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Der Spion des Zaren (eBook)

Ein Kriminalfall
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
102 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7565-8858-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Spion des Zaren -  Helga Geerkens
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Ein russischer Auftragskiller, stets im Dienste ihrer Majestät, des russischen Zaren, hat in Berlin einen russischen Dissidenten, einen erklärten Gegner des russischen Präsidenten, erschossen und ist dabei erwischt worden. Er wurde verurteilt und einige Jahre später im Rahmen eines Gefangenenaustauschs gegen politische Gefangene ausgetauscht, gelangte also wieder zurück nach Russland, um dort mit allen Ehren vom Zaren empfangen zu werden wie ein Staatsgast. Aber dort blieb er nicht, denn der Zar hatte noch eine Vielzahl von Mordaufträgen für seinen Agenten.

In meinem früheren Leben war ich Juristin. Jetzt bin ich im Ruhestand, habe also viel Zeit zum Lesen und Schreiben. Juristen schreiben zwar auch sehr viel, allerdings keine Romane. Die Materie ist oft eher trocken. Dafür interessieren sich nicht sehr viele Leute. Bis auf die Strafsachen, für die sich erfahrungsgemäß viele interessieren. Das hat dazu geführt, dass ich meistens Krimis schreibe.

In meinem früheren Leben war ich Juristin. Jetzt bin ich im Ruhestand, habe also viel Zeit zum Lesen und Schreiben. Juristen schreiben zwar auch sehr viel, allerdings keine Romane. Die Materie ist oft eher trocken. Dafür interessieren sich nicht sehr viele Leute. Bis auf die Strafsachen, für die sich erfahrungsgemäß viele interessieren. Das hat dazu geführt, dass ich meistens Krimis schreibe.

2. Kapitel: Der Mord am Dissidenten aus dem Kaukasus


Journalist Marc Zimmermann hatte mit seinem Bericht über das Schicksal einiger russischer Dissidenten kurz nach der Ermordung dieses politischen Gegners der russischen Regierung aus dem Kaukasus begonnen. Dieser dreiste Auftragsmord war in der Presse bereits ausführlich beschrieben worden. Aber die Hintergründe hatten seine Kollegen nicht so hinterfragt wie es notwendig gewesen wäre. Das wollte Marc Zimmermann in mancher Hinsicht nachholen. Nur dann konnte man die Brutalität des russischen Regimes mehr als deutlich sehen. Und das musste man der deutschen Bevölkerung, die vermehrt der russischen Hasspropaganda ausgesetzt war, schon sehr deutlich zeigen.

Das Tatopfer hatte im zweiten Tschetschenienkrieg gegen die Russen gekämpft. Das war nicht schwer herauszubekommen. Wieso dieser ehemalige Kämpfer allerdings viele Jahre später plötzlich unbedingt beiseite geschafft werden musste, das galt es noch zu ermitteln. Die militärischen Auseinandersetzungen in Tschetschenien waren bei den meisten längst in Vergessenheit geraten, als der russische Präsident seinen Freund aus KGB-Zeiten im Jahre 2019 beauftragte, diesen ehemaligen Kämpfer, der inzwischen in Georgien gelebt hatte, zu beseitigen.

Bei dem Tatopfer, einem ehemaligen Widerstandskämpfer, handelte es sich um einen Tschetschenen, der in Georgien geboren, später aber auch in Tschetschenien gelebt hatte. Dieser hatte sich unter dem Kommando des ehemaligen tschetschenischen Präsidenten Maskhadov etwa seit 2000 an den Kampfhandlungen im zweiten Tschetschenienkrieg beteiligt. Feldkommandeur soll er gewesen sein und zwar bis zum Jahre 2004. Dann ist er zu seiner Familie zurückgekehrt. Die lebte in Georgien. In Georgien hat er mindestens sechs Jahre lang für die dortigen Sicherheitsdienste gearbeitet.

Es gab keine objektiven Nachweise dazu, dass die Behauptung russischer Stellen, der Tschetschene sei Unterstützer des Kaukasus-Emirats gewesen, zutraf. Ansonsten hätte der Tschetschene wohl kaum nach seiner Rückkehr nach Georgien sechs Jahre lang für die dortigen Sicherheitsbehörden arbeiten können. Terroristen werden in diesen sensiblen Bereichen in der Regel nicht beschäftigt. Die angebliche Unterstützung des Kaukasus-Emirats war offenbar nichts weiter als die übliche russische Desinformation.

