Inhibition der Infektionsausbreitung im olfaktorischen System durch den Einsatz von MI-0701 hin. Insbesondere die olfaktorischen Hüllzellen scheinen für die Infektion besonders empfänglich zu sein und können so auch ein vielversprechendes Ziel bei der Reduktion der Infektionsrate sein.
3. Zum Studium des Inhibitoreinflusses in-vivo wurden Lewis-Ratten intranasal mit BoDV-1 infiziert und anschließend 0,5 mg MI-0701/kg Körpergewicht appliziert. Zu keinem Untersuchungszeitpunkt konnten Anzeichen einer Erkrankung bei den Tieren festgestellt werden. Nach 21 dpi zeigten die Tiere sowie auch diejenigen der Kontrollgruppe eine geringgradige nicht-eitrige Meningoenzephalitis. Abhängig von der anatomischen Lokalisation war mittels immunhistologischer Untersuchung eine Reduktion des Nachweises von BoDV-1-N um bis zu 68 % der infizierten Zellen im olfaktorischen Epithel festzustellen. Auf zellulärer Ebene konnte die deutlichste Reduktion der Infektion bei den olfaktorischen Hüllzellen (65 %) und den olfaktorischen Nervenfasern (67 %) detektiert werden, was wiederum die in-vitro Daten bestätigt. Nervalen Strukturen kommt also wie erwartet nicht nur bei der initialen Infektion und der Virusausbreitung, sondern auch bei deren Hemmung eine besondere Bedeutung zu. Mittels quantitativer real time RT-PCR zum Nachweis viraler mRNA und gRNA zeigte sich nach 21 dpi eine Reduktion der Replikation in der Nase um bis zu 45 %, die Transkription zeigte jedoch keine Reduktion. Abhängig von der zerebralen Struktur war mittels immunhistologischer Untersuchung zum Nachweis von BoDV-1-N auch im Gehirn eine Reduktion des Infektionsscores um bis zu 58 % festzustellen. Mittels quantitativer real time RT-PCR zum Nachweis viraler mRNA und gRNA zeigte sich nach 21 dpi eine Reduktion der viralen Replikation in untersuchten Gehirnregionen um bis zu 63 %, die virale Transkription zeigte im Gehirn fast keine Reduktion. Mittels quantitativer real time RT-PCR zeigte sich im Gehirn bei den infizierten Tieren ein zeitabhängiger Anstieg für die virale Replikation sowie für die Transkription, wobei stets ein Verhältnis zugunsten der Transkription nachweisbar war. Absolut waren in rostral gelegenen Arealen die höchsten Werte zu bestimmen, was dem bekannten Verlauf der BoDV-1-Infektion entspricht.
Insgesamt sprechen die Ergebnisse der in-vivo-Untersuchungen dafür, dass der intranasale Einsatz von MI-0701 zu einer Reduktion der Infektion in der Nase sowie im Gehirn führte. Inwieweit die Wirkung des Furininhibitors auf die virale Replikation eine Folge der reduzierten Virusweitergabe an nicht-infizierte Zellen aufgrund des Fehlen eines biologisch aktiven, viralen Glykoproteins ist oder der Inhibitor MI-701 auch direkt in die Phasen der viralen Replikation eingreifen kann, muss in weiteren Studien geklärt werden.
4. Um den Einfluss der BoDV-1-Infektion auf den Zelltod im olfaktorischen Epithel zu erforschen, wurde Gewebe intranasal infizierter Ratten immunhistologisch qualitativ und quantitativ auf das Vorkommen von Caspase3 (stellvertretend für lokale Apoptose) und AIF (stellvertretend für lokalen Parthanatos) untersucht. Dabei wurde zu keinem Untersuchungszeitpunkt ein signifikanter Unterschied für die Caspase-positiven Zellen im Vergleich zur Kontrollgruppe gefunden, AIF war überhaupt nicht detektierbar.
Insgesamt sprechen die Ergebnisse dafür, dass bei viraler Infektion eine Modifikation der Homöostase des olfaktorischen Epithels mittels Apoptose nicht stattfindet, Parthanatos scheint auch unabhängig von einer Infektion keine Rolle beim Zelltod dieses Epithels zu spielen.
