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Verheiratet mit zwei Männern -  Sophie Schwarz

Verheiratet mit zwei Männern (eBook)

Meine Ehe mit Jürgen Schwarz und James Parkinson
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
270 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-8200-7 (ISBN)
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Wie lebt man mit einem Mann, der für die Geschwindigkeit lebt, wenn das Leben plötzlich auf die Bremse tritt? In dieser Biographie erzähle ich die bewegende Geschichte meiner Ehe mit dem leidenschaftlichen Motorsportjournalisten Jürgen Schwarz und seinem ständigen Begleiter Morbus Parkinson. Unsere gemeinsame Reise war geprägt von Momenten höchsten Glücks und tiefster Verzweiflung, von Kämpfen gegen Fehlbehandlungen und von der Wichtigkeit, sich selbst gerade in Zeiten größter Herausforderungen treu zu bleiben. Die Geschichte unserer Ehe handelt von der Kraft der Liebe, von Mut, Widerstandskraft und der puren Lebensfreude auch in schwierigen Zeiten.

Sophie Schwarz wurde im Februar 1963 in Oberhausen/Rheinland geboren. Ihr Hauptberuf ist Heilpraktikerin in eigener Praxis mit den Therapieschwerpunkten Homöopathie, Psychotherapie und Psychosomatik. Neben ihrer Praxis- und Seminartätigkeit widmet sie sich ihrer Leidenschaft - dem Schreiben.

Kapitel 11

„Möchtest du noch immer, dass ich dir homöopathisch und naturheilkundlich helfe?“, fragte ich beim Abendessen in einem gemütlichen kleinen Restaurant, in dem wir uns nach einem weiteren Tag des Fahrtrainings und des Fußballspielens mit June stärkten. „Wir sind noch gar nicht dazu gekommen, darüber zu sprechen. Jetzt, wo ich meine Angst vor Passstraßen überwunden habe, bist du dran. Aber nur, wenn du wirklich willst.“ „Und ob ich will, auf jeden Fall. Und jetzt, wo ich dir helfen konnte, fühle ich mich auch besser dabei, dich um Hilfe zu bitten. Was brauchst du, was muss ich tun?“, kam Jürgens prompte Antwort. „Ich brauche dafür nur deine gesamte Kranken- und Lebensgeschichte.“ „Da brauchst du aber sehr viel Zeit und Geduld.“ „Haben wir nicht alle Zeit der Welt?“ Und als die Worte meinen Mund verlassen hatten, hätte ich sie am liebsten rückgängig gemacht, denn eine kurze, aber unendlich tiefe Traurigkeit flackerte in Jürgens Augen auf und kaum hörbar sagte er: „Du bestimmt, ich nicht.“

„Das sehe ich anders. Mit einer solchen Diagnose wie der deinen zu leben, nicht zu wissen, wie schlimm sich die Krankheit entwickeln wird, ist unglaublich schwer. Zu spüren, wie der Körper versucht, sich jeglicher Kontrolle zu entziehen, das kann sich niemand wirklich vorstellen, der das nicht durchlebt. Wie oft führe ich Diskussionen mit meinen Patienten über die Wichtigkeit jedes einzelnen Tages und wie wichtig eine gesunde Lebensführung ist, um sich den Zustand der Gesundheit von Körper und auch Seele zu erhalten, solange es nur möglich ist. Die meisten Menschen nehmen ihre Gesundheit als Selbstverständlichkeit an, mit der sie auch zu oft sehr rücksichtslos umgehen. Du erträgst all diese Symptome schon seit Jahren und das auch noch ganz allein. Keine Partnerin, die dir hilft oder bei der du auch einmal etwas Ballast hättest abladen können, wenn es dir zu viel wurde. Niemand, der wirklich für dich da war und dir sagte: ‚Ich lasse dich nicht allein, auch wenn es ganz schlimm werden sollte.‘ Du hast meine absolute Hochachtung dafür, wie du dein Leben bislang gemeistert hast und auch weiterhin meistern wirst. Vielleicht sind wir uns deshalb begegnet, gerade auch zu diesem Zeitpunkt, weil es an der Zeit war, dass du auch das erlebst, wirkliche Liebe und Zusammenhalt.“

Jürgen schwieg eine Weile und ließ meine Worte auf sich wirken. Dann begann er: „Es kommt in Schüben. Damit meine ich jetzt nicht den Parkinson, obwohl er das auch macht. Aber jetzt meine ich die Erkenntnis, was diese Erkrankung eigentlich bedeutet. Deshalb versuche ich, jeden Tag zu genießen, an dem es mir gut geht. Das sah schon ganz anders aus. Im Moment geht es mir gut, sehr gut sogar. Eigentlich ist es so, seit ich vor ein paar Jahren in dieser Klinik war. Und da hofft man dann, dass es so bleibt oder vielleicht sogar noch etwas besser wird. Also, womit soll ich anfangen?“

