Orthopädie und Unfallchirurgie essentials (eBook)
3127 Seiten
Thieme (Verlag)
978-3-13-243886-6 (ISBN)
1 Grundlagen
1.1 Statik und Dynamik des Bewegungsapparats
S. Gravius
Die Haltungs- und Bewegungsorgane des Menschen gliedern sich in ein passives und aktives Bewegungsorgan:
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passives Bewegungsorgan: Knochengerüst und Knochenverbindungen, im Einzelnen Binde-, Knorpel- und Knochengewebe
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aktives Bewegungsorgan: Skelettmuskulatur (quergestreiftes Muskelgewebe)
1.1.1 Bindegewebe
Bindegewebe kommt in verschiedenen Erscheinungsformen vor und macht etwa 15% des Körpergewichts aus.
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Entstehung aus undifferenzierten mesenchymalen Zellen
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Aufbau aus ortsständigen (Fibroblasten/-zyten, Chondroblasten/-zyten, Osteoblasten/-zyten) und freien Zellen (Leuko-/Lymphozyten, Makrophagen, Osteoklasten [Zellen der Immunabwehr])
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retikuläres Bindegewebe: Grundlage verschiedener Gewebe, vor allem Grundlage lymphatischer Organe
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lockeres Bindegewebe: „verformbares Füllgewebe“ in funktionell freien Räumen; bildet Grenzschichten zu Muskeln und Organen (Faszien)
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straffes Bindegewebe: Aufbau aus dicht gepackten kollagenen Fasern, bestehend aus Tropokollagenmolekülen (Kollagen Typ I)
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Bestandteil von Muskelsehnen, Gelenkbändern u.a.
1.1.2 Knorpelgewebe
Knorpelgewebe besteht aus Chondroblasten und der von Chondroblasten gebildeten extrazellulären Matrix. Erlischt die Synthesefunktion der Chondroblasten, so werden diese als Chondrozyten bezeichnet.
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Die extrazelluläre Matrix besteht aus:
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geformten Komponenten (kollagene und elastische Fasern)
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ungeformten Komponenten (Wasser, Proteoglykane und Hyaluronsäure)
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Proteoglykane sind polyanionisch und ziehen Natriumkationen an, welche wiederum Wasser binden.
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Durch wasserbindende Moleküle und deren Einbindung in ein straffes dreidimensionales Geflecht aus kollagenen Fasern resultiert die hohe Druckfestigkeit bei dynamischer Belastung.
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Dem Quellungsdruck der ungeformten Matrix steht die Zugfestigkeit der geformten Matrix gegenüber – dadurch entsteht ein pralles, festes Gewebe, das einen hydrostatischen Kraftfluss erlaubt.
Merke
Ausdifferenzierter Knorpel ist gefäß- und nervenfrei; der Stoffwechsel erfolgt über Diffusion vom gefäßhaltigen Perichondrium (= Knorpelhaut) oder beim Gelenkknorpel von der Gelenkflüssigkeit (=Synovia).
Hyaliner Knorpel
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hohe Druckfestigkeit, Vorkommen in Arealen mit hohen Druckbelastungen (u.a. Gelenkflächen, Epiphysenfugen und im knorpelig präformierten Skelett)
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Gefäßarmut begünstigt zusammen mit hohen mechanischen Belastungen degenerative Prozesse
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Aufgrund des fehlenden Perichondriums und damit der mesenchymalen Zellen, die sich zu Chondroblasten differenzieren können, besitzt der hyaline Knorpel kaum Regenerationspotenzial ( ▶ Abb. 1.1)
Aufbau der Matrix des hyalinen Knorpelgewebes.
Abb. 1.1
(Quelle: Putz R. Knorpelgewebe. In: Wirth C, Mutschler W, Kohn D et al. [Hrsg.]. Praxis der Orthopädie und Unfallchirurgie. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2013)
Faserknorpel
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Synonym: Bindegewebeknorpel
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enthält wenige Zellen und besteht überwiegend aus Kollagenfibrillen (vor allem Kollagen Typ I), besitzt kein Perichondrium
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Vorkommen überwiegend in Arealen hoher Scherbelastungen (u.a. Anulus fibrosus, Symphyse, Labrum acetabulare/glenoidale, Menisken)
Elastischer Knorpel
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zellreichstes Knorpelgewebe (hoher Anteil elastischer Fasern in der extrazellulären Matrix)
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hohe Druck- und Biegeelastizität
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Vorkommen u.a. in den Bronchien
1.1.3 Knochengewebe
Die Masse des Knochengewebes macht etwa 10% des Körpergewichts aus.
