G. F. Unger 2305 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7665-3 (ISBN)
Les Delmer erhebt sich langsam aus dem Schaukelstuhl und tritt an den Rand der Veranda. Das Mondlicht fällt auf seine hoch gewachsene und hager wirkende Gestalt. Er ist sehr groß, und sein sonst so scharfes und hageres Falkengesicht wirkt jetzt im Mondlicht seltsam weich und gelöst. Er will sich abwenden, um ins Haus zu gehen, aber da hört er den Hufschlag eines Reiters. Der Reiter treibt das Tier hart an, und obwohl der Weg ansteigt, galoppiert das Tier und legt sich in den Biegungen scharf in die Kurve, sodass Erde und kleines Geröll unter den Hufen nur so spritzen. Les Delmer sieht nun auch das Rudel der Verfolger aus den Schatten der Hügel kommen. Es sind acht Mann, die von einem riesenhaften Reitboss geführt werden, der auf einem großen und kraftvollen Tier reitet und ständig die Spitze hält. Drüben beim Schlafhaus öffnet sich jetzt die Tür. Dann hört Les Delmer die Stimme seines Vormanns fragen: »Boss?« »Nimm dein Gewehr, Pete«, erwidert Les Delmer ruhig und tritt in sein Ranchhaus zurück. Aber schon nach wenigen Sekunden erscheint er wieder auf der Veranda. Nun trägt er seinen Waffengurt. Und dann wartet er ruhig, obwohl er tief in sich eine Bitterkeit verspürt, die immer mehr zu einem Grimm anwächst ...
Raue Weide
Les Delmer erhebt sich langsam aus dem Schaukelstuhl und tritt an den Rand der Veranda. Das Mondlicht fällt auf seine hoch gewachsene und hager wirkende Gestalt. Er ist sehr groß, und sein sonst so scharfes und hageres Falkengesicht wirkt jetzt im Mondlicht seltsam weich und gelöst. Er will sich abwenden, um ins Haus zu gehen, aber da hört er den Hufschlag eines Reiters.
Der Reiter treibt das Tier hart an, und obwohl der Weg ansteigt, galoppiert das Tier und legt sich in den Biegungen scharf in die Kurve, sodass Erde und kleines Geröll unter den Hufen nur so spritzen.
Les Delmer sieht nun auch das Rudel der Verfolger aus den Schatten der Hügel kommen. Es sind acht Mann, die von einem riesenhaften Reitboss geführt werden, der auf einem großen und kraftvollen Tier reitet und ständig die Spitze hält.
Drüben beim Schlafhaus öffnet sich jetzt die Tür. Dann hört Les Delmer die Stimme seines Vormanns fragen: »Boss?«
»Nimm dein Gewehr, Pete«, erwidert Les Delmer ruhig und tritt in sein Ranchhaus zurück. Aber schon nach wenigen Sekunden erscheint er wieder auf der Veranda. Nun trägt er seinen Waffengurt.
Und dann wartet er ruhig, obwohl er tief in sich eine Bitterkeit verspürt, die immer mehr zu einem Grimm anwächst ...
In der Tür des Küchenhauses, die vom Mondlicht beleuchtet wird, zeigt sich nun Thor Renos Gestalt. Auch dieser Mann fragt nur ruhig über den Hof: »Boss?«
»Nimm deine Schrotflinte, Thor!«, ruft Les Delmer zurück, und jetzt hört man in seiner Stimme bereits deutlich die Härte eines bestimmten Entschlusses.
Einige Minuten später wird der Hufschlag des einzelnen Reiters sehr laut.
Und dann taucht Johnny Flynn am Ende des Weges auf, kommt über die Terrasse geritten und jagt durch das offene Tor in den Hof der Ranch. Er bringt sein Pferd dicht vor der Veranda zum Stillstand und wirft sich aus dem Sattel.
»Les, wenn du mir nicht helfen willst, dann hängen sie mich! Du musst das Rudel hier aufhalten. Ich nehme mir aus deinem Corral ein frisches Pferd. Halte sie auf, Les! Bei Gott, halte sie auf! Ich möchte in dieser Nacht nicht hängen!« Die Stimme des Flüchtlings wird zum Schluss heiser und schrill.
Und dann will er sich abwenden und um das Ranchhaus herumlaufen. Er möchte die hinter dem Haus liegenden Corrals erreichen. Dort wird er auch Sättel auf einer Stange finden – und Pferde, gute und schnelle Pferde.
