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Psychotherapeutische Arbeit mit trans* Personen (eBook)

Handbuch für die Gesundheitsversorgung
eBook Download: EPUB
2021 | 2. Auflage
357 Seiten
Ernst Reinhardt Verlag
978-3-497-61486-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Psychotherapeutische Arbeit mit trans* Personen -  Mari Günther,  Kirsten Teren,  Gisela Wolf
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Wie können trans* Personen vor, während und nach ihrer Transition respektvoll und kompetent im Gesundheitssystem beraten und therapeutisch begleitet werden? Durch die Vielfalt von Genderidentitäten, -ausdrucksweisen und Erfahrungen der Behandlungssuchenden treffen TherapeutInnen auf ein großes Spektrum von Bedürfnissen, denen sie nur unvoreingenommen gerecht werden können. Dieses Buch hilft bei diesen Anforderungen, indem es die psychosozialen und medizinischen Grundlagen darstellt. LeserInnen bekommen nicht nur einen Überblick über die aktuellen Versorgungsstandards und -möglichkeiten. Das Buch rückt auch die Perspektiven unterschiedlichster Trans*Lebensweisen in den Vordergrund, sodass ein Dialog auf Augenhöhe möglich wird.

Dipl.-Gemeindepäd. Mari Günther, arbeitet als Systemische Therapeutin in eigener Praxis und in der Inter* und Trans*Beratung QUEER LEBEN. Dr. Kirsten Teren und Dr. Gisela Wolf sind als Psychologische Psychotherapeut_innen in freier Praxis tätig. Die drei Autor_innen (alle Berlin) verbindet neben ihrer praktischen Arbeit die Zugehörigkeit zu queeren Communitys.

Dipl.-Gemeindepäd. Mari Günther, arbeitet als Systemische Therapeutin in eigener Praxis und in der Inter* und Trans*Beratung QUEER LEBEN. Dr. Kirsten Teren und Dr. Gisela Wolf sind als Psychologische Psychotherapeut_innen in freier Praxis tätig. Die drei Autor_innen (alle Berlin) verbindet neben ihrer praktischen Arbeit die Zugehörigkeit zu queeren Communitys.

1Einleitung

Das Thema „Trans*“ beschäftigt uns alle drei seit vielen Jahren persönlich und beruflich. Obwohl dem Thema „Trans*“ in Psychotherapie und Beratung eine zunehmende Relevanz und Sichtbarkeit zukommt, liegt ein deutschsprachiges Kompendium bislang nicht vor. Auf Initiative des Ernst Reinhardt Verlags haben wir uns deshalb zusammengefunden, um dieses Buch zur psychotherapeutischen und beratenden Arbeit mit trans* Personen zu schreiben. Hierbei sind wir aus unterschiedlichen Positionen aufeinander zugegangen. Das vorliegende Buch stellt das gemeinschaftlich gestaltete Resultat sehr diverser Erfahrungen dar. Manche Abschnitte haben wir intensiv und lange diskutiert, bis wir uns schließlich alle darin wiederfanden, wodurch eine Vielschichtigkeit entstanden ist, die mehr umfasst, als jede* Einzelne von uns hätte zu Ende denken und formulieren können.

Mari Günther: Zu Beginn meiner Therapieausbildung vor 15 Jahren wurde genau geprüft, ob ich mit meiner trans*weiblichen Geschlechtsidentität für eine solche Ausbildung geeignet sei. Die Unterstellung, ob ich denn normal oder gesund genug dafür sei, schwang mit. Auch aus dieser Erfahrung heraus betrachte ich die Profession der Psychotherapie mit zwei verschiedenen Augen. Mit dem einen sehe ich die lange Geschichte der Verachtung und Verletzung von trans* Personen, ohne dass es bis heute ein deutliches Schuldeingeständnis der Akteur_innen gibt. Mit dem anderen Auge sehe ich, wie trans* Personen von guter Psychotherapie profitieren können. Die vielen therapeutisch arbeitenden trans* Personen möchte ich deshalb ermuntern und stärken, ihre biografische Kompetenz selbstverständlich in den Dienst ihrer Profession zu stellen. Mein im Gesundheitssystem häufig noch als Problem betrachtetes Trans*sein erlebe ich als eine ziemlich schöne Lösung. Ich arbeite seit 2008 als Systemische Therapeutin in eigener Praxis und in der Inter* und Trans* Beratung QUEER LEBEN Berlin.

Dr. phil. Kirsten Teren: In meiner Jugend sowie im jungen Erwachsensein bin ich sowohl aufgrund meines gendernonkonformen Verhaltens und Äußeren als auch hinsichtlich meiner sexuellen Orientierung mit dem Thema Trans* wiederkehrend konfrontiert worden. Seit Jahrzehnten lebe ich in queeren Lebenswelten. Die fortbestehenden Diskriminierungen gegenüber gendernonkonformen Erlebens- und Verhaltensweisen sowie gegen trans* Personen durch pathologisierende Versorgungsstrukturen nähren meine tägliche Motivation und Leidenschaft. Nach langjähriger Kliniktätigkeit arbeite ich seit 2012 in eigener Praxis in Berlin als Psychologische Psychotherapeutin mit den Schwerpunkten Geschlechtsidentität, Schmerzpsychotherapie, Psychoonkologie und bin als Gutachterin im Rahmen des „Transsexuellengesetzes“ (TSG) in verschiedenen Bundesländern tätig.

Dr. phil. Gisela Wolf: Auch ich bin in das Thema mit einer gendernonkonformen Kindheit und Jugend gestartet. Später kam eine nicht-heterosexuelle Fähigkeit, mich zu verlieben und zu verbinden, hinzu. Leider war mein Umfeld der Ansicht, mich deswegen als Jugendliche dem Gesundheitssystem anvertrauen zu müssen, und ich bin daraus ziemlich verwundet wieder herausgekommen. Aus diesen Erfahrungen kommt mein Entschluss, mich dafür zu engagieren, dass sich das Gesundheitssystem verändert, um queere Menschen gut zu versorgen. Meine Orte der aktivistischen, beratenden und später auch therapeutischen Arbeit mit trans* Personen waren zunächst die lesbisch-schwule-bisexuelle-trans*-inter*-queere (lsbt*i*q) Community sowie das Lesbentelefon in Freiburg. Seit 2014 biete ich Psychotherapie für queere Menschen in Berlin an und schreibe auch Gutachten im Rahmen des TSG. Gleichzeitig hoffe ich, dass das TSG bald so verändert wird, dass eine Vornamens- und Personenstandsänderung ohne Begutachtungszwang möglich wird.

Uns alle drei verbindet die Zugehörigkeit zu queeren Communitys, aus denen wir sehr viel Rückhalt mitgenommen haben. Unsere Kontakte zu queeren und trans* Personen und unterstützenden Freund_innen jeglichen Geschlechts waren entscheidend dafür, uns dorthin zu bringen, wo wir jetzt thematisch stehen. Wir möchten uns deshalb ganz besonders bedanken bei unseren Klient_innen, die das Wagnis eingegangen sind, der Zusammenarbeit mit uns zu vertrauen und uns ihre Erfahrungen zu erzählen. Ausdrücklich danken möchten wir Ilka Christin Weiss, die uns im Vertrauen in dieses Buch ihren Erfahrungsbericht für das Kapitel 5.4 „Ressourcen und Resilienzen“ geschenkt hat.

Zum Entstehen des Buches ganz wesentlich beigetragen haben unser Lektor Karl Teren, Dustin Poßin und Ulrike Landersdorfer vom Ernst Reinhardt Verlag, Karin Wolski durch das Bereitstellen ihres Wissens aus der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Ganz herzlich bedanken möchten wir uns auch bei unseren Testleser_innen Tjona Kristina Sommer, Dr. med. Andrea Bauder, Dr. med. Christoph Schuler und Uwe Knape, die manches Satzungetüm konstruktiv gezähmt und das Buch fachlich bereichert haben.

Unsere Arbeit in dem Themenfeld bewegt und verändert uns täglich, ist spannend, bereichernd, macht Freude und produziert in uns auch eine Menge Ärger über Versorgungshindernisse.

Ziel beim Schreiben dieses Buches war, durch Informationen und Anregungen zur Selbstreflexion das Gesundheitssystem zu einem sicheren Ort für trans* Personen zu machen. Wir wollen, dass trans* Personen die gesundheitliche Versorgung, die sie benötigen, bestmöglich, fachkompetent und diskriminierungsfrei erhalten. Mit der aktuellen Gesundheitsversorgung von trans* Personen können wir insgesamt nicht zufrieden sein: Immer noch erleben viele trans* und queere Personen dort auf der Suche nach Versorgung Diskriminierungen, Verachtung, Abwehr und Verweigerung notwendiger Behandlungen.

Die professionelle Arbeit mit trans* Personen im Gesundheitssystem berührt immer wieder ethische und menschenrechtliche Fragestellungen (Fraser 2015), insbesondere die Themen der Selbstbestimmung und der Würde von behandlungssuchenden trans* Personen. Als Professionelle im Gesundheitssystem sind wir aufgerufen, sehr sorgsam mit der Macht umzugehen, die uns durch unsere Rolle in der Versorgung anvertraut wird. Wir wünschen uns, dass behandlungssuchenden trans* Personen durchgängig in der Gesundheitsversorgung so begegnet wird, dass diese ihr Recht auf Selbstbestimmung in allen Lebensbezügen und insbesondere in Bezug auf ihren Körper wahrnehmen können.

An der gesundheitlichen Versorgung von trans* Personen sind wegen der Verbindung medizinischer und psychosozialer Bedarfe im Transitionsprozess zahlreiche Professionen beteiligt. Kolleg_innen unterschiedlicher Professionen und unterschiedlichen Geschlechts treffen hier auf Behandlungssuchende mit einer Vielfalt von Genderidentitäten und Genderausdrucksweisen sowie mit einer Vielfalt von Erfahrungen. Trans* Personen benötigen eine trans*respektvoll und trans*kompetent gestaltete Gesundheitsversorgung. Die Qualität der Versorgung hängt unter anderem davon ab, wie gut die Gesundheitsprofessionellen das Arbeitsfeld der jeweils anderen kennen und inwieweit die Versorger_innen bereit sind, miteinander zu kommunizieren und zu kooperieren.

In diesem Buch sprechen wir schwerpunktmäßig Psychotherapeut_innen und psychosoziale Berater_innen an. Wenn wir von Behandler_innen schreiben, meinen wir alle, die am Behandlungsprozess von trans* Personen beteiligt sind. Zum Teil gibt es im Themenfeld Überschneidungen der Arbeitsinhalte der unterschiedlichen Professionen.

Im Netz der gesundheitsbezogenen Versorgungsangebote, die trans* Personen zur Verfügung stehen, befindet sich insbesondere die Psychotherapie in einem Spannungsfeld, das von uns als Therapeut_innen eine ethische Positionierung erfordert. Viele trans* Personen nutzen Psychotherapie im Verlauf ihres Lebens, um einen Umgang mit Belastungen durch Diskriminierungen, Vernachlässigungen und jahrzehntelange Kommunikationsbeschränkungen innerhalb einer Gesellschaft, die trans* Lebensweisen nicht respektiert, zu erarbeiten. So leiden trans* Personen infolge gesellschaftlicher Stigmatisierungsprozesse gerade unter den psychischen Belastungssymptomen, die wir auch von anderen Menschen kennen, die über eine lange Zeit von gesellschaftlicher Marginalisierung betroffen sind. In diesen Fällen kann Psychotherapie, wenn sie kontextsensibel durchgeführt wird und die Verantwortlichkeiten für die Belastungen klar benennt, hilfreich und indiziert sein. Psychotherapeutische Angebote erweisen sich jedoch als janusköpfig, wenn sie als Zwangsvoraussetzung für die Bewilligung von in der Transition benötigten medizinischen Behandlungsmaßnahmen eingesetzt werden. Dass derzeitig in den aktualisierten Richtlinien des Spitzenverbandes der Medizinischen Dienste (MDS 2020) Psychotherapie immer noch als unvermeidbare Bedingung für die Kostenübernahme für Transitionsbehandlungen beschrieben wird, weist der Psychotherapie in der Versorgung von trans* Personen eine strukturelle Position zu, in der sie von trans* Personen als nicht unterstützend und teilweise auch als schädlich erlebt werden kann. Diese gesellschaftliche Zurichtung von Psychotherapie diskreditiert ihre Rolle in der gesundheitlichen Versorgung von trans* Personen. Wir alle sollten ein Interesse daran haben, dass sich dieser Missstand möglichst bald grundlegend zum Besseren ändert, und wir sollten auch etwas dafür tun. Denn die Aufgaben von Gesundheitsprofessionellen im Themenfeld sehen wir ausdrücklich nicht nur darin, eine gute und fachgerechte Versorgung für behandlungssuchende trans* Personen anzubieten, sondern auch darin, sich für eine Veränderung der diskriminierenden Bedingungen zu engagieren.

Bezogen auf die Inhalte empfiehlt es sich, das Themenfeld, wie Hale (2009) es treffend...

Erscheint lt. Verlag 26.5.2021
Vorwort Gernot Langs
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte divers • Gender • Genderidentität • Geschlecht • Geschlechtsdysphorie • Gesundheitssystem • Handbuch • Identität • Medizin • Psychotherapie • Therapeut • Trans • Transidentität • Transition • Transpersonalität • Transsexualität • Versorgung
ISBN-10 3-497-61486-6 / 3497614866
ISBN-13 978-3-497-61486-8 / 9783497614868
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