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Androidenträume - John Scalzi

Androidenträume

Roman

(Autor)

Buch | Softcover
496 Seiten
2009
Heyne, W (Verlag)
978-3-453-52504-7 (ISBN)
CHF 12,50 inkl. MwSt
  • Titel ist leider vergriffen;
    keine Neuauflage
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Das späte 21. Jahrhundert: Auf ihrem Weg ins All ist die Menschheit einer Reihe von Alien-Völkern begegnet, mit denen sie Handelsbeziehungen aufnimmt und politische Bündnisse schmiedet. Doch dann kommt es auf einer interstellaren Konferenz zu einem folgenschweren Vorfall: Durch ein Missverständnis stirbt ein Außerirdischer vom Volk der Nidu. Eine kriegerische Auseinandersetzung droht - und nur Harry Creek, genialer Programmierer und Kriegsveteran, kann diesen Krieg verhindern...


John Scalzi, Jahrgang 1969, wuchs in Kalifornien auf. Nach dem College arbeitete er zunächst als Filmkritiker und später als Redakteur des Internet-Magazins America Online. Bereits sein Debütroman Krieg der Klone war so erfolgreich, dass John Scalzi sich von da an hauptberuflich dem Schreiben seiner Science-Fiction-Romane widmete. Nebenbei unterhält er schon seit Jahren seinen vielbesuchten Blog The Whatever. Mit seiner Frau und seiner Tochter lebt der Autor in Ohio.

