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Irre irren nicht

Buch | Softcover
206 Seiten
2013 | 4., Auflage
Ille & Riemer (Verlag)
978-3-936308-08-2 (ISBN)
CHF 27,95 inkl. MwSt
Keine sklerotisch-würdige psychatriehistorische Betrachtung, sondern eine kritische Liebeserklärung an die Psychatrie und die von ihr Betroffenen.

Keine akademisch-distanzierte Soziologie der Anstaltspsychiatrie, sondern ein sehr persönlicher Bericht über ein Kapitel psychiatrischer Versorgung in der DDR.

Keine anklagende Analyse der Mängel und der Unsäglichkeiten der psychiatrischen Anstalten, sondern Erfahrungen über das Staunen in der Psychiatrie.

Keine chronologische Geschichte von Historikern verfasst, sondern Geschichten erzählt von Betroffenen und Dabeigewesenen.

Prof. Dr. med. habil. Helmut F. Späte wurde 1936 in Gera geboren und studierte Medizin in Leningrad und Berlin. Nach der Facharztausbildung in Brandenburg-Görden und Habilitation war er bis 1984 Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses für Psychatrie und Neurologie in Bernburg. Bis 1993 dann Inhaber des Lehrstuhls für Psychatrie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und anschließend bis 2002 stellvertr. Ärztlicher Direktor des Kommunalen Psychiatrischen Krankenhauses Halle. Seitdem arbeitet er als freiberuflicher Gutachter.

Dr. med. Klaus-Rüdiger Otto wurde 1943 in Halle/Saale geboren und nahm 1963 ein Medizinstudium an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg auf. Nach der Promotion 1969 und der anschließenden Facharztausbildung in Brandenburg-Görden wurde er 1975 Chefarzt der Psychiatrischen Klinik im Bezirkskrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Bernburg. Seit 1981 ist er als Nervenarzt in Potsdam tätig.

Inhaltsverzeichnis

Eine notwendige Vorbemerkung
Das eine Vorwort
Das andere Vorwort
Noch ein Vorwort
Die Anstalt als Dorf - Vom Alltag im Bezirkskrankenhaus
für Psychiatrie und Neurologie Görden
Zu Besuch auf dem Görden
Erster Umweg: Die totale Institution
Zweiter Umweg: Das Anstaltssyndrom
Dritter Umweg: Chronisch psychisch Kranke und psychiatrischen Krankenhaus
Die Ansicht der Anstalt von innen
Wie haben die Betreuer die Kranken gesehen?
Vierter Umweg: Ethologischer Exkurs
Auf dem Hauptweg des Dorfes – Wer uns begegnet ist
Die Bürgermeisterin
Die Gemeinderäte
Die Dorfbewohner: die Patienten
Die Dorfbewohner: die Ärzte
Der neue Bürgermeister kommt
Eine Rast unterwegs: Vom Staunen
Auswege
Therapeutische Gemeinschaft
Im Irrgarten
Zu guter Letzt: Einkehr im Gördencafé
Anhang
Rodewischer Thesen
Neun Thesen zur Therapeutischen Gemeinschaft
Brandenburger Thesen zur Therapeutischen Gemeinschaft
Literaturverzeichnis

»Was hier so ehrlich und ohne Anklage über die DDR-Psychiatrie der sechziger bis achtziger Jahre mitgeteilt wird, trieb einer Hörerin nach zwei Lesestunden die Tränen in die Augen. Der Autor habe aus ihrer Seele gesprochen, aber aus eigener Erfahrung wisse sie, dass es heute genauso schlimm sei.« (Gerold Paul, Potsdamer Neuste Nachrichten, 17.02.2011)

»Das Wichtigste dabei sei ihm das Staunen, schon deshalb, weil „im Fach“ grundsätzlich nicht gestaunt werde – über eine Patientin etwa, die nicht mehr weinen kann. Staunen sei kostenlos, benötigt keine Sprache, sei mehr dem Herzen als dem Intellekt zugetan. Jeder kann, jeder sollte wieder Staunen, deshalb nennt er das Buch ja auch „Psychiatrie für Jedermann“« (Gerold Paul, Potsdamer Neuste Nachrichten, 17.02.2011)

