Flucht ins Glück (eBook)
313 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7565-9257-9 (ISBN)
Stephan Lasser wurde im schönen Bielefeld geboren und studierte Geschichte und Theologie auf Lehramt. Seine Lieblingsautoren sind Rob Mac Gregor und Terry Pratchett.
Stephan Lasser wurde im schönen Bielefeld geboren und studierte Geschichte und Theologie auf Lehramt. Seine Lieblingsautoren sind Rob Mac Gregor und Terry Pratchett.
Hexentanz
Victoria saß auf dem Bett und starrte geschlagene vier Stunden aus dem nahen Fenster, während ihre beiden Arme am Bettpfosten gefesselt waren. Sie hatte bereits alle Apfelblüten am Baum gezählt, die Schwalbenflüge versucht zu deuten und sich aus Langeweile vorgestellt, wie sie am Cembalo eins ihrer Lieblingsstücke spielte. In Gedanken flogen die Finger über die Tasten. Jede Prime, jede Sekunde und alle b´s und Kreuze tanzten vor ihrem inneren Auge dahin, und sie summte die Melodie – aus Ermangelung an Möglichkeiten. Vor ihr schlummerte Nilo in einem Stuhl; einem schweren Eichenstuhl, der mit Eisennieten verstärkt worden war. Mehrere Lagen Taue hielten sie verschnürt fest, während sie selig schlafend in Morpheus Armen dahinglitt. Victoria hätte gerne mit ihr getauscht.
Endlich ging die Tür auf und sie war dankbar für ein wenig Abwechslung.
Doch das Bild, das sich ihr bot, war entsetzlich. Zwei Männer zogen ein weinendes Mädchen herein, das Zeter und Mordio schrie. Hintendrein stolperte Burglekutt mit besorgter Miene und versuchte das Mädchen zu beruhigen. Die Männer hingegen drückten das Mädchen auf den nächstbesten Stuhl, mit stoischer Miene als könnten keine Träne sie je erweichen.
Victoria kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. „Ich sehe, ihr habt noch jemanden gegen seinen Willen hierhergebracht. Macht euch das stolz?“
„Kamile“, gellte das Mädchen auf und trampelte mit hochrotem Kopf auf den Boden, während flinke Hände sie fesselten. „Ihr Monster! Ihr habt sie getötet!“
Der Händler hob beschwichtigend die Hände. „Das tut mir alles leid, Mädchen. Wir kaufen euch einen Neuen. Einen Besseren!“ beeilte er sich zu sagen, doch das Mädchen weinte und krampfte, das einem schon beim Zugucken schwer ums Herz wurde. Langsam wachte Nilo bei dem Lärm um sich auf und starrte wie betäubt auf die Fesseln.
Victoria wurde langsam wütend. „Was habt ihr getan, Burglekutt?“
„Elsbeth hat übertrieben. Ich werde das klären“, zischte er zur Seite und mühte sich zur Ruhe. Ein kurzer Blick zur Orkfrau und sofort klatschte er in die Hände. „Ah, auch sie ist wach. Dann lasst uns beginnen. Das alles verlangt eine Erklärung. Die Umstände tun mir leid. Und das da auch!“
Jetzt bemerkte die Elbin die magischen Fesseln an den Händen des Mädchens, die sie aus ihrer Heimat kannte. Jene magischen Handschellen, die jeden Magiestrom hemmte.
„Was wollt ihr von uns? Habt ihr überhaupt eine Ahnung, mit wem ihr euch anlegt?“
„Also, da liegen sie aber falsch, Elbin Victoria. Wir wollen ihnen nichts antun. Wir wollen helfen. Ich kenne sie alle persönlich. So wie wir Nilo schon oft bemühten, damit sie uns vertraute. Ein kleiner Auftrag hier, ein größerer Auftrag dort. Sie liebt nun mal das Gold, will es besser haben als andere, was erreichen. Nein, wir tun ihnen nichts an. Im Gegenteil, wir wollen ihnen Macht geben.“
Das Mädchen im Stuhl weinte bitterlich, während Nilo und Victoria den Mann vor sich groß anstarrten.
„Sind sie wahnsinnig?“
Nilo schüttelte den Kopf und räusperte sich laut. „Lass das mal Nilo machen, Schätzchen, jetzt rede ich mal“, knurrte die Ork und knackte mit dem Nacken, bevor sie loslegte. „HAST DU EINE VOLLMAISE!?“
Vorsichtshalber wich Burglekutt vor ihr zurück und widmete sich lieber dem Mädchen zu. Jetzt erst viel Victoria die Deformationen auf, und ein leiser Stich in ihrem Herzen rührte von dem Verdacht, dass das Mädchen bestimmt viel durchlitten hatte.
Der Händler beugte sich tief zum gefangenen Mädchen herunter. „Siehst du, Sonia, du bist noch jung und weißt vieles nicht. Hör mal lieber den Älteren zu – wirst sehen, du wirst davon profitieren.“
„Lassen…sie…mich…gehen, bitte…“ schluchzte sie leise.
„Alles gut. Ich schwöre“, begann er und warf der Elbin einen Seitenblick zu. „Das tut mir wirklich leid. Wir hatten anfangs gewisse Schwierigkeiten und sind auf die Avatare offen zugegangen. Aber das hat es verkompliziert. Manche wollten einfach nicht hören.“ Er wischte sich fahrig über die Hose und suchte nach einem Ansatz, ihnen seine Sicht der Dinge klarzumachen. „Meine Güte, ihr müsst mich für einen Spinner halten! Ich fange ganz vorne an. Außer Sonia seid ihr beide keine Menschen und nicht vertraut mit unserer Geschichte. Ich würde gerne dort beginnen. Schenkt mir eure Zeit, und ihr werdet sehen, dass wir es gut meinen. Wir, die Gemeinschaft des Roten Tores.“
Die Gemeinschaft des Roten Tores. Die Verbindung verband alle Gilden und Adelshäuser miteinander. Jede ihrer Mitglieder entstammte aus einem wichtigen Teil des Reiches und konnte entsprechend auch Einfluss ausüben. Somit waren sie schon in den Anfängen zugegen und hatten sich aus Zeiten der Bedarfsgemeinschaft und Zweckbündnissen zu einem einflussreichen, zum König sehr loyalen Handelshaus gemausert. Einem elitären Verein, der mit einer Satzung, Parolen und geheimen Abkommen etwas Mysteriöses verliehen bekam, aber sich streng an die Verordnungen und Gesetze hielt. Die offizielle Bezeichnung war viel zu umständlich – Bund der Gemeinschaft von caritativen Elitären, die sich für den Erhalt des Status quo und für den niederen Stand einsetzten – so dass man sich für etwas einfaches entschied: Die Gemeinschaft des Roten Tores.
