G. F. Unger 2301 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6985-3 (ISBN)
Jim Uvalde hat es sich in dem hölzernen Badefass gerade so richtig bequem gemacht, als er draußen die Stimmen zweier Männer vernimmt.
»Er will nicht gestört werden«, hört Jim den Barbier sagen.
Die andere Stimme aber kennt er nicht. Und diese Männerstimme sagt: »Lassen Sie mich auf der Stelle rein zu ihm! Mann, ich bringe ihm Nachricht von seiner Familie, verstanden?«
Jim Uvalde greift über den Rand des Badefasses hinweg und nimmt den Revolver, der dort in seiner Reichweite liegt.
»Lass ihn rein, Quade!«, ruft er halblaut.
Einige Sekunden ist es draußen still. Die Tür öffnet sich. Und dann kommt Jerry Campifer herein.
Jim Uvalde erkennt ihn sofort wieder.
Er grinst wortlos und legt den Revolver langsam wieder auf den Schemel. »Das ist auch ein Leben, mit 'nem Colt in die Badewanne zu gehen«, murmelt Jerry Campifer und kommt krummbeinig und sporenklirrend näher. »Deine Familie schickt mich. Sie haben deinen Vater begraben. Er ist tot. Und nun wollen sie raus aus der Riesenfalle. Sie wollen ausbrechen. Mit zehntausend Schafen. Sie brauchen deine Hilfe. Denn sonst werden sie es schwer haben gegen Richard Slaterlee und dessen Mannschaft. Du sollst heimkommen, lassen sie dir sagen. Sie rechnen mit deiner Hilfe. Deshalb haben sie mich geschickt.«
Der Weg aus der Falle
Jim Uvalde hat es sich in dem hölzernen Badefass gerade so richtig bequem gemacht, als er draußen die Stimmen zweier Männer vernimmt.
»Er will nicht gestört werden«, hört Jim den Barbier sagen.
Die andere Stimme aber kennt er nicht. Und diese Männerstimme sagt: »Lassen Sie mich auf der Stelle rein zu ihm! Mann, ich bringe ihm Nachricht von seiner Familie, verstanden?«
Jim Uvalde greift über den Rand des Badefasses hinweg und nimmt den Revolver, der dort in seiner Reichweite liegt.
»Lass ihn rein, Quade!«, ruft er halblaut.
Einige Sekunden ist es draußen still. Die Tür öffnet sich. Und dann kommt Jerry Campifer herein.
Jim Uvalde erkennt ihn sofort wieder.
Er grinst wortlos und legt den Revolver langsam wieder auf den Schemel. »Das ist auch ein Leben, mit 'nem Colt in die Badewanne zu gehen«, murmelt Jerry Campifer und kommt krummbeinig und sporenklirrend näher. »Deine Familie schickt mich. Sie haben deinen Vater begraben. Er ist tot. Und nun wollen sie raus aus der Riesenfalle. Sie wollen ausbrechen. Mit zehntausend Schafen. Sie brauchen deine Hilfe. Denn sonst werden sie es schwer haben gegen Richard Slaterlee und dessen Mannschaft. Du sollst heimkommen, lassen sie dir sagen. Sie rechnen mit deiner Hilfe. Deshalb haben sie mich geschickt.«
Man sieht diesem Jerry Campifer an, dass er nun alles gesagt hat.
Jim Uvalde fragt deshalb: »Wie war das mit meinem Vater? Ich meine, wie starb er?«
»Einfach so«, sagt Jerry Campifer. »Er saß ja in letzter Zeit Tag und Nacht in seinem Sessel. Er ließ sich gar nicht mehr ins Bett heben. Sie fanden ihn an einem Morgen ohne Leben. Zuerst glaubten sie, er schliefe noch. Sie freuten sich sogar darüber, dass er so lange schlief. Denn er konnte ja kaum schlafen. Er dachte immerzu nur nach. Nun, er war also eines Morgens tot.«
Jim Uvalde sitzt eine Weile still, scheint ins Leere zu starren.
Da waren zwei Männer.
Einer kam mit Rindern und ein anderer mit Schafen in die White-Mountain-Täler gezogen. Beide hatten junge Familien. und beide wollten sie groß werden. Der eine mit Rindern, der andere mit Schafen.
