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Amputation und Prothesenversorgung (eBook)

Indikationsstellung - operative Technik - Nachbehandlung - Funktionstraining -
eBook Download: PDF | EPUB
2016 | 4. Auflage
680 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-155014-9 (ISBN)

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Amputation und Prothesenversorgung -
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<p><strong>Treffen Sie die richtige Therapieentscheidung!</strong></p> <p>Dieses umfangreich aktualisierte Werk deckt sämtliche Aspekte von Amputation und Prothesenversorgung an der unteren und oberen Extremität ab und vermittelt darüber hinaus alles Wissenswerte über Ganganalyse, Physiotherapie, Ergotherapie und Rehabilitationsmedizin als unentbehrliche Ergänzungen der beiden Hauptthemen.</p> <p>Die 4. Auflage zeigt neue operative Verfahren und bringt die Prothesenversorgung auf den neuesten Stand. Das Buch bietet spezielle Kapitel zu Themen wie Schmerztherapie, Stumpf- und Phantomschmerzen, u.v.m.</p> <p>Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App haben Sie zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.</p> <p>Profitieren Sie vom Wissensschatz der renommierten Autoren und optimieren Sie die Reha-Chancen Ihrer Patienten.</p>

Bernhard Greitemann, Lutz Brückner, Michael Schäfer, René Baumgartner: Amputation und Prothesenversorgung 1
Innentitel 4
Impressum 5
Vorwort 6
Vorwort zur 3. Auflage 7
Anschriften 10
Inhaltsverzeichnis 13
Kapitel 1 Grundsätzliches 20
1 Grundsätzliches 21
Historisches 21
Strafe und Stigma 21
Amputationschirurgie 22
Prothesentechnik 24
Amputation 25
Replantation 25
Transplantation 25
Amputation als Ärgernis 26
Amputation durch Krieg und Terror 26
Amputation als Chance 27
Leitsprüche 28
Chirurgische Qualität 28
Mehrfachamputationen 29
Prothesenversorgung 29
Der Patient 30
Trauerarbeit 30
Kapitel 2 Ätiologie 32
2 Ätiologie 33
Allgemeines 33
Epidemiologie 33
Operationsstatistiken 33
Nationale Statistiken 33
Prognose 35
Mortalität 35
Statistiken als Qualitätskontrolle 36
Arterielle, venöse und lymphatische Zirkulationsstörungen 36
Arterielle Zirkulationsstörungen 37
Venöse Zirkulationsstörungen 59
Lymphatische Zirkulationsstörungen 59
Trauma 59
Primäre und sekundäre Amputation 60
Unfallmechanismen, Verletzungsarten 60
Entzündliche Erkrankungen 70
Akute hämatogene Osteitis 70
Chronische Osteitis 70
Tuberkulose 72
Lepra 72
Tetanus, Gasbrand 73
Nekrotisierende Fasziitis 74
Tumoren 75
Kurative Amputation 75
Palliative Amputation 76
Strahlenfibrose 76
Mit- und Weiterbehandlung 77
Prognose 79
Neuropathien 79
Diabetische Neuro-Osteo-Arthropathie 79
Poliomyelitis 79
Lepra 80
Syringomyelie 80
Armplexusparese 80
Querschnittlähmung, Myelomeningozele 80
Periphere Nervenläsionen 81
Maladie ulcéro-mutilante Déjerine-Sottas, multiple Sklerose 81
Komplexes regionales Schmerzsyndrom 81
Psychopathologische Ursachen 83
Selbstverstümmelung 83
Mutprobe 84
Stigmatisierung 84
Xenomelie 85
Angeborene Fehlbildungen 85
Ursachen und Häufigkeit 86
Terminologie und Klassifikation 87
Amputationen an angeborenen Fehlbildungen 89
Verschiedenes 97
Kapitel 3 Indikation zur Amputation – Wahl der bestmöglichen Amputationshöhe 98
3 Indikation zur Amputation – Wahl der bestmöglichen Amputationshöhe 99
Grundsätzliches 99
Beeinflussende Faktoren 99
Amputationen im Wachstumsalter 101
Präoperativer klinischer Befund 105
Anamnese 105
Allgemeinzustand, Operabilität 106
Lokalbefund 106
Technische Untersuchungsmethoden 109
Bildgebende Verfahren 109
Kapitel 4 Prinzipien der Amputationschirurgie 116
4 Prinzipien der Amputationschirurgie 117
Allgemeines 117
Präoperative Maßnahmen 118
Aufklärungsgespräch 119
Lagerung, Abdeckung, Blutsperre/-leere 120
