G. F. Unger Sonder-Edition 309 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7156-6 (ISBN)
Als Van Larrabee den Arapahoe Creek durchfurten will, sieht er drüben auf der anderen Seite ein halbes Dutzend Indianer auftauchen. Er hält jedoch nur drei Sekunden an, reitet dann weiter. Denn er macht sich keine Sorgen wegen einiger Cheyenne-Krieger, zumal diese offensichtlich von Regenbeißer angeführt werden. Er winkt ihnen zu und reitet durch den Creek - oder will es vielmehr tun.
Als er mit seinen beiden Packtieren in der Mitte ist, tauchen auch hinter ihm einige Cheyenne-Krieger auf. Und nun wittert Larrabee den Verdruss. Aber er mag es doch nicht glauben, denn schließlich hatten Regenbeißer und er dieselbe indianische Amme, gingen einst zusammen in die Missionsschule von Pater de Smet und erlegten zusammen den ersten Grizzly, als sie kaum älter als zwölf Jahre waren.
Larrabees Ritt
Als Van Larrabee den Arapahoe Creek durchfurten will, sieht er drüben auf der anderen Seite ein halbes Dutzend Indianer auftauchen. Er hält jedoch nur drei Sekunden an, reitet dann weiter. Denn er macht sich keine Sorgen wegen einiger Cheyenne-Krieger, zumal diese offensichtlich von Regenbeißer angeführt werden. Er winkt ihnen zu und reitet durch den Creek – oder will es vielmehr tun.
Als er mit seinen beiden Packtieren in der Mitte ist, tauchen auch hinter ihm einige Cheyenne-Krieger auf. Und nun wittert Larrabee den Verdruss. Aber er mag es doch nicht glauben, denn schließlich hatten Regenbeißer und er dieselbe indianische Amme, gingen einst zusammen in die Missionsschule von Pater de Smet und erlegten zusammen den ersten Grizzly, als sie kaum älter als zwölf Jahre waren.
Nein, er kann den Verdruss, den er instinktiv wittert, einfach noch nicht glauben.
Und so sagt er höflich hinüber: »Ich sehe dich, Regenbeißer. Hattest du eine gute Jagd?«
Regenbeißer ist ein prächtig aussehender Cheyenne. Und er grinst zurück und erwidert: »Meine Jagd ist immer noch gut. Die alten Zeiten sind vorbei. Und deine Haut ist hell. Eigentlich müssten wir dich töten.«
»Nanu«, macht Van Larrabee nur staunend. »He, Regenbeißer, was ist anders geworden zwischen uns beiden?«
»Alles, Larrabee, alles. Der Bozeman-Weg ist gesperrt. Und kein weißer Jäger, Frachtfahrer, Goldsucher oder gar ein Soldat darf sich jetzt noch im Indianerland aufhalten. Wir jagen sie alle zum Teufel oder töten sie. Es ist Krieg. Die Weißen haben wieder einmal einen Vertrag gebrochen. Sie wollen eine Kette von Forts am Bozeman-Weg errichten und haben damit schon begonnen. Aber das weißt du doch sicherlich alles.«
Van Larrabee nickt.
Er selbst hatte in Laramie die Soldaten gesehen, welche unter Colonel Henry B. Carrington ausrückten, um am Piney Creek, dicht unter dem Massiv der Big-Horn-Berge, ein Fort zu errichten, welches Fort Phil Kearny heißen sollte.*
Er zuckt nun mit den Achseln.
»Was kann ich dafür, Regenbeißer?« Er fragt es bitter und setzt dann nach einigen Atemzügen hinzu: »Ich bin nur ein Jäger. Und ich will zu meinem Jagdrevier im Yellowstone-Land, dorthin, wo die heißen Quellen sind, in denen wir einst als Knaben badeten. Lass mich meines Weges reiten, Regenbeißer.«
Aber der schüttelt den Kopf.
Sein Englisch ist nicht schlechter als das, welches Larrabee spricht. Aber sie besuchten ja auch die gleiche Missionsschule. Regenbeißer spricht auch die französische Sprache fließend. Und sie hätten sich auch in Cheyenne unterhalten können, weil Larrabee diese Sprache so gut spricht wie ein Cheyenne.
»Wenn du nicht Larrabee wärest«, sagt Regenbeißer nach dem Kopfschütteln, »dann wärest du schon tot. Aber ich lasse dich reiten – nur dieses eine Mal noch. Ich lasse dich noch einmal reiten. Kehr um! Und komm nicht wieder in dieses Land.«
»Es ist auch mein Land«, widerspricht Larrabee. »Ich wurde in diesem Land geboren wie du.«
»Dann komm zu uns Cheyenne und lebe unter uns. Dann reite mit uns, so wie du es einst als Knabe tatest. Und dann kämpfe mit uns gegen die Soldaten! Dann bist du einer von uns. Und dann hast du ein Recht, in diesem Lande zu leben. Also?«
Es ist die glasharte Forderung, sich zu entscheiden.
Larrabee atmet langsam aus. Und die Bitterkeit steigt in ihm auf.
Nun ist der Frieden also dahin, denkt er, und es gibt keine Neutralen mehr, nur noch Feinde. Denn im Zweifel entscheidet die Hautfarbe. Und ich bin ein Weißer. Dass mein Vater sein ganzes Leben lang mit den Indianern Handel trieb, verdammt, das zählt nicht mehr. Das Gold in Montana hat die Weißen verrückt gemacht.
Er seufzt noch einmal. Dann will er umkehren. Er muss dazu um seine beiden Packtiere herumreiten, und sie werden dann dem Zug der Leine folgen und ebenfalls umkehren.
Aber als die Leine schon ihre Köpfe herumzuziehen beginnt, da sagt Regenbeißer hart: »Lass sie hier!«
Larrabee hält an und blickt über die Schulter zurück.
»Sie tragen alles, was ich besitze«, sagt er.
»Es sind Vorräte bis zum Frühjahr. Dafür gab ich meinen letzten Dollar. Ich könnte in Laramie ohne Geld nicht überwintern.«
»Du kannst auf deinem Pferd fortreiten und dein Leben mitnehmen – oder du kannst kämpfen«, erwidert Regenbeißer schlicht.
Larrabee schielt auf die beiden schwer- und hochbeladenen Packtiere.
Allein dreihundert Schuss Munition für seinen Spencer-Karabiner und seine schwere Sharps sind in den Packlasten, und er fragt sich, wie viele Weiße die Indianer damit töten werden.
Aber er hat gar keine andere Wahl, will er am Leben bleiben.
Gewiss, er traut sich zu, mit seinem Colt noch einige Rote von den Pferden zu schießen, denn er ist schnell und sicher mit dem Colt. Seine Reflexe sind die eines Wildkaters.
Aber zuletzt würden sie ihn töten.
Und so seufzt er zum dritten Male, lässt die Leine fallen und reitet ohne seine beiden Packtiere aus dem Creek.
Die Roten am Ufer lassen ihn zwischen sich durch. Er kennt sie fast alle, zumindest vom Sehen, einige sogar beim Namen.
Jetzt spürt er ihre feindliche Strömung, welche ihn wie ein Atem anweht.
Und er weiß, dass er es wahrhaftig den alten Zeiten mit Regenbeißer zu verdanken hat, wenn er jetzt mit dem Leben davonkommt.
Er reitet langsam im Schritt und hofft sehr, dass alle Krieger Regenbeißers Entscheidung respektieren.
Regenbeißer ist kein großer Häuptling, aber er ist ein Krieger, der immer wieder zum Anführer gewählt wird, wenn ein Trupp auszieht, um zu jagen oder in den Kampf zu reiten.
Doch niemand schießt ihm in den Rücken.
Sie lassen ihn reiten.
Erst nach einer halben Meile lässt er sein Pferd traben.
Vor ihm liegen die vielen Radfurchen des Bozeman Trails. Er reitet darüber hinweg und benutzt eine Abkürzung durch die Hügel.
In ihm sind immer noch Bitterkeit und Zorn im Widerstreit.
Einige Male ist er versucht, umzukehren und sich seine beiden Packtiere mitsamt der Lasten wiederzuholen.
Aber seine Chance wäre zu gering.
Und so fragt er sich, wie er wohl durch diesen Winter kommen wird.
✰
Etwa drei Stunden später stößt er wieder auf den Wagenweg. An den frischen Spuren und vor allem an den Pferdeäpfeln kann er erkennen, dass vor weniger als zwei Stunden hier ein Wagenzug nach Norden fuhr.
Einen Moment lang ist er versucht, diesem Wagenzug nachzureiten und ihn zu warnen. Denn er ist sicher, dass die Indianer schon auf diesen Wagenzug warten.
Doch er ist nicht der Hüter von Wagenzügen.
Auch würde er solch einen Wagenzug gewiss nicht zur Umkehr bewegen können.
Auf diese Frachtwagenzüge wartet im Goldland von Montana tausendprozentiger Gewinn. Und für Gewinn wagen die Menschen alles, einfach alles.
Er setzt also seinen Weg fort.
Als es dann Nacht wird, erreicht er den Laramie-Fork und sieht die Lichter des Forts und nicht weit davon die Lichter der Grenzstadt.
Er denkt an die Zeit, als Fort Laramie noch ein Handelsfort war, also den weißen Händlern gehörte, und Frieden war zwischen Roten und Weißen.
Aber dann wurde in Montana Gold gefunden. Und auf der Kansas-Prärie begann man mit dem Abschlachten der riesigen Büffelherden.
Vom Missouri her – von Omaha –, plante man den Bau einer Eisenbahn nach Westen.
Und nach dem beendeten Krieg zwischen den Nord- und Südstaaten strömten die Siedler nach Westen ins Indianerland.
Das alles machte die Indianer misstrauisch. Sie wollten einen neuen Vertrag abschließen, der ihnen ihre Gebiete garantierte.
Doch mitten in die Verhandlungen platzte Colonel Carrington mit seinen siebenhundert Mann, Wagenzüge und Baugerät.
Als sich herausstellte, dass er am Bozeman Trail ein Fort errichten sollte – also mitten im Indianerland –, da war für die großen Häuptlinge die Verhandlung beendet.
Und seitdem ist Krieg.
Van Larrabee seufzt bei dem Gedanken, dass nun alles vorbei ist.
Eine halbe Stunde später hat er Laramie erreicht und betritt bald darauf das Office des Handelsagenten.
Dieser hockt hinter seinem narbigen Schreibtisch und betastet seinen verbundenen Kopf. Dann knurrt er: »Raus hier. Ich will allein sein. Raus hier!«
Erst als Van Larrabee in den Lichtkreis der Lampe tritt, erkennt ihn der Mann. »Nanu, du bist wieder hier, Larrabee? Du bist doch erst gestern...«
Larrabee geht sattelmüde und steif ein wenig im Raume umher und schenkt sich zwischendurch aus einer Flasche ein Glas ein. Der Agent hält sich den verbundenen Kopf und beobachtet ihn fast teilnahmslos.
Erst als ihm Larrabee seine ganze Geschichte erzählt hat und fragt, wo er wohl Kredit bekommen könnte für neue Einkäufe, kommt Ausdruck und Leben in des Agenten Blick.
Er knurrt: »Du kommst mir gerade richtig, Larrabee. Was kannst du verdienen in einem Jagdwinter, wenn die Jagd gut ist?«
»Etwa zweitausend...
Erscheint lt. Verlag | 14.12.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • abenteuerromane kindle • abenteuerromane kindle deutsch • abenteuerromane kindle für erwachsene • alfred-bekker • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Cassidy • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • für Erwachsene • g f barner • gf unger • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Indianer • Jugend • karl-may • Karl May • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Romanheft • Roman-Heft • Serie • spannend • Western • western country • western country exklusiv • western deutsch • western ebook deutsch • western e books • western hefte • Western Klassiker • Westernreiten • Western-roman • Westernroman • Western Romane • western romane bastei • western romane deutsch • western romane kindle deutsch • western romanhefte • Wilder Westen • Wilder-Westen • Wild West • Wildwestromane • Wild West Romane • Winnetou • Wyatt Earp |
ISBN-10 | 3-7517-7156-5 / 3751771565 |
ISBN-13 | 978-3-7517-7156-6 / 9783751771566 |
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