Eines Tages kämpften sie um die Weide.
Jack Uvalde verlor. Obwohl auch er den Gegner ziemlich schlimm verwundete.
Seine Frau Ann zog sich mit ein paar Dutzend geretteten Schafen, ihren vier Söhnen und dem gelähmten Mann in ein Hochtal zurück. Es war ein großes Tal, nur mit einem einzigen Zugangspass, zu dem ein Canyon hinaufführte.
Und der Sieger des Kampfes, Richard Slaterlee, wurde bald wieder gesund und besetzte die Weide. Er hielt die Uvaldes mit ihren Schafen gewissermaßen im Tal gefangen.
Jim Uvaldes Blick kommt wie aus weiter Ferne zurück.
»Die verdammten Schafe«, sagt er. »Und du stinkst auch nach ihnen, Jerry. Was erwartet denn meine Familie von mir?«
»Hilfe«, murmelt Jerry Campifer. »Sie wollen mit zehntausend Schafen raus aus der großen Falle. Und sie wollen in aller Ruhe aus dem Land ziehen – irgendwo hin nach Norden, wo es noch reichlich freie Weide gibt. Sie werden etwa zehn Tage brauchen. Zehn Tage Zeit, die Richard Slaterlee stillhalten muss, mehr nicht! Denn sonst gibt es einen großen Krieg mit Blutvergießen und vielen Toten. Lass dir etwas einfallen, Jim! Du bist ja der große Kämpfer. Du warst Sheriff, Marshal, Scout. Du bist der große Kopfgeldjäger und Revolverkämpfer gewesen. Dich holte man überall zu Hilfe – für Geld. Nun will deine Familie deine Hilfe.«
✰
Als Jim Uvalde später die Spielhallen des Fair Play Queen betritt, hält er sich nicht an den Spieltischen auf, sondern steuert geradewegs auf die Tür zu Nelly Slaughters Privaträumen los.
Er ist der einzige Mann, der ohne anzuklopfen eintreten darf.
Nelly Slaughter – sie ist die Fair-Play-Queen – sitzt hinter ihrem Schreibtisch und macht Eintragungen in ihr Verbrauchsmittelbuch. Sie sagt, ohne aufzublicken: »Wir haben in der vergangenen Woche zu viele Gläser verbraucht. Da muss jemand ...«
Nun erst blickt sie auf und erkennt etwas an ihm, was sie sofort beunruhigt.
»Was ist?« So fragt sie. Denn sie ist nicht nur eine schöne und reizvolle, sondern auch eine erfahrene und kluge Frau. Ihre feinen Nasenflügel vibrieren, als wenn sie Witterung bekämen von beunruhigenden Dingen.
Ja, er mag sie sehr. Als sie ihn damals als Beschützer unter Vertrag nahm, der zugleich ihre Barmänner, Kartenausteiler und Croupiers, Hauspolizisten, Rauswerfer und Gäste unter Kontrolle hielt, da kamen sie sich schnell menschlich nahe.
Nun kennt sie ihn schon fast so gut wie eine Ehefrau ihren Mann.
Deshalb wittert sie beunruhigende Dinge.
»Ich muss auf der Stelle fort«, sagt er. »Such dir einen anderen Mann, Nelly. Auf mich kannst du nicht länger zählen.«
Er sagt die letzten Worte hart, fast abweisend. Sie will sofort stolz und abweisend reagieren. Doch dann begreift sie, dass ihm der Abschied schwerfällt und er deshalb so schroff ist.
Sie lehnt sich zurück in ihrem kostbaren Sessel, schüttelt die langen roten Haare nach hinten.
»Erkläre es mir richtig«, sagt sie. »Damit ich es verstehen kann und mich nicht wie ins Gesicht geschlagen fühlen muss. Warum willst du weg von mir?«
»Ich will nicht – ich muss«, sagt er. »Meine Familie sitzt in der Klemme. Sie hat ein Recht auf meine Hilfe. Und ich werde mir dabei einen mächtigen Mann zum Todfeind machen.«
Er setzt sich während seiner Worte rittlings auf einen Stuhl, verschränkt die Arme auf der Lehne und erklärt ihr die Situation mit wenigen Worten.
Als er fertig ist, sieht sie ihn fest an.
