Funktionelles Faszientraining in der Physiotherapie (eBook)
Thieme (Verlag)
978-3-13-242503-3 (ISBN)
1 Das Fasziensystem – ein Netzwerk
Beim Fasziensystem handelt es sich um ein kontinuierliches bindegewebiges Spannungsnetzwerk, das unseren Körper durchzieht und alle Strukturen – Organe und einzelne Bauteile wie Muskeln, Knochen oder Nerven – miteinander verbindet. So gesehen kann das Fasziensystem auch als „missing link“ bezeichnet werden, das zahlreiche funktionelle und strukturelle Interaktionen der Organe im therapeutischen Kontext erklären kann sowie bei Organdysfunktionen zur Aufklärung dieser Phänomene beitragen kann. Das Fasziensystem stellt mit seiner Struktur und seinen vielfältigen Funktionen eine kontinuierliche Verbindung zwischen den Organen, Nerven, Blutgefäßen, den Knochen und den Muskeln her und ist somit sowohl mechanisch als auch sensomotorisch von großer Bedeutung für den Bewegungsapparat, für die durchgeführten Bewegungen und die dabei eventuell auftretenden Störungen (Dysfunktionen, Trauma).
Faszien sind anatomisch gesehen Weichgewebe und stehen synonym für die Klassifikation der Bindegewebe. Das bindegewebige Weichgewebe des Stütz- und Bewegungsapparats kann in sog. Gewebemembranen und in lokale Verdichtungen eingeteilt werden. Zu den Gewebemembranen gehören u.a. Septen, Retinakula, Aponeurosen, Gelenkkapseln und Organhüllen. Bei den lokalen Verdichtungen finden sich v.a. Sehnen und Ligamente. Des Weiteren gehören auch Strukturen wie die Dura mater, das Periost, der Anulus fibrosus der diskalen Strukturen, das neurale Hüllgewebe oder das bronchiale Bindegewebe zum Fasziensystem ( ▶ Tab. 1.1). Das heißt, bei diesen Strukturen handelt es sich genau genommen um Fasziengewebe. Bindegewebe kann dabei in verschiedene Klassifikationen eingeteilt werden. Danach richten sich auch weitgehend die Eigenschaften und Funktionen des Gewebes.
Tab. 1.1 Darstellung der Bindegewebearten. Straffes Bindegewebe | Elastisches Bindegewebe | Lockeres Bindegewebe |
Funktionen |
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Aufbau |
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Beispiel |
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Um die Ausmaße und die Dimensionen des Fasziensystems zu veranschaulichen, bietet sich an dieser Stelle ein kleiner Ausflug in die Anatomie an. Betrachtet man andere Systeme wie z.B. das Skelettsystem ( ▶ Abb. 1.1), das Muskelsystem ( ▶ Abb. 1.3) oder das Nervensystem ( ▶ Abb. 1.5) und deren Kennzahlen, erscheint das Fasziensystem und seine Verflechtungen neuartig und eher flächig.
Das Skelettsystem Ein paar Kennzahlen zum Skelettsystem ( ▶ Abb. 1.1):
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Gesamtzahl Knochen: 215
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Anteil der Knochen am Körpergewicht: 10%
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kleinster Knochen: Steigbügel im Mittelohr (2,6–3,4 mm)
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größter Knochen: Oberschenkelknochen (46cm), Tragfähigkeit 1,65t
Abb. 1.1 Das menschliche Skelettsystem von ventral.
Skelett-, Muskel- und Nervensystem sind ihrem Aufbau und ihren Ausmaßen nach, als große Körpersysteme zu bezeichnen, die je einen großen Anteil am menschlichen Körper ausmachen. Wenn nun die einzelnen Bausteine dieser großen Systeme betrachtet werden, vor dem Hintergrund dass jeder dieser Bausteine eine Hüllstruktur besitzt, können die Ausmaße des Fasziensystems erahnt werden. Jeder Knochen hat eine Hülle: das Periost ( ▶ Abb. 1.2). Dieses Periost ist Teil des Fasziensystems.
Abb. 1.2 Periost.
Das Muskelsystem Ein paar Kennzahlen zum Muskelsystem ( ▶ Abb. 1.3):
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Anzahl aller Muskeln: 640
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Skelettmuskeln: 400
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Anteil der Muskeln am Körpergewicht: 40–50%
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beim Lachen beteiligt: 15
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beim Stirnrunzeln beteiligt: 43
Abb. 1.3 Das menschliche Muskelsystem.
Jeder Muskel besteht aus einer Vielzahl von Muskelfaserbündeln – jedes Faserbündel besteht aus einzelnen Muskelfasern ( ▶ Abb. 1.4). Jede Muskelfaser hat eine eigene Hülle, das Endomysium. Jedes Faserbündel wird vom Perimysium umschlossen und die Gesamtheit aller Faserbündel in einem Muskel wird vom sog. Epimysium zusammengehalten. Um dieses Epimysium liegt noch eine Muskelfaszie. Diese einzelnen Hüllschichten am Muskel sorgen für eine optimale Beweglichkeit der einzelnen Bauteile gegeneinander. So entsteht bei einer Muskelkontraktion weniger Reibung und die Bewegungen können ökonomischer (kraftsparend) durchgeführt werden. Zudem ist auf den Hüllstrukturen (den faszialen Hüllen) ein Flüssigkeitsfilm vorhanden, der bei einer Muskelkontraktion für zusätzliches Bewegungspotenzial sorgt. So können sich die faszialen Hüllen reibungsfrei gegeneinander bewegen und es entsteht ein...
Erscheint lt. Verlag | 22.5.2019 |
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Reihe/Serie | Physiofachbuch | Physiofachbuch |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Gesundheitsfachberufe |
Schlagworte | Backline • Beinlinie • Blackroll • Faszien • Fasziendehnung • Faszienrolle • Faszientherapie • Frontline • Laterallinie • Mobilisation • Physiotherapeut • Physiotherapie • Rollouts • Spirallinie |
ISBN-10 | 3-13-242503-6 / 3132425036 |
ISBN-13 | 978-3-13-242503-3 / 9783132425033 |
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