Lassiter Sonder-Edition 56 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7315-7 (ISBN)
LASSITER GEFANGEN - STOPP - GEHEIMAUFTRAG GESCHEITERT - STOPP - REBELLEN RÜCKEN WEITER VOR - STOPP - HÖCHSTE ALARMBEREITSCHAFT NOTWENDIG - STOPP - SANTOS
Gouverneur Hernando Miguel Peralta starrte mit flackernden Augen auf das Telegramm. Sein Gesicht war bleich geworden und seine Hände zitterten ziemlich stark. 'Das Ende', murmelte er heiser. 'Das ist das Ende. Lassiter war unsere letzte Hoffnung. Jetzt ist er verloren - und wir ebenfalls...'
Stille herrschte in dem Raum, in dem sich der Gouverneur der Provinz Sonora zusammen mit seinen engsten Vertrauten befand. Es waren ein General und drei hohe Offiziere der regierungstreuen Armee.
'Trotz allem werden wir weiterkämpfen!', sagte schließlich der General entschlossen. 'Quantez darf nicht siegen, sonst ist Mexiko verloren.'
Erster Tag
Kurz vor Sonnenaufgang galoppierte er auf einem ungesattelten Pferd durch das Tor der von den Rebellen besetzten Festung. Einer der eingeweihten Offiziere hatte das Tor für Lassiter geöffnet, und drüben bei den Ställen lagen zwei bewusstlose Posten, die angeblich von Lassiter überwältigt und gefesselt worden waren.
Die ganze Sache war so inszeniert worden, dass es nach einem echten Ausbruch des Gefangenen aussah.
Lassiter war schon fast eine halbe Meile von der Festung entfernt, als man seine »Flucht« bemerkte.
Grelle Trompetensignale ertönten. Alarmschüsse wurden in die Morgenluft gefeuert, und die ersten Verfolgertrupps wurden in die Sättel gejagt.
Lassiter grinste vor sich hin. Er wusste, dass er sich jetzt Zeit lassen konnte, denn von seinen angeblichen Verfolgern hatte er ja wirklich nichts zu befürchten.
Andere, bedeutend schwierigere Probleme lagen vor ihm.
Er war von nun an völlig auf sich alleine angewiesen. Musste sich Waffen besorgen, Ausrüstung für einen langen Ritt, ordentliche Kleider, einen guten Sattel und vor allen Dingen Geld.
Er hätte sich nach der Stadt Altar wenden können, in der sein Verbindungsmann Santos lebte. Die Stadt war noch nicht von den Rebellen besetzt. Man konnte sich dort noch verhältnismäßig sicher fühlen.
Trotzdem hielt es Lassiter nicht für gut, dorthin zu reiten. Er war sicher, dass er beschattet wurde. Und wenn er sich mit Santos in Verbindung setzte, brachte er diesen Mann in höchste Gefahr.
Eduardo Santos gehörte zu den besten Agenten der Provinzregierung. Er war ehrlich, treu, zuverlässig. In Altar führte er eine Bodega mit einigen Gästezimmern. Er war ein dicker, glatzköpfiger, völlig harmlos aussehender Mann. Erst wenn man ihn genau kannte, erfuhr man um seine Gefährlichkeit.
Ob er inzwischen schon erfahren hatte, was mit Lassiter geschehen war? Ob es ihm schon gelungen war, Lassiters Auftraggeber zu benachrichtigen?
Lassiter tappte völlig im Dunkeln.
Es blieb ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten, was die Zukunft ihm bringen würde.
Er dachte an seinen Jungen, und seine Zähne knirschten aufeinander. Verdammte Rebellenbrut!
Wenn sie Jay wirklich etwas antaten, würde Quantez keine ruhige Minute mehr haben. Diesen Schwur hatte Lassiter schon mehr als einmal vor sich selbst geleistet, ein feierliches Gelübde.
Acht Jahre war der Junge. Und er lebte in El Paso. Wuchs in der Familie von Benito Sanchez auf, dem mexikanischen Pferdehändler, der zu Lassiters besten Freunden gehörte.
