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Wächter des Wyrdwood (eBook)

Wyrdwood-Zyklus

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
400 Seiten
Panini (Verlag)
978-3-7569-9960-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wächter des Wyrdwood -  RJ Barker
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Cahan ist einer der wenigen Menschen, die sich in den gefährlichen Wäldern von Crua zurechtfinden. Doch einst war er mehr als ein Waldläufer. Udinny dient der Göttin der Verlorenen, der Beschützerin der Geringen und Hilflosen. Als Udinny in den Wyrdwood aufbrechen muss, um ein vermisstes Kind zu finden, bittet sie Cahan, ihr Führer zu sein. Doch in einem Land, in dem die Menschen den Launen gefühlloser Götter ausgeliefert sind und der Wald von Monstern heimgesucht wird, muss Cahan zwischen zwei Leben wählen - und seine Entscheidung wird Konsequenzen für seine ganze Welt haben.

RJ Barker lebt in Leeds mit seiner Frau, seinem Sohn und einer Sammlung fragwürdiger ausgestopfter Tiere, seltsamer Kunstobjekte, schauriger Musik und mehr Büchern, als sie eigentlich unterbringen können. In seiner Jugend hat er alles gelesen, was er in die Finger bekam, und war immer »der mit dem Buch in der Tasche«. Nachdem er eine Weile in einer Rockband gespielt hatte, erkannte RJ, dass er ein lausiger Musiker war, und kehrte zu seiner ersten Liebe, der Schriftstellerei, zurück, wo er feststellte, dass er das tatsächlich besser beherrschte. Neben seinem Debüt-Fantasyroman Die Stunde der Assassinen hat RJ Kurzgeschichten und historische Stücke geschrieben, die im ganzen Land aufgeführt werden. Auf seine wallenden Locken wäre auch jeder mittelalterliche Kavalier überaus stolz.

RJ Barker lebt in Leeds mit seiner Frau, seinem Sohn und einer Sammlung fragwürdiger ausgestopfter Tiere, seltsamer Kunstobjekte, schauriger Musik und mehr Büchern, als sie eigentlich unterbringen können. In seiner Jugend hat er alles gelesen, was er in die Finger bekam, und war immer »der mit dem Buch in der Tasche«. Nachdem er eine Weile in einer Rockband gespielt hatte, erkannte RJ, dass er ein lausiger Musiker war, und kehrte zu seiner ersten Liebe, der Schriftstellerei, zurück, wo er feststellte, dass er das tatsächlich besser beherrschte. Neben seinem Debüt-Fantasyroman Die Stunde der Assassinen hat RJ Kurzgeschichten und historische Stücke geschrieben, die im ganzen Land aufgeführt werden. Auf seine wallenden Locken wäre auch jeder mittelalterliche Kavalier überaus stolz.

Anfang

Den Venttag mochte der Junge am liebsten. Das war schon immer so gewesen, denn an diesem Tag fanden die Prozessionen statt, und wenn sie am Hof vorbeizogen, ruhte die Arbeit. Die Werkzeuge und Stäbe wurden weggeräumt, die Mütter achteten darauf, dass alle ihre besten Kleider anlegten, und die Väter sorgten dafür, dass sie auch sauber waren. Dann standen sie beisammen, nahe dem Wald, der kalte Wind pfiff ihnen um die Ohren, und sie versuchten, nicht zu zittern, während sie darauf warteten, dass die Geistlichen von Haran durch den Saumwald nach Groß-Haran zogen.

Die Geistlichen kamen immer in der ersten Tageshälfte, aber nie machten sie Halt am Hof.

Geistliche hatten nichts übrig für clanlose Pächter, die dem gefrorenen Land ihren Lebensunterhalt abtrotzten. Für den Jungen war es dennoch aufregend. Sie alle verehrten Chyi, den Gott der Cotta-Rai, doch dann gab es wiederum tausend Götter, die Chyi dienten, und man wusste nie, welchen Gott die Geistlichen anbeteten, geschweige denn, wie sie aussehen würden. Mal wirkten sie gütig, mal wohlhabend und mal grimmig, manchmal machten sie einem Angst, und manchmal kam all das zusammen. Er hatte schon Geistliche von Kriegsgöttern gesehen, begleitet von Kämpfern, die Klingen schwangen und tanzten, Geistliche der Nacht, ihre nackten Körper mitternachtsblau bemalt. Manche trugen ihr Haar lang und andere hatten überhaupt keine Haare. Man konnte nur erfahren, wie sie aussahen, wenn man dabei war, sobald sie aus dem Wald kamen. Für den Jungen war dies der aufregendste Moment.

In welcher Aufmachung würden sie diesmal erscheinen?

»Hörst du die Glocken, Cahan?«, fragte seine Schwester. Sie war älter als er, wenn auch nicht viel, doch alt genug, um während der Arbeit auf den Feldern das Sagen zu haben. »Sie kommen.«

»Ich höre sie, Nahac«, sagte er. »Und ich werde der Erste sein, der sie sieht.«

»Still«, sagte Erstvater, und Cahan verstummte, denn Erstvater war jähzornig.

»Lorn«, sagte Zweitmutter leise, »lass die Kinder sich freuen. Das Leben ist schwer genug.«

»Es wird noch schwerer, wenn die Geistlichen uns für respektlos halten«, erwiderte Erstvater, und Zweitmutter schwieg, was bedeutete, dass sie Erstvater recht gab. Also schaute Cahan zu Boden, wie es ihm beigebracht worden war. Aber er neigte den Kopf nur ein wenig, nicht tief genug, um wahren Gehorsam zu zeigen. Denn dann würde er sie nicht sehen, und er wünschte sich so sehr, sie zu sehen.

Als die Geistlichen schließlich kamen, war er enttäuscht. Es gab weder Musikanten noch prächtige Gewänder, Tänzer oder Krieger. Nur ein Zug müder Menschen, deren langes Haar mit Schlamm verdreckt war, die Kleider bespritzt vom Schmutz der Reise. Der Einzige, der auch nur ansatzweise prachtvoll anzusehen war, war ein Mann mit einer Maske, in die ein grimmiges Gesicht mit langen Zähnen geschnitzt war. Ihr Skua-Rai, der Sprecher ihres Gottes. Er hatte einen langen weißen Bart und wurde in einem Stuhl getragen, der mit Schweberanken umwickelt war, um die Last zu erleichtern, und der im Takt der bimmelnden Glocken der Träger von einer Seite zur anderen schwankte. An einer langen Stange hielt jemand einen Stern Iftals über ihn, aber das Holz war alt, und die acht Zacken, die an eine Scheibe angebracht waren, wackelten, als die Prozession sich vorwärtsbewegte. Aber dennoch – es waren Geistliche, und das bedeutete, dass sie wichtig waren, weshalb Cahan den Kopf neigte und sich mühte, seine Enttäuschung zu verbergen.

Dann blieben sie stehen.

Die Geistlichen blieben niemals stehen. Nicht an ihrem Hof.

»Diese Leute waren nicht bei der Zusammenkunft im Dorf für Zorir-der-im-Feuer-wandelt«, sagte der Mann auf dem Stuhl mit sehr leiser Stimme.

»Sie haben keine Schminke, keine Clanfarbe, es sind Clanlose«, erklärte ein Geistlicher, der kahl war und grimmig aussah, als ob seine Worte alles erklärten, und das taten sie natürlich auch. Selbst der Junge wusste, dass ein Clanloser zu sein bedeutete, weniger wert zu sein als alle anderen. Weniger noch als die Kronenköpfe auf dem Hof, und Kronenköpfe waren die dümmsten Tiere, die es gab. Ohne die Garauren, die sie hüteten, würden sie innerhalb eines Tages sterben.

»Es hält also nie jemand hier an?«, fragte der bärtige Mann.

»Wie ich gesagt habe, Skua-Rai, es sind Clanlose.«

»Also keiner Familie zugehörig. Ohne Loyalität, und sie leben am Rande des Waldes«, murmelte der Alte. Dann drehte er sich wieder zu ihnen. »Ich denke, wir werden hier haltmachen.«

Der Junge stellte fest, dass er zitterte, und er wusste nicht, ob vor Angst oder vor Aufregung. Er beobachtete das Geschehen und versuchte, sich dabei nicht erwischen zu lassen, während der Stuhl abgestellt und ein Tritt gebracht wurde. Der alte Mann stand auf und der kahlköpfige Geistliche half ihm herunter.

»Es ist verboten, Skua-Rai«, sagte er leise zu dem alten Mann.

»Nun, Laha, viele Dinge sind so lange verboten, bis sie es nicht mehr sind, nicht wahr?«

»Aber die Lehren …«, begann der Mann.

»Ich glaube nicht, dass du mir als Skua-Rai etwas über Zorirs Lehren erzählen musst, oder, Laha?«

»Nein.« Der Mann fiel auf die Knie. »Vergib mir, Skua-Rai.«

»Immer.« Er ging weiter und trat an die Stelle, wo sie im Schlamm knieten. »Ich bringe euch Iftals Segen, Bauer«, sagte er. »Mein Name ist Saradis. Ich komme von Zorir-der-im-Feuer-wandelt und ich grüße euch im Namen meines Gottes. Möge das Feuer euch wärmen, euch aber niemals verbrennen. Möge euer Opfer den Schmerz des großen Iftal durch seinen Diener Chyi lindern.«

Niemand sprach. Niemand wusste, was er sagen sollte, da die Clanlosen niemals gesegnet wurden. Der Junge schaute Erstvater an und wusste den Ausdruck in seinem Gesicht nicht zu deuten. Erstvater wirkte verängstigt, so wie damals, als sie die Swarden im Harnwood gesehen hatten und um ihr Leben gerannt waren.

»Danke.« Die Schwester des Jungen ergriff das Wort. Cahan verkrampfte sich, als er Erstvater nach Luft schnappen hörte, ein gefährlicher Laut, den er gewöhnlich von sich gab, kurz bevor seine Hand zu einem Schlag ausholte.

»Du bist mutig.« Der Skua-Rai machte einen zaghaften Schritt auf Cahans Schwester zu. Er bewegte sich vorsichtig über den nassen, glitschigen und halb gefrorenen Boden. Als der Mann vor Nahac stehen blieb, begann das Herz des Jungen so heftig zu klopfen, dass er glaubte, es würde ihm aus der Brust springen. Die Luft roch plötzlich strenger, und dem Jungen wurde bewusst, wie schmutzig seine Kleider und er selbst waren. Er konnte das Gras riechen, das unter den Füßen des Mannes zertreten wurde. Sie steckt in Schwierigkeiten, dachte er, meine Schwester steckt in Schwierigkeiten, und diese Leute sind wichtig, sie werden ihr die Lippen abschneiden, weil sie unaufgefordert gesprochen hat. »Schau mich an«, sagte der Geistliche. »Ihr alle könnt mich anschauen.« Der Junge tat es. Der alte Mann kam näher, und der Junge war sich ganz und gar nicht mehr sicher, ob es überhaupt ein Mann war. Seine Stimme klang sanfter, eher wie die von Zweitmutter. Seine Gestalt unter dem Gewand war nicht so breit an den Schultern wie bei Erstvater und runder an der Taille.

»Bitte vergib dem Mädchen«, sagte Erstvater, und die Worte stolperten voller Eile aus seinem vernarbten Mund. »Sie weiß noch nicht, wo ihr Platz ist, keiner von ihnen weiß es. Bestrafe mich für das, was sie getan hat.« Der Skua-Rai blinzelte hinter seiner Maske. Starrte auf Erstvaters vernarbtes Gesicht und an die Stelle, wo einst seine Unterlippe gewesen war.

»Mir scheint, man hat dich bereits bestraft«, sagte der Skua-Rai und fügte leise hinzu: »Aber ich bin nicht hier, um zu strafen.« Alle sahen Nahac an und das Mädchen starrte mit einem trotzigen Ausdruck in den Augen zurück. Cahan wartete auf den Befehl, wartete darauf, dass die Geistlichen seine Schwester packten und Messer hervorgeholt wurden für die Bestrafung einer Clanlosen, die es gewagt hatte, unaufgefordert zu sprechen.

»Sag mir, Erstvater«, der Ton des Skua-Rai war sanft und neugierig, »reist du jemals in den Wyrdwood?«

»Es ist verbo…« Der Alte brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen.

»Mach dir keine Sorgen darüber, was verboten ist und was nicht. Sag mir nur die Wahrheit und niemand wird leiden.« Erstvater senkte den Kopf. So wie er ihn vor der Leoric von Haran senkte, wenn sie einen Handel mit ihm abschloss.

»Manchmal ist es schwer, durch das Jahr zu kommen, mit der Pacht und dem wenigen, was wir für unsere Ernten und für die Kronenköpfe bekommen und …«

»Das ist alles, was ich wissen wollte.«

Der Skua-Rai wandte sich von ihm ab und wieder den beiden Kindern zu, legte den Kopf schräg, sodass das polierte Holz seines Helms das schwache Licht des Nachmittags einfing. Der Junge erkannte, dass der Bart an der Maske befestigt war, und war sich jetzt sicher, dass der Skua-Rai eine Frau war. Sie streckte eine Hand nach Nahac aus, hielt auf halbem Wege inne und schüttelte den Kopf. »Du hast es nicht in dir«, sagte sie. Dann drehte sie sich um, ging auf Cahan zu und musterte ihn. Sie ließ sich auf die Knie nieder und stöhnte, als ihre Gelenke sich beklagten. Ihr hellblaues Gewand wurde vom feuchten Gras durchnässt. Die Welt blieb stehen. Lange sah sie ihn an. Um sich herum hörte er seine Familie atmen. Das leise Knurren des Garaurs, der beim Haus angebunden war. Das Muhen der Kronenköpfe unten im Saumwald.

Die Skua-Rai streckte die Hand aus.

»Ich bin die Skua-Rai Saradis, das Oberhaupt meines Ordens...

Erscheint lt. Verlag 30.8.2024
Reihe/Serie Wyrdwood
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Astounding-Award • Crawford Award • Drachen • episch • Fantasy • Gezeitenkind-Saga • Locus-Award • magisch • Tide Child • Tide-Child-Trilogie • Wald • Wälder • World Fantasy Award
ISBN-10 3-7569-9960-2 / 3756999602
ISBN-13 978-3-7569-9960-6 / 9783756999606
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