In Georgien war er verheiratet und hatte mehrere Kinder. Zuletzt lebte er mit seiner Familie in Tiflis, als im Jahre 2015 ein Anschlag auf ihn verübt wurde. Getroffen von vier Schüssen setzte er sich nach der medizinischen Behandlung einige Monate später in die Ukraine ab und lebte dort in Odessa, wo auch der frühere georgische Präsident Saakaschwili lebte. Er hatte nämlich Angst vor weiteren Anschlägen, zumal der Täter unbekannt geblieben war, es also auch für die georgischen Behörden äußerst schwierig war, ihn vor weiteren Anschlägen zu schützen.

Da er sich auch in der Ukraine nicht sicher fühlte, sondern auch dort weitere Anschläge fürchtete, reiste er im Jahre 2016 mit seiner Familie weiter nach Polen, wollte aber aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen nach Deutschland, um hier einen Asylantrag zu stellen, was ihm letztlich auch nach einigen Monaten gelang, seiner Familie allerdings erst im folgenden Jahr. Er und seine Familie erhielten im Jahre 2016 zahlreiche Drohnachrichten aus Georgien. Auch sein in Schweden lebender Bruder wurde bedroht. Wer hinter diesen Drohungen steckte, war offensichtlich: Es waren russische Trolle vom Inlandsgeheimdienst, die von der Regierung regelmäßig auf politische Gegner angesetzt werden. Die Agenten des Kreml machen systematisch Jagd auf ihre Opfer, wozu oft auch Drohungen gehören.

Marc Zimmermann machte sich viele Gedanken darüber, aus welchem Grund das russische Regime erst nach Jahrzehnten die Liquidierung dieses politischen Gegners beschlossen hatte. Das Tatopfer hatte schließlich sechs Jahre lang ganz offiziell für die georgischen Sicherheitsbehörden gearbeitet. Dort hätte man also Zugriff auf ihn gehabt. Die russische Regierung hätte beispielsweise die georgischen Behörden über die Tätigkeit des Opfers unterrichten können. Sie hätten einen Auslieferungsantrag stellen können. Das allerdings wollte man offenbar nicht, was dafür spricht, dass die angebliche Terrorunterstützung nur eine Erfindung der russischen Regierung ist. Eine Erfindung, um die wahren Motive für den Auftragsmord zu verschleiern.

Der Auftragsmord an dem Tschetschenen als eine Art verspäteter Rache, fragte sich Marc Zimmermann zunächst. Zu der Zeit, als das Regime mit den Anschlägen begann, lagen die kämpferischen Aktivitäten des Opfers mehr als zehn Jahre zurück. Der Journalist glaubte jedenfalls nicht, dass die russischen Dienste erst so spät von der Kriegsteilnahme des Georgiers erfahren haben. Das war höchst unwahrscheinlich. Die meisten ehemaligen Kämpfer waren schon von Ramsan Kadyrow viele Jahre zuvor identifiziert und „abgestraft“ worden. Der führte auch entsprechende Listen von Todeskandidaten, auf die er seine kriminellen Banden ansetzte. Mitunter schickte Kadyrow seine Auftragskiller sogar bis nach Europa. Wie etwa im Falle Umar Israilow, den er in Wien ermorden ließ.

Aber nicht nur die Tatsache, dass die Vorfälle, die den Anlass für die Verfolgung bildeten, derart lange zurücklagen, machte Marc Zimmermann stutzig. Das Opfer war vor dem ersten Anschlag in Tiflis im Jahre 2015 nie als besonders exponiert aufgefallen. Er wurde zwar oft als Feldkommandeur bezeichnet, aber davon gab es während des Tschetschenienkrieges schließlich viele. Die sind allerdings bei weitem nicht alle in den Fokus russischer Sicherheitsbehörden gelangt. Nicht alle damaligen Feldkommandeure standen auf einer Fahndungsliste der russischen Sicherheitsdienste, sondern allenfalls ein kleiner Bruchteil von ihnen.

