Legenden 14 (eBook)
97 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-8187-2537-2 (ISBN)
Die 1974 in Berlin geborene Dana Müller ist von allem Okkulten und Übersinnlichen so fasziniert, dass sie sich zwischen Horror und Fantasy pudelwohl fühlt. Ihre Ideen begegnen ihr oft im Traum. Im Wald findet sie die notwendige Ruhe, um den Geist freizubekommen und der Inspiration freien Lauf zu lassen. Ebenso begeistert ist sie seit früher Jugend vom Geschichtenerzählen. Um die Grundlagen des schriftstellerischen Handwerks zu erlernen, absolviert sie 2013 erfolgreich das Fernstudium »Kreatives Schreiben«. Seitdem ist sie nicht zu bremsen. Sie erfindet unaufhörlich neue Geschichten und Charaktere. 2017 erblickt die Buchreihe »Legenden« das Licht der Welt, die bis heute regelmäßig erweitert wird.
Die 1974 in Berlin geborene Dana Müller ist von allem Okkulten und Übersinnlichen so fasziniert, dass sie sich zwischen Horror und Fantasy pudelwohl fühlt. Ihre Ideen begegnen ihr oft im Traum. Im Wald findet sie die notwendige Ruhe, um den Geist freizubekommen und der Inspiration freien Lauf zu lassen. Ebenso begeistert ist sie seit früher Jugend vom Geschichtenerzählen. Um die Grundlagen des schriftstellerischen Handwerks zu erlernen, absolviert sie 2013 erfolgreich das Fernstudium »Kreatives Schreiben«. Seitdem ist sie nicht zu bremsen. Sie erfindet unaufhörlich neue Geschichten und Charaktere. 2017 erblickt die Buchreihe »Legenden« das Licht der Welt, die bis heute regelmäßig erweitert wird.
Die Fremde
Damila lehnte mit der Schläfe am Fenster und betrachtete die Regentropfen, die dem Fahrtwind wie freche Kinder trotzten. Manche hielten länger stand als andere. Aber am Ende hatten auch sie keine Chance und fanden ihren holprigen Weg hinab.
»Hey, träumst du?«, rief Niam.
Seufzend blickte sie auf. »Ich schwelge in Erinnerungen. Hab Sehnsucht nach unserer Zeltstelle.«
»Jetzt schon? Wir sind vor nicht einmal einer Stunde losgefahren.«
»Ja, Niam hat recht«, mischte sich Armand ein. »Wenn du deinen Kopf aus dem Fenster streckst, kannst du die Berge noch sehen. So schön es auch war, aber ich freue mich auf eine heiße Dusche.« Armand lächelte und legte strahlendweiße Zähne frei, um die Damila ihn immer schon beneidete. Darauf hatte er stets geantwortet, dass das an seinen afroamerikanischen Genen läge. Als er noch ein Zwinkern hinzulegte, verblasste die Sehnsucht.
Eigentlich war die Zeltstelle nichts ohne ihre Freunde. Ganz egal, wie es ihr ging oder wo sie mit den Gedanken war, sie schafften es auf Anhieb, den Nebel zu vertreiben.
»Wisst ihr, was ich an diesen alten Zügen so mag?«, fragte Niam und reichte eine offene Tüte Chips herum. »Diese Abteile. Wenn wir wollten, könnten wir hier drin eine Orgie feiern und niemand würde es bemerken.«
Kichernd meldete sich Nora zu Wort: »Stellt euch mal das Gesicht des Schaffners vor, wenn er die Türen schwungvoll öffnet.«
In Damilas Kopf entstanden Bilder: Der Schaffner stand in der Tür und wusste nicht recht, wo er zuerst hinsehen sollte. Sabber hing ihm aus dem Mundwinkel und er streckte seine Hand nach Noras nacktem Hintern aus. Diese Bilder würde sie so schnell nicht loswerden.
Just in dem Moment, als der Schaffner in ihrem Kino das Abteil stürmte, zog jemand die Türen auseinander. Eine Frau trat durch den zugezogenen Vorhang und musterte die Gesichter der Freunde. Sie war in einen grauen Trenchcoat gehüllt und trug darüber ein durchsichtiges Regencape. Ein breiter Gürtel war fest um ihre Hüfte geschnürt. Ziemlich altmodisch, wie Damila fand.
»Wer sind Sie?«, fragte Nora. Zwischen ihren Brauen lag eine Furche, die Damila lange nicht mehr bei ihr beobachtet hatte. Sie wirkte wie eine Amazone im Kampfmodus, obwohl Nora das absolute Gegenteil davon war.
