Gazing into the Stars (eBook)
384 Seiten
CE Community Editions (Verlag)
978-3-96096-379-0 (ISBN)
Woran erkennt man, dass das Ende der Welt erreicht ist? Der junge Gazing muss sich dieser Frage bald stellen, denn er ist auf der Suche nach einem verschwundenen Kind, das sich genau dort aufhalten soll. Unterwegs stößt er auf das dunkelste Geheimnis des Universums - und seiner Selbst. Jodie S. Calussi zeichnet eine detailreiche, rätselhafte Welt, verhandelt auf kreative Weise Themen wie Social Media und Technologie und u?bt charmant Kritik an unserer Gesellschaft.
<p><strong>Jodie S. Calussi</strong> ist kreativer Kopf, Künstlerin, Buchliebhaberin und YouTuberin der ersten Stunde. Online teilt sie auf Instagram, TikTok und YouTube ihre liebsten #currentreads, Kunstwerke und Vlogs zu ihren Schreibprozessen. Jodie inspiriert mit ihrer frischen Energie und begeistert ihre Community mit Bücher- und Kreativcontent. Ihr erster Roman vereint das beliebte Fantasy-Genre mit Science-Fiction und Spannung.</p>
„Vielleicht ist es das“, flüsterte eine Stimme.
Gazing blieb stehen und schaute sich um. Um der Realität noch einen Moment zu entgehen, heftete er seinen Blick an eine Kirschblüte, die den Bach neben seinem Weg hinunterfloss. Gerade eben noch musste sie an einem der wunderschönen Kirschbäume Brenins gehangen haben, umgeben von guten Freunden und guten Gerüchen. Jetzt tänzelte sie unkontrolliert Richtung Dorf, unfähig, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Solange er es aushielt, schaute Gazing ihr hinterher, bevor er seinen Blick hob. Er starrte in das Dorf – und das Dorf starrte zurück.
„Glaubst du das wirklich?“, entgegnete Gazing der flüsternden Stimme, die müde und so fremd klang, ganz offensichtlich aber in seinem Kopf steckte. Er bekam keine Antwort.
Die Menschen im Dorf, die geschäftig und beschämt so taten, als hätten sie Gazing nicht hinterhergestarrt und als müssten sie plötzlich ganz dringend irgendwohin, waren gerade so weit entfernt, dass Gazing ihr Tuscheln nicht mehr hören konnte. Dennoch wusste er genau, was in ihren Köpfen vor sich ging, wann immer sie ihn erblickten. Jeder von ihnen stellte sich dieselbe Frage: Warum um alles in der Welt war Gazing hier? Als würde er die Antwort darauf nicht selbst suchen.
Brenins Bewohner wandten sich wieder ihren eigenen Sorgen zu. Geschäftig wuselten sie durch die Straßen und würdigten Gazing keines Blickes mehr. Nur hin und wieder erwischte er doch jemanden, der zu neugierig war, um ihn komplett zu ignorieren. Ein Junge klammerte sich an die Beine seines Vaters und spähte zwischen ihnen hindurch. Für den Bruchteil einer Sekunde sahen sie sich in die Augen.
Oft war ein solcher Blick gefüllt mit Sorge, Angst und Ablehnung. Die Bevölkerung von Brenin hatte sich sofort nach Gazings Ankunft darauf geeinigt, dass er der Vorbote für etwas Schreckliches sei. Solche wie er waren damals schließlich auch nur hergekommen, weil eine der größten Katastrophen der frühen Menschheit bevorstand.
Doch im Blick des kleinen Jungen konnte Gazing
ein bewunderndes Funkeln erkennen, bevor dieser sich schnell wieder hinter einem stabilen Oberschenkel versteckte. Im Gegensatz zu den meisten Erwachsenen waren es die Kinder, die mutig genug waren, gegen die ihnen eingetrichterten Glaubenssätze zu rebellieren und Gazing zu akzeptieren. Ihre Neugierde konnte nicht von so etwas Simplem wie Angst gebrochen werden. Zwar blieben auch sie meist auf Abstand – was Gazing als reine Vernunft anstatt als Ablehnung verstand –, doch immerhin schenkten sie ihm hin und wieder ein Lächeln, winkten verlegen oder funktionierten ihre Hände zu Hasenohren um; einer der seltenen Momente, die Gazing zum Schmunzeln brachten.
Die Kirschblüte tauchte noch einmal in seinem Blickfeld auf. Sie kämpfte mit den Stromschnellen, hielt sich tapfer über Wasser, bevor sie von einem Strudel erfasst und endgültig zwischen die Kieselsteine im Bachbett gezogen wurde. Gazing atmete tief ein und wandte sich ab. Vor ihm lag ein langer Weg und ein noch längerer Tag.
Glaubst du das wirklich?, wiederholte er schweigend, hielt kurz inne und nickte dann langsam. Innerlich hatte er schon längst aufgegeben, akzeptiert, dass dieses Leben sein vorbestimmtes Leben war. Die Frage nach seiner Herkunft ließ ihn beinahe kalt. Kein Gefühl regte sich, wenn er über den potenziellen Grund seiner Ankunft in Brenin nachdachte. Schmerzlich hatte er gelernt, dass es einfacher war, nichts zu fühlen, als sich damit zu quälen, niemals zu erfahren, weshalb er hier war.
Gazing setzte einen Fuß auf die schmale Brücke, die über den Bach führte, den anderen auf den Pfad, der dahinter im dichten Wald verschwand. Der Klang seiner Schritte hallte leise wider, als er ebenfalls in den Wald eintauchte, das Rascheln der Blätter schuf eine symphonische Begleitung. Die Luft war feucht, sie roch nach Moos und nasser Erde. Ein Gefühl von Geborgenheit überzog Gazing,
als befände er sich in einem Kokon, geschützt vor der Welt und all ihren Unannehmlichkeiten. Er genoss diesen Moment der Ruhe, bevor er Alen traf.
Alen stand inmitten einer Lichtung, angelehnt an einen Baumstamm, und rauchte eine ungewöhnlich dünne Zigarette. Der Anblick seiner schmächtigen Gestalt, die von einer zarten Rauchwolke umgeben war, wirkte auf Gazing wie ein Bild aus einem surrealen Film. Dieser dramatische Auftritt passte wirklich sehr gut zu Alen, der hinter verschlossenen Türen dafür bekannt war, seine Geschichten mit zu viel Theatralik auszuschmücken. Er sprach mit tiefer, gelassener Stimme, die alles, was aus seinem Mund kam, wahrhaftig wirken ließ. Genau das machte er sich gern zunutze.
„Was für ein Anblick“, murmelte Gazing und fragte dann lauter: „Hast du dich für mich so in Schale geschmissen?“
Alen antwortete nicht sofort. Stattdessen nahm er einen tiefen Zug von seiner Zigarette und starrte in den Himmel. „Gazing, mein alter Freund!“ Erst jetzt blickte er über seine Schulter in die Richtung, aus der Gazings Stimme gekommen war. „Ich dachte, ich schnappe ein bisschen frische Luft.“ Er hob die Zigarette in die Luft. „Der Rauch vertreibt die dunklen Gedanken.“
Die Bekanntschaft von Gazing und Alen zu beschreiben war keine leichte Aufgabe. Als alte Freunde hätte man sie aber ganz bestimmt nicht betitelt. Sie brauchten einander in gewissen Situationen. Deswegen waren sie höflich zueinander. In Wahrheit konnte Gazing Alen nicht leiden. Und er konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob Alen jemals auch nur ein Wort von dem, was Gazing gesagt hatte, bewusst wahrgenommen hat. Trotzdem war Alen einer seiner einzigen zwei Vertrauten. Und noch viel mehr – er war der Grund, warum Gazing noch auf dieser Erde wandelte.
Doch heute war etwas anders an ihm. Seine Augen bewegten sich hektisch und seine Haltung wirkte verkrampft, als wollte er sich gleich vor etwas ducken.
„Wie hast du geschlafen?“, fragte Gazing, als er ihn näher betrachtete. Alens tiefe Augenringe und sein glasiger Blick sprachen Bände.
„Schlafen? Ach, wer kann schon sagen, was das ist.“ Alen fuhr mit der Hand durch sein wirres, dunkles Haar, strich es grob nach hinten und blieb dabei mit den Fingern in einem Knoten hängen. „Ich hatte Albträume, schlimmere als sonst.“
Sag bloß, dachte Gazing. In jedem Jahr, das Gazing Alen kannte, fixierte sich der Pharmazeut auf ein neues, eigentümliches Problem. In diesem Jahr waren es Albträume, die ihn Nacht für Nacht plagten und denen er eine viel zu große Bedeutung andichtete. Dadurch, dass sie ihn in seinem Wachleben immer mehr beschäftigten, wurden die Träume immer intensiver. Ein Teufelskreis, aus dem Alen einfach nicht aussteigen wollte.