5. In der vorliegenden Arbeit wurde zusammenfassend gezeigt, dass die Proproteinkonvertase Furin eine entscheidende Rolle bei der Virusinfektion spielt und die Anwendung des Furininhibitors MI 0701 sowohl in-vitro als auch in-vivo zu einer signifikanten Reduktion der zellulären Infektionsrate im Vergleich zu den Kontrollgruppen geführt hat. Ein zusätzlicher, noch weiter zu klassifizierender, neuroprotektiver Charakter oder mögliche direkte Interaktionen mit der viralen Replikation erscheinen nicht ausgeschlossen. Eine besondere Rolle in Bezug auf Effizienz kommt bei der Inhibition der viralen Infektion den olfaktorischen Hüllzellen zu. Der Inhibitor stellt einen vielversprechenden Ansatz zur Reduktion der Viruslast als Therapeutikum oder zur Metaphylaxe bei Infektionen mit Bornaviren dar. Somit liefert diese Studie wichtige Erkenntnisse zur Übertragung neurotroper Virusinfektionen mit zoonotischem Potential. Characteristics of intranasal infection with neurotropic Bornaviruses considering strategies of antiviral intervention
Sabrina Munsch
1. One aim of this thesis was to investigate the effect of a furin inhibitor (MI 0701) on the intranasal infection with Borna disease virus 1 in rats, a long-established animal model for the investigation of neurotropic virus infections.
So far, data on the inhibition of the cleavage of the viral glycoprotein by the furin inhibitor and the effect on the infection of the olfactory system were not available. The peptidomimetic inhibitor MI-0701 is one of the most effective, reversibly binding, low molecular weight furin inhibitors, the effectiveness of which has been demonstrated in various examples of viral and bacterial infections. In vivo studies with this inhibitor on BoDV-1 infected animals have also not yet been carried out. Our own investigations should contribute to the understanding of the initial phases of intranasal infections with neurotropic viruses and possible antiviral therapeutic approaches of previously inadequately treatable neurotropic virus infections. Another aim was to characterize the initial replication in BoDV-1 in the olfactory system and the corresponding infected cells. Special attention was paid to the olfactory ensheathing cells (OEC) that envelop the olfactory nerve fibers; previous investigations suggested a central role in the pathogenesis of Borna disease. The special mechanisms of intranasal virus spread are so far poorly understood. Viral infections can also influence the homeostasis of the olfactory epithelium, for example by regulating cell death. As part of this thesis, it was therefore investigated whether the intranasal BoDV-1 infection also had an influence on the cell death of the olfactory epithelium.
2. In order to examine the influence of the furin inhibitor on the rate of infection in vitro, a dissociation culture of the olfactory epithelium (OE) of the rat was infected with BoDV 1 and treated with the inhibitor. After 4, 7 and 10 dpi, the proportion of infected cells was higher in the untreated cultures than in those receiving the inhibitor additionally (p <0.0001). A dose-dependent reduction in the rate of infection with a maximum reduction of almost 80% after treatment with 10 µM of the furin inhibitor after 10 dpi was found. Furthermore, it was investigated whether the addition of inhibitor after BoDV-1 infection had an influence on the number of neurons in the culture. It was shown that the number of neurons was dependent on the treatment (p = 0.0001). While the BoDV-1-infected cultures always had the lowest neuronal proportion (10 dpi: 4.4%), the cultures additionally treated with 10 µM MI-0701 had the highest proportion of neurons (10 dpi: 9.9%). This can speak for a potentially protective effect of the inhibitor MI-0701 in the event of a viral infection on the olfactory neurons. The detection of viral messenger RNA (mRNA) and genomic RNA (gRNA) of the infected olfactory epithelium by quantitative real time RT-PCR showed initially equivalent viral replication and transcription after 4 dpi, while after 7 dpi the ratio shifted in favor of transcription, thus promoting the formation of new viral proteins.
In previous studies olfactory ensheathing cells (OEC) showed a central role in the intranasal entry of BoDV-1. Permanent OECs of the rat were successfully infected with BoDV-1 for the first time and a steady virus spread over time up to an infection rate of 16.8% after 6 dpi was found (p = <0.0001). After the applications of the inhibitor, a dose-dependent reduction in the rate of infection (p = 0.0027) with a maximum reduction of more than 85% after treatment with 10 µM of the inhibitor after 6 dpi was found. Using quantitative RT-PCR for the detection of viral mRNA and gRNA in the infected OECs showed initially a relatively higher viral replication rate after 4 dpi compared to transcription, while the values after 7 dpi equalized those for transcription. This accentuates the role of olfactory ensheathing cells during BoDV-1 infection and the hypothesis that they promote viral replication in the initial infection phase.
Overall, the results of the in vitro studies indicate a significant inhibition of the spread of infection in the olfactory system through the use of MI-0701. The olfactory ensheathing cells in particular seem to be highly susceptible to infection and thus also a promising tool for reducing the rate of infection.
3. To study the effect of the inhibitor in vivo, Lewis rats were infected intranasally with BoDV-1 and then received 0.5 mg MI-0701/kg body weight. No signs of disease could be found in the animals at any time of observation. After 21 dpi, these animals as well as those of the control group showed a mild non-purulent meningoencephalitis. Depending on the anatomical location, an immunohistological examination showed a reduction of the detection of BoDV-1-N by up to 68% of the infected cells in the olfactory epithelium. At the cellular level, the most significant reduction in infection was detected in the olfactory ensheathing cells (65%) and the olfactory nerve fibers (67%), confirming the in-vitro data. As expected, nerve structures are of particular importance not only in the initial infection and virus spread, but also in their inhibition. Quantitative real time RT-PCR for the detection of viral mRNA and gRNA showed a reduction in replication in the nose of up to 45% after 21 dpi, while transcription showed no reduction. Depending on the cerebral structure, an immunohistological examination for the detection of BoDV-1-N showed a reduction in the infection score of up to 58% in the brain. Quantitative real time RT-PCR for the detection of viral mRNA and gRNA showed a reduction in viral replication in brain regions of up to 63% after 21 dpi. Viral transcription, however, showed almost no reduction in the brain in any area investigated. Quantitative real time RT-PCR showed a time-dependent increase for viral replication and transcription in the brain of the infected animals, with a ratio in favor of transcription always being detectable. The absolute highest values were determined in rostral areas, which corresponds to the known way of the BoDV-1 infection.
In summary, the results of the in-vivo studies suggest that the intranasal use of MI-0701 led to a reduction of infection in the nose and in the brain. The extent to which the effect of the furin inhibitor on viral replication is a consequence of the reduced virus transmission to non-infected cells due to the lack of a biologically active, viral glycoprotein, or the extent to which the inhibitor MI-0701 can also intervene directly in the phases of viral replication must be clarified in further studies.
4. In order to investigate the influence of BoDV-1 infection on cell death in the olfactory epithelium, tissue from intranasally infected rats was immunohistologically examined qualitatively and quantitatively for the occurrence of caspase3 (representative of local apoptosis) and AIF (representative of local parthanatos). No significant difference was found for the caspase-positive cells compared to the control group at any point in time of the investigation; AIF was not detectable at all.
Overall, the results suggest that a modification of the homeostasis of the olfactory epithelium by means of apoptosis does not take place in the event of a viral infection. Parthanatos does not seem to play a role in the cell death of this special epithelium regardless of an infection.
5. In summary, in the present thesis it was shown that the proprotein convertase furin plays a decisive role in virus infection. The application of the furin inhibitor MI-0701 has led to a significant reduction in the cellular rate of infection in comparison to the control groups, both in vitro and in vivo; an additional, further to be classified, neuroprotective character or possible direct interactions with the viral replication appear to be possible. The olfactory ensheathing cells play a special role in terms of efficiency in the inhibition of viral infection. The inhibitor represents a promising approach to reducing the viral load as a therapeutic agent or for metaphylaxis in infections with Borna viruses. This study thus provides important information on the transmission of neurotropic viral infections with zoonotic potential.
