Duale Reihe Physiologie (eBook)
Thieme (Verlag)
978-3-13-243864-4 (ISBN)
1 Grundlagen der Zellphysiologie
Markus Hoth, Jens Rettig
1.1 Einführung
Wie funktioniert der menschliche Körper? Das ist eine der wichtigsten Fragen, die in den ersten zwei Jahren des Studiums der Humanmedizin beantwortet werden sollen. Anatomie, Biochemie und Physiologie bilden den Schwerpunkt, um später klinische Zusammenhänge verstehen zu können. Vereinfacht könnte man sagen, dass die Anatomie die „Hardware“ des menschlichen Körpers beschreibt, wohingegen Biochemie und Physiologie die „Software“ dazu liefern.
Definition
Unter Physiologie versteht man die Lehre von den natürlichen Lebensvorgängen.
Anatomie, Biochemie und Physiologie müssen angehende Ärztinnen und Ärzte verstanden haben, damit sie später veränderte (krankhafte, pathophysiologische) Vorgänge im menschlichen Körper erkennen, verstehen und behandeln können.
In diesem einführenden Kapitel werden Grundlagen behandelt, die in vielen Bereichen der Physiologie von großer Wichtigkeit sind. Dazu gehören:
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Stoffmenge und Konzentration (s. u.)
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▶ Stofftransport, z.B. aktive und passive Transportformen, Transport über Zellverbände
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▶ Zellorganisation, Zytoskelett, Zellbeweglichkeit und intrazellulärer Transport.
Einige Abschnitte sind sicherlich relativ „trocken“, aber dennoch sehr relevant für das Verständnis der nachfolgenden Kapitel. So wird beispielsweise anhand der Nierenfunktion sofort ersichtlich, warum es sehr wichtig ist, die Konzentrationen (s. u.) verschiedener Substanzen in den unterschiedlichen „Bereichen“ des Körpers zu kennen: Harnpflichtige Substanzen sollen effizient ausgeschieden werden, ohne dass der Körper zu viel Wasser verliert. Aus diesem Grund müssen diese Substanzen im Endharn in hoher Konzentration vorliegen. Dazu ist es notwendig, dass dem Primärharn durch ▶ Osmose Wasser entzogen wird. Das Wasser wird dabei durch Wasserkanäle, sog. ▶ Aquaporine, transportiert, die in die Plasmamembran der Epithelzellen integriert sind. Dieser einfache lebensnotwendige Prozess veranschaulicht zwei zentrale Themen des ersten Kapitels: „Konzentration“ und „Transport“.
1.2 Stoffmenge und Konzentration
Grundlagen Um die Konzentration eines Stoffes anzugeben, benötigt man ein Maß für seine Menge:
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Masse [kg]
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Volumen [m3] oder [l]
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Stoffmenge [mol].
Grundlagen Die unterschiedliche Konzentration eines Ions oder Moleküls in Zellkompartimenten ist Grundvoraussetzung für alle zellulären Prozesse. Um die Konzentration eines Moleküls anzugeben, benötigt man ein Maß für seine Menge. Diese kann man als Masse [kg], Stoffmenge [mol] oder Volumen [m3] bzw. [l] angeben, wobei ein Liter einem Volumen von 10·10·10 cm3 entspricht.
1 mol entspricht 6,022·1023 Teilchen (Avogadro-Konstante).
Aus der relativen Atom- oder Molekülmasse lässt sich ableiten, wie viel Gramm einer Substanz nötig sind, um eine Lösung bestimmter Konzentration herzustellen.
1 mol enthält 6,022·1023 Teilchen (Avogadro-Konstante). Dies entspricht der Anzahl von 12C-Atomen in 12 g reinem Kohlenstoff. Die atomare Masseneinheit ist definiert als 1/12 eines Kohlenstoffatoms 12C. Die relative Atom- oder Molekülmasse eines Atoms oder Moleküls wird auf die Masseneinheit bezogen, d.h., reines 12C hat die relative Atommasse 12. Aus der relativen Atom- oder Molekülmasse (Atom- oder Molekülgewichtstabelle) lässt sich demnach ableiten, wie viel Gramm einer Substanz man benötigt, um eine bestimmte Konzentration dieser Substanz in einem Lösungsmittel herzustellen.
Beispiel Bei einer relativen Molekülmasse von 58,44 muss man 58,44 g NaCl in einem Liter H2O lösen, um eine Konzentration von 1 mol/l zu bekommen.
Beispiel Reines NaCl hat eine relative Molekülmasse von 58,44. Dementsprechend wiegt 1 mol NaCl 58,44 g. Folglich muss man 58,44 g NaCl in einem Liter H2O lösen, um eine NaCl-Lösung der Konzentration 1 mol/l zu bekommen.
Definition
Die Konzentration eines Stoffes kann man als
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molare Konzentration in mol/l = M oder
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molale Konzentration in mol/kg angeben.
Die molare Konzentration bezieht sich auf das Volumen der Gesamtlösung, während sich die molale Konzentration auf die Masse des Lösungsmittels bezieht.
Die molare Konzentration wird aus praktischen Gründen in der Medizin wesentlich häufiger benutzt.
Die molale Konzentration hat dabei den Vorteil, dass die Masse von Lösungsmitteln konstanter gegenüber Temperaturschwankungen oder anderen äußeren Parametern ist als deren Volumen. Die molare Konzentration wird aus rein praktischen Gründen in der Medizin jedoch wesentlich häufiger benutzt.
Aktivität Durch die in höher konzentrierten Lösungen wirkenden Anziehungskräfte können sich nicht mehr alle Teilchen völlig unabhängig voneinander bewegen. Daher ist die wirksame Konzentration/Aktivität A kleiner als die wirkliche Konzentration c:
Aktivität In höher konzentrierten Lösungen wirken Anziehungskräfte zwischen den gelösten Ionen und in geringerem Maß auch zwischen anderen gelösten Teilchen. Dadurch können sich nicht mehr alle Teilchen völlig unabhängig voneinander bewegen, wie in einer idealen Lösung angenommen. Die Anziehungskräfte bewirken, dass weniger gelöste Teilchen frei verschiebbar sind und somit die wirksame Konzentration (Aktivität) kleiner ist als die wirkliche Konzentration. Die Aktivität A ergibt sich aus dem Produkt von Konzentration c und Aktivitätskoeffizient f:
Der Aktivitätskoeffizient f ist eine komplexe Funktion der sog. Ionenstärke I.
Der Aktivitätskoeffizient f ist eine komplexe Funktion der sog. Ionenstärke I.
pH-Wert Die Konzentration freier Wasserstoffionen ([H+]) variiert in der Medizin innerhalb vieler Zehnerpotenzen. Daher gibt man sie als negativen dekadischen Logarithmus von [H+] in Form des pH-Werts an:
pH-Wert Die Konzentration freier Wasserstoffionen ([H+]) hat eine besondere Bedeutung für die Medizin, da die Eigenschaften von Proteinen stark von der sie umgebenden H+-Ionenkonzentration abhängig sind. Da sie sich außerdem um viele Zehnerpotenzen ändern kann, wird die H+-Ionenkonzentration als negativer dekadischer Logarithmus von [H+] als pH-Wert angegeben. Es gilt:
Beispielsweise kann im Magen ein pH von 1 vorherrschen und würde demnach eine H+-Ionenkonzentration von 100 mM bedeuten, während der pH des Blutes mit 7,4 einer H+-Ionenkonzentration von 39,8 nM, also 39,810– 9 M, entspricht.
Bei pH-Werten im Blut von < 7,36 spricht man bereits von einer Azidose, bei pH-Werten > 7,44 von einer ▶ Alkalose.
Im Blut wird der pH durch die Puffersysteme CO2/HCO3– und Proteine (insbesondere Hämoglobin) in sehr engen Grenzen konstant gehalten. Bei pH-Werten unter 7,36 spricht man bereits von einer Azidose, bei pH-Werten über 7,44 von einer ▶ Alkalose. Im Urin herrscht normalerweise ein pH-Wert von 4,5–8,0 ( ▶ Abb. 1.1).
Referenzskala für Urinteststreifen („U-Stix“) und ihre diagnostische Bedeutung
Abb. 1.1
(Abb: aus Füeßl und Middeke. Duale Reihe Anamnese und...
Erscheint lt. Verlag | 10.2.2021 |
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Co-Autor | Jan Behrends, Josef Bischofberger, Rainer Deutzmann, Heimo Ehmke, Stephan Frings |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Studium ► 1. Studienabschnitt (Vorklinik) ► Physiologie |
Schlagworte | 1. ÄP • Duale Reihe • Lehrbuch • Physikum • Physiologie • Vorklinik |
ISBN-10 | 3-13-243864-2 / 3132438642 |
ISBN-13 | 978-3-13-243864-4 / 9783132438644 |
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Größe: 47,1 MB
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