»Bitte verzeiht meine Aufdringlichkeit«, sagte die Frau und zog die nasse Kapuze des Regencapes vom Kopf. Blonde Locken sprangen hervor, in die sich einige ergraute Strähnen verirrt hatten. »Mein Name ist Agatha.«
Die Luft knisterte vor Anspannung. Sie trug kein Gepäck bei sich. War sie auf der Suche nach jemandem? Vielleicht war Agatha von der Polizei und steckte mitten in einer Ermittlung – oder sogar Verfolgungsjagd.
Damila rieb die Hände an der Hose ab. Sie war nervös, obwohl sie nichts zu verbergen hatte. Zumindest nichts, was die Polizei nicht wissen dürfte. Wenn Agatha ihr im Zuge der Ermittlung gleich Fragen stellen würde, könnte sie reinen Gewissens antworten. Doch vielleicht war die Frau gar nicht von der Polizei. Je mehr sie darüber nachdachte, umso heftiger spürte sie ihr Herz schlagen. Diese Frau weckte etwas in ihr, das ihrem inneren Kind Angst einflößte. Damila berührte mit jedem Finger ihren Daumen. Normalerweise festigte das ihren Geist. Doch egal, wie oft sie das Fingertippen wiederholte, ihre Aufregung blieb. Es schien, als wollte ihr Unterbewusstsein sie warnen. Aber wovor?
Aufmerksam beobachtete Damila jede Handbewegung, jede Geste und jegliche noch so kleine Zuckung in der Miene der Frau. Nichts deutete auf eine Bedrohung hin.
Sie trat ein und schloss die Tür hinter sich, zog die Vorhänge wieder zu und betrachtete die Fahrkarte in ihrer Hand.
Da fiel es Damila wie Schuppen von den Augen. »Sie suchen Ihren Sitzplatz«, murmelte sie.
Agatha setzte sich auf den Platz neben der Tür und ließ ihren Blick langsam über die Gesichter der Freunde schweifen. »Was denn sonst?«
Ein ganzer Felsen löste sich von Damilas Herz und mit ihm fiel auch die Anspannung.
Armand senkte den Kopf, aber seine Augen blieben auf Damila gerichtet. Ein zartes Lächeln klopfte an, schaffte es aber nicht in den Vordergrund. Damila wusste, dass es ihn erhebliche Mühen kostete, es zu unterdrücken. Aber warum tat er das?
»Also, eigentlich wollten wir gerade eine Orgie feiern«, warf Niam mit ernstem Ausdruck ein.
Sie richtete ihren erstaunten Blick auf Niam, der noch immer keine Miene verzog. Doch die Frau schien über seine Aussage ernsthaft nachzudenken.
Damilas Fuß zuckte und sie verpasste ihrem Gegenüber einen Tritt.
»Ich meine ja nur«, fuhr er fort. »Wollten wir doch!«
»Hören Sie nicht auf ihn. Er ist manchmal etwas albern«, sagte Damila, um den aufkommenden Unfrieden im Keim zu ersticken.
»Ach, schon gut. Auch wenn man es heute kaum glauben kann, aber ich war auch mal jung und habe mit Leuten aus meinem Bekanntenkreis Spiele gespielt«, erwiderte Agatha und hielt einen Moment inne. Sie sah jeden Einzelnen von ihnen mit ihren großen wasserblauen Augen an und fuhr fort: »Ihr spielt doch Spiele – oder?«
Niam rieb sich den Nacken und grinste. »Kommt darauf an, was für Spiele. Fesselspiele, SM, Rollenspiele, wir sind für alles offen.«
Diesmal kassierte er einen Seitenhieb von Nora, die links von ihm saß und seine Anspielung offenbar ebenso unlustig fand wie Damila.
Er beschwerte sich mit einem lauten »Autsch« und rückte etwas von Nora ab.
Agatha schmunzelte. »Ach ja, die Jugend ist ein Geschenk des Himmels. Ich war auch mal in eurem Alter«, sinnierte sie vor sich hin.
Und alles andere als die Unschuld vom Lande, dachte Damila, als sie sich die Dame genauer ansah. Sie konnte sich gut vorstellen, wie sie zum persönlichen Vergnügen mit den Kerlen gespielt hatte. Wie eine Katze mit ihrer Beute. Im Sekundenbruchteil hinderte sie sich daran, diesen Gedanken laut auszusprechen.
»Manche Spiele setzen Vertrauen voraus. Ihr vertraut euch doch, oder?«
»Sonst würden wir ja wohl kaum gemeinsam verreisen«, antwortete Nora ungewohnt schnippisch.
