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Muskeln, Faszien und Schmerz (eBook)

Wissenschaftliche Grundlagen zu Funktion, Dysfunktion und Schmerzen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
184 Seiten
Thieme (Verlag)
978-3-13-242663-4 (ISBN)

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Muskeln, Faszien und Schmerz - Siegfried Mense
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<p><strong>Das komplexe myofasziale System</strong></p> <p><em>Prof. Dr. Siegfried Mense</em> ist Neuro-Anatom und einer der bekanntesten Forscher im Bereich Muskulatur, Faszien und Schmerz. In diesem Buch gewährt er Ihnen einen tiefgreifenden, wissenschaftlich fundierten Einblick: Lernen Sie mehr über die Anatomie, Physiologie und Interaktion dieses komplexen Systems!</p> <p>Der Autor beschreibt unter anderem Aufbau und Funktionsweise von Muskulatur, Faszien und verschiedenen Nervenfasern. Er liefert neuroanatomische Grundlagen, um verschiedene Schmerzarten und Schmerzmechanismen verstehen zu können. Muskelphysiologie und Triggerpunkte sind weitere Themen, die eingehend betrachtet werden.</p> <p>Dafür beschäftigt sich der Experte u.a. mit folgenden Fragen:</p> <ul> <li>Wie unterscheiden sich verschiedene Schmerzarten voneinander?</li> <li>Was hat es mit myofaszialen Triggerpunkten auf sich?</li> <li>Welche Funktionen haben Gliazellen?</li> <li>Wie gut sind Faszien innerviert?</li> <li>Können verschiedene Faszientherapien überhaupt funktionieren?</li> </ul> <p>Erhalten Sie einen umfassenden Überblick über das myofasziale System - weg von der Expertenmeinung, hin zu fundiertem Wissen.</p>

3 Funktionelle Eigenschaften des Muskels


In diesem Kapitel werden der grundsätzliche Aufbau, die Grundlagen der Auslösung von Kontraktionen und die mechanischen Kontraktionsformen des quergestreiften Muskelgewebes behandelt. Der Ausdruck „quergestreift“ rührt vom Aussehen der Muskelfasern (=Muskelzellen) unter dem Mikroskop her und grenzt die quergestreifte Skelettmuskulatur von der glatten Muskulatur der Eingeweide ab.

3.1 Aufbau des Muskels


Wenn es sich um einen Muskel handelt, der mit dem Skelett verbunden ist, stellt meist eine Sehne diese Verbindung her ( ▶ Abb. 3.1). Der Gesamtmuskel besitzt eine Faszie aus straffem Bindegewebe als Umhüllung; ein zwischen Muskel und Faszie gelegenes Epimysium besteht aus Bindegewebe, das im Vergleich zur Faszie lockerer gebaut ist. Vom Epimysium gehen Bindegewebsstränge in die Tiefe, die im Muskel Sekundärbündel abgrenzen und so das Perimysium externum bilden. Innerhalb der Sekundärbündel liegen Primärbündel, die von Perimysium internum umgeben sind. In den Primärbündeln befinden sich die eigentlichen Muskelzellen, von denen jede von Endomysium umhüllt ist. Eine Muskelzelle hat einen Durchmesser von 10–100 µm (0,01–0,1 mm).

Abb. 3.1  Aufbau eines Skelettmuskels

a Skelettmuskel, quer angeschnitten.

b Ausschnittsvergrößerungen im Querschnitt.

c Ausschnittvergrößerung im Längsschnitt.

d Darstellung einer einzelnen Muskelfaser (= Muskelzelle).

e Darstellung einer Myofibrille.

(Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2018)

Die Muskelzellen enthalten als kontraktile Elemente die Myofibrillen (je ca. 1µm Durchmesser), von denen jede aus einer Kette von Sarkomeren besteht. Das Sarkomer ist die kleinste funktionelle Einheit des Muskels, es enthält die Myofilamente Aktin und Myosin ( ▶ Abb. 3.2b) und hat eine Länge von ca. 2 µm. Die A-Streifen sind Abschnitte des Sarkomers, die vorwiegend Myosin enthalten, die I-Streifen enthalten dagegen Aktin. Innerhalb des A-Streifens befindet sich eine Aufhellung, der H-(Hensen-)Streifen. Die Anordnung der Aktin- und Myosin-Filamente benachbarter Muskelzellen ist so regelmäßig, dass sich für die gesamte Muskelzelle – die aus vielen nebeneinander liegenden Myofibrillen besteht – das Muster einer Querstreifung ergibt ( ▶ Abb. 3.2a). Die Sarkomere werden von Z-Streifen (oder Z-Scheiben) begrenzt, an denen die Aktin-Filamente befestigt sind. Die Myosin-Filamente werden innerhalb des Sarkomers vom elastischen Titin – dem größten Eiweißmolekül des Körpers – fixiert. Einige Autoren geben an, dass das Titin von einem Z-Streifen zum nächsten reicht. Die Aufgabe des Titins besteht darin, die kontraktilen Filamente nach einer Kontraktion wieder in die normale Ausgangslage zu bringen.

Abb. 3.2  Sarkomer auf verschiedenen Ebenen.

Abb. 3.2a Lichtmikroskopische Struktur.

(Aumüller G. Duale Reihe Anatomie. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2020)

Abb. 3.2b Ultrastruktur.

(Aumüller G. Duale Reihe Anatomie. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2020)

Abb. 3.2c Molekülstruktur.

(Aumüller G. Duale Reihe Anatomie. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2020)

Die eigentliche Zellmembran ist das Sarkolemm, dem sich außen eine weitere Schicht anlagert, nämlich die Basalmembran (oder Basallamina, ▶ Abb. 3.3). Diese Tatsache ist wichtig, denn zwischen beiden Membranen befinden sich Satellitenzellen, aus denen bei Verletzungen oder Muskelfaserrissen neue Muskelfasern gebildet werden können. Stabilisiert wird die Zellmembran von innen durch Dystrophin-Moleküle, die etwa in Höhe der Z-Streifen verlaufen. Bei der genetisch bedingten Duchenne-Erkrankung liegt eine Störung des Dystrophins vor, eine Muskeldystrophie, die meist schon in jungen Jahren zur Zerstörung der gesamten Muskulatur führt.

Abb. 3.3  Vergrößerte Darstellung einer neuromotorischen Endplatte. Die gelbe Struktur (Axonende) ist das äußerste Ende es Axons eines α-Motoneurons. Mitochondrien sind intrazelluläre Zellbestandteile, die ATP bilden und an die Zelle abgeben. ATP ist ein energiereiches Molekül, aus dem die Zelle Energie bezieht.

3.2 Mechanismus der Kontraktion und motorische Einheit


Die Myosin-Filamente besitzen sog. Köpfe, mit denen sie sich an die Aktin-Filamente heften können, wenn die Ca++-Konzentration in der Muskelzelle hoch genug ist. Eine entscheidende Eigenschaft des Myosins für die Kontraktion besteht darin, dass der Myosinhals – der den Kopf trägt – abknicken kann. Durch ständiges Anheften an Aktin, Abknicken, Lösen der Verbindung mit Aktin, wieder Anheften, Abknicken usw. ergibt sich eine „rudernde“ Bewegung der Myosinköpfe, mit der die Aktin-Filamente zwischen die Myosinfilamente gezogen werden ( ▶ Abb. 3.2c). Dieser Vorgang wird als Filament-Gleittheorie der Muskelkontraktion ( ▶ [53]) oder Querbrückentheorie bezeichnet. Im Endeffekt gleiten demnach die Filamente ineinander, ohne ihre Länge zu verändern. Kürzer wird bei der Kontraktion das Sarkomer als Ganzes und die I-Streifen werden schmaler. An den verschmälerten I-Streifen kann man im Mikroskop einen kontrahierten Muskel von einem erschlafften unterscheiden.