„Anfangs umfasste die Gemeinschaft nur wenige Händler der Gravurgilde, die sich so gegen einen unlauter Wettbewerb absichern wollten, später kamen mehr Händler dazu. Vielleicht waren es die Namen von einflussreichen Geschäftsleuten, oder aber irgendein ein anderer Grund, dass sich mit der Zeit in dieser Gemeinschaft all jene versammelten, die sich nach der friedlicheren Vergangenheit zurücksehnten. Zu jener Zeit als noch kein wahnsinniger König Boltek an der Macht war. Boltek zerbrach alle Bündnisse und führte Krieg gegen die Elben und gegen die Orks. Nun ordnete der König an, es sei Zeit entschlossen und hart gegen jeden Feind vorzugehen: wenn sich die Völker nicht dem Banner von Boltek, dem Gewaltigen unterordnen wollten, dann müsse man etwas nachhelfen. Der Sturm brach los. Junge und Alte wurden zwangsverpflichtet, in nur wenigen Wochen hatten wir eine gewaltige Armee, die danach trachtete, den Feind zu zerschlagen. Tatsächlich wurde es ein sehr langer und blutiger Krieg. Für die Bevölkerung wurde es eine Zerreißprobe. Wir von der Gemeinschaft hatten selbst Verluste zu beklagen, und wir trafen uns im Geheimen um zu besprechen, wie es weitergehen sollte. Der Krieg forderte schreckliche Opfer.“
„Ja, wir haben euch ziemlich in den Arsch getreten“, giftete Nilo herüber und zappelte in ihren Seilen. „Und ich schwöre, wenn du mich nicht sofort…“
Burglekutt verzog den Mund. „Ich würde es vorziehen, wenn du schweigen würdest. Ja, wir haben den Krieg angefangen und wir haben teuer bezahlt.“ Er nickte schuldbewusst und setzte eine betretende Miene auf. „So versteht doch. Wir haben den Krieg nicht gewollt. Wir wollen nichts anderes als Frieden.“
„Händler sollte man überhaupt nicht glauben“, grummelte Nilo. „Es sind habgierige Menschen. Wie will man sich da sicher sein? Heute verkauft er deinen Tee an dich und morgen an deinen Nachbarn. Sie paktieren, wenn möglich auch mit dem Feind. Sie denken nur an das Geld! Vielleicht wollen sie auch nur an Informationen ran. Ehrlich gesagt, nicht mal unseren Händlern vertraue ich richtig.“
„Genau wie du, Nilo“, konterte der Händler und schüttelte seufzend den Kopf. „Du denkst auch bloß an Gold. Leugne es nicht.“
„Was wollen Sie eigentlich?“
„Das wir mit allen Völkern eine Föderation bilden. Ein gemeinsames Bündnis aufbauen, die Grenzen auf allen Seiten verstärken, den Status quo erhalten und die Bevölkerung wieder Ruhe und Sicherheit garantieren. Wir wollen dieses Land wieder erstarken lassen; nein, ich rede nicht vom Krieg, sondern von vielen Allianzen zwischen den Völkern. Wir wollen neue Straßen, Brücken und Seewege. Eine Art gemeinsames Wirtschaftssystem, mit Zusammenarbeit und gegenseitiger Hilfe der Orks und der Elben. Ohne dass jemand irgendwann einen Nachteil befürchten muss. Und dann wird es wieder sein wie damals, als alle Völker zusammenlebten.“
„Ich verstehe“, meinte Victoria stirnrunzelnd. „sie wollen uns zu Mitgliedern ihrer Gemeinschaft machen. Aber denken sie, dass vergiften und entführen uns dazu überreden könnten?“
„Nein, wir wollen aus euch Götter machen.“
„Mmh?“
„Wie?“
Schweigen.
„Ja, leck mich fett!“
Alle drei Frauen starrten den Mann vor sich an, als hätte er etwas unglaublich Dämliches gesagt.
Burglekutt sah in die Runde, und er musste gespürt haben, dass er gerade sein Publikum verloren hatte: „Wir sind keine Spinner“, er lachte leise und tippte sich selbst an die Stirn. „Ich gebe zu, das hört sich alles wahnsinnig an…“
„Komplett wahnsinnig“, bestätigte Victoria.
Nilos Gesichtsfarbe verriet, dass sie gleich explodierte. „DU… kleiner, mieser, total verrückter…“
„…ich will nach Hause…“
Kurzerhand nahm er ein Stofftuch und wischte dem Mädchen die Tränen vom Gesicht.
„Lassen sie sie in Ruhe!“
„Die Sache ist nämlich die“, fuhr er fort und wischte Sonia übers ganze Gesicht. „Wir von...
Erscheint lt. Verlag | 15.12.2024 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Elbin • Heilkunst • Hexe • Krähe • Lesbisch • Metropole • Ork • Orkfrau • Satan • Sekte |
ISBN-10 | 3-7565-9257-X / 375659257X |
ISBN-13 | 978-3-7565-9257-9 / 9783756592579 |
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