»Und du meinst, ich sollte nicht auf deine Rückkehr warten?«
»So ist es«, sagt er und sieht ebenfalls in ihre Augen hinein, die so grün sind wie ihr Kleid.
»Aber ich werde warten«, murmelt sie. »Ziemlich lange werde ich warten, Jim Uvalde. Du bist der erste Mann in meinem Leben, auf den es sich zu warten lohnt.«
Er erhebt sich. Und auch sie steht auf und kommt um ihren Schreibtisch herum zu ihm. Aber sie wirft sich nicht in seine Arme. Sie sieht ihn nur aus nächster Nähe an. Für eine Frau ist sie nur mittelgroß. Sie muss zu ihm aufsehen.
Er spürt alles, was von ihr ausgeht. Es ist ein starker Strom, und es hat ihn schon immer von Anfang an stark berührt.
»Dann küss mich zum Abschied und geh«, murmelt sie.
Er tut es. Sie küssen sich lange, sehr lange.
Und dann geht er, ohne sich noch einmal an der Tür umzusehen.
Sie kehrt hinter ihren Schreibtisch zurück und lässt sich im Sessel nieder, als wären ihr die Beine schwach geworden und als brauchte sie einen Sitz.
Einen Moment sitzt sie so mit geschlossenen Augen da.
Dann greift sie hinter sich an die Wand und zieht an einer Glockenschnur. Einer ihrer Barmänner kommt herein.
»Jemand soll hinaus zu Kilkenny reiten und ihn holen.«
»Das ist nicht nötig, Ma'am«, merkt der Barmann grinsend an. »Kilkenny hat hier vorhin ein Bier getrunken. Jetzt macht er drüben im Store Einkäufe. Ich lasse ihn sofort herüberholen. In fünf Minuten ist er bei Ihnen, Ma'am.«
Die fünf Minuten kommen ihr wie fünf Stunden vor, obwohl sie scheinbar beherrscht hinter dem Schreibtisch sitzt und nachdenkt.
Als Kilkenny dann eintritt, wird ihr Blick kritisch.
Kilkenny ist ein kleiner Mann, und sein langes Haar ist graugelb. Bei seinem Anblick muss man unwillkürlich an einen alten Falken denken. Und er wirkt hart, kühl und erfahren. Aber seine Zeit als Scout und Revolverkämpfer ist fast schon vorbei. Er hat sich schon vor Jahren auf eine kleine Pferderanch zurückgezogen.
»Ich brauche deine Hilfe, Kilkenny«, sagt sie.
»Die hast du immer, Nelly«, erwidert er mit seiner leisen, präzisen Stimme. Sie sehen sich an, und es ist ein schweigendes Verständnis zwischen ihnen.
»Es geht um Jim Uvalde«, spricht sie nach einer Weile. »Er zieht in einen Kampf, um seiner Familie beizustehen. Irgendwo im White-Mountain-Land. Er wird sich einen mächtigen Mann zum Todfeind machen. Ich möchte, dass er es überleben wird. Denn dann wird er zu mir zurückkommen. Versteht du, Kilkenny?«
Der kleine Revolvermann und Indianerkämpfer nickt.
Und wenn Jim Uvalde in höchste Not geraten sollte, so wird er Hilfe bekommen von Kilkenny.
✰
Es gibt nicht viele Wege ins White-Mountain-Land. Jim Uvalde kommt auf dem Weg von Süden her, und am vierten Tag muss sein Pferd immerzu bergauf.
In der Nacht zum fünften Tag erreicht er die Station im Tonto War Pass, und im gelben Lichtschein der Station hält er an.
Jemand sagt vom Haus herüber: »Wenn Sie Ihr Pferd versorgt haben, Fremder, können Sie Abendessen bekommen – wenn Sie wollen.«
Jim Uvalde versorgt sein Pferd, nimmt ihm den Sattel und das wenige Gepäck ab und wäscht sich dann selbst am Wassertrog.
Sein anfängliches Misstrauen und die Wachsamkeit schwinden.
Sollten ihn hier wirklich keine Männer von Richard...
Erscheint lt. Verlag | 7.12.2024 |
---|---|
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp |
ISBN-10 | 3-7517-6985-4 / 3751769854 |
ISBN-13 | 978-3-7517-6985-3 / 9783751769853 |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 1,1 MB
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich