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Prävention und Gesundheitsförderung an der Schnittstelle zwischen kurativer Medizin und Arbeitsmedizin -  Monika Rieger,  Sibylle Hildenbrand,  Thomas Nesseler,  Stephan Letzel,  Dennis Nowak

Prävention und Gesundheitsförderung an der Schnittstelle zwischen kurativer Medizin und Arbeitsmedizin (eBook)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
368 Seiten
Ecomed (Verlag)
978-3-609-10561-1 (ISBN)
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49,99 inkl. MwSt
(CHF 48,80)
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Den Betriebsärzten kommt im neuen Präventionsgesetz eine wichtige Rolle zu. Denn sie sitzen an der Schnittstelle zwischen der kurativen Medizin und der Arbeitswelt. - Wie sehen die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür aus? Warum ist das Präventionsgesetz so 'kompliziert gestrickt'? - Was ist unter 'betrieblicher Gesundheitsförderung' genau zu verstehen, und wie sieht sie in der betrieblichen Praxis aus? - Wie funktionieren die verschiedenen Ebenen der Prävention in der Praxis - Primärprävention, Sekundärprävention, Tertiärprävention? - Welche Instrumentarien gibt es dafür, und welche Best-Practice-Konzepte lassen sich schnell und einfach in die Breite übernehmen? - Welche Perspektiven gibt es? Was muss sich noch wie ändern, damit die im Präventionsgesetz formulierten Ziele großflächig Wirklichkeit werden können? Dieses E-Book liefert konzentrierte und aktuelle Antworten auf diese Schlüsselfragen. Damit ist er eine wichtige Richtschnur für alle Entscheidungsträger, Gesundheitspolitiker und Betriebsärzte.

Prof. Dr. med. Monika Rieger (Ärztliche Direktorin des Instituts für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen) Dr. rer. nat. Sibylle Hildenbrand (Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen) Dr. phil. Thomas Nesseler (Hauptgeschäftsführer und Pressesprecher Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umwelt e.V. (DGAUM)) Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel (Leiter des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz) Prof. Dr. med. Dennis Nowak (Ärztlicher Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilian-Universität)

Prof. Dr. med. Monika Rieger (Ärztliche Direktorin des Instituts für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen) Dr. rer. nat. Sibylle Hildenbrand (Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Tübingen) Dr. phil. Thomas Nesseler (Hauptgeschäftsführer und Pressesprecher Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umwelt e.V. (DGAUM)) Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel (Leiter des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz) Prof. Dr. med. Dennis Nowak (Ärztlicher Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilian-Universität)

1 Allgemeines


1.1 Historische Entwicklung (S. Letzel)


1.1.1 Allgemeine Entwicklung


Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) definiert Prävention wie folgt: „Prävention ist im Gesundheitswesen ein Oberbegriff für zielgerichtete Maßnahmen und Aktivitäten, um Krankheiten oder gesundheitliche Schädigungen zu vermeiden, das Risiko der Erkrankung zu verringern oder ihr Auftreten zu verzögern. Präventive Maßnahmen lassen sich nach dem Zeitpunkt, zu dem sie eingesetzt werden, der primären, der sekundären oder der tertiären Prävention zuordnen. Des Weiteren lassen sich präventive Maßnahmen im Hinblick darauf unterscheiden, ob sie am individuellen Verhalten (Verhaltensprävention) oder an den Lebensverhältnissen ansetzen (Verhältnisprävention).“ (BMG 2015).

Es ist zu erwarten, dass durch das im Jahr 2015 verabschiedete Präventionsgesetz (Bundesregierung 2015) die Prävention in Deutschland einen wichtigen Aufschwung nehmen wird. Ausgangspunkt des Präventionsgesetzes ist u. a. der demografische Wandel mit den dadurch bedingten gesamtgesellschaftlichen Veränderungen.

Bei der aktuellen Diskussion zur Prävention sollte nicht vergessen werden, dass die Prävention im Gesundheitssystem nichts Neues ist und letztendlich jedes Zeitalter seine Präventionskultur hat bzw. hatte. In der Geschichte der Menschheit gibt es wohl kein Volk ohne irgendwelche Merkmale präventiver Maßnahmen (Schmidt 2000). So hat u. a. bereits in der Antike der berühmte griechische Arzt Hippokrates von Kos (ca. 460–370 v. Chr.) folgenden präventiven Rat gegeben: „Wer stark, gesund und jung bleiben und seine Lebenszeit verlängern will, der sei mäßig in allem, atme reine Luft, treibe tägliche Hautpflege und Körperübung, halte den Kopf kalt, die Füße warm und heile ein kleines Weh eher durch Fasten als durch Arzneien.“ (zit. nach Schmidt 2000). Als weiteres historisches Beispiel für eine Äußerung zur Prävention sei der spätantike griechische Arzt und Naturforscher Galen (ca. 129–216 n. Chr.) wie folgt zitiert: „Da zeitlich wie der Wertschätzung nach die Gesundheit vor der Krankheit kommt, müssen wir zunächst darauf achten, wie man sie bewahren kann, und erst in zweiter Linie, wie man (…) Krankheiten heilt.“ (zit. nach Bergdolt 1999).

Auch in der neueren Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts hat Prävention immer eine wichtige Rolle gespielt. Es sei hier nur beispielsweise an die hygienischen Anstrengungen u. a. des ungarischen/österreichischen Arztes Ignaz Semmelweis (1818–1865) zur Reduzierung des Kindbettfiebers, des schottischen Chirurgen Joseph Baron Lister (1827–1912) zur Desinfektion im Operationsbereich oder des bayerischen Chemiker und Hygieniker Max von Pettenkofer (1818–1901) zum Bau einer Kanalisation in deutschen Großstädten im 19. Jahrhundert erinnert. Der Bau der Kanalisation konnte u. a. den Ausbruch von Typhus- und Choleraepidemien wesentlich einschränken. Alle aufgeführten Beispiele waren sehr erfolgreiche primärpräventive Maßnahmen (Verhältnisprävention), die den Gesundheitszustand und die Lebenserwartung der Bevölkerung deutlich verbesserten. Weitere entscheidende primärpräventive Maßnahmen waren u. a. die Entwicklung von Impfstoffen im 19. und 20. Jahrhundert zur Vermeidung von Infektionskrankheiten.

Eine Pervertierung erlebte der Präventionsgedanke während des Nationalsozialismus u. a. mit der Einführung der Nürnberger Rassengesetze „zum Schutze des deutschen Blutes“.

Im Bereich der Sekundärprävention (Früherkennung) wurden u. a. 1971 Früherkennungsmaßnahmen für Säuglinge und Kleinkinder zu den Pflichtleistungen der Krankenkassen. In den folgenden Jahren wurden die Vorsorgeuntersuchungen weiterentwickelt und umfassen heute im Einzelnen die Untersuchungen U1 bis U11 für Kinder von der Geburt bis zum 10.–11. Lebensjahr sowie J1 und J2 für Jugendliche zwischen dem 13.–15. sowie 17.–18. Lebensjahr.

Als weitere Maßnahme der Sekundärprävention wurde in Deutschland in den letzten Jahren/Jahrzehnten als Pflichtleistung der Krankenkassen ein gesetzliches Krebsfrüherkennungsprogramm (Tab. 1.1) entwickelt und eingeführt. Das Thema Früherkennung – nicht nur für Krebs – ist in Deutschland im Sozialgesetzbuch SGB V gesetzlich geregelt. Verankert ist die Früherkennung in einer entsprechenden Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Zu den Untersuchungen zur Früherkennung von Krebs kommen laut Gesetz noch weitere Präventivangebote hinzu, beispielsweise der „Gesundheits-Check-up“ ab 35 Jahren auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und Nierenschäden. Die Teilnahme am gesetzlichen Früherkennungsprogramm ist freiwillig: Wer aus persönlichen Gründen nicht hingehen möchte, muss nicht befürchten, dass daraus später Nachteile bei der Versicherung oder der ärztlichen Behandlung entstehen würden (DKFZ 2015).

Trotz zum Teil kontrovers geführten Diskussionen über die Effektivität von Krebsfrüherkennungsuntersuchungen ist es unbestritten, dass die Zunahme der Lebenserwartung in Deutschland in den letzten 150 Jahren (Tab. 1.2) in erster Linie der Prävention und weniger der kurativen Medizin zu verdanken ist. Helmut Valentin weist bereits 1971 in der 1. Auflage des Lehrbuchs „Arbeitsmedizin“ aus der damaligen Sicht auf den zukünftigen Stellenwert der Prävention hin: „In unserem Zeitalter wird das Konzept der präventiven Medizin immer deutlicher und zugleich dringender. In den USA hat man sich vor einiger Zeit mit der Entwicklung der Gesamtmedizin der Zukunft befasst. Hiernach wird im Jahr 2000 der Anteil der präventiven Medizin 75 % ausmachen, der Anteil der kurativen Medizin 25 % betragen.“ (Valentin 1971). Betrachtet man die Ausgaben im Gesundheitswesen in Deutschland, ist diese Entwicklung von der kurativen hin zur präventiven Medizin bei weitem noch nicht abgeschlossen.

Tab. 1.1: Krebsfrüherkennungsuntersuchungen in Deutschland (nach DKFZ 2015)

Frauen

Gebärmutterhalskrebs: Ab 20 Jahren einmal jährlich Untersuchung des äußeren und inneren Genitales und Abstrichuntersuchung von Gebärmuttermund und Gebärmutterhals

Brustkrebs: Ab 30 Jahren einmal jährlich Abtastung der Brüste und der Achselhöhlen, Anleitung zur Brustselbstuntersuchung; ab 50 Jahren bis einschließlich 69 Jahren alle zwei Jahre Einladung zur Mammographie

Männer

Prostatakrebs: Ab 45 Jahren einmal jährlich Abtastung der Prostata vom Enddarm aus, Untersuchung des äußeren Genitales und Abtastung der Lymphknoten in der Leiste

Frauen und Männer

Hautkrebs: Ab 35 Jahren alle zwei Jahre gezielte Befragung nach Hautveränderungen und seit 1. Juli 2008 Inspektion des gesamten Körpers einschließlich des behaarten Kopfes

Dickdarmkrebs: Von 50–54 Jahren einmal jährlich Test auf verborgenes (okkultes) Blut im Stuhl. Ab 55 Jahren eine Dickdarmspiegelung (Koloskopie), einmalige Wiederholung nach zehn oder mehr Jahren ODER anstelle der Koloskopie ab 55 Test auf okkultes Blut alle zwei Jahre

Tab. 1.2: Entwicklung der durchschnittlichen Lebenserwartung bei Geburt in Deutschland (nach Luy 2015)

Jahre

Männer

Frauen

1871/81

35,58

38,45

1881/90

37,17

40,25

1891/00

40,56

43,97

...

1932/34

Erscheint lt. Verlag 16.3.2016
Verlagsort Heidelberg
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
Schlagworte Betriebliche Gesundheitsförderung • DGAUM • Präventionsgesetz • PrävG • Primärprävention • Sekundärprävention • Tertiärprävention
ISBN-10 3-609-10561-5 / 3609105615
ISBN-13 978-3-609-10561-1 / 9783609105611
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