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Psychopharmakotherapie in Schwangerschaft und Stillzeit (eBook)

Behandlungsprinzipien - Leitlinien - Peripartales Management
eBook Download: PDF
2015 | 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
180 Seiten
Thieme (Verlag)
978-3-13-158314-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Psychopharmakotherapie in Schwangerschaft und Stillzeit - Anke Rohde, Valenka Dorsch, Christof Schaefer
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Was hat ein Psychiater mit Themen wie Fertilität und Schwangerschaft zu tun? Mehr als gedacht, wenn eine Patientin, die Psychopharmaka einnimmt, ungeplant schwanger wird oder einen Kinderwusch hat. Fälle dieser Art sind weder für Psychiater noch für Gynäkologen und Hausärzte tägliche Routine - dafür doppelte Verantwortung. Dieser Titel bündelt das notwendige Wissen, um im Sinne von Mutter und Kind sicher zu entscheiden: - 68 relevante Substanzen aus der Gruppe der Antidepressiva, Antipsychotika, Phasenprophylaktika und Hypnotika bzw. Anxiolytika und deren Auswirkungen auf das ungeborene oder neugeborene Kind. - Empfehlungen und Entscheidungshilfen hinsichtlich der medikamentösen Therapie sowie der Betreuung vor, während und nach der Geburt. - Antworten auf häufig gestellte Fragen und zahlreiche Fallbeispiele aus der Praxis. Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App haben Sie zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.