Instrumente und Material 121
Anästhesie 124
Vor der Anästhesie 124
Art der Anästhesie 125
Intraoperatives Vorgehen 126
Haut 126
Muskulatur 137
Gefäße 140
Nerven 141
Sehnen, Faszien, Ligamente, Menisken 141
Knorpel und Knochen 142
Wundbehandlung 143
Allgemeines 143
Zirkulation 144
Orthopädietechnische Versorgung 145
Spezielle Wundbehandlung 148
Kapitel 5 Prinzipien der Prothesentechnik 158
5 Prinzipien der Prothesentechnik 159
Allgemeines 159
Indikationsstellung und Verordnung 159
Patient 159
Stumpf 160
Technik 160
Sofort- und Interimsversorgung 161
Sofortversorgung 161
Interimsversorgung 161
Definitive Prothesenversorgung 163
Schalenbauweise 163
Modularbauweise 163
Kompaktbauweise 164
Kosmetik 164
Schaft 165
Werkstoffe und Verarbeitung 170
Untere Extremität 181
Obere Extremität 206
Kapitel 6 Untere Extremität – Spezielle Amputationschirurgie und Prothesenversorgung 244
6 Untere Extremität – Spezielle Amputationschirurgie und Prothesenversorgung 245
Allgemeines 245
Amputationshöhen 245
Wahl der bestmöglichen Amputationshöhe 245
Fuß (partial foot amputation) 247
Allgemeines 247
Operative Prinzipien 248
Zehen 254
„Innere Amputation“ nach Baumgartner 259
Vor- und Mittelfuß 264
Fersenbereich 274
Rückfuß 280
Prothesenversorgung 290
Unterschenkel (trans-tibial amputation) 309
Allgemeines 309
Operative Techniken 311
Postoperative Behandlung 326
Prothesenversorgung 327
Umdrehplastik nach Borggreve – Van Nes – Winkelmann 346
Einteilung nach Winkelmann 346
Nachteile der Umdrehplastik 346
Indikationsstellung 348
Operative Prinzipien 349
Komplikationen 349
Nachsorge 349
Prothesenversorgung der Umdrehplastik nach Borggreve – Van Nes – Winkelmann 350
Knie (knee-disarticulation) 352
Allgemeines 352
Indikationen und Kontraindikationen 353
Operative Techniken 357
Prothesenversorgung 368
Oberschenkel (trans-femoral amputation) 379
Allgemeines 379
Operative Techniken 382
Nachbehandlung 394
Prothesenversorgung 395
Hüft- und Beckenbereich (hip disarticulation, hemipelvectomy) 417
Allgemeines 417
Operative Techniken 420
Prothesenversorgung 425
Kapitel 7 Obere Extremität – spezielle Amputationschirurgie udn Prothesenversorgung 434
7 Obere Extremität – spezielle Amputationschirurgie und Prothesenversorgung 435
Allgemeines 435
Amputationshöhen 435
Replantation und Transplantation der Hand 435
Replantation 435
Transplantation 440
Amputation und Exartikulation an der Hand (partial hand amputation) 445
Finger 446
Transmetakarpale Amputationen 452
Karpometakarpale und transkarpale Amputationen 454
Prothesen für Finger- und Handstümpfe 454
Exartikulation im Handgelenk und Amputation im Unterarm (trans-radial amputation) 465
Allgemeines 465
Exartikulation im Handgelenk 465
Amputation im Unterarm (trans-radial) 466
Operationen zur Verbesserung der Stumpfqualität am Unterarm 467
Prothesenversorgung 476
Exartikulation im Ellenbogen (trans-condylar amputation) 480
Allgemeines 480
Operatives Vorgehen 481
Prothesenversorgung 481
Amputation am Oberarm (trans-humeral amputation) 482
Allgemeines 482
Operatives Vorgehen 482
Operationen zur Verbesserung der Stumpfqualität am Oberarm 483
Prothesenversorgung 487
Amputation im Schulterbereich (shoulder disarticulation, fore quarter amputation) 490
Subkapitale Amputation des Humerus 490
Exartikulation im Schultergelenk 490
Amputation im Schultergürtel 491
Prothesenversorgung 494
Plastisch-chirurgische Verfahren zur Verbesserung der Stumpffunktionalität 497
Rekonstruktion komplexer Extremitätendefekte 497
Elektive Amputation – Plexusläsion, Verbrennung, Explosionstrauma 502
Kapitel 8 Angeborene Fehlbildungen und deren Versorgung in der Technischen Orthopädie 504
8 Angeborene Fehlbildungen und deren Versorgung in der Technischen Orthopädie 505
Allgemeines 505
Angeborene Fehlbildungen der unteren Extremitäten 505
Angeborene Fehlbildungen am Fuß 505
Angeborene Fehlbildungen an Kniegelenk und Unterschenkel 510
Angeborene Fehlbildungen am Oberschenkel 505
Angeborene Fehlbildungen im Bereich der Hüfte 532
Angeborene Fehlbildungen der oberen Extremitäten 533
Angeborene Fehlbildungen im Bereich der Hand 535
Angeborene Fehlbildungen im Bereich des Handgelenks und Unterarms 536
Angeborene Fehlbildungen im Bereich des Oberarms 540
Angeborene Fehlbildungen im Bereich der Schulter 541
Funktionale Alltagshilfen 542
Kapitel 9 Ganganalyse 546
9 Ganganalyse 547
Einleitung 547
Bedeutung des Ganges 547
Historischer Überblick 547
Ganganalytische Verfahren und Prinzipien 548
Visuelle Ganganalyse 548
Messende Ganganalyse 549
Der normale Gang 550
Gangzyklus 550
Bodenreaktionskraft – die bewegende Kraft 550
Kinematik – Gelenkbewegung 551
Der Gang des Beinamputierten 553
Allgemeine Gangkenngrößen 553
Teilfußamputierte 554
Unterschenkelamputierte 555
Oberschenkelamputierte 556
Hüftexartikulierte/Hemipelvektomierte 557
Kapitel 10 Der Stumpf und seine Probleme 558
10 Der Stumpf und seine Probleme 559
Allgemeines 559
Dokumentation 559
Anamnese 559
Klinische Untersuchung 559
Bildgebende Verfahren 560
Zirkulation 560
Ödem 560
Muskulatur 561
Knochen und Gelenke 561
Frakturen 561
Exostosen 561
Resorption 562
Haut 562
Hygiene 562
Hautkrankheiten 562
Nerven 565
Operative Stumpfkorrekturen 565
Phantomgefühl, Stumpf- und Phantomschmerz 565
Phantomgefühl 565
Stumpfschmerz 567
Phantomschmerz 572
Kapitel 11 Rehabilitation 576
11 Rehabilitation 577
Allgemeines/rehabilitationsspezifische Sichtweise 577
Nationaler Aktionsplan 577
International Classification of Functioning, Activities and Participation (ICF) 577
Definition 578
Voraussetzungen 578
Rehabilitatives Vorgehen 579
Teamansatz 579
Rehabilitationsphasen 580
Präoperative Rehabilitation 581
Frühe Rehabilitationsphase 581
Eigentliche Rehabilitationsphase in der Rehabilitationseinrichtung 581
Späte Rehabilitationsphase und Langzeitrehabilitation (Nachsorge) 585
Aufgaben der Teammitglieder 585
Ärztliche Betreuung 585
Betreuung durch das Pflegeteam 586
Psychologie 586
Bewegungstherapie 586
Sporttherapie 587
Ergotherapie 588
Sozialdienst 588
Orthopädietechnik/-schuhtechnik 588
Kostenträger 588
Spezielle Bewegungstherapie – untere Extremität 589
Physiotherapie und Ergotherapie 589
Untere Extremität 596
Spezielle Bewegungstherapie – obere Extremität 610
Training ohne Prothese 610
Prothesentraining 613
Autofahren mit Amputation 630
Kraftfahrzeuge 630
Zweiräder 635
Gangfehler 635
Therapie 635
Besonderheiten 638
Mehrfachamputationen 638
Kinder 639
Sporttherapie 640
Erste sportliche Aktionen nach Beinamputationen 640
Kapitel 12 Schmerztherapie 644
12 Schmerztherapie 645
Allgemeines 645
Nozizeptiv vermittelte Schmerzen 645
Neuropathische Schmerzen 645
Mixed Pain (neuropathisch-nozizeptive Schmerzen) 646
Vorgehen 646
Arten von Analgetika 646
Nichtopioidanalgetika (WHO Stufe I) 646
Opioide (WHO Stufen II und III) 646
Weitere Substanzen 647
Fazit 647
Kapitel 13 Standardisierte Verfahren zur Bewertung von Mobilität und funktionellem Outcome 648
13 Standardisierte Verfahren zur Bewertung von Mobilität und funktionellem Outcome 649
Assessments 649
Rehabilitationsziele und prädiktive Faktoren zur Beurteilung der Mobilität 649
Spezielle Assessmentinstrumente 649
Zusammenfassung 649
Kapitel 14 Begutachtung 654
14 Begutachtung 655
Allgemeines 655
Unfallversicherung 655
Gesetzliche Unfallversicherung 655
Private Unfallversicherung 655
Gesetzliche Rentenversicherung 655
Private Berufsunfähigkeitsversicherung 656
Schwerbehindertenrecht (Teilhabe schwerbehinderter Menschen SGB IX) 656
15 Literatur 657
Sachverzeichnis 668

Vorwort zur 3. Auflage


Amputationschirurgie und Prothesenversorgung sind so alt wie die Menschheit. Die älteste bekannte, 3000 Jahre alte Zehenprothese an einer ägyptischen Mumie ist bestimmt nicht die erste. Ein Gliedmaßenverlust ist seit jeher für den oder die direkt Betroffenen zunächst eine Katastrophe, an der oberen Extremität stärker als an der unteren, von mehrfachen Amputationen gar nicht zu reden. Bei angeborenen Fehlbildungen sind paradoxerweise die Eltern die Patienten, nicht ihre Kinder. Wenn überhaupt, werden sie es erst viel später.

Alle sehen sie sich vor Fragen gestellt, die selbst erfahrene Fachleute nicht beantworten können: Warum? Woher? Wie weiter? Hinzu gesellt sich das unterschwellige Gefühl, eine Amputation oder Fehlbildung sei eine Art von Bestrafung. In der Tat haben Amputationen als Strafmaßnahmen eine lange Tradition und werden da und dort heute noch praktiziert. Es ist verständlich, wenn das Bild zuerst beherrscht wird von Trauer und Wut. Bald jedoch folgen Wünsche und Erwartungen, das Ärgernis Amputation durch die Kunst der Wiederherstellungschirurgie oder aber durch die moderne Prothesentechnik ungeschehen zu machen. Die regelmäßig erscheinenden Sensationsberichte unterstützen diesen unerschütterlichen Glauben nach Kräften.

Die Realität sieht anders aus. Was immer auch getan werden kann: Es wird nie mehr so sein wie früher. Kaum ein Gebiet der Medizin, in welchem Wunsch und Wirklichkeit derart weit auseinanderklaffen.

Die „Contergan-Kinder“ mit ihren schweren multiplen Fehlbildungen, die vor 40 Jahren mit größtem Aufwand versorgt wurden, haben ihre künstlichen Arme längst weggelegt, im Gegensatz zu den Orthoprothesen für ihre unteren Extremitäten. Nicht wenige tragen zudem die Monate und Jahre stationärer Prothesenversorgung und -trainings in denkbar schlechter Erinnerung, wie der weltberühmte Bariton Thomas Quasthoff in seinen Lebenserinnerungen sie schildert. Es ist aber zu einfach, hinterher über die Betroffenen und Beteiligten den Stab zu brechen. Alle waren schlicht überfordert. Daran hat sich im Grunde bis heute nichts geändert.

Das Missverhältnis zwischen Stumpf und Prothese nimmt zu mit jedem Verlust an Länge. Nachuntersuchungen berichten übereinstimmend über die schlechte Akzeptanz von Prothesen nach körpernahen Amputationen an der oberen Extremität. Es wäre jedoch verfehlt, diese Tatsache der Prothesentechnik oder einem chronischen Mangel an Interesse am Thema und entsprechend an Forschungsgeldern in die Schuhe zu schieben. Es liegt vielmehr in der Natur der Sache, dass auch die aufwendigste Prothese den meilenweiten Abstand zum Vorbild bestenfalls ein wenig zu verringern, niemals jedoch zu schließen vermag.

Wir sehen unsere faszinierende Aufgabe darin, den Schaden von Anfang an möglichst zu begrenzen. Die wichtigsten Weichen zur Rehabilitation werden mit der Wahl der Amputationshöhe gestellt und nicht erst bei der Wahl der Prothese. Diese Aufgabe stellt an den Operateur weit höhere Anforderungen, als ihm sein chirurgisches Geschick abverlangt. Eine ganze Anzahl Faktoren muss er berücksichtigen, die mit dem Lokalbefund rein nichts zu tun haben.

Lässt sich eine Amputation tatsächlich nicht vermeiden, geht es zunächst darum, so peripher wie nur möglich einen schmerzfreien, belastbaren Stumpf zu schaffen und damit die Rehabilitationsaussichten entscheidend zu verbessern. Dieses Ziel lässt sich oft erst in mehreren Schritten erreichen. Eine ganze Reihe operativer Eingriffe zur Verbesserung der Stumpfqualität steht zur Verfügung. Die gesamte Palette der Hand-, der Gefäß-, der Tumor-, der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, aber auch der septischen und der Kriegschirurgie ist voll auszuschöpfen. Dazu gehören althergebrachte Methoden wie die Greifzange nach Krukenberg und die Kineplastik nach Sauerbruch, beide aus der Zeit des 1. Weltkrieges, so gut wie moderne mikrochirurgische Verfahren zur Replantation der abgetrennten Gliedmaße oder zum Transfer einer Zehe als Daumenersatz. Natürlich dürfen eigene Beiträge nicht fehlen, wie die sogenannte „innere Amputation“ des Fußes, die Knieexartikulation und ihre Varianten, die gestielte Muskellappenplastik bei der Markraum-Osteitis von Femur und Tibia, die offene Mobilisation des Ellenbogens bei Kontrakturen nach Starkstromverbrennungen. Keine operative Technik, die nicht eine kritische Prüfung über sich ergehen lassen musste. Mitarbeiter ergänzen die Reihe mit der Umdrehplastik nach Borggreve – van Nes, Verlängerungsostotomien an Stümpfen und plastisch-chirurgischen Verfahren.

Alle diese operativen Indikationen sind von Anfang an abzuwägen gegen eine Prothesenversorgung, etwa wenn es gilt, dem Handstumpf einen Gegenhalt zu verschaffen.

Allgemein geht es darum, um jeden Gewinn an Länge zu kämpfen. Knieexartikulierte mit ihrem endbelastbaren, kräftigen, langen Hebelarm gewinnen im Behindertensport die Goldmedaillen im Wettstreit mit den Oberschenkelamputierten, um nur ein Beispiel zu nennen. Die Prothesentechnik hat sich danach zu richten und nicht umgekehrt. Inzwischen hat sie die Vorteile eines langen, birnenförmigen Stumpfes längst erkannt. Auch nur wenige Zentimeter dürfen nicht geopfert werden in der Vorstellung, die Technik wäre in der Lage, einen zumindest gleichwertigen Ersatz zu bieten. Letzten Endes geht es um ein unwiederbringliches, einmaliges Stück Leben und damit auch um ethische Fragen.

Zum Slogan „Life before Limb“ gehört unbedingt auch die Überlegung „Limb is Life, too“. Wem der unschöne Begriff „Nachamputation“ fremd ist, der amputiert zu hoch und vergibt damit dem Patienten jede Chance, zum Beispiel sein Kniegelenk zu behalten und damit seine künftige Lebensqualität signifikant zu erhöhen. Ein gewisses Risiko postoperativer Komplikationen ist dabei einzukalkulieren und von allen Beteiligten mitzutragen.

Was hier vorgestellt wird, sind die praktischen Erfahrungen der Verfasser und ihrer Mitarbeiter. Alle versuchen sie so darzulegen, dass ein fachkundiger Leser sie auch nachvollziehen kann. Ungeübten erleichtern standardisierte operative Verfahren die Aufgabe. Raffinierte Techniken fordern die Könner heraus.

Genau die gleiche Einstellung prägt die Kapitel über die Prothesenversorgung. So schwierig wie die Indikationsstellung zur Amputation ist auch die Antwort auf die Frage, mit welcher Art Prothese dem Amputierten denn am besten gedient sei. Die Auswahl reicht von der ultramodernen elektronisch gesteuerten Versorgung und der täuschend ähnlichen Nachbildung zu viel simpleren Lösungen. Dazu gehört auch der Verzicht auf jede Prothese, wenn damit dem Amputierten besser gedient ist.

Zur Prothesenversorgung gehören Gehschulung und Prothesentraining, von Anfang an ausgerichtet auf Fähigkeiten und Fertigkeiten des Amputierten im Hinblick auf seine Rehabilitation im weitesten Sinne.

Dabei dürfen die verschiedensten technischen Hilfsmittel nicht fehlen. Auch sie sind nur sinnvoll, wenn sie die Lebensqualität verbessern. Für den Amputierten und erst recht für ein Kind mit angeborenen Fehlbildungen hat die soziale Integration in Familie, Schule, Beruf und Sport den höchsten Stellenwert.

Für „erfolgreich“, „problemlos“ oder gar „perfekt“ ist hier kein Platz. Es werden auch keine Quantensprünge geschlagen. Dafür hängen die Trauben so hoch wie nur möglich. Gesucht ist die „am wenigsten schlechte Lösung“, „la solution la moins mauvaise“, so viel eleganter auf Französisch.

Das Buch kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Dazu würden nicht einmal zehn Bände ausreichen. Es ist sehr persönlich und damit auch subjektiv geschrieben. Das Literaturverzeichnis könnte stellenweise aus einem medizinischen Antiquariat stammen. Die neuere Literatur lässt sich vollständiger im Internet abrufen.

Aus 3 mach 1: Dieses Buch ist ein Konzentrat aus 3 früheren Werken. Das erste handelt von der „Amputation und Prothesenversorgung der unteren Extremität“, erschienen 1989, in 2. Auflage 1995. 1997 entstand das Gegenstück über die obere Extremität, alle drei im Ferdinand Enke Verlag in Stuttgart. Anno 2000 veröffentlichte der Georg Thieme Verlag „Physiotherapie und Sport nach Beinamputationen“ von Birgit Wilde und René Baumgartner.

Im vorliegenden Werk suchen die Verfasser nun alle Aspekte unter einem Dach unterzubringen, miteinander zu verbinden, zu beurteilen und Doppelspurigkeiten auszuschalten. Darüber hinaus konnten sie gute 10 Jahre mehr an Erfahrungen hinzufügen.

Ihr Stolz sind ihre Langzeitergebnisse mit Patienten, die sie ein orthopädisches Leben lang begleiten konnten. Daraus ergibt sich automatisch eine Zurückhaltung bis Ablehnung von Verfahren mit brillanten Sofortergebnissen, bei denen niemand daran denkt, wie...

Erscheint lt. Verlag 13.4.2016
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete
Schlagworte Amputation • Orthopädie • Prothesenversorgung • Technische Orthopädie
ISBN-10 3-13-155014-7 / 3131550147
ISBN-13 978-3-13-155014-9 / 9783131550149
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