Aber Les Delmers Stimme hält den Mann an.
»Bleib, Johnny! Komm zu mir auf die Veranda, und bleib!« So spricht er, und seine Worte sind nichts anderes als ein ruhiger Befehl.
Johnny Flynn zögert einige Sekunden. Man hört jetzt, wie er zitternd ausatmet.
Dann wendet er sich um, geht zu Les Delmer hinauf, tritt neben ihn in die Dunkelheit und sagt dabei heiser: »Du willst also heute deine Schuld bezahlen, Les? Nun gut, ich muss es annehmen. Du kannst dir denken, dass ich nicht diesen Fluchtweg gewählt haben würde, wenn ich ...«
»Schon gut, Johnny«, unterbricht ihn Les Delmer. Und nach einer kurzen Pause fährt er fast gleichmütig fort: »Ja, ich bezahle also heute meine Schulden bei dir, nicht wahr? Und wenn du dann deinen Hals gerettet hast, dann komm nie wieder zu mir. Denn wenn ich Timber Ringold und dessen Rudel fortgeschickt habe, dann sind wir quitt. Dann bin ich dir mein Leben nicht mehr schuldig.«
Nach seinen Worten atmet Johnny Flynn mehrmals keuchend. Dann aber sagt er mit deutlicher Erleichterung: »All right, Les, dann sind wir quitt! Dann bist du mir nichts mehr schuldig.«
Nach dieser Unterhaltung schweigen die Männer auf der Veranda. Johnny Flynns Atem beruhigt sich etwas.
Der Koch ist in sein Küchenhaus getreten, aber Les Delmer weiß, dass Thor Reno jetzt mit einer geladenen Schrotflinte hinter dem Fenster steht und eingreifen wird, wenn es sich als notwendig erweisen sollte. Auch von Pete Brazos, dem Vormann der Bell Ranch, ist nichts zu sehen. Pete hat sich dort drüben irgendwo im Schatten des Bunkhouses einen günstigen Platz gesucht.
Mehr Männer sind nicht auf der Ranch. Chuck Lamm ist zu seinem Mädchen geritten, und weil er zu diesem Mädchen weiter als zehn Meilen reiten muss, wird er vor Tagesanbruch nicht heimkommen. Die restlichen zwei Reiter der Bell Ranch sind bei der großen Rinderherde am Südende des Tales, zu dem dieser Canyon führt.
Les Delmer lauscht mit gesenktem Kopf auf den immer lauter werdenden Hufschlag des reitenden Rudels. Oh, er weiß ganz genau, wer da geritten kommt. Er weiß auch, dass es bestimmt Schwierigkeiten geben wird. Er denkt an Simson Hayes und seinen unduldsamen Vormann Timber Ringold.
Die acht Reiter reißen im Hof ihre Pferde zurück. Sie lassen die Tiere steigen und stampfen. Das Sattelzeug knarrt. Die Pferde schnauben und keuchen.
Aber dann ist mit einem Mal alles ruhig. Und eine barsche und harte Stimme ruft grimmig: »Les, er ist zu dir geflüchtet! Ich sehe ihn neben dir auf der Veranda stehen! Und jetzt musst du Farbe bekennen, Les! Jetzt wird es sich erweisen, ob du einen verdammten Viehdieb schützen wirst oder ein ehrlicher Rancher bist! Les, wir holen uns jetzt diesen Hundesohn! Und wenn dir das nicht gefallen sollte, dann wirst du mit zur Hölle ...«
»Nur ruhig, Timber«, unterbricht ihn Les Delmer kühl und scharf. »Ihr seid auf der Jagd, nicht wahr?«
Wieder wird es still.
Dann treibt der große Mann sein riesiges Pferd etwas vor. Und seine Stimme klingt grollend und drohend. Der Atem von Gefahr und Gewalttaten weht plötzlich über den Hof.