Lassiter hatte Jay zu Benito gebracht, als der Junge erst wenige Monate alt war. Jay brauchte ein richtiges Zuhause und eine gute Frau, die wie eine Mutter für ihn sorgte. Emilia Sanchez war eine solche Frau. Unter ihrer Obhut war Jay zu einem prächtigen Knaben herangewachsen. Sie hatte ihm die Mutter ersetzt, die von Banditen grausam ermordet worden war.1
Die Gedanken Lassiters wanderten in die Vergangenheit, während er durch die karge Bergwelt südwärts ritt. Um seine Verfolger, die ja in Wirklichkeit gar keine richtigen Verfolger waren, kümmerte er sich überhaupt nicht.
Stunden vergingen. Am Mittag rastete er auf einem schmalen Felsenplateau und ließ seine Blicke über die graubraunen Berge gleiten. Es war ein trostloses Land. Es bot nichts anderes als Steine, Staub, vertrocknete Gräser und Büsche und hier und da ein paar verkrüppelte Kiefern an trostlosen Hängen.
Das Pferd stand müde und mit hängendem Kopf da. Seit dem Morgen hatte es erst ein einziges Mal Wasser bekommen. Das war vor zwei Stunden gewesen. Brackiges, abgestandenes, von Ungeziefer durchsetztes Wasser aus einem Tümpel zwischen Felsen.
Auch Lassiter hatte von dem Wasser getrunken. Widerwillig zwar, aber ihm war keine andere Wahl geblieben. Jetzt hielt er nach einer Stelle Ausschau, an der er eventuell auf Wasser stoßen konnte. Ganz langsam ließ er seinen Blick über die schroffen Bergketten gleiten – und entdeckte den dünnen weißen Strich, der sich senkrecht in den stahlblauen Himmel hineinschob.
Das musste eine Rauchfahne sein. Und sie konnte nur von einem Lagerfeuer oder aus einem Kamin hochsteigen.
Lassiter stieg wieder auf das sattellose Pferd. Das Tier schnaubte widerwillig, als er es antrieb.
Leise fluchte er vor sich hin.
Es war kein angenehmes Gefühl, ohne Waffen und auf einem ungesattelten Pferd durch die Berge zu reiten. Zahllose Gefahren konnten auf ihn lauern. Wilde Tiere. Räuberische Indios. Banditen.
Lassiter wusste nicht, ob er jemals lebend sein erstes Ziel, nämlich die Provinzhauptstadt, erreichen würde. Vielleicht war er schon tot, bevor der erste Tag zu Ende war.
Eine verdammte Mission!
Und der Rebellengeneral Quantez trieb ein teuflisches Spiel mit Lassiter. Er hatte ihn in eine ausweglose Situation hineingetrieben.
Eine Stunde verging, und die Rauchfahne war vom Himmel verschwunden. Jetzt konnte sich Lassiter nur noch auf sein Glück verlassen.
Das Pferd schritt immer langsamer aus. Das braune Fell war von einer klebrigen Schicht aus Schweiß und Staub bedeckt. Schaum flockte von den Nüstern. Immer wieder blieb es stehen und musste von Lassiter wieder angetrieben werden.
Seit seiner letzten Rast war er inzwischen mehr als zwei Stunden unterwegs, als er plötzlich auf eine Reiterfährte stieß. Sie kam vom östlichen Hang des Tales herunter, in dem er sich befand, und führte auf einen schmalen Seitencanyon zu, der sich in die westliche Bergflanke einkerbte.
Lassiter folgte der Fährte. Das Pferd bewegte sich auf einmal schneller und streckte witternd den Kopf vor. Das konnte nur bedeuten, dass Wasser in der Nähe war. Alle Tiere hatten dafür einen ausgeprägten Geruchssinn.
Es dauerte noch gut fünf Minuten, bis Lassiter auf einen schmalen Bachlauf stieß, der ein schmales Tal durchfloss. Die Talsohle war von gelbgrünem Gras bedeckt. An den Ufern des Baches wucherten dichte Büsche, und vereinzelte Baumgruppen hoben sich wie dunkle Inseln ab.