„Bestimmt gibt es irgendetwas in Liliths Garten, was dir dabei helfen kann. Meinst du nicht? So ein Kraut. Lavendel?“, schlug Gazing vor und hoffte, dass Alen den Wink verstand. Aus Erfahrung wusste er, dass er nicht aufhören würde, über seinen Traum zu sprechen, bis er seine Bedeutung ergründet hatte, und gern hätte Gazing das Problem diesmal nicht zu seinem gemacht.
Aber Alen hörte nicht zu. Er war in seine eigenen Gedanken vertieft und sprach weiter, als ob er allein wäre. „Ich wurde an einem dunklen Ort festgehalten. Von schrecklichen Gestalten mit zu langen Gliedmaßen. Ich wusste, dass ich träumte, aber konnte nicht aufwachen. Bewegen konnte ich mich auch nicht, nur ab und zu schaffte ich es, meine Augen zu öffnen und verschwommen zu erkennen, was um mich herum passierte.“ Alen schnaufte, als wäre er gerade gesprintet. „Mir wurden so viele Fragen gestellt, ich erinnere mich an keine. Ich weiß nur, dass ich keine Antworten auf die Fragen kannte.“ Unzufrieden zog er die Augenbrauen zusammen. „Plötzlich flehten mich die Gestalten an, sie zu erlösen. Sie fingen an zu schreien. Schrecklich laut. Um ehrlich zu sein – der Schrei hallt immer noch in meinen Ohren.“ Für die perfekte Dramaturgie schüttelte er mit schmerzverzerrtem Gesicht den Kopf. „Diese Wesen waren so anders. Als ob sie aus einer fremden Welt stammten.“ Alen biss die Zähne zusammen, sog scharf Luft ein und schaute Gazing aus dem Augenwinkel an.
„Klingt ganz so wie damals, als du das Medikament gegen Feuerschwäche entwickelt hast. Die Dämpfe im Labor tun dir nicht gut. Vielleicht brauchst du eine Auszeit. Ich könnte dir ein bisschen Arbeit abnehmen“, entgegnete Gazing
und ignorierte die kurze, aufgeladene Stille.
Alen seufzte theatralisch. „Als ob du mir helfen könntest. Du verstehst mein Handwerk nicht, Gazing.
Du verstehst nicht, wie tief ich in die Abgründe meiner Seele tauche, um meine Ideen zu finden.“
Gazing verdrehte die Augen. „Ich verstehe, dass du wieder zu viel von deiner eigenen Ware konsumiert hast“, sagte er.
Diesmal schnaubte Alen und warf seinen Zigarettenstummel hinter den Baumstamm. „Immerhin weiß ich, dass ich kein Vorbote für eine bevorstehende Katastrophe bin. Du solltest dir nicht so viele Gedanken um mich machen.“
Dann schob er eine zittrige Hand in die Innentasche seines Sakkos und zog eine bereits angebrochene Schachtel Zigaretten hervor. Energisch schüttelte er die Packung, bis zwei Zigaretten mit dem Filter voran aus ihr herausragten. Ehe sich Gazing versah, steckte eine der beiden zwischen Alens blassen Lippen. Als Alen aus derselben Jackentasche ein goldenes Feuerzeug fischte, segelte ein Stück Papier zu Boden. Trotz einer gewissen Distanz konnte Gazing erkennen, worum es sich handelte.
EINLADUNG ZUR FEIER DER...
Erscheint lt. Verlag | 31.1.2025 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction | |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Aktion Kulturpass • Aliens • Bookstagram • Booktok • Buchclub • Buchtrend • Dystopie • Entführung • Fantasy • influencerin • KulturPassBuchclub • Neuerscheinung • NewRead • Roman • Science Fiction • Science Fiction Romane • Universum • Urban • Youtuberin |
ISBN-10 | 3-96096-379-3 / 3960963793 |
ISBN-13 | 978-3-96096-379-0 / 9783960963790 |
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