Als sich das russische Regime im Jahre 2019 entschloss, das spätere Opfer im europäischen Ausland zu liquidieren, eine Aktion mit einem erheblichen Aufwand und verbunden mit einem großen Entdeckungsrisiko, lagen die letzten Vorfälle im Tschetschenienkrieg bereits fünfzehn Jahre zurück. Wieso interessierte sich das russische Regime also so spät offenbar brennend für den Georgier? So brennend, dass man dafür sogar einen Spion eigens zur Liquidierung nach Deutschland schickte. Das fragte sich natürlich auch Journalist Marc Zimmermann und begann mit seinen Recherchen. Er wollte unbedingt wissen, was dahintersteckte.

Auffällig war zunächst, dass sich das Regime des Kadyrow offenbar nie besonders für diesen Georgier interessiert hatte, dies ganz im Gegensatz zu vielen anderen Fällen ehemaliger tschetschenischer Kämpfer. Der tschetschenische Machthaber führte über die ehemaligen Kämpfer sogar eine eigene Todesliste und hatte schon mehrfach Gegner aus dieser Liste umbringen lassen, auch im Ausland. Was machte dieses Opfer aus dem Kaukasus nun so brisant oder gefährlich gerade für den Kreml, dass es fünfzehn Jahre nach den Kämpfen unbedingt durch einen Auftragskiller hatte beseitigt werden müssen? Während das Opfer für den tschetschenischen Machthaber ganz offensichtlich nie von besonderem Interesse gewesen war, dass er sich auch nur ein einziges Mal mit dem Georgier beschäftigt hätte. Ihr Interesse zeigten die russischen Behörden ja erst seit 2015, wenn man einmal davon ausgeht, dass der Mordversuch in Tiflis ebenfalls auf das Konto russischer Auftragskiller geht.

Der Journalist konnte sich dieses verspätete Interesse am Tatopfer nicht erklären und hat daher versucht, dazu im Prozess plausible Antworten zu finden. Vielleicht würden die Richter eine nachvollziehbare Erklärung für diesen Umstand finden. Dieser Punkt würde allerdings für die Bestrafung des Auftragsmörders keine entscheidende Rolle spielen. Um den Auftragsmord zu belegen, reichten ja im Prinzip bereits die öffentlichen Verlautbarungen des russischen Präsidenten nach der Festnahme des Krasikow. Die waren schließlich mehr als deutlich. Auf die Frage, woher plötzlich das russische Interesse an dem ehemaligen Kämpfer gekommen war, kam es in dem Berliner Verfahren nicht an. Also wurde in dieser Hinsicht auch nichts weiter aufgeklärt.

Letztlich kam Marc Zimmermann nach längeren Überlegungen zu dem Schluss, dass den deutschen Behörden wohl nicht alle notwendigen Informationen zu dem Mordopfer vorlagen. Wieso beschäftigte sich überhaupt der russische Inlandsgeheimdienst mit dem Opfer, wenn dieser nur im zweiten Tschetschenienkrieg gekämpft hatte? Da musste seiner Auffassung nach etwas viel Wichtigeres dahinterstecken, wenn die russische Regierung jemanden in dieser Art und Weise durch einen ihrer Agenten beseitigen ließ, noch dazu im Ausland. Das wollte er versuchen herauszufinden.

Wenn ein tschetschenischer Kämpfer gejagt wurde, dann haben diese Aufgabe in der Regel die Schergen des tschetschenischen Präsidenten Kadyrow erledigt. Der frühere Tschetschenienkämpfer Umar Israilov zum Beispiel war ein solcher Kämpfer, der von Kadyrow verschleppt, eingesperrt, gefoltert und zum Dienst bei den Einheiten Kadyrows gezwungen wurde. Kadyrow hatte ihm und seiner Familie die Ermordung angedroht, sollte er sich weigern. Israilov floh schließlich 2004 nach Österreich und beantragte dort Asyl.

Israilov geriet auf Kadyrows Todesliste, nachdem er eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erhoben hatte. In der Klageschrift hatte er Kadyrow wegen Menschenrechtsverletzungen durch Folter und Mord beschuldigt und als Beweismittel dazu Zeugenaussagen, Gutachten, Skizzen von Folterkellern und Fotos von...

Erscheint lt. Verlag 2.10.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Auftragsmord • Staatsterrorismus • und
ISBN-10 3-7565-8858-0 / 3756588580
ISBN-13 978-3-7565-8858-9 / 9783756588589
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