»Wenn Ende gut, dann alles« (eBook)

490 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-32154-3 (ISBN)
»Halt an, Tommi! Kind ist ganz nass bei diese scheußliche Wetter, muss sich doch kümmern jemand.« Svetlana deutete energisch auf eine Stelle am Waldrand ...
Die erstaunliche Svetlana liebt russische Literatur und Detektivgeschichten. Ihre Lebensweisheiten sind so legendär wie ihre Grammatik. Tommi, liebenswerter Chaot Anfang 30, arbeitet konsequent an seinem Durchbruch als Bestsellerautor. Meistens jedenfalls. Wegen vorübergehender Finanzflaute haust er im alten Wohnmobil seines Vaters. Die Hymer B550 hat der ihm zusammen mit seiner ukrainischen Putzfrau Svetlana überlassen. Als Tommi und Svetlana eines Abends ein kleines Mädchen am Waldrand auflesen, ahnen sie nicht, dass ihre unkonventionelle und bisweilen tollkühne Suche nach der Mutter sie auf die Spur eines schrecklichen Verbrechens bringt. Und sie selbst in große Gefahr.
Der grandiose Auftakt zu einer neuen Krimireihe voller liebenswert-schräger Figuren mit Herz, Witz und Verstand. Volker Klüpfel in Bestform: Durch die Brille der erstaunlichen Svetlana und Schriftsteller Tommi beweist der Autor erneut seinen einzigartig humorvollen Blick auf menschliche Schwächen und Abgründe.
Volker Klüpfel, Jahrgang 1971, wurde in Altusried geboren. In Bamberg studierte er Politikwissenschaft und Geschichte. Nachdem er einige Zeit in den USA und in Deutschland als Journalist, zuletzt als Feuilletonredakteur, gearbeitet hatte, stellte er fest, dass ihm doch eher das freie Schreiben liegt. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner Familie - auf Urlaubsreisen oder im Allgäu. Zusammen mit Michael Kobr hat er sich u.a. mit der mehrfach verfilmten Kultreihe um Kommissar Kluftinger und weiteren Romanen ein Millionenpublikum erschrieben. »Wenn Ende gut, dann alles - Das einsame Kind« ist der großartige Auftakt zu seiner ersten Solo-Krimireihe um die geniale ukrainische Putzfrau Svetlana und den vielleicht irgendwann einmal erfolgreichen Schriftsteller Tommi Mann.
1
»Das kannst du ruhig schreiben.« Svetlana hatte eine Hand in die Hüfte gestützt, die andere wedelte mit dem Putzlappen in der Luft herum, als dirigiere sie ein Orchester. »In deine Buch da. Kannst du schreiben. Und meine Name auch.«
Ich seufzte. Was sie da in ihrem unnachahmlich ostslawischen Akzent von sich gab, war ihr Standardsatz, wenn ich am Laptop saß und sie das Gefühl hatte, ihre Weisheiten müssten zum Wohl der Nachgeborenen festgehalten werden.
»Hm?«, fragte ich halb abwesend, weil mich gerade ganz andere Probleme beschäftigten. Genau genommen hatte ich nämlich keine Ahnung, wie ich in dem Thriller, an dem ich gerade arbeitete, meinen Helden aus der im Grunde aussichtslosen Situation retten sollte, in die ich ihn hineinmanövriert hatte.
»Aber schreib meine ukrainische Name. Svitlana.«
Ich blickte auf. In ihren Augen erkannte ich, dass sie es ernst meinte. Das mit der ukrainischen Version ihres Vornamens. War das schon immer so gewesen? Oder erst seit in ihrem Heimatland dieser Krieg tobte und sie dadurch ihren Nationalstolz entdeckt hatte? Ich wusste es nicht, aber je mehr ich darüber nachdachte, desto aussichtsloser wurde die Situation für meinen Helden. Also klappte ich den Laptop zu. Heute würde ich in der Geschichte nicht mehr weiterkommen, aber ich war ja auch schon auf Seite … zwölf. Vierzehn sogar, wenn man die Schrift etwas vergrößerte und mit dem Zeilenabstand spielte. Fünfzehn mit Vorwort. Für drei Monate Schreibzeit vielleicht keine berauschende Ausbeute, aber akzeptabel, wenn man bedachte, dass ich schon auf Seite zwölf respektive fünfzehn einen Hinterhalt und eine ausweglose Situation für den Helden untergebracht hatte. Das ist ja ein Geschenk für die Leserinnen und Leser, wenn’s gleich richtig zur Sache geht. Meist werden erst wortreich die Hauptfiguren eingeführt und umständlich die Schauplätze vorgestellt.
Nicht so bei mir.
Allerdings stand ich nun vor der ungleich größeren Herausforderung, meinen Helden, den Millionärssohn Timothy, aus seiner verzwickten Lage (gefesselt in einem verlassenen Lagerhaus, eine maskierte Gestalt mit einem Messer vor sich) wieder herauszubekommen. Schaffte ich das nicht, konnte ich mir die weiteren mindestens zehn Bände meiner geplanten Serie mit dem klingenden Reihentitel Der Erbe des Bösen in die Haare schmieren.
Übers Knie brechen durfte ich das Ganze aber auch nicht, so ein Thriller war ein diffiziles Geflecht wohl überlegter …
»Warum klappst du zu? Hast du aufgeschrieben?«
Ich biss die Zähne zusammen. Svetlana hatte es wieder einmal geschafft, mich komplett aus dem Konzept zu bringen. Endlich war ich einmal im Flow gewesen, endlich hatte mich die Muse geküsst. Ach was, geküsst: Ein wildes Knutschen war das gewesen, mit Zunge und allem Drum und Dran. Und jetzt ging nichts mehr. Da konnte ich mich genauso gut ihrem Anliegen widmen. »Ja, ist drin«, log ich.
Sie kniff die Augen zusammen und musterte mich. Sofort wurde ich nervös. Svetlana erkannte immer, wenn ich die Unwahrheit sagte. Sie war ein menschlicher Lügendetektor, ihr blieb nichts verborgen. So kam es mir jedenfalls vor. Ich fühlte mich aber gleich besser bei dem Gedanken, dass ich ja nicht der Einzige war, in dem sie las wie in einem offenen Buch.
Buch. Wieder seufzte ich. War Thriller wirklich das Genre, mit dem ich Erfolg haben würde? Würde ich endlich einen Verlag finden?
»Wie hast du formuliert?«
Bestimmt nicht, wenn meine Zugehfrau mich ständig in dem Bestreben unterbrach, Literatur zu erschaffen.
»Hast du geschrieben: von deine Putzfrau?«
»Ja, hab ich.« Keine Ahnung, was sie damit immer hatte. Reinigungskraft, Raumkosmetikerin, Reinemachexpertin – ich hatte schon so viele Bezeichnungen durch, aber sie bestand auf: Putzfrau. Weil sie fand, dass es genau das bezeichnete, was sie war, jedenfalls in der Funktion, in der sie zu mir kam. Und sie war für klare Verhältnisse. Klare Verhältnisse. Ausgerechnet bei mir. Ich blickte mich in dem Raum um, der mir zur Heimat geworden war. Obwohl ich vorgehabt hatte, nur einen vorübergehenden finanziellen Engpass im Wohnmobil meines Vaters zu überbrücken. Das war vor einem Jahr gewesen, kurz nachdem mich Michelle, nun ja, nachdem sie gemeint hatte, eine Beziehungspause würde uns guttun. Ihr.
Der sowieso schon betagten fahrbaren Wohnung hatte dieses Jahr genauso zugesetzt wie mir. Zum Glück hatte ich Svetlana.
»Was schaust du? Ist schlecht geputzt?« Sie stemmte nun auch die andere Hand in die Hüfte.
»Nein, nein, gar nicht, ohne dich wäre ich … also du weißt schon.«
»Verloren?«, beendete sie meinen Satz. »Hilflos? Ratlos? Ohnemächtig?«
»Jaja, schon gut. So was in der Art. Und es heißt ohnmächtig.« Ich war froh, dass sich das Gespräch nun nicht mehr um die Niederschrift ihrer Lebensweisheit drehte, denn ich hatte vergessen, worum es da eigentlich gegangen war. Irgendwas mit einem Vogel, der eigentlich ein Wort ist, und wegfliegt, wenn … ja, wenn was?
»Kein Vogel. Spatz.«
Konnte sie seit Neuestem auch noch Gedanken lesen? »Spatz. Weiß ich.«
»Ist gute Sprichwort, kannst du ruhig merken. Dann geht vieles …« Sie verstummte, als sie den Bilderrahmen unter der Schmutzwäsche entdeckte, die sie gerade von dem winzigen Tischchen klaubte, das neben meinem Bett stand. Zumindest, wenn ich das Bett aufgebaut hatte. Momentan war ja Tagesbetrieb im Wohnmobil. Sie holte tief Luft und fixierte mich mit ihren grünen Augen. Ich hielt ihrem Blick stand, auch wenn sie in ihrer rosafarbenen Kittelschürze, den farblich abgestimmten Handschuhen und den Crocs wie ein großes pinkes Ausrufezeichen dastand. Ein Ausrufezeichen, das einen ihrer unzähligen Leitsprüche beendete: Was war, ist mit Gras bewachsen! Dabei hob sie den Bilderrahmen hoch.
»Ach, da ist der. Weiß auch nicht, wie der da hingekommen ist.«
»Letztes Mal war nicht da.«
»Nicht?« Ich suchte nach einer Ausrede, aber was hätte ich schon sagen sollen? Svetlana hatte die spärliche Einrichtung des Wohnmobils exakt kartografiert im Kopf. Sie merkte sofort, wenn etwas anders war.
»Nein. Habe weggeräumt.«
Natürlich hatte sie den Bilderrahmen weggeräumt. Sie predigte mir ja seit Monaten, dass ich Michelle endlich vergessen und mich neuen Dingen zuwenden sollte. Und mit neuen Dingen meinte sie: neuen Frauen.
»Bist du erst 32. Zu jung für traurig sein.«
»Das sagst du so leicht.«
»Nur weil bei mir fast zwanzig Jahre her ist?«
Fangfrage!, schrillte ein Alarm in meinem Kopf. Sie kokettierte gern mit ihrem Alter, aber ich ließ mich darauf nicht ein. Für ihre knapp fünfzig sah sie toll aus, auch wenn sie mehr aus sich hätte machen können. Ihr ganzes Styling bestand aus farblich abgestimmten Putzklamotten und hin und wieder wechselnder Haarfarbe. Zurzeit trug sie die Haare schwarz. Auch wenn sie darauf bestand, dass der Farbton Ebenholz hieß.
»Hm?«
Ich merkte, dass ich mir etwas zu viel Zeit mit der Antwort gelassen hatte. »Du weißt, dass du nicht so alt aussiehst, wie du bist.« Mist, das war jetzt irgendwie verunglückt rausgekommen, eigentlich war es als Kompliment gemeint.
»Danke«, antwortete sie schmallippig. »Das räume ich weg.« Sie nahm den Rahmen mit dem Foto von Michelle und mir, eng umschlungen auf dem Helene-Fischer-Konzert. Den Besuch hatte Michelle mir zum Geburtstag geschenkt. Sie liebte Helene Fischer, und ich war fest entschlossen, ihre Schlagerbegeisterung irgendwann zu teilen. Svetlana schob das Foto in das winzige Regal, in dem neben den alten Reiseführern meines Vaters meine Literatursammlung stand. Ein paar der Groschenromane nahm sie heraus und platzierte den Bilderrahmen so, dass man das Foto nicht mehr sehen konnte. Dann hielt sie die Romanheftchen hoch. »Soll ich wegschmeißen und Platz machen?«
»Nö. Les ich vielleicht mal wieder.«
Sie verzog das Gesicht, was sie sofort ein paar Jahre älter erscheinen ließ. »John Sinclair und der Amoklauf der Mumie?«
»Ja, das ist … ein Klassiker. Fast so gut wie Die Nonne mit der Teufelsklaue.«
Ohne sich umzudrehen, zeigte sie auf eines der wenigen Hardcover im Regal, einen Wälzer von mindestens achthundert Seiten. »Das ist Klassiker. Hast du schon gelesen?«
Vor einem halben Jahr hatte sie mir das Ding ungefragt vorbeigebracht und wollte nun ständig wissen, wie weit ich damit war. »Angefangen. Aber ich hab’s oft in der Hand.« Das war die Wahrheit, denn als Briefbeschwerer und Tassenuntersetzer war es recht nützlich.
»Glaub mir, wird dir gefallen. Beste Buch von diese Autor.«
»Ach so, dann …« Ich gönnte ihr das Faible für russische Literatur, aber dass sie mich dazu bekehren wollte, stresste mich ein bisschen. Dabei war ich wirklich guten Willens, genau wie bei Michelles Schlageraffinität, aber allein die russischen Namen … Die Hauptfigur verfügte über mehr Versionen seines Namens, als es in meinem Thriller Charaktere gab. »Das glaub ich dir ja, aber ich hab so wenig Zeit, und dann muss ich immer wieder von vorn anfangen.«
»Hast du Probleme mit Namen?«
»Ich hab keine Probleme.« Kurz überlegte ich, ob ich ihr erklären sollte, wie holprig das Buch geschrieben war, dass der Protagonist in dem Roman mal Rodion, mal Rodja und dann wieder Rodka oder Rodya hieß, was gekrönt wurde durch mehrere Varianten seines Nachnamens, etwa Raskolnikow oder Raskolnik. So schrieb man einfach nicht. Aber da ich keine Lust hatte, mir...
Erscheint lt. Verlag | 26.2.2025 |
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Reihe/Serie | Svetlana und Tommi ermitteln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
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ISBN-10 | 3-641-32154-9 / 3641321549 |
ISBN-13 | 978-3-641-32154-3 / 9783641321543 |
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