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Melanie Hahnemann d'Hervilly -  Petra Dörfert

Melanie Hahnemann d'Hervilly (eBook)

Die erste Homöopathin
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
828 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-1873-0 (ISBN)
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Mélanie Hahnemann d'Hervilly (1800-1878), erst Malerin, dann glühende Verfechterin der Homöopathie, sprengte ihr Leben lang die Konventionen: Zunächst, indem sie als Partnerin des Pariser Malers Lethière einen selbstbestimmten Weg zu gehen versuchte. Später, als sie als Ehefrau von Samuel Hahnemann die Homöopathie erlernte und nach dessen Tod wagte, eigenständig zu praktizieren. Mélanie Hahnemann brachte nicht nur die zeitgenössische Schulmedizin gegen sich auf, sondern auch weite Teile der Homöopathenschaft, die es nicht ertrug, dass eine Frau erfolgreich in ihre Sphäre eindrang und das Recht beanspruchte, Hahnemanns geistigen Nachlass zu verwalten.

Petra Dörfert M.A. (Jg. 1970) hat Germanistik und Kunstgeschichte studiert und ist als Homöopathin, Heilpraktikerin und astrologische Lebensberaterin tätig. Ihre Veröffentlichungen kreisen um astrologische und homöopathiegeschichtliche Themen.

Vorwort

"'Ja, aber', sagte sie, als die Vögel fort waren, 'aber!... aber! …' 'Was aber?' entgegnete ich, und sie antwortete: 'Da bin ich und werde ich auf Hahnemann recht eifersüchtig sein, weil ich selbst in Sie verliebt bin!' Großes Gelächter meinerseits, wie Sie sich denken können. 'Lachen Sie nicht', sagte sie zu mir in ihrer unerschütterlichen Ernsthaftigkeit: 'Sehr ernstlich bin ich in Sie verliebt. Wie oft ich nachts daran denke! Sie bestricken uns alle! Alle die Herren, die neulich hier zu Abend gegessen haben! Nun! Fast alle haben den Kopf verloren und zwar hinauf bis zum ernsten Herrn Pastor, der mit aller Gewalt wiederkommen will, um Sie zu sehen'".1 Wer eine Biographie schreibt, hat sich in gewisser Weise verliebt, und hinsichtlich von Mélanie hat es schon viele erwischt - wie auch die Arztgattin Frau Lehmann. Mélanie schilderte die heitere Szene in einem ihrer Briefe an Hahnemann: Frau Lehmann hatte den heimlich Verlobten ein Taubenpärchen geschenkt; dabei platzte sie mit ihrer kleinen Enthüllung heraus, wobei leidenschaftliche Liebesbekundungen zu jener Zeit nicht zwangsläufig erotisch gemeint waren. Mélanie machte jedenfalls Furore in der Cöthener Gesellschaft, wie sie ihr Leben lang polarisierte: Entweder man liebte oder man hasste sie.

Nun bin ich an ihr 'hängengeblieben' – obwohl ich mich vorher nie sonderlich für Biographien interessiert habe und deren Lektüre eher langweilig fand. Als ich die Homöopathie zu erlernen begann, dauerte es lange, bis ich überhaupt eine Hahnemann-Biographie - es war die von Robert Jütte - zur Hand nahm. Dann las ich noch die Homöopathische Liebesgeschichte von Rima Handley und hatte erst einmal den Eindruck, dass alle Fragen geklärt seien.

Dass ich doch an dem Thema dranblieb, verdankt sich eher Zufällen. Ich liebe ausgedehnte Friedhofsspaziergänge, und in Paris gibt es ja gleich zwei Hahnemanngräber, dazu auf den schönsten Friedhöfen der Stadt, nämlich dem Cimetière de Montmartre sowie dem berühmten Père Lachaise. Zwei Gräber - das warf Fragen auf, die mir die bisherige Literatur bald nicht mehr zufriedenstellend beantworten konnte. Und so reihte sich bei meinen Recherchen eine spannende Entdeckung an die andere, bis sich zeigte, dass Mélanies Geschichte noch gar nicht richtig erzählt worden war. Manchmal fühlte ich mich wie in einem ungelösten Kriminalfall, manchmal wie vor einem Puzzle, dessen Teile erst zu erjagen waren. Vor allem jedoch verliebte ich mich - nicht nur in Mélanie, sondern auch in die Zeit, den Ort, die historischen Umstände.

Nun bin ich aber keine Romanschriftstellerin, sondern Literaturwissenschaftlerin und Kunsthistorikerin – und weiß als solche, dass Geschichte immer eine Konstruktion ist.

Egal, wie viele Fundstücke wir haben, diese müssen zu einem Bild zusammengesetzt werden. Und dieses Bild wird nie unabhängig sein von demjenigen, der es zusammensetzt – seiner Bildung und Weltanschauung, seinen Absichten, Wünschen, Träumen und Phantasien. Das Schöne am Wort 'Geschichte' ist, dass es bedeutet, dass hier 'Geschichten' erzählt werden. Und genau das will ich nun tun: Mélanies Geschichte noch einmal neu erzählen. Aufgrund eines gewissenhaften Quellenstudiums freilich, aber doch werde ich mir am Ende meine eigene Mélanie zurechtgemacht haben. Eine Biographie bleibt immer so unähnlich wie ein Portrait – egal, ob gemalt, geschrieben oder fotografiert.

Wichtig ist mir, Mélanie, die in ihrem Leben so oft verkannt und missinterpretiert wurde, die Eigenständigkeit zurückzugeben. Natürlich war sie zeitweilig die 'Frau an Hahnemanns Seite' – ganz wie sie es sich wünschte. Aber es gab ein Leben vor Hahnemann sowie ein Leben nach ihm, und dieses war nicht nur der Homöopathie geweiht. Auch wenn ihre Begegnung mit dem "grand homme" 2 zur Schicksalswende wurde, spielten andere Männer und Leidenschaften eine Rolle für sie. Mélanie schrieb einmal: "Meine Freunde haben recht, wenn sie sagen, dass ich nichts ähneln würde".3 Das trifft es so ziemlich auf den Kopf - sie sprengte den Rahmen ihrer Zeit.

Verliebte laufen Gefahr, den Gegenstand ihrer Liebe nicht klar zu sehen, auch wenn ich im Laufe meiner Arbeit mit Mélanie schmollte, grollte und sie manchmal unerträglich fand. Als Biograph darf man der Person, über die man schreibt, nicht auf den Leim gehen. Von Mélanie sind viele Selbstzeugnisse erhalten. Aber Selbstzeugnisse müssen hinterfragt werden, denn es werden in ihnen Selbstbilder kultiviert, es wird geschönt, frisiert und manchmal ein wenig gelogen. Auch der Umstand, dass etwas vor 200 Jahren niedergeschrieben wurde, macht es nicht wahrer, selbst wenn manche Historiker das zu glauben scheinen. Man muss also zwischen den Zeilen lesen, obgleich man dabei rasch auf das Feld der Spekulationen gerät. Ich schreibe hier nicht im akademischen Rahmen und werde mir daher gelegentlich Freiheiten herausnehmen. Dennoch werde ich mich bemühen, Annahmen immer als Annahmen sichtbar werden zu lassen - wobei ich meinerseits oft erstaunt war, wie unbekümmert unter dem akademischen Siegel Spekulationen als Tatsachen verkauft werden. Eine Maxime dieser Arbeit lautete daher, der Sekundärliteratur grundsätzlich nicht zu trauen, alle Übersetzungen zu überprüfen und jede Information, sofern möglich, bis zur Quelle zurückzuverfolgen. Das gelang mir nicht immer, erbrachte jedoch häufig genug erstaunliche Einsichten. Da das Exzerpieren stets die Gefahr der Reduktion und ungewollten Verfälschung birgt, werde ich im Folgenden, sofern möglich, die Quellen selbst sprechen lassen.

Ein weiteres Problem dieser Arbeit war die Überfülle an ungesichtetem Material. Im Laufe meiner Recherchen rollte ich den Bestand M des Archivs des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung, der über 500 Archivnummern und mehrere tausend Blätter umfasst, völlig neu auf. Zusätzlich entdeckte ich in den französischen Archiven eine Vielzahl unbekannter Dokumente, darunter auch das Testament von Louis-Jérôme Gohier, über das vorher nur müßig spekuliert worden war. Die enorme Zahl handschriftlicher Texte - größtenteils in französischer, teilweise in deutscher Sprache verfasst - brachte mich an den Rand meiner Leistungsfähigkeit. Zwar sind französische Handschriften des 19. Jahrhunderts weit besser zu entziffern als deutsche, da in Frankreich die lateinische Schrift üblich war, jedoch bin ich weder Romanistin noch studierte Übersetzerin. Auf die Erkenntnis, dass die Sprache unserer Nachbarn doch recht anders funktioniert als die unsrige, musste ich im Alleingang Antworten finden. Mélanie schrieb - aus deutscher Sicht - oft hochtrabend und liebte die kunstvolle Wiederholung. Was im Französischen einen angenehmen Wohlklang erzeugt, wirkte bei der wortwörtlichen Übersetzung ins Deutsche jedoch steif und redundant, so dass ich einen kongenial-freien Übersetzungsstil entwickeln musste, der Mélanies Esprit herüberrettet und eine bessere Lesbarkeit im Deutschen erzielt. Während meiner Arbeit fand ich oft Anlass, mich über die tendenziösen und fehlerhaften Übersetzungen anderer Autoren zu ärgern. Nun kann ich nur hoffen, nicht selbst tiefgreifende Fehler begangen zu haben. Ich tat jedenfalls mein Bestes! Von meiner ursprünglichen Absicht, sämtliche Zitate in den Anmerkungen originalsprachlich einzufügen, musste ich absehen, als sich der Umfang des Buches abzuzeichnen begann; zudem war die Transkriptionsarbeit schon rein zeitlich nicht zu leisten.

Beim Verfassen eines historischen Werkes stößt man aber auf noch ein Problem: Die Quellen sind das eine, das Wissen um den Kontext das andere. Nichts ist peinlicher als ein historischer Roman oder Film, in dem sich die Menschen benehmen, als stammten sie aus der heutigen Zeit. Der Falle, unser Denken ahistorisch auf die damalige Zeit zu übertragen, entgeht man jedoch kaum. Wo immer sich eine Unbestimmtheitsstelle auftut, neigen wir dazu, sie nach eigenem Gusto aufzufüllen - meist ohne es zu bemerken. Um hier etwas besser abzuschneiden, versuchte ich, wo immer möglich, in die damalige Zeit einzutauchen: Über Jahre hinweg las ich die realistischen und naturalistischen Romane jener Zeit, um zu erfahren, wie die Menschen damals lebten, fühlten und welche Themen sie bewegten. Auch nahm ich jede Gelegenheit wahr, mehr über die damalige Alltagskultur zu erfahren, indem ich Museen und Antikmärkte besuchte, Kulturdokus von arte sah und in den Anzeigenteilen historischer Zeitschriften schmökerte. Ich war häufig in Paris, dazu in Cöthen und Leipzig, wo ich die historischen Orte erkundete sowie den Genius loci jener Stätten zu erspüren suchte, die es nicht bis in unsere Tage geschafft haben. Es machte mir Freude, im Geiste ein wenig im Paris des 19. Jahrhunderts zu leben.

Abschließend möchte ich betonen, dass dies keine Biographie über Samuel Hahnemann ist. Ich gehe davon aus, dass jeder, der sich für Mélanie interessiert, ausreichend über seine Person informiert ist. Von medizinhistorischen...

Erscheint lt. Verlag 10.9.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
ISBN-10 3-7597-1873-6 / 3759718736
ISBN-13 978-3-7597-1873-0 / 9783759718730
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