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'Ich bin nicht von der Zeitlichkeit' -  Betty Paoli

'Ich bin nicht von der Zeitlichkeit' (eBook)

Ausgewählte Werke

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
224 Seiten
Residenz Verlag
978-3-7017-4730-6 (ISBN)
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Das 'Best of' ihrer Werke holt die Wiener Autorin Betty Paoli in den Kanon zurück. Einst war Betty Paoli im ganzen deutschen Sprachraum berühmt für ihre leidenschaftliche Lyrik, die zeitgenössische Kritik stellte sie auf eine Stufe mit Annette von Droste-Hülshoff. Paolis Gedichte wurden in Schulbücher aufgenommen und heute erleben sie auf Lyrikportalen im Netz ein Revival. Als erste Berufsjournalistin Österreichs verfasste Paoli scharfsinnige und unterhaltsame Kritiken zu Kunst, Literatur und Theater, war meinungsbildend im Kulturbetrieb und Vorbild für die nächste Generation schreibender Frauen. Ihre Essays erschienen in den wichtigsten deutschsprachigen Zeitungen und wurden lebhaft diskutiert. Die Auswahl mit Kommentar und Nachwort gibt Einblick in das vielfältige ?uvre dieser herausragenden Autorin.

Betty Paoli eigentlich Barbara Glück, geboren 1814 in Wien, gestorben 1894 in Baden bei Wien. Betty Paoli war nicht nur die erste Journalistin Österreichs, sondern auch Lyrikerin, Theater- und Literaturkritikerin, Übersetzerin und Essayistin. Sie war mit Franz Grillparzer befreundet und unterstützte Ferdinand von Saar und Marie von Ebner-Eschenbach.

Betty Paoli eigentlich Barbara Glück, geboren 1814 in Wien, gestorben 1894 in Baden bei Wien. Betty Paoli war nicht nur die erste Journalistin Österreichs, sondern auch Lyrikerin, Theater- und Literaturkritikerin, Übersetzerin und Essayistin. Sie war mit Franz Grillparzer befreundet und unterstützte Ferdinand von Saar und Marie von Ebner-Eschenbach.

BRIEFE AN EINEN VERSTORBENEN


Die Welt ist meine See, der Schiffsmann Gottes Geist,

Mein Leib das Schiff, die Seel’ ist’s, die nach Hause reist.

Angelus Silesius

I.

Es war im Herbst, im Herbst, wo die Natur

Noch einen letzten, trüben Gruß uns winket,

Wo öd’ und fahl die lenzverwais’te Flur

Und Blatt um Blatt verwelkt zu Boden sinket,

Wo Baum und Strauch, gleich irrenden Gedanken,

Im scharfen Hauch des eis’gen Nordwinds schwanken,

Wo nur der treue Aster Duftgebet

Des hingeschied’nen Sommers Sarg umweht,

Wo Vögel eilig nach dem Süden fliehen –

Da sah ich meinen Engel heimwärts ziehen.

Und soll mich’s wundern, daß so früh du schiedst?

Daß du entfaltend deiner Seele Schwingen

Die feindlich rauhen Winterstürme miedst,

Die über mein gebeugtes Haupt ergingen?

War nicht dein Wesen Duft und Blume ganz?

Ein Sonnenstrahl, ein süßer Maienglanz,

Ein Nachtigallenlied voll trunk’nem Sehnen,

Die seligste von Gottes Freudenthränen? –

Ich dacht’ es oft, und wenn du mich umschlangst,

Wenn meine Lippen an den deinen hingen,

Da hörte ich mit tiefer Seelenangst

Aus ferner Geisterwelt den Mahnruf dringen,

Auch du vernahmst ihn und mit heit’rem Blick

Gabst du es auf, der Erde ärmlich Leben;

Ein neidenswerther Loos schien dir’s, zurück

In deines Gottes Sonnenherz zu beben.

Als du den Schmuck der Fluren sahst verschwinden,

Da neigtest du die schöne Stirn zur Ruh’,

Und als der Winter nah, da eiltest du,

Das Reich des ew’gen Frühlings aufzufinden.

Mit dir sah ich des Lebens Glück und Heil,

Des aufgestürmten Herzens Fried’ und Segen

Für immer in den Schooß der Erde legen

Und die Verzweiflung blieb mein einzig Theil.

Ich hatte dich geliebt – nur Gott allein

Weiß, mit wie unauslöschlich heißen Flammen!

An deiner Leiche sank mein Sein zusammen,

An deinem Sarge brach mein Himmel ein.

Ich hatte dich geliebt mit aller Kraft

Und aller Schwäche meines Frauenherzens,

Mit aller Gluth der Dichterleidenschaft,

Mit aller Inbrunst menschgeword’nen Schmerzens,

Mein ganzes Heil hatt’ ich auf dich gesetzt,

Statt aller andern Güter dich erkoren

Und mein tief innerst Hoffen sah ich jetzt

Auf immerdar zertrümmert und verloren.

O wüßtest du, in welcher finstern Pein

Mein unerleuchtet Herz zurückgeblieben,

Wie ich mich einsam fühlte und allein,

Es würde deines Jenseits Freuden trüben!

Soll ich dir sprechen von den bangen Nächten,

Wo ich in meines Kummers Finsternissen

Es wagte, mit dem Ewigen zu rechten,

Daß er das gold’ne Liebesband zerrissen?

Von jenen Tagen, wo ich meine Wange,

Die glühende, an deinem Grabstein kühlte,

Wo meine Seele nichts empfand und fühlte,

Als Sehnsucht nur nach ew’gem Untergange?

Der Tod warf seinen düstern Riesenschatten

Auf aller Freuden lügenhaften Schein;

Die Erde schien mir nur ein Grab zu sein,

Darin das Glück des Lebens zu bestatten.

Sie suchten mich zu trösten – eitler Trost,

Der nie zum Herzen seinen Weg gefunden!

Er war mit seinem eisig kalten Frost

Nur noch ein Dolchstich mehr zu meinen Wunden!

Nur wenn ich dem Gewühle mich entriß,

Mich flüchtend in des Waldes Nachtverließ,

Wenn ich des Winters wilde Sturmesglocken

Durch blätterlose Wipfel hörte brausen,

Und wenn die Pulse der Natur zu stocken

Mir dünkten, wie vor namenlosem Grausen,

Da war es, wo mein Herz befriedigt schlug!

Mir war’s ein schaurig wonniges Empfinden,

Rings um mich her das dunkle Bild zu finden

Des Tod’s, den ich im eig’nen Busen trug! –

Und als der Stunden ewig gleicher Gang

Den Frühling wieder zu der Erde brachte,

Als neues Leben durch die Schöpfung drang,

Der Athem Gottes sie auf’s neu durchfachte,

Als Jubellieder sang der Wesen Chor,

Da fühlt ich erst, was ich mit dir verlor!

Da fühlt ich, daß für mich des Lenzen Prangen

Auf immerdar mit dir zu Grab gegangen!

Vergebens trank mein Aug’ das Sonnenlicht –

Mein inn’res Dunkel konnt’ es nicht erhellen!

Vergebens drückte ich mein Angesicht

In grüner Wiesen blumenreiche Wellen –

Der milde Kuß, von Frühlings Mund gesandt,

Er konnte nicht mein brennend Herz erfrischen,

Noch konnte seine weiche Blüthenhand

Den starren Gram aus meiner Brust verwischen;

Mir war’s, als hättest du der Erde Pracht

Mit dir hinab in deine Gruft genommen,

Als hätte in der wonnetiefen Nacht

Der Liebe Stern in hell’rem Glanz geglommen,

Als hätte durch die lau durchwehten Lüfte

Der Vögel Lied mit hold’rem Klang gebebt,

Die Blumen ausgegossen süß’re Düfte,

Als du, mein Liebling! noch im Licht gelebt! –

Gedenkst du noch der Hütte, die am Fuß

Des dunkeln Bergs sich hebt in sanfter Stille,

Des düstern Thales freundliche Idylle?

Dort fand uns oft des Abends letzter Gruß!

Dort saß ich oft, wie oft! an deiner Seite,

Das Haupt an deine treue Brust geschmiegt,

Froh triumphirend, daß im Lebensstreite

Ich deiner Liebe Krone mir ersiegt.

Die Nebel wallten auf wie Opferrauch,

Die Sterne sprühten heil’ge Andachtsfunken,

Wir saßen, schweigend, in uns selbst versunken,

Und Beider Wesen nur ein Liebeshauch. –

Jetzt zog mich’s eines Tags aus meiner Zelle

Hinaus zu jener heimathlichen Stelle;

Die stille Hütte wollt’ ich wieder sehen,

Geschied’nen Glückes Leichenfest begehen.

So schritt ich durch des Waldes schatt’ge Gänge

Den Geist zurück nach fernen Tagen lenkend

Und mitten in dem holden Lenzgepränge

Des todten Freundes inniglich gedenkend.

Und wie ich also sinnend weiter ging,

Und tiefer mich die Waldesnacht umfing,

Und licht’res Sonnengold die Berge krönte,

Und schmelzender der Vögel Lied ertönte,

Da wollt’ es mich mit süßem Trug umfloren:

Ein eitler Traum sei’s, daß ich dich verloren?

Ich sah dich wieder wandeln neben mir,

Ich hörte deiner Stimme theure Laute

Und mein geheimstes, seligst Hoffen schaute

Verkörpert und befriedigt ich in dir.

Ich stützte lächelnd mich auf deinen Arm,

Erzählte dir, von Gottes Strahl durchglommen,

Wie meines ganzen Lebens Glück und Harm

In meiner Liebe Ewigkeit verschwommen,

Wie süßer die um dich geweinte Zähre,

Als jede Lust, die sonst mein eigen war,

Und wie ich weiter nichts zu sein begehre,

Als nur ein Opfer auf dem Brandaltar!

Und während ich so Herz und Sinn in mir

Von sel’gen Träumen gern ließ unterjochen

Kam ich an’s Ziel; die nied’re Hüttenthür,

Sie öffnete sich meinem leisen Pochen.

Die Kleine, die zum Freunde dich erkor –

Weißt du? die Kleine mit den gold’nen Locken,

Sie sprang bei meinem Eintritt...

Erscheint lt. Verlag 7.10.2024
Verlagsort Salzburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Annette von Droste-Hülshof • Lyrik • Wiener Autorin
ISBN-10 3-7017-4730-X / 370174730X
ISBN-13 978-3-7017-4730-6 / 9783701747306
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