»Das ist schön. Ein Trip mit den Freunden. Ach, das waren noch Zeiten« Agatha hörte sich wie eine 100-Jährige an.
»Wann waren denn diese Zeiten?«, fragte Niam.
»Das mein Junge, das war in einem anderen Leben.«
»Und was machen Sie so in diesem Leben? Offenbar keine Trips mit Freunden«, setzte er seine Fragerei fort.
Für einen winzigen Augenblick meinte Damila, eine Düsternis in Agathas Augen zu erkennen. Der Huch eines Moments, der ihre Alarmglocken schrillen ließ. Die Frau sah nicht gerade so aus, wie sich Damila eine gefährliche Irre vorstellte. Es war nicht so, dass sie auf Erfahrungswerte zugreifen konnte. Trotzdem riet ihr eine innere Stimme, sie nicht zu verärgern.
Was mit ihr nicht stimmte, wollte sich Damila nicht offenbaren. Auf ihr Bauchgefühl konnte sie sich sonst immer verlassen. Doch das hier war anders und es brachte sie vollkommen durcheinander. Es war wie eine böse Vorahnung.
»Ich reise umher. Sehe mir jede Stadt an und versuche, alle Information in mich aufzusaugen, die mir diese wundervolle Welt bietet.«
»Und das tun Sie allein, weil ...?«
Merkte er denn nicht, dass seine Fragerei zu tief ging? Was ging es Niam denn an, warum sie alleine unterwegs war? Das musste Damila unterbinden. »Jetzt lass es gut sein!«
Agatha drehte sich Damila zu und lächelte. Ein Lächeln, das wie auf einer Maske aufsaß. Sie sagte nichts mehr, senkte den Kopf und versuchte, sich dem Blick dieser unheimlichen Frau zu entziehen.
»Sie reisen ganz ohne Gepäck«, warf Niam erneut ein.
»Ich brauche kein Gepäck«, erwiderte sie.
Doch Niam gab einfach keine Ruhe. Er schüttelte den Kopf und sagte geradeheraus: »Das glaube ich nicht! Jeder braucht Gepäck!«
»Vertrauen!«, antwortete Agatha. »Ich brauche nur Vertrauen. Das ist der Schlüssel zu allem.«
Damila wandte sich dem Fenster zu und betrachtete die Monotonie der vorbeiziehenden Bäume, die hier und da von Feldern oder Büschen unterbrochen wurde. Wie ein Morsecode: Lang – lang – kurz, lang – kurz – lang, lang. Beiläufig bekam sie das Gespräch zwischen Agatha und Niam mit.
»Es tut mir leid, wenn ich euch auf irgendeine mir unbekannte Weise zu nahe getreten bin. Ich bin nur eine alte Frau auf Reisen und ihr seid im Vorteil«, sagte sie.
Der einzige Vorzug, den Damila erkannte, war der körperliche. Zu viert war sie leicht zu überwältigen. Doch diese Überlegung fühlte sich falsch an.
Agatha hielt inne und betrachtete sie eingehend. Jeden Einzelnen von ihnen musterte sie, als könnte sie in ihren Gesichtern lesen wie in einem offenen Buch. »Ihr kennt meinen Namen. Ich allerdings weiß nicht, mit wem ich es zu tun habe.«
»Verzeihung«, meldete sich Armand zu Wort. »Ich bin Armand, das sind Nora, Damila und Niam.«
»Vielen Dank.«
Damila sah sie nicht an. Stattdessen starrte sie hinaus. Sie bemerkte, wie die Frau aufstand und ihre Kleidung straffte. »Kennt ihr das Türenspiel rote Tür, gelbe Tür?«, warf sie beiläufig ein.
»Das Türenspiel?«, fragte Niam und neigte den Kopf etwas zur Seite.
»Es ist ein harmloses Vertrauensspiel.«
Es raschelte, was Damila dazu bewegte, nachzusehen, was die Frau tat. So unauffällig sie konnte, drehte Damila ihren Kopf.
Agatha sortierte einige Zettel, die sie aus der Manteltasche gezogen hatte, und hielt Niam ein klein gefaltetes Papier hin. »Hier steht alles drauf. Es ist ganz harmlos. Aber spielt es nur, wenn ihr euch wirklich vertraut.«
»Okay«, sagte er verwundert und warf seinen...
Erscheint lt. Verlag | 22.11.2024 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Creepy Pasta • gefährliches Spiel • Gruselroman • Rote Tür gelbe Tür • spooky • Unterbewusstsein • Vertrauen |
ISBN-10 | 3-8187-2537-3 / 3818725373 |
ISBN-13 | 978-3-8187-2537-2 / 9783818725372 |
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