»Ihr habt das ehrlichste Psychiatrie-Buch geschrieben, das zumindest ich kenne! Habe es gleich über Weihnachten in einem Atemzug gelesen: einmal fühlte ich mich gleich zu Hause – in der ›guten alten Anstalt‹; dann die Einsicht, wie läppisch gering die Unterschiede DDR-BRD waren, was besagt schon die kleine materielle Differenz beim Tiefgang der Bedeutung (der destruktiven) für konkrete Menschenleben; dann ›therapeutische Gemeinschaft‹ zugleich (in Brandenburg meines Wissens etwas früher als in Gütersloh), war einerseits ein großer Aufbruch, hat aber auch viel verändert, und dann auch wieder nichts – gemessen am Totalen der Institution (Adorno: Es gibt nichts Richtiges im Falschen), und in der BRD steht in der Bilanz der tollen Psychiatriereform die ständige Zunahme der Heimplätze; und zum Schluß das Tribunal im Gördencafé – umwerfend: ich hätte mich unter die Angeklagten schon deshalb gleich eingereiht, weil mir zu meiner Schande erst kürzlich eingefallen ist, daß wir beim Buchtitel ›Irren ist menschlich‹ tatsächlich nur an die ›Irren‹ gedacht haben, nicht an das Irren von uns Profis: das habt Ihr mit Eurem Titel wunderbar durch den Kakao gezogen! Und Eure Sprach: nie larmoyant, immer ganz leicht – humorig – selbstironisch! Absolute Pflichtlektüre für die heutige Generation; denn ohne euch spricht alles dafür, daß all das hinter neuen Mythen vergessen wird…« (Prof. Dr. Klaus Dörner)

»Die Schilderung der Neuerungen im Sinne der Humanisierung und Befreiung ist nach vierzig Jahren immer noch interessant und von einer Aktualität, die angesichts der modernen Form von Entmündigung, der psychisch Gestörte noch allzu oft unterliegen, traurig stimmt.« (Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie (05/2011)

»Das Buch regt an zum Nachdenken über das, was im Trialog geleistet wurde und was vielleicht noch zu leisten ist. Es sei nicht nur den „Profis“, Psychiatrieerfahrenen und Angehörigen empfohlen, sondern auch allen, die an Teilhabe und Mitmenschlichkeit interessiert sind.« (Psychosoziale Umschau 4/2011)

»Damit wird das Büchlein gleichsam zur Denkschrift für all die psychisch Kranken, die jene Zeit in der Psychiatrie durchstanden haben. Das Buch wird dazu beitragen, dem psychisch kranken Menschen mehr Verständnis entgegenzubringen. Es spricht gleichermaßen Betroffene, deren Angehörige, wie auch all jene an, die beruflich in und mit der Psychiatrie zu tun haben.« (Prof. Dr. Klaus Weise)

Wir beschreiben den Alltag in der Landesnervenklinik Brandenburg als Dorf mit einigen Besonderheiten, nicht als Karikatur eines gesellschaftlichen Miteinander (was es eigentlich auch gewesen ist), auch nicht als einen Ausdruck der Mühsal verbitterter ehemaliger Dorfbewohner (die es natürlich auch gab), sondern um die Lebensschwierigkeiten auf dem Hintergrund der Anstaltsgeschichte besser verstehen zu können, und um der leidlichen, immer in den psychiatriegeschichtlichen Texten zu lesenden Klage über die Mängel und Defizite etwas Lebendiges entgegenzusetzen, das geschichtlich gewachsen war. (S. 21) Über Jahrzehnte lang ist es in der Psychiatrie üblich gewesen, die Briefe der Patienten zu zensieren und Schriftstücke mit kritischen Äußerungen nicht abzusenden. Ein Teil dieser Selbstzeugnisse der Kranken wurde in den Krankenblättern als psychopathologischer Beleg abgeheftet und als vorgebliches Dokument der Erkrankung gespeichert. Oft fühlte sich der Psychiater selbst in seiner Position angegriffen und fürchtete wohl auch Konsequenzen, wenn sich die Patienten über Missstände beklagten. Der Scheu, die Briefe abzuschicken, und dem Drang, die Erkrankung möglichst umfassend zu dokumentieren, verdanken wir, dass einige dieser Briefe erhalten geblieben sind. Damit hatte diese eklatante Rechtlosigkeit der Kranken wenigstens ein Gutes, auch wenn das makaber klingt, sie helfen uns Heutigen zu verstehen, wie gering die Achtung vor dem kranken Menschen gewesen ist und wie wenig er selbst an der Gestaltung seines ärmlichen Lebens in der Anstalt beteiligt worden ist. (S. 44f.) „Herr Späte ist Arzt und äußerst charmant, er macht hier Visite und gibt dir die Hand. Er schnappt sich sein Auto und fährt damit fort und lässt dich hier sitzen an düsterem Ort.“ (Patientin Gertrud V. 1967) (S. 48)

Wir beschreiben den Alltag in der Landesnervenklinik Brandenburg als Dorf mit einigen Besonderheiten, nicht als Karikatur eines gesellschaftlichen Miteinander (was es eigentlich auch gewesen ist), auch nicht als einen Ausdruck der Mühsal verbitterter ehemaliger Dorfbewohner (die es natürlich auch gab), sondern um die Lebensschwierigkeiten auf dem Hintergrund der Anstaltsgeschichte besser verstehen zu können, und um der leidlichen, immer in den psychiatriegeschichtlichen Texten zu lesenden Klage über die Mängel und Defizite etwas Lebendiges entgegenzusetzen, das geschichtlich gewachsen war. (S. 21) Über Jahrzehnte lang ist es in der Psychiatrie üblich gewesen, die Briefe der Patienten zu zensieren und Schriftstücke mit kritischen Äußerungen nicht abzusenden. Ein Teil dieser Selbstzeugnisse der Kranken wurde in den Krankenblättern als psychopathologischer Beleg abgeheftet und als vorgebliches Dokument der Erkrankung gespeichert. Oft fühlte sich der Psychiater selbst in seiner Position angegriffen und fürchtete wohl auch Konsequenzen, wenn sich die Patienten über Missstände beklagten. Der Scheu, die Briefe abzuschicken, und dem Drang, die Erkrankung möglichst umfassend zu dokumentieren, verdanken wir, dass einige dieser Briefe erhalten geblieben sind. Damit hatte diese eklatante Rechtlosigkeit der Kranken wenigstens ein Gutes, auch wenn das makaber klingt, sie helfen uns Heutigen zu verstehen, wie gering die Achtung vor dem kranken Menschen gewesen ist und wie wenig er selbst an der Gestaltung seines ärmlichen Lebens in der Anstalt beteiligt worden ist. (S. 44f.) „Herr Späte ist Arzt und äußerst charmant, er macht hier Visite und gibt dir die Hand. Er schnappt sich sein Auto und fährt damit fort und lässt dich hier sitzen an düsterem Ort.“ (Patientin Gertrud V. 1967) (S. 48)

Erscheint lt. Verlag 14.6.2013
Reihe/Serie ilri Bibliothek Wissenschaft ; 5
Verlagsort Leipzig, Weißenfels
Sprache deutsch
Maße 148 x 210 mm
Gewicht 317 g
Einbandart kartoniert
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte Zeitgeschichte
Geisteswissenschaften Psychologie Sozialpsychologie
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Studium Querschnittsbereiche Geschichte / Ethik der Medizin
Schlagworte Brandenburg-Görden • Psychiatrie • Psychiatriegeschichte
ISBN-10 3-936308-08-X / 393630808X
ISBN-13 978-3-936308-08-2 / 9783936308082
Zustand Neuware
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