Lungenfunktionsdiagnostik und Spiroergometrie (eBook)
288 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-243857-6 (ISBN)
1 Physiologie der Atmung
S. Schwarz, B. Lehnigk, W. Schwittai
1.1 Anatomie und Funktion der Lunge
Die Lunge dient dem Gasaustausch. In der Luft sind ca. 21% Sauerstoff (O2) enthalten und wir atmen in Ruhe etwa 10l Luft in der Minute ein und wieder aus. Unter Belastung können das beim Leistungssportler 150–200l/min sein.
Ein Teil des Sauerstoffs wird durch den Stoffwechsel genutzt, um Fette und Kohlenhydrate zu verbrennen. Als Abfallprodukt entsteht Kohlendioxid (CO2), das wir abatmen müssen. Den restlichen Anteil in der Luft nimmt Stickstoff (N2) ein.
Merke
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Einatemluft:
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21% Sauerstoff (O2)
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Ausatemluft:
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15–18% Sauerstoff (O2)
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5–6% Kohlendioxid (CO2)
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Um diesen Gasaustausch zu gewährleisten, sind verschiedene Teilfunktionen der Lunge erforderlich, die wir mittels Lungenfunktionsdiagnostik erfassen können.
Die Luft wird durch die oberen Atemwege (Nase, Rachen, Kehlkopf) in die Luftröhre geleitet. Dabei wird die Luft angewärmt und angefeuchtet. Durch die Erwärmung der Einatemluft auf ca. 37°C vergrößert sich das eingeatmete Volumen (Korrekturfaktoren siehe Kap. ▶ 2.2).
In den Bronchien dienen Flimmerhärchen der Reinigung der Luft, die aus den Bronchien in die Lungenbläschen geleitet wird. Der eigentliche Gasaustausch erfolgt in den Alveolen (Lungenbläschen).
Die Einatmung ist ein aktiver Prozess. Dabei flacht das Zwerchfell ab und der Brustkorb erweitert sich, wodurch sich das Lungenvolumen vergrößert. Die elastischen Fasern der Lunge werden gedehnt und somit Energie gespeichert. Die Ausatmung erfolgt passiv. Dabei wird die gespeicherte Energie zur Ausatmung genutzt. Bei der Atmung müssen der Strömungswiderstand der Bronchien und die elastischen Kräfte von Lunge und Brustkorb (Thorax) überwunden werden ▶ [1].
Die Blutgefäße der Lunge transportieren von der rechten Herzkammer sauerstoffarmes Blut zu den Lungenbläschen (kleiner Kreislauf) und verzweigen sich dort zu einem dünnen Kapillarnetz. So kann der Gasaustausch zwischen Lungenbläschen und Blut auf großer Fläche optimal stattfinden. Der Transportträger für den Sauerstoff ist das Hämoglobin (Hb). Das mit Sauerstoff angereicherte Blut wird dann zur linken Herzkammer geleitet und von dort in den Körper (großer Kreislauf) gepumpt.
Die Strukturen der Lunge zeigen sich im Röntgenbild ( ▶ Abb. 1.1). Die zugrunde liegenden physiologischen Vorgänge lassen sich aber an einem schematischen Modell ( ▶ Abb. 1.2) besser erläutern.
Röntgen-Thorax-Übersicht (p.a.)
Abb. 1.1 mit den wesentlichen Strukturen der Lunge.
Schematische Darstellung der Lunge.
Abb. 1.2
Mit der Lungenfunktionsdiagnostik können wir die wesentlichen Teilfunktionen der Lunge beschreiben. Die Ventilation (Belüftung) wird durch die Volumenbestimmung der Lunge (Vitalkapazität, Totalkapazität) und die Strömungsgeschwindigkeit durch den Fluss (Flow) charakterisiert. Dabei hängen beide Größen von den Eigenschaften des Lungengewebes (Compliance = Dehnbarkeit der Lunge, Gegenteil von Elastizität) und dem Strömungswiderstand in den Bronchien (Resistance) ab ( ▶ Abb. 1.3).
Ventilation.
Abb. 1.3 Abhängigkeit von Atemwegswiderstand und Lungendehnbarkeit.
Als indirektes Maß für die Strömungsgeschwindigkeit dient der Atemstoß. Als Atemstoß wird das forcierte exspiratorische Volumen in der 1. Sekunde (FEV1) bezeichnet. Unter Bezug auf das Lungenvolumen (FEV1%VC, FEV1%FVC) (FVC: forcierte exspiratorische Vitalkapazität) wird der Tiffeneau-Index gebildet.
Merke
Wenn wir mit einem Gartenschlauch Wasser in einen Eimer einlassen, wird dieser in Abhängigkeit von der Fließgeschwindigkeit z.B. in 2min gefüllt sein.