Dirk Moeller war sich nicht sicher, ob er einen größeren diplomatischen Konflikt herbeifurzen konnte. Aber er war bereit, es zu versuchen. Moeller nickte geistesabwesend seinem Assistenten zu, der ihm den Zeitplan für die heutigen Verhandlungen vorlegte, und rückte sich schon wieder auf seinem Stuhl zurecht. Das Gewebe um den Apparat herum juckte, aber schließlich konnte man es nicht einfach ignorieren, wenn man mit einer zehn Zentimeter langen Röhre aus Metall und Elektronik im Dickdarm herumlief, nur ein paar Zentimeter tief eingeführt. So etwas verursachte nun einmal ein gewisses Unbehagen. Das war Moeller bereits klar geworden, als Fixer ihm den Apparat präsentiert hatte. »Das Prinzip ist ganz einfach«, sagte Fixer und reichte Moeller das leicht gekrümmte Ding. »Sie erzeugen wie gewohnt Darmwinde, aber nun wird das Gas nicht mehr aus Ihrem Körper entweichen, sondern vom vorderen Teil des Geräts aufgenommen. Es schließt sich und gibt das Gas an den zweiten Teil weiter, wo bestimmte chemische Komponenten hinzugefügt werden, abhängig von der Botschaft, die Sie übermitteln wollen. Dann wird das Ganze in den dritten Abschnitt des Apparats geleitet, wo es dann auf Ihr Signal wartet. Lassen Sie den Korken knallen, wird es gesendet. Sie steuern das Ganze über ein drahtloses Interface. Alles funktioniert reibungslos. Sie müssen es sich nur noch einsetzen lassen.« »Tut das weh?«, fragte Moeller. »Es sich einsetzen zu lassen, meine ich.« Fixer verdrehte die Augen. »Sie lassen sich ein Miniatur-Chemielabor in den Arsch schieben, Mr. Moeller. Natürlich tut das weh.« Und so war es. Nichtsdestotrotz war es ein beeindruckendes technisches Erzeugnis. Fixer hatte es auf der Grundlage von Blaupausen konstruiert, die er im Nationalarchiv gefunden hatte und die aus der Zeit stammten, als die Nidu und die Menschen vor Jahrzehnten erstmals Kontakt miteinander aufgenommen hatten. Der ursprüngliche Erfinder war ein Chemiker gewesen, der die Idee hatte, die beiden Völker durch ein Konzert zusammenzubringen, bei dem Menschen mit einem solchen Apparat in der Luftröhre parfümierte Friedensbotschaften rülpsen sollten. Das Vorhaben scheiterte, weil kein seriöser menschlicher Chor mit diesem Konzert in Verbindung gebracht werden wollte. Und die Kombination der Notwendigkeit anhaltender Eruktation mit der chirurgischen Implantation der Apparate schreckte zusätzlich ab. Kurz darauf wurden gegen besagten Chemiker polizeiliche Ermittlungen wegen der angeblich gemeinnützigen Stiftung eingeleitet, die er zwecks Organisation des Konzerts gegründet hatte, und schließlich landete er wegen Betrug und Steuerhinterziehung in einer Justizvollzugsanstalt. Der Apparat ging in den Wirren verloren und geriet in Vergessenheit, um darauf zu warten, dass ihn jemand für einen neuen Verwendungszweck wiederentdeckte. »Alles in Ordnung mit Ihnen, Sir?«, sagte Alan, Moellers Assistent. »Sie wirken bedrückt. Geht es Ihnen immer noch nicht besser?« Alan wusste, dass sein Vorgesetzter gestern wegen einer Darmgrippe zu Hause geblieben war. Er hatte seine Anweisungen für die heute anstehenden Verhandlungen per Konferenzschaltung erhalten. »Mir geht es gut, Alan«, versicherte Moeller. »Nur leichte Bauchschmerzen, mehr nicht. Vielleicht habe ich zum Frühstück irgendwas Falsches gegessen.« »Ich könnte mich erkundigen, ob jemand etwas gegen Sodbrennen dabeihat«, erbot sich Alan. »Das wäre das Letzte, was ich im Moment gebrauchen könnte«, entgegnete Moeller. »Dann vielleicht einen Schluck Wasser?« »Kein Wasser«, sagte Moeller. »Aber ein kleines Glas Milch wäre jetzt nicht schlecht. Ich glaube, das könnte meinen Magen beruhigen.« »Ich frage mal in der Kantine nach«, sagte Alan. »Uns bleiben noch ein paar Minuten, bis es losgeht.« Moeller nickte Alan zu, der sich sofort auf den Weg machte. Netter Junge, dachte Moeller. Nicht besonders helle und noch recht neu in der Handelsdelegation, aber genau das waren zwei der Gründe gewesen, warum er ihn für diese Verhandlungen als Assistenten eingestellt hatte. Ein Assistent, der aufmerksamer und schon länger mit Moeller bekannt gewesen wäre, hätte sich vielleicht erinnert, dass er eine Laktoseintoleranz hatte. Schon die kleinste Menge Milch führte bei ihm unvermeidlich zu gastrischer Unruhe. »Laktoseintoleranz? Toll!«, hatte Fixer nach der Implantation gesagt. »Trinken Sie ein Glas Milch und warten Sie ungefähr eine Stunde. Dann müsste es losgehen. Sie können es auch mit den üblichen gaseerzeugenden Lebensmitteln probieren - Bohnen, Brokkoli, Blumenkohl, Weißkohl, rohe Zwiebeln, Kartoffeln. Äpfel und Aprikosen wirken genauso. Auch Pflaumen, aber die haben wahrscheinlich mehr Feuerkraft, als Sie gebrauchen können. Nehmen Sie zum Frühstück eine gute Gemüsemischung zu sich, und warten Sie einfach ab.« »Kein Fleisch?«, hatte Moeller gefragt. Er schnappte immer noch ein wenig nach Luft, nachdem der Schmerz fast verflogen war, der mit der Einführung des Apparats ins Auspuffrohr und der Verschweißung mit der Darmwand verbunden war. »Aber sicher doch«, bemerkte Fixer. »Vor allem fettes Fleisch - Schinken oder sonstiges gut marmoriertes rotes Fleisch. Mit Corned Beef und Kohl bekommen Sie von allem etwas. Mögen Sie kein Gemüse?« »Mein Vater war Metzger«, sagte Moeller. »Als Kind habe ich sehr viel Fleisch gegessen, und ich mag es immer noch.« Mehr als nur das, um genau zu sein. Dirk Moeller entstammte einer langen Ahnenreihe von Karnivoren, und er nahm stolz zu jeder Mahlzeit Fleisch zu sich. Die meisten Leute taten das heutzutage nicht mehr. Und wenn sie doch einmal Fleisch aßen, entschieden sie sich meistens für eine Tube mit Zuchtfleisch, das aus kultiviertem Gewebe erzeugt wurde, ohne dass ein lebendes Tier geschlachtet werden musste. Häufig hatten diese Produkte, abgesehen von ihren mythischen Ursprüngen, überhaupt keine Beziehung zu Tieren mehr. Das meistverkaufte Kunstfleischerzeugnis auf dem Markt war Kingstons Bison-Eber, entstanden aus einer unheiligen Vermengung von Rinder- und Schweinegenen, die auf einem knorpeligen Gerüst in einer Nährbrühe gezüchtet wurden, bis sie eine fleischartige Masse bildeten, die kein Fleisch war, bleicher als Kalb, magerer als Eidechse. Es war so tierfreundlich, dass selbst strenge Vegetarier sich nicht scheuten, gelegentlich einen Bison-Eber-Burger zu verspeisen, wenn sie in entsprechender Stimmung waren. Das Firmenlogo von Kingston war ein Schwein mit Bisonpelz und Hörnern, das auf einem Hibachi Burger briet, den Kunden im Dreiviertelprofil zuzwinkerte und sich voller Vorfreude auf sein eigenes fiktives Fleisch die Lippen leckte. Dieses Vieh konnte einem eine Gänsehaut bereiten. Moeller hätte lieber seine eigene Zunge auf einem Spieß geröstet, als jemals Kunstfleisch zu essen. Gute Metzger waren in diesen Zeiten nur noch schwer zu finden, aber Moeller hatte außerhalb von Washington in der Vorstadt Leesburg einen entdeckt. Ted war Freizeitunternehmer, wie heutzutage alle Metzger. Tagsüber arbeitete er als Ingenieur.

Erscheint lt. Verlag 12.1.2009
Reihe/Serie Heyne Bücher
Übersetzer Bernhard Kempen
Sprache deutsch
Original-Titel The Android's Dream
Maße 118 x 187 mm
Gewicht 405 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Science Fiction
ISBN-10 3-453-52504-3 / 3453525043
ISBN-13 978-3-453-52504-7 / 9783453525047
Zustand Neuware
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