Funktion
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tragende Funktion als Bestandteil des Skeletts
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wichtigster Kalzium- und Phosphatspeicher des Körpers
Aufbau
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Knochenzellen (Osteoblasten/Osteozyten)
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extrazelluläre Matrix (ECM): 35% organische Grundsubstanz (Osteoid), bestehend aus Proteoglykanen, Glykosaminoglykanen und kollagenen Fasern (Typ I); 65% anorganische Grundsubstanz, bestehend zu 95% aus Hydroxylapatit
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Knochenzellen (Osteoblasten) bilden die extrazelluläre Matrix (ECM) zunächst als mineralfreie Grundsubstanz (Osteoid).
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Nach der Kalzifikation (sekundäre Einlagerung von Mineralkristallen (Hydroxylapatit = anorganische Grundsubstanz)) erlischt die Syntheseaktivität der Osteoblasten – sie werden nun als Osteozyten bezeichnet.
Arten von Knochengewebe
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Geflechtknochen (= Faserknorpel) bildet die erste Form der Verknöcherung. Er entsteht durch chondrale und desmale Ossifikation.
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Lamellenknochen besteht aus lamellenartig angeordneten Knochenlamellen (Breite 3–7 μm), die aufgrund der Dichtigkeit in die Substantia compacta (= Kompakta) und die Substantia spongiosa (= Spongiosa) unterteilt wird. Baueinheit des Lamellenknochens ist das Osteon (sog. Havers-System); bis zu 20 Knochenlamellen sind um einen zentralen – Blutgefäße und Nerven führenden – Kanal (Havers-Kanal) gruppiert ( ▶ Abb. 1.2).
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Die charakteristische Festigkeit des Knochengewebes beruht auf der Kombination von druckfesten Elementen (Hydroxylapatit) und zugfesten Fasern (Kollagen Typ I).
Aufbau eines Osteons.
Abb. 1.2
(Quelle: van den Berg F, Cabri J. Angewandte Physiologie 1: Das Bindegewebe des Bewegungsapparates verstehen und beeinflussen. Stuttgart: Thieme; 2003)
1.1.4 Quergestreifte Muskulatur
Das Skelettmuskelgewebe ist das am häufigsten vorkommende Gewebe im menschlichen Körper ( ▶ Abb. 1.3). Seine Masse beansprucht 40–50% des gesamten Körpergewichts.
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funktioneller Aufbau aus Muskelbündeln, die aus einer Vielzahl von Muskelfasern (=Muskelzellen) bestehen
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wesentlicher Bestandteil der Muskelfaser sind die Myofibrillen mit den kontraktilen Eiweißen Aktin und Myosin
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das Sarkomer ist die kleinste Einheit der Myofibrille
Nach dem Gehalt an Glykogen werden weiße und rote Muskelfasern unterschieden:
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weiße Muskelfasern (Typ II): schnell, anaerob aktivierbar; zahlreiches Vorkommen in Muskeln, die für schnelle Bewegungen benötigt werden (Sprinter-Muskulatur)
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rote Muskelfasern (Typ I): aerob aktivierbar; Vorkommen in Muskeln mit statischen Aufgaben (posturale Muskeln)
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Die Aktivierung der Muskelzellen erfolgt über α-Motoneurone aus dem Vorderhorn des Rückenmarks.
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Nerv und Muskelfaser werden als motorische Endplatte zusammengefasst.
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Die motorische Einheit umfasst alle vom Motoneuron innervierten Muskelfasern und das Motoneuron selbst (z.B. Handmuskeln 100–300, größere Muskeln 600–1000 Muskelfasern).
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parallelfaserige Muskulatur: Möglichkeit der starken Verkürzung durch Hintereinanderschaltung vieler Sarkomere (z.B. M. biceps brachii, M. sartorius)
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gefiederte Muskulatur: größere Anzahl aktivierbarer Fasern mit größerer Kraftentwicklung mit minimierter Verkürzungsmöglichkeit (M....
Erscheint lt. Verlag | 9.6.2021 |
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Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizinische Fachgebiete ► Chirurgie ► Unfallchirurgie / Orthopädie |
Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Orthopädie | |
Schlagworte | Extremitätenrekonstruktion • Facharzt • Facharztprüfung • Geriatrische Orthopädie • Orthopädie • Repetitorium • Unfallchirurgie • Weichteil- und Knochenläsionen • Weiterbildung |
ISBN-10 | 3-13-243886-3 / 3132438863 |
ISBN-13 | 978-3-13-243886-6 / 9783132438866 |
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