Sabrina Munsch
1. Ein Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung der Wirkung eines Furininhibitors (MI 0701) auf die intranasale Infektion mit dem Borna disease virus 1 der Ratte, einem seit langem etablierten Tiermodell zur Untersuchung neurotroper Virusinfektionen. Daten zur Inhibition der Spaltung des viralen Glykoproteins durch den Furininhibitor und die Auswirkung auf die Infektion des olfaktorischen Systems lagen bislang nicht vor. Der peptidomimetische Inhibitor MI-0701 gehört zu den wirksamsten, reversibel bindenden, niedermolekularen Furininhibitoren, dessen Wirksamkeit an diversen Beispielen viraler sowie bakterieller Infektionen gezeigt werden konnte. In-vivo-Untersuchungen mit dem Inhibitor an BoDV-1-infizierten Tieren wurden ebenfalls bislang nicht durchgeführt. Die eigenen Untersuchungen sollten zum Verständnis der initialen Phasen intranasaler Infektionen mit neurotropen Viren und möglicher antiviraler Therapieansätze bislang unzulänglich behandelbarer neurotroper Virusinfektionen beitragen. Ein weiteres Ziel war die Charakterisierung der initialen Vermehrung des BoDV 1 im olfaktorischen System sowie der entsprechenden infizierten Zellen. Dabei sollte besonderes Augenmerk auf den die olfaktorischen Nervenfasern umhüllenden olfactory ensheathing cells (OEC) liegen, vorherige Untersuchungen ließen eine zentrale Bedeutung bei der Pathogenese der Bornaschen Krankheit vermuten. Die speziellen Mechanismen der intranasalen Virusverbreitung sind bislang nur unzulänglich verstanden. Virale Infektionen können weiterhin z. B. durch Regulation des Zelltods die Homöostase des olfaktorischen Epithels beeinflussen. Im Rahmen dieser Arbeit sollte daher auch untersucht werden, ob auch die intranasale BoDV-1-Infektion einen Einfluss auf den Zelltod des olfaktorischen Epithels hat.
2. Um den Einfluss des Furininhibitors auf die Infektionsrate in-vitro zu untersuchen, wurde eine Dissoziationskultur des olfaktorischen Epithels (OE) der Ratte mit BoDV-1 infiziert und mit dem Inhibitor behandelt. Nach 4, 7 und 10 dpi lag der Anteil infizierter Zellen bei den unbehandelten Kontrollkulturen stets höher als bei denen nach Inhibitorzugabe (p<0,0001). Es konnte eine dosisabhängige Reduktion der Infektionsrate mit einer maximalen Reduktion um knapp 80 % nach Behandlung mit 10 µM des Furininhibitors nach 10 dpi festgestellt werden. Zudem sollte untersucht werden, ob die Inhibitorzugabe nach BoDV-1-Infektion einen Einfluss auf den Neuronenanteil in der Kultur hatte. Es konnte gezeigt werden, dass der Neuronenanteil abhängig von der Behandlung war (p=0,0001). Während die BoDV-1-infizierten Kulturen stets den niedrigsten neuronalen Anteil aufwiesen (10 dpi: 4,4 %), zeigten die zusätzlich mit 10 µM MI-0701 behandelten Kulturen den höchsten Neuronenanteil auf (10 dpi: 9,9 %). Dies kann für einen potentiell protektiven Effekt des Inhibitors MI-0701 bei viraler Infektion auf die olfaktorischen Neurone sprechen. Bei molekularbiologischen Untersuchungen zum Nachweis viraler messenger RNA (mRNA) und genomischer RNA (gRNA) des infizierten OEs mittels quantitativer real time RT-PCR zeigte sich initial nach 4 dpi eine äquivalente virale Replikation und Transkription, während nach 7 dpi das Verhältnis zugunsten der Transkription verschoben war und somit die virale Proteinneubildung begünstigt wurde.
Olfaktorische Hüllzellen (OEC) zeigten in vorherigen Untersuchungen eine zentrale Bedeutung bei der intranasalen Infektion mit BoDV-1. Permanente OECs der Ratte wurden hier erstmalig erfolgreich mit BoDV-1 infiziert und es wurde eine stetige Virusausbreitung über die Zeit bis hin zu einer Infektionsrate von 16,8 % nach 6 dpi festgestellt (p=<0,0001). Nach Inhibitoranwendung konnte eine dosisabhängige Reduktion der Infektionsrate (p=0,0027) mit einer maximalen Reduktion um mehr als 85 % nach Behandlung mit 10 µM des Inhibitors nach 6 dpi festgestellt werden. Bei molekularbiologischen Untersuchungen der infizierten OECs mittels quantitativer RT-PCR zum Nachweis viraler mRNA und gRNA zeigte sich initial nach 4 dpi eine verhältnismäßig höhere virale Replikationsrate im Vergleich zur Transkription, während sich die Werte nach 7 dpi denen für die Transkription anglichen. Dies unterstreicht die Rolle der olfaktorischen Hüllzellen während der BoDV-1-Infektion und die Hypothese, dass sie in der initialen Infektionsphase die virale Replikation fördern.
Insgesamt weisen die Ergebnisse der in-vitro-Untersuchungen auf eine signifikante Inhibition der Infektionsausbreitung im olfaktorischen System durch den Einsatz von MI-0701 hin. Insbesondere die olfaktorischen Hüllzellen scheinen für die Infektion besonders empfänglich zu sein und können so auch ein vielversprechendes Ziel bei der Reduktion der Infektionsrate sein.
3. Zum Studium des Inhibitoreinflusses in-vivo wurden Lewis-Ratten intranasal mit BoDV-1 infiziert und anschließend 0,5 mg MI-0701/kg Körpergewicht appliziert. Zu keinem Untersuchungszeitpunkt konnten Anzeichen einer Erkrankung bei den Tieren festgestellt werden. Nach 21 dpi zeigten die Tiere sowie auch diejenigen der Kontrollgruppe eine geringgradige nicht-eitrige Meningoenzephalitis. Abhängig von der anatomischen Lokalisation war mittels immunhistologischer Untersuchung eine Reduktion des Nachweises von BoDV-1-N um bis zu 68 % der infizierten Zellen im olfaktorischen Epithel festzustellen. Auf zellulärer Ebene konnte die deutlichste Reduktion der Infektion bei den olfaktorischen Hüllzellen (65 %) und den olfaktorischen Nervenfasern (67 %) detektiert werden, was wiederum die in-vitro Daten bestätigt. Nervalen Strukturen kommt also wie erwartet nicht nur bei der initialen Infektion und der Virusausbreitung, sondern auch bei deren Hemmung eine besondere Bedeutung zu. Mittels quantitativer real time RT-PCR zum Nachweis viraler mRNA und gRNA zeigte sich nach 21 dpi eine Reduktion der Replikation in der Nase um bis zu 45 %, die Transkription zeigte jedoch keine Reduktion. Abhängig von der zerebralen Struktur war mittels immunhistologischer Untersuchung zum Nachweis von BoDV-1-N auch im Gehirn eine Reduktion des Infektionsscores um bis zu 58 % festzustellen. Mittels quantitativer real time RT-PCR zum Nachweis viraler mRNA und gRNA zeigte sich nach 21 dpi eine Reduktion der viralen Replikation in untersuchten Gehirnregionen um bis zu 63 %, die virale Transkription zeigte im Gehirn fast keine Reduktion. Mittels quantitativer real time RT-PCR zeigte sich im Gehirn bei den infizierten Tieren ein zeitabhängiger Anstieg für die virale Replikation sowie für die Transkription, wobei stets ein Verhältnis zugunsten der Transkription nachweisbar war. Absolut waren in rostral gelegenen Arealen die höchsten Werte zu bestimmen, was dem bekannten Verlauf der BoDV-1-Infektion entspricht.
Insgesamt sprechen die Ergebnisse der in-vivo-Untersuchungen dafür, dass der intranasale Einsatz von MI-0701 zu einer Reduktion der Infektion in der Nase sowie im Gehirn führte. Inwieweit die Wirkung des Furininhibitors auf die virale Replikation eine Folge der reduzierten Virusweitergabe an nicht-infizierte Zellen aufgrund des Fehlen eines biologisch aktiven, viralen Glykoproteins ist oder der Inhibitor MI-701 auch direkt in die Phasen der viralen Replikation eingreifen kann, muss in weiteren Studien geklärt werden.
4. Um den Einfluss der BoDV-1-Infektion auf den Zelltod im olfaktorischen Epithel zu erforschen, wurde Gewebe intranasal infizierter Ratten immunhistologisch qualitativ und quantitativ auf das Vorkommen von Caspase3 (stellvertretend für lokale Apoptose) und AIF (stellvertretend für lokalen Parthanatos) untersucht. Dabei wurde zu keinem Untersuchungszeitpunkt ein signifikanter Unterschied für die Caspase-positiven Zellen im Vergleich zur Kontrollgruppe gefunden, AIF war überhaupt nicht detektierbar.
Insgesamt sprechen die Ergebnisse dafür, dass bei viraler Infektion eine Modifikation der Homöostase des olfaktorischen Epithels mittels Apoptose nicht stattfindet, Parthanatos scheint auch unabhängig von einer Infektion keine Rolle beim Zelltod dieses Epithels zu spielen.
5. In der vorliegenden Arbeit wurde zusammenfassend gezeigt, dass die Proproteinkonvertase Furin eine entscheidende Rolle bei der Virusinfektion spielt und die Anwendung des Furininhibitors MI 0701 sowohl in-vitro als auch in-vivo zu einer signifikanten Reduktion der zellulären Infektionsrate im Vergleich zu den Kontrollgruppen geführt hat. Ein zusätzlicher, noch weiter zu klassifizierender, neuroprotektiver Charakter oder mögliche direkte Interaktionen mit der viralen Replikation erscheinen nicht ausgeschlossen. Eine besondere Rolle in Bezug auf Effizienz kommt bei der Inhibition der viralen Infektion den olfaktorischen Hüllzellen zu. Der Inhibitor stellt einen vielversprechenden Ansatz zur Reduktion der Viruslast als Therapeutikum oder zur Metaphylaxe bei Infektionen mit Bornaviren dar. Somit liefert diese Studie wichtige Erkenntnisse zur Übertragung neurotroper Virusinfektionen mit zoonotischem Potential. Characteristics of intranasal infection with neurotropic Bornaviruses considering strategies of antiviral intervention
Sabrina Munsch
1. One aim of this thesis was to investigate the effect of a furin inhibitor (MI 0701) on the intranasal infection with Borna disease virus 1 in rats, a long-established animal model for the investigation of neurotropic virus infections.
So far, data on the inhibition of the cleavage of the viral glycoprotein by the furin inhibitor and the effect on the infection of the olfactory system were not available. The peptidomimetic inhibitor MI-0701 is one of the most effective, reversibly binding, low molecular weight furin inhibitors, the effectiveness of which has been demonstrated in various examples of viral and bacterial infections. In vivo studies with this inhibitor on BoDV-1 infected animals have also not yet been carried out. Our own investigations should contribute to the understanding of the initial phases of intranasal infections with neurotropic viruses and possible antiviral therapeutic approaches of previously inadequately treatable neurotropic virus infections. Another aim was to characterize the initial replication in BoDV-1 in the olfactory system and the corresponding infected cells. Special attention was paid to the olfactory ensheathing cells (OEC) that envelop the olfactory nerve fibers; previous investigations suggested a central role in the pathogenesis of Borna disease. The special mechanisms of intranasal virus spread are so far poorly understood. Viral infections can also influence the homeostasis of the olfactory epithelium, for example by regulating cell death. As part of this thesis, it was therefore investigated whether the intranasal BoDV-1 infection also had an influence on the cell death of the olfactory epithelium.
2. In order to examine the influence of the furin inhibitor on the rate of infection in vitro, a dissociation culture of the olfactory epithelium (OE) of the rat was infected with BoDV 1 and treated with the inhibitor. After 4, 7 and 10 dpi, the proportion of infected cells was higher in the untreated cultures than in those receiving the inhibitor additionally (p <0.0001). A dose-dependent reduction in the rate of infection with a maximum reduction of almost 80% after treatment with 10 µM of the furin inhibitor after 10 dpi was found. Furthermore, it was investigated whether the addition of inhibitor after BoDV-1 infection had an influence on the number of neurons in the culture. It was shown that the number of neurons was dependent on the treatment (p = 0.0001). While the BoDV-1-infected cultures always had the lowest neuronal proportion (10 dpi: 4.4%), the cultures additionally treated with 10 µM MI-0701 had the highest proportion of neurons (10 dpi: 9.9%). This can speak for a potentially protective effect of the inhibitor MI-0701 in the event of a viral infection on the olfactory neurons. The detection of viral messenger RNA (mRNA) and genomic RNA (gRNA) of the infected olfactory epithelium by quantitative real time RT-PCR showed initially equivalent viral replication and transcription after 4 dpi, while after 7 dpi the ratio shifted in favor of transcription, thus promoting the formation of new viral proteins.
In previous studies olfactory ensheathing cells (OEC) showed a central role in the intranasal entry of BoDV-1. Permanent OECs of the rat were successfully infected with BoDV-1 for the first time and a steady virus spread over time up to an infection rate of 16.8% after 6 dpi was found (p = <0.0001). After the applications of the inhibitor, a dose-dependent reduction in the rate of infection (p = 0.0027) with a maximum reduction of more than 85% after treatment with 10 µM of the inhibitor after 6 dpi was found. Using quantitative RT-PCR for the detection of viral mRNA and gRNA in the infected OECs showed initially a relatively higher viral replication rate after 4 dpi compared to transcription, while the values after 7 dpi equalized those for transcription. This accentuates the role of olfactory ensheathing cells during BoDV-1 infection and the hypothesis that they promote viral replication in the initial infection phase.
Overall, the results of the in vitro studies indicate a significant inhibition of the spread of infection in the olfactory system through the use of MI-0701. The olfactory ensheathing cells in particular seem to be highly susceptible to infection and thus also a promising tool for reducing the rate of infection.
3. To study the effect of the inhibitor in vivo, Lewis rats were infected intranasally with BoDV-1 and then received 0.5 mg MI-0701/kg body weight. No signs of disease could be found in the animals at any time of observation. After 21 dpi, these animals as well as those of the control group showed a mild non-purulent meningoencephalitis. Depending on the anatomical location, an immunohistological examination showed a reduction of the detection of BoDV-1-N by up to 68% of the infected cells in the olfactory epithelium. At the cellular level, the most significant reduction in infection was detected in the olfactory ensheathing cells (65%) and the olfactory nerve fibers (67%), confirming the in-vitro data. As expected, nerve structures are of particular importance not only in the initial infection and virus spread, but also in their inhibition. Quantitative real time RT-PCR for the detection of viral mRNA and gRNA showed a reduction in replication in the nose of up to 45% after 21 dpi, while transcription showed no reduction. Depending on the cerebral structure, an immunohistological examination for the detection of BoDV-1-N showed a reduction in the infection score of up to 58% in the brain. Quantitative real time RT-PCR for the detection of viral mRNA and gRNA showed a reduction in viral replication in brain regions of up to 63% after 21 dpi. Viral transcription, however, showed almost no reduction in the brain in any area investigated. Quantitative real time RT-PCR showed a time-dependent increase for viral replication and transcription in the brain of the infected animals, with a ratio in favor of transcription always being detectable. The absolute highest values were determined in rostral areas, which corresponds to the known way of the BoDV-1 infection.
In summary, the results of the in-vivo studies suggest that the intranasal use of MI-0701 led to a reduction of infection in the nose and in the brain. The extent to which the effect of the furin inhibitor on viral replication is a consequence of the reduced virus transmission to non-infected cells due to the lack of a biologically active, viral glycoprotein, or the extent to which the inhibitor MI-0701 can also intervene directly in the phases of viral replication must be clarified in further studies.
4. In order to investigate the influence of BoDV-1 infection on cell death in the olfactory epithelium, tissue from intranasally infected rats was immunohistologically examined qualitatively and quantitatively for the occurrence of caspase3 (representative of local apoptosis) and AIF (representative of local parthanatos). No significant difference was found for the caspase-positive cells compared to the control group at any point in time of the investigation; AIF was not detectable at all.
Overall, the results suggest that a modification of the homeostasis of the olfactory epithelium by means of apoptosis does not take place in the event of a viral infection. Parthanatos does not seem to play a role in the cell death of this special epithelium regardless of an infection.
5. In summary, in the present thesis it was shown that the proprotein convertase furin plays a decisive role in virus infection. The application of the furin inhibitor MI-0701 has led to a significant reduction in the cellular rate of infection in comparison to the control groups, both in vitro and in vivo; an additional, further to be classified, neuroprotective character or possible direct interactions with the viral replication appear to be possible. The olfactory ensheathing cells play a special role in terms of efficiency in the inhibition of viral infection. The inhibitor represents a promising approach to reducing the viral load as a therapeutic agent or for metaphylaxis in infections with Borna viruses. This study thus provides important information on the transmission of neurotropic viral infections with zoonotic potential.
Erscheinungsdatum | 10.01.2022 |
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Reihe/Serie | Edition Scientifique |
Verlagsort | Gießen |
Sprache | deutsch |
Maße | 148 x 210 mm |
Gewicht | 250 g |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie |
Veterinärmedizin ► Allgemein | |
Veterinärmedizin ► Klinische Fächer ► Parasitologie | |
Schlagworte | BoDV-1 • Bornavirus • Nasal • Nase • Ratte |
ISBN-10 | 3-8359-6989-7 / 3835969897 |
ISBN-13 | 978-3-8359-6989-6 / 9783835969896 |
Zustand | Neuware |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
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Buch | Spiralbindung (2023)
Schlütersche (Verlag)
CHF 249,95