Anke Rohde, Valenka Dorsch, Christof Schaefer: Psychopharmakotherapie in Schwangerschaft und Stillzeit 1
Innentitel 4
Impressum 5
Vorwort 6
Autoren 8
Anschriften 8
Inhaltsverzeichnis 9
1 Psychische Störung und Elternschaft 14
Einleitung 14
Psychische Störungen und Fertilität 14
Unerwünschte Schwangerschaften und Kontrazeption 15
Psychische Störungen und perinatale Komplikationen 15
Psychische Störung als Folge perinataler Komplikationen 15
Unerfüllter Kinderwunsch und psychische Störung 16
Der Wunsch nach dem eigenen Kind 16
2 Schwangerschaft und Entbindung bei psychischer Erkrankung 18
Auswirkungen auf die Prognose der psychischen Erkrankung 18
Auswirkungen der Erkrankung auf die Entwicklung des Kindes 19
Geplante Schwangerschaft – gute Beratung gibt Sicherheit 19
Ungeplante Schwangerschaft – keine Panik 20
Der Zeitpunkt ist wichtig 20
Absetzen, Umstellen, Monotherapie als Ziel? 20
Indikation zum Schwangerschaftsabbruch? 21
Betreuung in der Schwangerschaft und Pränatal•diagnostik 21
Entbindung besonders gut vorplanen 22
Medikation und Stillen 22
Rezidivprophylaxe nach der Geburt 23
3 Empfehlungen in den Leitlinien der Fachgesellschaften 24
Neue Entwicklungen 24
Leitlinien – Orientierungshilfe oder Einschränkung? 24
Evidenzbasierte Empfehlungen – Herausforderung im Kontext Schwangerschaft/Stillzeit 25
Allgemeine Prinzipien bei der Behandlung Schwangerer und Stillender 26
Spezielle Krankheitsbilder 27
Bipolare Störung 27
Unipolare Depression 32
Angststörungen 34
Zwangsstörungen 35
Schizophrenie 35
Abhängigkeitserkrankungen 36
4 Psychiatrische Beratung bei Kinderwunsch – Umsetzung in der Praxis 39
Eine verantwortungsvolle Aufgabe 39
Beratung als Entscheidungshilfe 40
Hinzuziehung von Behandlungsunterlagen 40
Intensität des Kinderwunsches 41
Rezidivgefahr in der Schwangerschaft 41
Vorgehen bei bestehender Medikation 42
Ziel der Monotherapie 42
Überprüfung der Phasenprophylaxe 42
Humangenetische Beratung 43
Gynäkologische Überwachung der Schwangerschaft, Pränataldiagnostik 43
Psychiatrische Überwachung der Schwangerschaft 44
Rezidivgefahr nach der Entbindung 44
Konkrete Informationen über Teratogenität/Fetotoxizität der Medikamente 44
Dokumentation des Beratungsgesprächs 44
5 Psychiatrische Betreuung in der Schwangerschaft – praktische Durchführung 47
Vieles ist zu bedenken 47
Engmaschige psychiatrische Kontrollen 47
Serumspiegelkontrollen 48
Phasenprophylaktika 48
Antidepressiva, Antipsychotika 48
Umstellung der Medikation? 49
Reduktion der Medikation vor der Geburt? 50
Empfehlung Pränataldiagnostik/spezielle Schwangerschaftsüberwachung 50
Empfehlung Entbindung in Klinik mit Neonatologie 51
Hebammenbetreuung 52
Dokumentation des Beratungsgesprächs 52
6 Peripartales Management bei psychisch kranken Schwangeren 54
Planung gibt Sicherheit 54
Gespräch zur Geburtsvorbereitung und „Geburtsplan“ 54
Allgemeine Informationen 56
Informationen zur psychischen Vorerkrankung 56
Verlauf der Schwangerschaft aus psychiatrischer Sicht 56
Geburt – vaginale Entbindung oder Kaiserschnitt? 56
Bedarfsmedikation bei der Entbindung 56
Stillen oder Abstillen – was braucht die Patientin? 57
Stillen – ja oder nein? 57
Medikamentös oder konservativ abstillen? 57
Medikation prä- und postpartal 57
Präpartal reduzieren? 57
Postpartal erhöhen? 58
Welche Symptome sind zu erwarten? 58
Reizabschirmung oberstes Gebot 58
Unterstützung bei der Anpassung nach der Entbindung 59
„Patientin muss unbedingt schlafen“ 59
Mitbetreuung – wann immer möglich 60
Erfahrungswerte mit dem peripartalen Management 60
7 Spezielle Störungsbilder 61
Praktische Erfahrungen 61
Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis 61
Akute vorübergehende/ polymorphe Psychosen 61
Chronisch verlaufende schizophrene Psychosen 61
Schizoaffektive Störungen 62
Bipolare Störungen 63
Unipolare Depressionen 64
Angststörungen 65
Zwangsstörungen 66
Traumatisierung in der Vorgeschichte 67
Borderline-Störung 68
Essstörungen 69
ADHS 70
Substanzabusus in der Schwangerschaft 71
Alkohol 71
Nikotin 71
Drogen 71
Substitution bei Opiatabhängigkeit 72
8 Arzneimittel und Schwangerschaft 75
Grundsätzliches zum Arzneimittelrisiko 75
Empfindliche Phasen in der Schwangerschaft 75
Je höher die Dosis desto größer das Risiko? 76
Arzneimittelstoffwechsel 76
Informationsquellen zum Arzneimittelrisiko 77
Risikoklassifizierungen in der Roten Liste 77
Fehldeutungen von Risikoklassifizierungen 77
Wissen zum Arzneimittelrisiko verbessern 78
Risikoabschätzung nach bereits erfolgter Arzneimittelexposition 78
Schwangerschaftsabbruch wegen Arzneimitteln? 79
Erweiterte vorgeburtliche Diagnostik nach suspekter Medikation? 79
Langzeitauswirkungen von Psychopharmaka 79
Alternative Heilmittel und Phytotherapeutika 80
Arzneimitteltherapie des Vaters 80
9 Häufig gestellte Fragen 81
Sollte die Medikation in der Schwangerschaft abgesetzt/umgestellt werden? 81
Wann sollte eine Veränderung der Medikation in der Schwangerschaft auf jeden Fall in Erwägung gezogen werden? 81
Gibt es Besonderheiten bei der Medikationsumstellung in der Schwangerschaft? 82
Muss in der Schwangerschaft die Dosis angepasst werden? 82
Was bringen Serumspiegelkontrollen? 83
Welches Medikament ist für die Neueinstellung in der Schwangerschaft geeignet? 84
Muss die Arzneimittelauswahl dokumentiert werden? 84
Ist in der Schwangerschaft eine Depotmedikation zu empfehlen? 87
Sind nicht medikamentöse Heilmethoden in der Schwangerschaft erfolgreich? 87
Helfen Entspannungsverfahren? 87
Hilft Lichttherapie in der Schwangerschaft? 88
Helfen Akupunktur, Homöopathie oder pflanzliche Mittel? 88
Ist Elektrokrampftherapie eine Option in der Schwangerschaft? 88
Welche Empfehlung kann man zum Zeitabstand zwischen Medikamenteneinnahme und Stillen geben? 88
Sollte man beim Kind den Serumspiegel routinemäßig überprüfen, wenn die Mutter mit Medikamenten stillt? 89
Was erfährt man aus dem Nabelschnurblut? 89
Rechtfertigt die Gabe von Psychopharmaka einen Schwangerschaftsabbruch? 89
Voraussetzungen für medizinische Indikation zum Schwangerschaftsabbruch 89
Welche Hilfsmöglichkeiten kann man schwangeren Frauen anbieten? 90
Frühe Hilfen und Familienhebammen 91
Passen psychische Vorerkrankung und Sterilitätsbehandlung zusammen? 91
10 Fallbeispiele aus der Praxis 92
Die klinische Realität 92
Rezidiv einer paranoid-halluzinatorischen Psychose in der Frühschwangerschaft 92
Bipolare schizoaffektive Psychose – ohne Medikation postpartales Rezidiv, mit Prophylaxe postpartal stabil 92
Rezidiv einer „Wochenbettpsychose“ trotz Medikation 93
Rezidivierende akute polymorphe Psychose in der Anamnese – unter Medikation kein postpartales Rezidiv 94
Postpartale Depression mit Zwangsgedanken – Einsatz von Antidepressiva in zweiter Schwangerschaft 95
Erfüllung des Kinderwunsches bei rezidivierender Depression – ohne Antidepressivum nicht möglich 95
Schwangerschaft und Entbindung unter Lithiumprophylaxe 96
Schwangerschaftsabbruch wegen psychischer Probleme – unter Antidepressiva Erfüllung des Kinderwunsches 96
Aus Sorge Antidepressiva reduziert: Exazerbation der Angststörung in der frühen Schwangerschaft 97
Unsicherheiten und Unterstützungsbedarf bei Kinderwunsch und psychischer Störung 98
„Borderline“ und mehr 99
11 Psychopharmaka im Einzelnen 102
Vorbemerkungen 102
Praxisrelevante Psychopharmaka 102
Tierexperimentelle Ergebnisse 102
Relative Dosis in der Stillzeit 103
Antidepressiva 103
Allgemeines 103
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) 104
Tri- und tetrazyklische Antidepressiva 105
Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) 106
Andere Antidepressiva 106
Neuroleptika 107
Allgemeines 107
Atypische und klassische Neuroleptika 107
Phasenprophylaktika (Affektstabilisatoren) 108
Sedativa, Anxiolytika, Hypnotika 109
Psychostimulanzien 109
Opiat-Substitutionstherapie 109
Einzelsubstanzen 109
12 Literatur 160
Sachverzeichnis 165

1 Psychische Störung und Elternschaft


1.1 Einleitung


Es gibt vergleichsweise wenige Untersuchungen, die sich konkret mit der Frage nach dem Einfluss der Erkrankung bzw. der Behandlung auf das „reproduktive Verhalten“ von Patienten befassen. Danach ist davon auszugehen, dass insbesondere Patienten mit Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis seltener Eltern werden, als dies in der Allgemeinbevölkerung der Fall ist. In der Regel werden Familienstand und Zahl der Kinder in Studien mit anderem Fokus als „Nebenbefund“ mit erfasst. Am ehesten kommen Psychiater mit dem Thema Fortpflanzung in Kontakt, wenn es um den Kinderwunsch einer Patientin oder aber deren ungeplante Schwangerschaft geht.

Neben den direkten bzw. indirekten Auswirkungen der Erkrankung haben auch die Medikation und deren Nebenwirkungen (z. B. eine Prolaktinerhöhung) einen Einfluss auf reproduktive Vorgänge; eine genaue Differenzierung der Faktoren, die auf Familienplanung und Fortpflanzung einwirken, ist im Einzelfall schwierig. Festzustellen ist aber, dass mit der immer differenzierter werdenden Psychopharmakotherapie, die letzten Endes auch oftmals zur Verbesserung der Prognose einer Erkrankung beiträgt, die Aspekte Sexualität und Fertilität von Betroffenen immer häufiger thematisiert werden.

1.2 Psychische Störungen und Fertilität


Es gibt eine Reihe von Studien zum „reproduktiven Verhalten“ von psychisch Kranken, die zeigen, dass Menschen mit Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis und auch mit bipolaren Störungen seltener Eltern werden als die Normalbevölkerung oder auch Menschen mit anderen psychischen Störungen (▶ [23], ▶ [61], ▶ [63], ▶ [64], ▶ [85], ▶ [97], ▶ [102], ▶ [147], ▶ [164]).

Ob von psychischen Erkrankungen betroffene Menschen heiraten und Kinder bekommen, hängt unter anderem vom Erstmanifestationsalter ab, das besonders bei den schizophrenen Psychosen im jungen Erwachsenenalter liegt. Aber auch Verlauf, Prognose und das spätere soziale Funktionsniveau sind von Bedeutung, wobei bei den schizophrenen Psychosen von einem insgesamt eher schlechten Verlauf auszugehen ist. Nicht zuletzt spielen die prämorbide Persönlichkeit, die bei schizophrenen Patienten überwiegend asthenisch-selbstunsicher ist ▶ [98], sowie auch der sich bereits in der Prodromalphase oft über Monate oder Jahre entwickelnde soziale Rückzug bei partnerschaftlicher Bindung und Familiengründung eine zentrale Rolle.

Besonders berücksichtigt werden müssen auch die Auswirkungen der Medikation und hier insbesondere die Nebenwirkungen auf die Sexualität und die Fertilität. Sexuelle Probleme können einerseits primäre Symptome der Erkrankung, andererseits auch sekundäre Erscheinungen sein. Zum einen können sie auftreten als Folge der häufigen Residualsymptome bzw. einer Verunsicherung, die aus der Erkrankung resultiert, zum anderen auch als Nebenwirkung der neuroleptischen und antidepressiven Medikation. Neben anderen Medikamentengruppen (z.B. Hormonpräparaten, Antihypertensiva) finden sich insbesondere unter den Psychopharmaka viele Präparate und Präparategruppen, die eine substanzinduzierte sexuelle Funktionsstörung auslösen können. In diesem Zusammenhang sind vor allem Veränderungen des Prolaktinspiegels unter vielen Neuroleptika, zum anderen Libidoverlust sowie Erektions- und Ejakulationsstörungen bei den Antidepressiva vom SSRI-Typ zu erwähnen.

Gerade unter den klassischen Neuroleptika sind Erhöhungen des Prolaktinspiegels häufig; damit einhergehende Veränderungen sind unter anderem Zyklusstörungen, bis hin zur vollständigen Amenorrhoe, Galaktorrhoe, Gynäkomastie sowie Libido- und Potenzstörungen. Insbesondere die Amenorrhoe führt bei manchen betroffenen Frauen fälschlicherweise zu der Annahme, dass sie damit auch nicht schwanger würden; unerwünschte bzw. ungeplante Schwangerschaften unter Medikation können die Folge sein. Die Patientinnen sollten immer wieder darauf aufmerksam gemacht werden, dass das Ausbleiben der Monatsblutung eine verlässliche Kontrazeption nicht ersetzt.

Merke

Zyklusstörungen und Amenorrhoe ersetzen nicht die verlässliche Kontrazeption! Mit jeder Patientin, die Psychopharmaka nimmt, muss über eine verlässliche Kontrazeption gesprochen werden.

Im Zusammenhang mit einer Prolaktinerhöhung im Rahmen der längerfristigen Gabe von Neuroleptika wird immer wieder über ein erhöhtes Brustkrebsrisiko diskutiert (z. B. ▶ [30], ▶ [88], ▶ [125], ▶ [155]). Trotz aller Zurückhaltung bei der Interpretation entsprechender Befunde könnte dies ein weiteres Argument für die Vermeidung so genannter typischer Neuroleptika und für den Einsatz atypischer Neuroleptika sein, wie es mittlerweile den Leitlinien entspricht (s. Kap. ▶ 3 )

1.3 Unerwünschte Schwangerschaften und Kontrazeption


Nicht alle neuen bzw. atypischen Neuroleptika sind als prolaktinneutral bzw. weitgehend prolaktinneutral einzuschätzen, allerdings gibt es eine Reihe solcher Substanzen (Aripiprazol, Asenapin, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Paliperidon <6 mg/Tag, Risperidon <4 mg/Tag, Ziprasidon). Gerade die Prolaktinneutralität oder die nur noch geringe Prolaktinerhöhung war wahrscheinlich die Ursache für eine Reihe ungeplanter Schwangerschaften nach der Umstellung von einem klassischen auf ein atypisches Neuroleptikum, vor allem in der ersten Zeit nach Einführung der Atypika. Auch wenn dazu keine statistischen Untersuchungen, sondern allenfalls Fallschilderungen vorliegen, muss nach der eigenen klinischen Erfahrung davon ausgegangen werden, dass ungeplante Schwangerschaften beim Einsatz atypischer Neuroleptika häufiger auftreten, als es früher beim „routinemäßigen“ Einsatz typischer Neuroleptika der Fall war.

Der weniger erhöhte Prolaktinspiegel ist dabei aber unseres Erachtens nur ein Teil des Problems. Eine mindestens ebenso wichtige – wenn nicht sogar viel höhere Bedeutung – hat die Tatsache, dass zum einen psychisch kranke Frauen noch nicht konsequent und umfassend über die Notwendigkeit der Kontrazeption hingewiesen werden und dass zum anderen nicht immer ausreichend sichere Methoden gewählt werden. Auch hier decken sich die eigenen klinischen Erfahrungen mit den wenigen Publikationen zu diesem Thema (z. B. ▶ [107]).

Insbesondere Complianceprobleme bei der Anwendung von Kontrazeptiva sind ein Argument dafür, dass beim Vorliegen einer psychischen Erkrankung nach Möglichkeit auf Alternativen ausgewichen werden sollte (z.B. Spirale, 3-Monats-Spritze), bei denen die Patientinnen nicht täglich und möglichst immer zur selben Zeit eine „Pille“ einnehmen muss. Dieses Thema sollte nicht alleine im frauenärztlichen Zuständigkeitsbereich gesehen werden, da der behandelnde Psychiater sicher sehr viel besser eventuell zu erwartende Complianceprobleme einschätzen kann. Konkrete Empfehlungen zu einer sicheren und einfach anzuwendenden Empfängnisverhütung werden von den Patientinnen in der Regel durchaus positiv aufgenommen. Die enge Zusammenarbeit mit dem behandelnden Frauenarzt ist in diesem Kontext für die Patientin sehr hilfreich.

1.4 Psychische Störungen und perinatale Komplikationen


Insgesamt scheinen Patientinnen mit psychischen Erkrankungen seltener eine regelmäßige Schwangerenvorsorge in Anspruch zu nehmen. Aber auch darüber hinaus ist nach Studienlage – aufgrund einer eventuellen Medikation oder auch auf der Basis der Grunderkrankung – insbesondere bei Frauen mit schizophrener Psychose mit einer erhöhten Komplikationsrate sowohl in der Schwangerschaft als auch während der Geburt zu rechnen, wie etwa ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten, geringeres Geburtsgewicht oder Wachstumsretardierung (z.B. ▶ [63], ▶ [70], ▶ [99], ▶ [113], ▶ [114], ▶ [150]). Gründe hierfür liegen unter anderem in einer erhöhten Prävalenz von Nikotin-, Alkohol- und Drogenkonsum sowie einer späteren Inanspruchnahme von Schwangerenvorsorge.

1.5 Psychische Störung als Folge perinataler Komplikationen


Perinatale Komplikationen kommen nicht nur häufiger bei psychisch kranken Frauen vor, sondern es finden sich auch umgekehrt Hinweise darauf, dass prä- und perinatale Komplikationen wie etwa Plazentainsuffizienz, Hypoxie oder Infektionen in der Schwangerschaft Risikofaktoren für spätere psychische und insbesondere schizophrene Erkrankungen des Kindes darstellen (▶ [14], ▶ [20], ▶ [24], ▶ [46], ▶ [84], ▶ [124], ▶ [145], ▶ [149]).

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch die aktuelle Diskussion, dass pränataler psychischer Stress der Mutter über endokrinologische Veränderungen möglicherweise zu einer erhöhten Vulnerabilität des Kindes für psychische Erkrankungen führt; allerdings beruhen diese Hypothesen überwiegend auf Untersuchungen an Modellen (▶ [13], ▶ [79], ▶ [80], ▶ [154], ▶ [156]). Interpretiert werden solche Befunde mit einem Zusammenwirken von Umweltfaktoren und genetischer Disposition. Auf die Diskussion zur...

Erscheint lt. Verlag 18.11.2015
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Gynäkologie / Geburtshilfe
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Abstillen • Affektstabilisatoren • Antidepressiva • Anxiolytika • Arzneimittel • Arzneimittelrisiko • Arzneimittelsicherheit • Arzneimitteltherapie • Bedarfsmedikation • Depotmedikation • Embryo • EM BRYOTOXIZITÄT • Fertilität • Fetotoxizität • Gynäkologie • gynäkologische Überwachung • Humangenetische Beratung • Hypnotika • Infertilität • Kinderwunsch • Medikamente • Medikation • Neuroleptika • perinatale Komplikationen • Peripartales Management • Phasenprophylaktika • Phytotherapeutika • postpartale Depression • Postpartalzeit • Pränataldiagnostik • Psychiatrie • Psychische Beratung • Psychische Erkrankungen • Psychische Störung • Psychopharmaka • Psychopharmakotherapie • Psychostimulanzien • Reproduktion • Rezidivgefahr • Rezidivprophylaxe • Schädlichkeit • Schwangerschaft • Schwangerschaftsabbruch • Schwangerschaftsüberwachung • Sedativa • Sterilitätsbehandlung • Stillen • Stillzeit • Teratogene • Teratogenität
ISBN-10 3-13-158314-2 / 3131583142
ISBN-13 978-3-13-158314-7 / 9783131583147
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