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Gespenster-Krimi 156 (eBook)

Der Wolfsmensch

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7229-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gespenster-Krimi 156 - Frank DeLorca
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Cyrus, der Wolfsmensch, spannte die Muskeln. Im nächsten Atemzug schnellte er los, und das Fensterglas zersplitterte unter dem Anprall. Federnd landete er auf den Fußbodendielen, sah die Frau verlockend nahe vor sich.
Sie bewegte sich nicht, stand stumm da. Ihr Mund war weit aufgerissen, ihre Augen drohten aus den Höhlen zu quellen. Der Anblick des Wolfsmenschen war zu grauenhaft.
Cyrus erhob sich zu voller Größe, ging zwei, drei Schritte aufrecht auf die Frau zu, die immer noch unfähig war, sich zu bewegen. Seine mächtigen Reißzähne blitzten, als er sich auf die Frau stürzte.
Ein wilder Rausch befiel den Wolfsmenschen. Das weiche Fleisch, Muskeln und Adern. Und Blut, das warm und hellrot hervorsprudelte, Blut, nichts als Blut ...

Der Wolfsmensch

von Frank deLorca

Schottland, in den 1950er-Jahren

Schneidender Herbstwind fegte über das Hochland, jagte düstere Wolken über Hügel und Wälder. Wenn die Wolkendecke aufriss, sah man im grauen Zwielicht die schwarzen Uniformen der Gefängnisaufseher von Ra‍l‍u‍ch Manor. Vor ihnen auf dem Acker kauerte die lange Reihe der Frauen, die Kartoffeln ausgruben und sie in geflochtene Körbe warfen.

Miriam Imlach sah sich vorsichtig um, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen. Der Feldrand war unmittelbar vor ihr. Gleich dahinter befand sich der tiefe Graben, in dem dunkles, mooriges Wasser gluckste.

Plötzlich warf sich Miriam nach vorn und rutschte die feuchte grasbewachsene Böschung hinunter. Das Was‍ser griff nach ihr, zerrte an ihrer Kleidung.

In diesem Moment scholl ein lang gezogenes schauriges Heulen über das Hochland. Es klang wie das Heu‍len eines Wolfs. Und doch auch anders ...

Die eisige Kälte traf Miriam wie ein Schock. Sie biss die Zähne zusammen und begann zu schwimmen. Die Strömung half ihr, voranzukommen.

Sekunden später war Halbdunkel über ihr.

Die Brücke.

Miriam atmete auf, hielt sich an einer glitschigen Bohle fest.

Erst jetzt hörte sie laute Rufe, Befehle, die von heiseren Männerstimmen gebrüllt wurden.

Sie wusste, dass sie keine Sekunde vergeuden durfte, wenn ihr die Flucht gelingen sollte.

Wieder erklang das schaurige Heulen. Es ließ selbst die rauen Stimmen der Aufseher verstummen.

Miriam erstarrte. Das Blut gefror ihr in den Adern ...

»Sammeln!«, brüllte John Inverness. Seine Stimme übertönte das Heulen, das jetzt verstummte. »Beeilt euch, Männer, hierher!«

Der untersetzte, bullig wirkende Beamte stand breitbeinig am Rand des Feldes. Sein Gesicht lag im Schatten der schwarzen Schirmmütze. Nur seine stechenden Augen waren zu erkennen. Augen, die mit gebieterischer Strenge über die Szenerie glitten, alles erfassten, nichts übersahen.

Und doch war er einen Moment unaufmerksam gewesen. Aber ihm war deshalb keine Wut anzusehen.

Die Männer kamen herangelaufen. Nur zwei von ihnen blieben zurück, hielten die übrigen Frauen in Schach. Keine wagte es, sich zu rühren. Alle zwölf hockten sie noch in den Ackerfurchen, die Köpfe gesenkt, die Weidenkörbe mit den Kartoffeln neben sich.

Miriam Imlach war die dreizehnte gewesen. Aber noch hatte sie es nicht geschafft. Und es würde ihr auch nicht gelingen. Keine war ihm jemals entkommen. Viele hatten es versucht. Alle waren sie in ihr eigenes Verderben gerannt.

Aber diese Frau ... Sie war gerissener als alle bisherigen. Sie war intelligent, hatte sich unterwürfig und zahm gezeigt und ihn dadurch getäuscht.

Die Beamten bildeten einen Halbkreis vor Inverness. Schweigend, devot, auf den Befehlsempfang wartend. Sie trugen die gleichen Schirmmützen wie er, die gleichen schmucklosen Uniformjacken. Nur die Silberlitze auf seinen Schulterstücken unterschied Inverness von den anderen. Er machte eine knappe Handbewegung.

»McLean!«

Einer der Beamten trat einen halben Schritt vor. »Sir?«

»Sie überwachen den Rückmarsch zum Hof! Die beiden Männer reichen dafür als Unterstützung aus. Sie brechen sofort auf!«

»Jawohl, Sir!« McLean machte kehrt und eilte mit schnellen Schritten davon, zurück zu der Reihe der geduckt hockenden Frauen, die alle die gleiche derbe Arbeitskleidung trugen.

Die schwarze Erde des Kartoffelackers erstreckte sich über mehr als fünf Morgen in dem Tal, das von bewaldeten Hängen umgeben war. Die tiefe, schnurgerade Furche des Grabens begrenzte den Acker im Norden. Gleich dahinter begann finsterer Wald mit dichtem Untergehölz. Der schlammige Feldweg, der die östliche Grenze des Ackers bildete, setzte sich hinter der Bohlenbrücke als Waldweg fort.

Ein knappes Kommando von McLean scholl herüber, während Inverness die restlichen sieben Beamten einteilte.

Nur wenige Minuten waren vergangen, als die Uniformierten in zwei Gruppen loszogen. Inverness hatte zwei Männer bei sich und wählte den Weg, der zur Brücke führte. Die andere Gruppe, aus vier Beamten bestehend, folgte ein kurzes Stück den Frauen, die sich bereits nach Osten in Marsch gesetzt hatten. Dann änderte die zweite Gruppe jedoch die Richtung, überquerte den Graben nach Norden und tauchte im Wald unter.

John Inverness zog den Kinnriemen seiner Schirmmütze herunter, spannte ihn unter seinen kantigen Kieferknochen fest. Die beiden Männer taten es ihm nach. Es war wie ein unausgesprochener Befehl. Und gleichzeitig die Vorbereitung auf die Suche im dichten Unterholz des Waldes.

Inverness ging voran. Wenige Schritte vor der Brücke streckte er den linken Arm schräg nach unten aus.

Sofort verlangsamten die Männer ihre Schritte.

Inverness zog den schwarz lackierten Schlagstock aus der Lederschlaufe an seinem Koppel. Dies konnten die beiden anderen ihm nicht nachtun, denn nur ihr Vorgesetzter besaß einen solchen Knüppel, der aus Hartholz gefertigt war. Schusswaffen wurden bei den Arbeitseinsätzen nicht geführt. So besagte es die Vorschrift. Trotzdem wussten die Beamten, dass Inverness und sein Stellvertreter McLean meistens eine Pistole unter ihrer Uniformjacke trugen.

Inverness pirschte sich bis zur Brücke vor. Lauernd verharrte er vor der Grabenböschung, spähte hinunter zum Wasser, das um moosbewachsene, glitschige Pfähle spülte, von denen die Bohlen der Brücke getragen wurden.

Nach wenigen Sekunden entspannte sich Inverness' Haltung. Er winkte die beiden anderen heran. Sie waren sofort zur Stelle.

»Hier ist sie nicht mehr«, knurrte er. »Wir müssen uns in den Wald vorarbeiten. Conally, Sie bleiben diesseits des Grabens und bewegen sich langsam in südlicher Richtung! Für den Fall, dass sie wieder aus dem Wald auftauchen sollte.«

»Jawohl, Sir!«, rief Conally, und seine Haltung straffte sich dabei.

»Los jetzt!«, befahl Inverness und gab dem anderen ein knappes Handzeichen.

Hart polterten die eisenbeschlagenen Stiefelabsätze der Männer über die Bohlenbrücke. Wenig spä‍ter wur‍den ihre Schritte vom weichen Waldboden verschluckt.

Am ganzen Leib zitternd, verharrte Miriam Imlach zwischen kühlem Farn und den Zweigen des Buschwerks. Sie spürte nicht die Schmerzen, verursacht von den Zweigen, die ihr ins Gesicht gepeitscht waren. Sie spürte nicht die Kälte, nicht die Last der nassen Kleidung.

Aber die Angst peinigte sie. Schmerzhaft hämmerte ihr Herz ge‍gen die Rippen. Ihr Atem ging stoßweise. Sie wagte nicht, sich zu bewegen.

Nur undeutlich hörte sie die Männerstimmen.

Dann, plötzlich, das Poltern der Stiefel auf der Bohlenbrücke.

Die Verfolger waren nahe.

Miriam riskierte es nicht, ihr Versteck zu verlassen. Sie war si‍cher, dass das leiseste Rascheln genügen würde, um die Männer auf sich aufmerksam zu machen.

Kurz darauf waren die Schritte der Verfolger nicht mehr zu hören. Es verstärkte Miriams Angst.

Aber noch hatte sie eine Frist. Noch war sie in Sicherheit, konnte ihren Verstand gebrauchen, um das Beste daraus zu machen.

Plötzlich hörte sie das Rascheln des Grases, begleitet von den dumpfen Lauten der Schritte auf dem moorigen Erdboden.

Sie hielt den Atem an, spähte durch die Zweige, die nur einen undeutlichen Blick ermöglichten.

Dann sah sie die Silhouette des Mannes, die schwarze Uniform.

Er ging auf der anderen Seite des Grabens, ging langsam, ließ sich Zeit, als gäbe es nichts auf der Welt, was Eile hätte.

Die Kälte ließ Miriams Körper erschauern. Sie kauerte sich noch tiefer auf den feuchtkalten Waldboden. Ihre Augen waren angstvoll geweitet.

Der Mann kam stetig näher, hatte die Hände auf den Rücken gelegt und blickte aufmerksam herüber.

Miriam hatte das Gefühl, als müsse er sie schon längst entdeckt haben. Sie glaubte nicht mehr da‍ran, dass Buschwerk und Farn Schutz vor seinen Blicken bieten konnten.

Unvermittelt stoppte der Uniformierte seine Schritte.

Deutlich sah Miriam, dass er zur Uferböschung herüberspähte. Und im gleichen Augenblick wusste sie, dass er ihre Spur entdeckt hatte, die sie im Gras hinterlassen hatte.

Der Mann stand regungslos, und eine eisige Hand kroch über Miriams Rücken.

Aber dann ging der Uniformierte einfach weiter, setzte seinen Weg fort. Er stieß keinen lauten Ruf aus, um Inverness zu verständigen. Ja, er achtete nicht einmal mehr auf die Uferböschung.

Miriam begriff nicht. Welchen Grund hatte dieser Mann, der zu ihren Bewachern gehört hatte, seine Entdeckung nicht hinauszuschreien?

Eine düstere Wolkenbank schob sich von Westen herauf. Plötzlich klaffte ein Riss in dieser Wolkenbank. Ein greller Lichtstrahl schoss hervor und blendete die Frau trotz der schützenden Zweige.

Und im gleichen Augenblick tönte wieder das Heulen über das Land. Es schien von überall zu kommen, und es verklang im Nichts, als sich der Riss in der Wolkenbank schloss.

Die Frauen gingen in Zweierreihe, schweigend, die...

Erscheint lt. Verlag 28.9.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-7229-4 / 3751772294
ISBN-13 978-3-7517-7229-7 / 9783751772297
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