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Das Echo der Zukunft (eBook)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
280 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-30216-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Echo der Zukunft -  Martin S. Burkhardt
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Lars Kleidenau geht es doppelt schlecht: Seine Nahrungsmittelallergie löst immer schwerwiegendere Schockzustände aus, und seine Firma steht am Abgrund. Sein langjähriger Freund Carl beschließt, Lars zu helfen und in ein Geheimnis einzuweihen. So erfährt Lars von einer Parallelwelt, die unserer Welt abgesehen von zwei Ausnahmen exakt gleicht: Man ist unserer Zeit um mehrere Stunden voraus, und die Charaktereigenschaften der Personen sind gegensätzlich. Anfangs sind die Besuche in dieser anderen Realität harmlos, doch nach und nach gerät Lars in Verstrickungen, erfährt erschreckende Details über seine Frau und bringt sich und andere Menschen in Lebensgefahr.

Martin S. Burkhardt, Jahrgang 1970, lebt mit seiner Familie bei Hamburg und ist Geschäftsführer der Online Schreibschule »Akademie Modernes Schreiben«. Mit Leidenschaft sorgt er für Gänsehaut bei seinen Lesern. Grusel, Msytery und Horror sind seine Passion.

Martin S. Burkhardt, Jahrgang 1970, lebt mit seiner Familie bei Hamburg und ist Geschäftsführer der Online Schreibschule »Akademie Modernes Schreiben«. Mit Leidenschaft sorgt er für Gänsehaut bei seinen Lesern. Grusel, Msytery und Horror sind seine Passion.

 

4.


Das Telefon riss ihn aus den Gedanken. Tinas Stimme klang ernster als sonst.

»Hier ist jemand ganz außerordentlich aufgebracht«, verkündete sie ruhig. »Herr Mard möchte Auskunft, warum seine Aktiengewinne deutlich geringer ausgefallen sind als prognostiziert.«

Lars seufzte und rückte den Stuhl zurecht. Während Tina ihm die Daten des Kunden auf den Bildschirm übermittelte, stellte sie das Gespräch durch. Es wurde eine unangenehme Unterhaltung. Mard, Professor an der Universität und Herausgeber zahlreicher Fachbücher zum Thema Kindererziehung, schimpfte in einem fort und überhäufte Lars mit Kraftausdrücken. Er tobte, da er sich von dem im Voraus kalkulierten Gewinn bereits einen teuren Wagen gekauft hatte. Jetzt schütteten seine Wertpapiere deutlich weniger Geld aus als erwartet. Nur mit Mühe schaffte es Lars, ihn zu beruhigen. Er rief ihm ins Gedächtnis, dass die am Anfang berechneten Ausschüttungen Durchschnittswerte seien, die in den nächsten Jahren durchaus noch erreicht werden könnten.

Nach dem Telefonat verschränkte er die Hände hinter dem Kopf und schaute ärgerlich auf das Telefon. Früher hatte er solche Situationen wesentlich besser gemeistert. Es kam immer mal vor, dass Kunden mit der von seiner Firma übernommenen Vermögensverwaltung unzufrieden waren. Insbesondere wenn sich die Aktien schwach entwickelten und am Ende eines Geschäftsjahres nicht die Zahlen für die Kunden heraussprangen, die sie sich erhofft hatten. Lars hatte es in all den Jahren sehr gut verstanden, aufgebrachte Gemüter wieder zu beruhigen. Einer seiner großen Stärken war es, charmant und freundlich, aber auch unmissverständlich darzulegen, warum sich die Werte so entwickelten, wie sie es eben taten und warum daher die Gelder nicht so flossen, wie anfänglich kalkuliert. Meist gaben sich die Kunden mit seinen Erklärungen zufrieden und sahen anschließend ein, dass nicht er oder seine Firma schuld an den niedrigeren Erträgen waren, sondern die allgemeine wirtschaftliche Situation.

Mard jedoch hatte kein Einsehen. Der Professor beschimpfte ihn als Dilettanten und drohte, sein Portfolio künftig jemand anderem anzuvertrauen. Lars dachte an ein weiteres Gespräch in der letzten Woche, welches ganz ähnlich verlaufen war. Was geschah nur mit seinem überzeugenden und kompetenten Auftreten? Warum erreichte er seine Mandanten nicht mehr? Lag es daran, dass es ihm nach wie vor schwerfiel, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren? Seit zwei Wochen arbeitete er wieder. Die Erinnerung an den Allergieschock verblasste langsam, trotzdem fühlte er sich nicht gesund. Er war schlecht gelaunt, antriebslos und ließ sich viel zu schnell ablenken. Er kam leicht außer Atem und tendierte zu Schweißausbrüchen und Herzrasen. Und das, obwohl Sophie seit dem Vorfall penibel darauf achtete, ihre Lebensmittel nur noch bei einer Handvoll Geschäfte ihres Vertrauens zu kaufen. Was stimmte bloß nicht mit ihm?

Tina unterbrach seine Gedanken, indem sie mit einer dampfenden Tasse Kaffee ins Büro kam und aufmunternd lächelte.

»Hier kommt Kaffee und die Post.«

Lars streckte die Hände aus und nahm ihr die Tasse ab. Einige Tropfen des heißen Kaffees liefen ihm über die Finger.

»Hans hat in einer halben Stunde ein Meeting angesetzt und hätte dich auch gern dabei.«

»Ja, natürlich. Das wird mich ablenken. Ich bin heute mit meinen Gedanken sowieso nicht ganz bei der Sache.«

 

Der Besprechungsraum war gut gefüllt. Alle leitenden Angestellten hatten sich eingefunden. Lars ging auf den Platz am Kopfende des ovalen Glastisches zu und lächelte in die Runde. Hans Klausner saß neben ihm und hob entschuldigend die Schultern.

»Verzeih mir, dass ich dich nicht vorher informiert habe. Ich habe diese Sitzung kurzfristig einberufen.«

»Kein Problem, Hans.«

Lars schaute auf die knallgrüne Krawatte seines zweiten Mannes und unterdrückte ein Grinsen. Hans war ein verdammt guter Vermögensberater. Er konnte überzeugend argumentieren und blieb stets souverän. Er kannte die Produkte der Firma in- und auswendig. Keiner konnte ihm etwas vormachen. Aber wer suchte bloß seine Krawatten aus? Seine neue, achtzehn Jahre jüngere Freundin?

Hans Klausner stand auf und breitete kurz die Arme aus.

»Schön, dass ihr alle so schnell meinem Ruf gefolgt seid«, sagte er und kramte dabei in den Papieren, die vor seinem Platz lagen. Er berichtete von mehreren Anrufen unzufriedener Kunden in den letzten Tagen. »Ich hatte Mühe, die Wogen wieder zu glätten. Bei einigen Leuten ist es mir nicht gelungen. Sie waren zu enttäuscht und werden unserer Beratung den Rücken kehren.«

Lars klopfte auf den Tisch. »Wie kann das sein? Auch ich hatte unangenehme Gespräche. Wieso häuft sich das momentan dermaßen?«

Hans lachte ärgerlich. »Viele unserer Kunden kennen sich untereinander. Sie kommen aus den gleichen gesellschaftlichen Kreisen. Politiker, Schauspieler und andere Prominente. Die tauschen sich natürlich aus. Ist der eine enttäuscht von der Entwicklung seiner Vermögensanlagen, plaudert er darüber mit seinen Bekannten. Die wiederum haben nichts Besseres zu tun, als die Vögel scheu zu machen und die schlechten Nachrichten in der ganzen feinen Gesellschaft zu verbreiten.«

Tina, die die Besprechung protokollierte, schaute Hans bestürzt an. »Gefährlich. Daraus kann schnell eine unkontrollierbare Dynamik entstehen.«

Hans stimmte zu. »Plötzlich bekommen auch Kunden Angst, deren Vermögen sich positiv entwickeln. Aber aus der Unsicherheit heraus, es könnte ja doch etwas passieren, denn man hört ja so viel, wechseln sie trotzdem zu anderen Beratungsfirmen. Es ist ein Teufelskreis.«

Lars presste die Handflächen aneinander und schaute in die Gesichter seine Mitarbeiter.

»Wie kommen wir da am besten wieder raus?«, fragte er in die Runde.

»Wir müssen mit guten Leistungen glänzen«, sagte Birger, ein junger und engagierter Bursche, den Lars vor einem halben Jahr eingestellt hatte.

Hans seufzte. »Wenn das so einfach wäre! Eine schlechte Nachricht verbreitet sich siebenmal so oft wie eine gute Nachricht. Allein mit Leistung werden wir nur wenig bewerkstelligen können. Es sei denn …« Hans unterbrach den Satz und schaute aus dem Fenster.