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Obstruktion: Stellt sich nun jemand auf den Gartenschlauch, erzeugt er eine Obstruktion (Verengung) und erhöht den Widerstand (Resistance) des Schlauches. Dadurch nimmt die Fließgeschwindigkeit ab und der Eimer wird in 2min nur zur Hälfte gefüllt sein. Geht die Person vom Schlauch wieder herunter, ist die Obstruktion reversibel (z.B. Asthma). Bleibt die Person auf dem Schlauch stehen, handelt es sich dagegen um eine irreversible Obstruktion (z.B. chronisch obstruktive Lungenerkrankung [COPD]).
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Restriktion: Hat der Wassereimer nicht ein Fassungsvermögen von 10l, sondern nur von 5l, und die Fließgeschwindigkeit ist nicht eingeschränkt, besteht keine Obstruktion, sondern eine Volumenminderung (z.B. Lungenfibrose oder Zustand nach Entfernung eines Lungenflügels bei Lungenkrebs).
Wir können also mit der Lungenfunktion (Spirometrie, Bodyplethysmografie) restriktive (Volumenverlust) und obstruktive Ventilationsstörungen (Strömungsverlust) klassifizieren ( ▶ Abb. 1.4).
Ventilationsstörungen.
Abb. 1.4 Restriktive (Verlust von Volumen) und obstruktive Ventilationsstörungen (Verengung der Atemwege).
Neben den Messungen von Lungenvolumen und Strömung interessiert auch, ob der Übertritt des Sauerstoffs (O2) aus den Lungenbläschen in die Lungengefäße ▶ [2] gestört ist oder nicht ( ▶ Abb. 1.5). Den Gasaustausch der Lunge messen wir mit der Bestimmung der Diffusionskapazität (DLCO), moderner Begriff „Transferfaktor“ (TLCO), mit dem Testgas Kohlenmonoxid (CO).
Lungenbläschen mit Kapillarnetz.
Abb. 1.5 Die mit Sauerstoff angereicherte Lungenvene (blau) führt zum linken Ventrikel (V. pulmonalis), sauerstoffarmes zentralvenöses Blut (rot) kommt über die Pulmonalarterien vom rechten Herzen (A. pulmonalis).
(Quelle: von Hayek D. Lungen. In: Andreae S, Weniger J, von Hayek D, Hrsg. Gesundheits- und Krankheitslehre für die Altenpflege. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2015)
Bleibt noch die Zwerchfellfunktion als Hauptaspekt der Atempumpenfunktion. Wir messen bei Ruheatmung den inspiratorischen Druck (P0.1, Last der Atempumpe). Dieser Druck (P0.1) entspricht dem aktuellen Krafteinsatz der Atemmuskulatur bei Ruheatmung. Dann messen wir den maximalen inspiratorischen Druck, der bei einer maximal schnellen und tiefen Einatmung erzeugt werden kann (Pimax, wird auch als maximal inspiratory pressure [MIP] bezeichnet). Dieser Druck entspricht der maximal zur Verfügung stehenden Kraft der Atemmuskulatur (Pimax, Kapazität der Atempumpe). Daraus können wir dann den Anteil von der maximalen Kraft berechnen, den wir für die Ruheatmung benötigen:
Merke
P0.1%Pimax = Beanspruchung der Atemmuskulatur
Dies sind im Normalfall höchstens 5% der Maximalkraft.
Die Bestimmung der Blutgase im arteriellen oder hyperämisierten kapillären Blut zeigt uns summativ das Ergebnis der eben beschriebenen Teilfunktionen.
Schließlich gibt die Spiroergometrie (CPET: Cardio pulmonary Exercise Testing) einen Einblick in die Energiegewinnung des Organismus unter Ruhe und Belastung und gestattet Rückschlüsse auf die Funktion der 3 großen Organgruppen Lunge, Herz-Kreislauf und Muskulatur und damit auf die Leistungsfähigkeit des Gesamtorganismus.
Nur die in ▶ Abb. 1.6 und ▶ Abb. 1.7 dargestellten Untersuchungsmethoden werden klinisch häufig genutzt und im Buch besprochen, die Methoden in ▶ Abb. 1.8 werden eher selten durchgeführt.
Diagnosemethoden.
Abb. 1.6 Überblick über diagnostische Methoden in der Lungenfunktions- und Leistungsdiagnostik, die...
Erscheint lt. Verlag | 6.10.2021 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizinische Fachgebiete ► Innere Medizin ► Pneumologie |
Schlagworte | Atemfunktionsprüfung • Blutgasanalyse • Corona-Pandemie • GLI-Normwerte • Intracutantest • Lungenfunktionsdiagnostik • Lungenfunktionsprüfungen • Lungenfunktionstest • Pandemie • Prick-Test • Sauerstoffaufnahme • Spiroergometrie • Spirometrie |
ISBN-10 | 3-13-243857-X / 313243857X |
ISBN-13 | 978-3-13-243857-6 / 9783132438576 |
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