Timber Ringold, der Vormann der großen Three Dollars Ranch, sagt: »Lesly Delmer, in diesem Land weiß jeder Narr, dass Johnny Flynn ein Viehdieb ist. Und wir haben ihn und zwei andere Burschen vor einigen Stunden auf unserer Weide erwischt. Wir haben sie zwischen unseren Rindern erwischt. Und Johnny Flynn blieb noch übrig von diesen drei Nachtfalken. Jetzt steht er neben dir! Delmer, ich bin nicht zwanzig Meilen hinter diesem Burschen hergeritten, um mich dann von dir aufhalten zu lassen! Aaah, man erzählt sich im Land, dass Johnny Flynn dir im Krieg einmal das Leben gerettet haben soll. Man erzählt sich, dass ihr früher Freunde gewesen sein sollt. Und hier auf dieser Weide soll er noch nie ein Rind mit deinem Brand gestohlen haben. Aber das gilt jetzt nicht, Les! Du kannst ihn nicht beschützen! Wir kommen ihn jetzt holen. He, Johnny Flynn, komm schon! Oder müssen wir erst diese Ranch abreißen, um dich zu bekommen?«
Wieder ist es einige Sekunden still.
Aber dann sagt Les Delmers harte Stimme: »Ihr seid umsonst geritten. Ihr werdet ihn heute nicht bekommen. Und diese Ranch wirst du nicht abreißen, Timber Ringold. Dazu bist du nicht groß genug. Geh zum Teufel, Timber! Hast du mich gehört? Du sollst zum Teufel gehen!«
»Nein, Delmer«, knirscht der Vormann der Three Dollars Ranch, »es wird jetzt für immer und ewig geklärt und ausgetragen. Und wenn du einen Viehdieb beschützt, dann bist du im ganzen Land gezeichnet. Dann bist du aussätzig. Wir holen uns jetzt den Jungen!«
Er will sich aus dem Sattel schwingen. Auch seine Reiter machen den Ansatz solcher Bewegungen.
Aber da erklingt eine neue Stimme. Sie kommt aus dem Schatten des Bunkhouses. Es ist Pete Brazos' Stimme. Sie klingt lässig und gedehnt. Und sie sagt: »Bevor du anfängst, Timber, will ich dir noch sagen, dass ich mit einem Büffelgewehr in euch hineinschießen werde. Und jetzt kannst du anfangen, mein Bester!«
Und beim Küchenhaus klirrt das Fenster, und Thor Reno ruft herüber: »Passt nur gut auf, Leute! Der liebe Onkel Reno hat was für euch! Wollt ihr es haben? Es ist heiß und wird wie die Hölle jucken!«
Unter dem Rudel der Three Dollars Ranch entsteht Unruhe. Die Reiter ducken sich in den Sätteln. Sie bewegen unruhig die Köpfe. Man hört, wie Timber Ringold seufzend ausatmet. Weil sich bis jetzt niemand außer Les Delmer und Johnny Flynn auf der Ranch gezeigt hatte, dachte der Vormann wohl, dass Les Delmers Mannschaft in einem fernen Weidecamp bei der Herde wäre.
Aber jetzt erkennt Timber Ringold, dass diese Sache härter wird, als er dachte. Und deshalb gibt er auf.
Aber er sagt laut in die Stille: »Nun gut! Diese Ranch gibt den Viehdieben also Schutz! Schon allein um das zu wissen, hat sich der Ritt gelohnt! Les Delmer, du und deine Mannschaft, ihr seid jetzt gezeichnet! Ihr werdet das zu spüren bekommen. Eigentlich bin ich jetzt ganz zufrieden!«
Nach diesen Worten zieht er sein Pferd herum und reitet aus dem Hof. Sein Rudel folgt ihm. Sie reiten langsam, denn ihre Pferde sind von der Jagd erschöpft und atmen immer noch keuchend und rasselnd. Ihr Hufschlag verklingt auf dem zu den Hügeln abwärts führenden Weg.
Und durch die Stille auf der Ranch hört man Les Delmer sanft zu Johnny Flynn sagen: »Das wär's also, Johnny Flynn. Du kannst dir aus dem Corral ein Pferd nehmen. Und dann komm nie wieder auf diese Ranch und bitte mich um Hilfe. Wir sind quitt!«
»Nein, Lesly, wir sind nicht quitt! Ich stehe jetzt in deiner Schuld. Und du wirst diesen Tag nicht zu bereuen haben.«
Nach diesen Worten geht der Viehdieb sporenklirrend von der...
Erscheint lt. Verlag | 4.1.2025 |
---|---|
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp |
ISBN-10 | 3-7517-7665-6 / 3751776656 |
ISBN-13 | 978-3-7517-7665-3 / 9783751776653 |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 993 KB
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich