Fehlerkultur in der professionellen Pflege: Implikationen für die Ausbildung
disserta Verlag
978-3-95425-998-4 (ISBN)
Andreas Roterring wurde 1983 in Gronau (Nordrhein-Westfalen) geboren. Nach seiner Berufsausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger hat er mehrjährige Erfahrung auf einer Intensivstation gesammelt. Durch das 2014 abgeschlossene Masterstudium Bildung im Gesundheitswesen an der Fachhochschule Münster hat er sich auf den pädagogischen Bereich spezialisiert. Praktische Erfahrungen des Lehrberufes gewann er durch nebenberufliche Tätigkeiten als Honorardozent an verschiedenen Schulen in Münster sowie durch die Arbeit als Tutor für Studierende des Modellstudiengangs B.Sc. Pflege dual. Derzeit arbeitet er als Berufspädagoge an einer Schule des Gesundheitswesens in Nordrhein-Westfalen.
Textprobe:
Kapitel 3.2, Folgen von Pflegefehlern differenziert nach Betroffenengruppen:
3.2.1, Patient und Angehörige:
Das Grundgesetz schützt im zweiten Artikel das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art 2 (2) GG) und verdeutlicht den großen Stellenwert des Lebens und der Gesundheit bzw. körperlichen Unversehrtheit. Bergmann (2007, S. 85) bezeichnet es auch als das höchste Rechtsgut des Menschen. Da Behandlungsfehler, unabhängig davon wer sie letztlich verursacht, eben dieses Rechtsgut gefährden, kommt dieser Dimension eine besondere Bedeutung zu. Durch die Ausführungen des vorangegangenen Kapitels wurde dargestellt, welche Aufgaben die Pflege im Gesundheitswesen übernimmt. Die offensichtlichsten Auswirkungen betreffen die Gesundheit, da dies die primäre Zielgröße im Gesundheitswesen ist. Abhängig von der betroffenen Handlung und Art des Fehlers können UEs zwar teilweise folgenlos bleiben, aber auch unterschiedlich schwere Folgen für den Patienten nach sich ziehen. Das Spektrum reicht dabei von leichten temporären körperlichen Folgen, über permanente physische Einschränkungen bis hin zum Tod des Betroffenen.
Eine weitere wesentliche Dimension neben den physischen Folgen stellen die psychosozialen Auswirkungen von Behandlungsfehlern dar. Körperliche Schäden und Folgen sind für den Außenstehenden leichter zu erkennen und stehen daher auch häufiger im Fokus. In einigen Fällen sind aber die psychosozialen Schäden weitaus bedeutender und bedürfen, gerade weil sie häufiger übersehen und unterschätzt werden, besonderer Aufmerksamkeit und z. T. auch Behandlung. Wird etwa das Inkontinenzmaterial bei einem Patienten nicht erneuert, ist einerseits das Dekubitusrisiko erhöht, aber vor allem betrifft es die Würde dieser Person, die durch den ersten Artikel des Grundgesetzes geschützt wird. Mit dem folgenden konstruierten Beispiel möchte ich einige mögliche psychosoziale Folgen plastischer darstellen:
Herr P. ist nach einem Autounfall ins Krankenhaus eingeliefert worden und dort wurden eine leichte Gehirnerschütterung sowie mehrere gebrochene Finger diagnostiziert. Der zuständige Pfleger K. legt beim Patienten einen Gipsverband an und weist den Patienten darauf hin, dass er in fünf Wochen zur Entfernung des Gipsverbandes wiederkommen soll. Da Herr P. kaum Deutsch spricht, versucht er den Pfleger durch Schmerzmimik und weitere Gestik zu verdeutlichen, dass der Verband drückt und unangenehm ist. Pfleger K. missdeutet die Ursache für die Schmerzen des Patienten und gibt ihm nach Rücksprache mit dem Arzt eine Packung Schmerzmittel mit nach Hause und weist erneut auf den Termin in fünf Wochen hin. Als Herr P. zur geplanten Gipsentfernung in die Ambulanz kommt, wird festgestellt, dass der Gips nicht richtig angelegt wurde und dass Herr P einige Finger daher nicht mehr voll bewegen kann. Dies ist für ihn ein großer Schock, weil er Berufsmusiker ist und Musik sein Traumberuf war. Darüber hinaus hat er keine andere Ausbildung und durch seine eingeschränkten Sprachkenntnisse wird es für ihn sicher schwierig werden eine neue Arbeit zu finden.
Dieses fiktive Beispiel zeigt im Ansatz einige mögliche psychische und soziale Folgen die ein Behandlungsfehler auslösen kann. Die Einschränkung der Fingerbeweglichkeit würde bei vielen anderen Personen nicht so stark ins Gewicht fallen, da der normale (Berufs-)Alltag dadurch kaum eingeschränkt wird. Für Herr P. ist dadurch aber die Existenzgrundlage für sich und seine Familie gefährdet und sein Lebenstraum wurde zerstört mit den potentiell psychischen Folgen. Im Extremfall könnte darüber hinaus außerdem die Aufenthaltserlaubnis an den Arbeitsplatz gebunden sein und möglicherweise zu einer Ausweisung führen.
Die Auswirkungen beschränken sich also nicht auf den Patienten, sondern können sich auf das soziale Umfeld, insbesondere auf die Familie, ausweiten. Darüber hinaus zeigen Patienten ausgesprochen schwere und komplexe emotiona
Erscheint lt. Verlag | 19.2.2015 |
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Sprache | deutsch |
Maße | 155 x 220 mm |
Gewicht | 221 g |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Pflege ► Ausbildung / Prüfung |
Schlagworte | Ausbildung |
ISBN-10 | 3-95425-998-2 / 3954259982 |
ISBN-13 | 978-3-95425-998-4 / 9783954259984 |
Zustand | Neuware |
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