Um eine Kontraktion auszulösen, müssen α-Motoneurone im Rückenmark aktiv werden und APs über die motorischen Axone zur neuromuskulären Endplatte laufen. Jedes α-Motoaxon verzweigt sich kurz vor Erreichen des Muskels und bildet mehrere Endplatten aus. Auf diese Weise versorgt jedes α-Motoneuron mehrere Muskelfasern. Alle Muskelfasern, die von einem α-Motoneuron versorgt werden, bilden zusammen mit dem Motoneuron eine motorische Einheit. Über die Anzahl der erregten motorischen Einheiten kann jeder Muskel seine Kraft abstufen. Je größer die Zahl der aktivierten motorischen Einheiten, desto größer die entwickelte Kraft. Dabei ist die Zahl der Muskelfasern pro motorischer Einheit sehr unterschiedlich ( ▶ Abb. 3.4b):

  • Der M. quadriceps femoris und einige Bauchmuskeln besitzen bis zu 2000 Muskelfasern pro motorischer Einheit. Da diese Muskeln zusätzlich nur aus einer geringen Zahl von motorischen Einheiten pro Querschnittfläche bestehen, können sie ihre Kraft nur grob abstufen (Muskeln der Grobmotorik).

  • Äußere Augenmuskeln (die den Augapfel bewegen) und die kleinen Handmuskeln besitzen dagegen nur ca. 100 Muskelfasern pro motorischer Einheit. Die Kraft kann sehr fein abgestuft werden (Muskeln der Feinmotorik).

Abb. 3.4  Motorische Einheit.

Abb. 3.4a Darstellung von motorischen Einheiten. Eine motorische Einheit besteht aus einem Motoneuron mit allen vom ihm versorgten Muskelfasern. Einheit 1 versorgt drei Muskelfasern, Einheit 2 zwei Muskelfasern.

(Aumüller G. Duale Reihe Anatomie. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2020)

Abb. 3.4b Darstellung der synaptischen Ansteuerung der Motoneurone im Rückenmark. Die absteigenden Fasern der Pyramidenbahn kontaktieren die Motoneurone nicht direkt, sondern über Interneurone (Schaltneurone). Teilabbildung b vermittelt insofern einen falschen Eindruck, als die von einem Motoneuron innervierten Muskelfasern im Muskel nicht direkt nebeneinander liegen, sondern über den Muskelquerschnitt weit verstreut sind.

(Aumüller G. Duale Reihe Anatomie. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2020)

Die zu einer motorischen Einheit gehörenden Muskelfasern liegen im Muskel nicht als kompaktes Bündel beieinander, sondern sind über einen größeren Bereich des Muskelquerschnitts verstreut.

Die Endplatte funktioniert grundsätzlich wie die in Kapitel ▶ 2 beschriebenen Synapsen: Im präsynaptischen Teil der Endplatte ist Acetylcholin (ACh) als Transmitter gespeichert. Sobald APs in die Endplatte einlaufen, wird ACh in den synaptischen Spalt ausgeschüttet. Das ACh diffundiert zu den ACh-Rezeptormolekülen in der postsynaptischen Membran ( ▶ Abb. 3.3) und löst hier ein Endplattenpotenzial aus. Die ACh-Rezeptoren sind Ionenkanäle, die sich nach Bindung von ACh öffnen und dann für Na+und Ca++ durchgängig sind. Das Endplattenpotenzial ist eine Depolarisation der Muskelzellmembran ( ▶ [33]). Es entspricht dem EPSP neuronaler Synapsen und ist praktisch immer überschwellig. Eventuell fördert die stark gefaltete postsynaptische...

Erscheint lt. Verlag 24.3.2021
Reihe/Serie Physiofachbuch
Physiofachbuch
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Gesundheitsfachberufe
Schlagworte Bewegungsapparat • Dysfunktoion • Karpaltunnelsyndrom • Mense • Muskelphysiologie • Rückenschmerz • Schmerz • Schmerztherapie • Schmerzursachen • Triggerpunkte
ISBN-10 3-13-242663-6 / 3132426636
ISBN-13 978-3-13-242663-4 / 9783132426634
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