»Es sei denn was?«, fragte Birger neugierig.

»Es sei denn, uns gelingt es, für unsere Kunden ganz hervorragende Gewinne herauszuschlagen. Aber die derzeitigen Produkte der Banken und Versicherungen bieten nicht viel Spielraum. Wir könnten einen Großteil der Gelder in Aktien umwandeln, aber das birgt natürlich ein hohes Risiko.«

»Zu hoch«, sagte Lars entschieden. »Wir sind keine Zocker. Denkt stets daran.«

Hans nickte stumm und drückte die Hände auf die kalte Tischplatte. Lars stellte erstaunt fest, dass sie kaum feucht waren. Hans hatte sich wie immer erstaunlich gut im Griff. Er selbst fing allmählich wieder an zu schwitzen. Hätte er seine Hände auf den Tisch gelegt, wären die Abdrücke der Finger und des Ballens auf der Glasplatte sicherlich bis zum Ende der Besprechung sichtbar geblieben.

»Ich bin froh, dass wir keine Spieler sind«, sagte Hans, stockte und wirkte zum ersten Mal während des Meetings unsicher. »Es gab da auch noch ein persönliches Gespräch mit Gerd Feldtmann.«

Lars schluckte. Was kam jetzt? Die Familie Feldtmann zählte zu den größten Kunden, sie besaß Immobilien auf jedem der fünf Kontinente und war an mehreren Dutzend hochprofitablen Unternehmen beteiligt. Gerd Feldtmann, das Familienoberhaupt, verwaltete die Besitztümer.

»Herr Feldtmann hat mir unmissverständlich klargemacht, dass er uns nicht länger als Berater wünscht, sollten die Halbjahreszahlen gegenüber unserem Forecast mehr als zwei Prozent nach unten abweichen.«

»Und wie sieht es aus?«, fragten Tina und Birger fast zeitgleich.

Hans’ Miene gab bereits eine deutliche Antwort.

»Selbst wenn wir in den letzten acht Wochen gute Gewinne mit den Aktienpaketen der Familie machen, werden wir die Prognose nicht erreichen. Uns würde jetzt nur noch ein Sechser im Lotto helfen.« Er räusperte sich. »Und eigentlich ist selbst der noch zu wenig.«

 


*

 

Es war dunkel geworden. Lars saß auf dem Bürostuhl und schaute auf den Lichtkegel, den die kleine grüne Lampe auf den Schreibtisch warf. Er fuhr mit den Fingern über die stählerne Arbeitsplatte und bemerkte lustlos, dass nur wenige Staubpartikel an seinen Kuppen hängen blieben. Wenigstens die Putzfrauen verstanden ihren Job. Momentan kam ihm sein Leben wie ein einziger großer Albtraum vor. Er hatte nach dem Meeting versucht, noch etwas zu arbeiten. Vergeblich. Immer wieder schweiften seine Gedanken zu den unzufriedenen Kunden ab, immer wieder drängte sich das kahlköpfige Antlitz von Gerd Feldtmann in sein Gedächtnis, immer wieder machte Feldtmann diesen merkwürdigen Gesichtsausdruck. Es war kein Zorn oder Unmut darin zu lesen, eher so eine Art Bedauern und Resignation. Und das machte Lars total fertig. Glaubten seine Klienten noch an ihn? Glaubte er selbst noch an sich? Es wäre alles so viel leichter, wenn er sich wenigstens körperlich gesund fühlen würde.

Das leise Summen eines Telefons schreckte ihn auf. Wer rief um diese Zeit hier an? Alle waren bereits nach Hause gegangen. Der Anrufer hatte die Sammelnummer gewählt und leuchtete jetzt wahrscheinlich als kleiner hektischer Punkt in der Telefonanlage auf Tinas Schreibtisch. Tina hatte sich vor über einer Stunde verabschiedet, ihn kurz vorher eindringlich angeschaut und ihm geraten, ebenfalls schleunigst Feierabend zu machen. Sie hatte wohl geahnt, dass er nach der Besprechung keinen konstruktiven Gedanken mehr fassen könnte. Sie kannte ihn...

Erscheint lt. Verlag 4.11.2024
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte andere Zeitebene • Grusel • Horror • Mystery • unglückliche Liebe
ISBN-10 3-384-30216-8 / 3384302168
ISBN-13 978-3-384-30216-8 / 9783384302168
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