Ein bewohntes Tal, das erkannte Lassiter auf den ersten Blick. Überall weideten kleine Rinderrudel, und eine halbe Meile von Lassiter entfernt befanden sich die Gebäude einer Ranch inmitten einer Gruppe von mächtigen Burr-Eichen.
Schnell saß Lassiter ab und zog sein Pferd tiefer zwischen die Büsche am Bachufer.
Aber es war schon zu spät. Er war entdeckt worden.
Von der Ranch her kamen zwei Reiter auf ihn zu. Es waren verwegen aussehende Burschen mit bärtigen Gesichtern, spitzkronigen Sombreros und silberblitzenden Waffengurten. Sie hielten Gewehre in den braunen Fäusten und trugen die Patronengürtel gekreuzt über den verschmutzten weißen Hemden.
Lässig und herausfordernd näherten sie sich im Trab der Stelle, an der Lassiter zwischen den Büschen verschwunden war.
Der große Mann wusste, dass es keinen Zweck hatte, sich weiter zu verstecken, und zeigte sich.
Ruhig blieb er stehen und blickte den beiden entgegen. Sie zügelten ihre Pferde ziemlich brutal und starrten ihn dann von oben herab an.
Dass er ihnen nicht gefährlich werden konnte, hatten sie längst erkannt. Einen unbewaffneten Mann brauchten sie nicht zu fürchten.
Lassiter verschränkte die Arme vor der Brust.
»Gut, euch zu treffen, Compadres«, sagte er. »Ich hatte schon befürchtet, in diesen verteufelten Bergen verhungern und verdursten zu müssen. Aber jetzt habe ich ja endlich Wasser gefunden.« Die beiden grinsten.
»Bist du sicher, dass du nicht verdursten wirst, Hombre?«, fragte der eine. »Oder hast du Geld, um das Wasser bezahlen zu können, das du dir hier holen willst?«
Lassiter zuckte die Schultern.
»Vielleicht«, sagte er, »habe ich sogar Geld. Aber ist solch ein Bach nicht für alle da? Seit wann muss man bezahlen, wenn man sich irgendwo einen Schluck Wasser nimmt?«
Er hatte längst erkannt, mit was für Burschen er es zu tun hatte. Das waren keine Vaqueros, sondern ganz üble Typen. Bandoleros, die wahrscheinlich in diesem abgelegenen Tal ihr Versteck hatten.
Die zwei sahen sich an. Grinsten breit.
»Was meinst du, Jorge?«, fragte der eine. »Ist dieser Hombre nicht ein gewaltiger Witzbold?«
Der andere nickte.
»Gewiss ist er das, Chico Bruderherz«, sagte er. »Vielleicht ist er sogar ein Gringo. Die Sonne hat ihn zwar braun gebrannt wie einen echten Sohn Mexikos, und seine Sprache ist ebenfalls genau wie die unsere. Aber trotzdem. Da ist etwas an ihm, das mich an einen verdammten Gringo erinnert.«
»Ihr könnt wohl Gringos nicht leiden?«, fragte Lassiter trocken. »Was wäre wohl, wenn ich wirklich ein Gringo wäre?«
»Dann würden wir dich töten«, sagte Jorge. »Wir haben nämlich einmal vor Jahren allen Gringos den Tod geschworen.«
»Interessant«, sagte Lassiter. »Aber ich kann euch beruhigen. Ich bin nämlich kein Gringo. Also braucht ihr mich auch nicht umzulegen.«
Er sagte es, um Zeit zu gewinnen. Denn er ahnte, dass ihn die beiden Hombres nicht am Leben lassen wollten. Auf gar keinen Fall.
Offensichtlich hatten sie etwas sehr Wichtiges zu verbergen. Und kein Fremder durfte...
Erscheint lt. Verlag | 28.9.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • Cassidy • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g f barner • Indianer • Karl May • Kindle • Klassiker • Laredo • Männer • Nackt • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wyatt-Earp |
ISBN-10 | 3-7517-7315-0 / 3751773150 |
ISBN-13 | 978-3-7517-7315-7 / 9783751773157 |
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