„Am bestem am Anfang und damit meine ich nicht den Tag, an dem der Arzt die Diagnose stellte, sondern wann du selbst meinst, dass es angefangen hat. Symptome haben Menschen schon meist sehr lange, nur sind sie häufig so diffus, dass sie nicht mit einem Morbus Parkinson in Verbindung gebracht werden. Wann fing es deiner Meinung nach an?“ Ich hoffte, Jürgen würde mein professioneller Ton nicht stören, aber irgendeine Abgrenzung musste ich für mich schaffen. Aber ich hätte mir darüber keine Gedanken machen müssen. Jürgen besann sich einen Augenblick, dann sprach er: „Wann genau es anfing, kann ich dir nicht sagen. Ich weiß aber noch ganz genau, wann ich das erste Mal an das Wort Schüttellähmung dachte. Ich war 30 Jahre alt und zurückgekommen von einer Rallye-Reise, wie so oft. Im Flugzeug hatte ich bereits den Text vorbereitet. So konnte ich dann gleich vom Flughafen in die Redaktion fahren, um ihn dort fertigzustellen. Abgabe-Schluss, du verstehst? Das war nichts Besonderes, sondern mein Alltag, den ich im Großen und Ganzen so sehr liebte. Ich war müde, richtig müde. Ein langer Flug lag hinter mir. Also nahm ich mir, auch das wie bei mir üblich, meine ich-weiß-nichtwievielte Cola, legte die Beine auf den Schreibtisch, um mich kurz zu sammeln, als plötzlich mein linkes Bein vollkommen unkontrolliert zuckte. Ganz kurz nur. Ich blickte auf mein Bein und massierte es etwas. Zunächst dachte ich an eine Verspannung nach dem langen Flug. Dann zuckte es wieder, dieses Mal etwas länger. Und da ging es mir das allererste Mal durch den Sinn: ‚Du wirst doch wohl keine Schüttellähmung haben?‘“ Jürgen machte eine kurze Pause, noch ganz dem Gedanken an die damalige Situation nachhängend.

„Das Bein gab dann aber wieder Ruhe und ich schob diesen unangenehmen Gedanken beiseite. Der Artikel war wichtiger. Irgendwann fuhr ich nach Hause, fiel einfach nur in mein Bett und schlief. Danach hatte ich Ruhe, wie ich glaubte, denn weder Beine noch Hände zitterten erneut.“ Jürgen machte eine Pause. „Ich kann nur schwer eine andere Problematik beschreiben, die ich hatte. Es war immer eine Unruhe in mir, in meinem Bauch zum Beispiel, so etwas wie ein inneres Zittern, aber es war kein Zittern. Das beeinflusste auch das, was ich essen konnte. Manche Kollegen machten darüber schon Witzchen, wie zum Beispiel über meine gefühlt ständig anwesende Dose Würstchen. Die begleiteten mich eine lange Zeit. Überhaupt aß ich bestimmte Dinge, von denen ich wusste, dass ich sie ohne Bauchgrimmen vertrug, dann auch exzessiv. Das mache ich übrigens heute noch. Irgendwann ging ich dann damit zu einem Arzt, weil ich dachte, es könne ja eine ernstere Ursache für die beständigen Beschwerden geben. Auch bei ihm fiel es mir schwer, zu erklären, was ich eigentlich für ein Problem hatte. Doch der gute Mann hörte sich alles in Ruhe an, befand dann, dass der Grund für mein Problem in meiner Arbeit, meinem Alltag, im vielen Reisen und dem daraus resultierenden Dauer-Jetlag läge. Ich sollte eine längere Auszeit von der Arbeit nehmen und außerdem keine Cola mehr trinken. Dann würde sich die Situation in absehbarer Zeit beruhigen.“

„An den Rat hast du dich offensichtlich nicht gehalten“, sagte ich und deutete lächelnd auf das halbvolle Cola-Glas, das vor Jürgen stand. „Oh, das haben dereinst schon meine Eltern erfolglos versucht mir abzugewöhnen. Ich hoffe, du hältst mir deswegen jetzt keine Predigt.“ „Nein“, erwiderte ich, „das werde ich nicht. Du bist ein erwachsener und intelligenter Mann. Du weißt selbst, dass diese Softdrinks in größeren Mengen nicht gesund sind. Wenn du sie trotzdem trinkst, wirst du auch schon bereit sein, eventuelle Folgen davon zu ertragen. Aber glaube mir, das Leben fragt nicht danach, ob du bereit dazu bist, du wirst sie einfach ertragen müssen. Klug ist es also nicht. Aber du bist nicht mein drittes Kind, erziehen will und werde ich dich ganz bestimmt nicht.“

„Aber ich mag doch kein Wasser“, sagte Jürgen fast schon trotzig. „Geht es im Leben immer nur um das, was man mag? Ich stelle mir dich gerade in einer Wüste vor, alle Cola-Vorräte geleert, du bist dabei zu verdursten. Dann kommt jemand mit Wasser. Würdest du ihn dann wegschicken, weil du Wasser nicht magst und lieber verdursten?“ „Aber noch verdurste ich ja nicht.“ „Bist du dir da so sicher?“ „Darüber muss ich erst einmal nachdenken.“ „Ok, und was geschah nach deinem Arztbesuch?“

„Nichts. Es blieb erst einmal unverändert bei der Gesamtlage. Irgendwann stellten sich dann Phasen heftigen Herzstolperns ein. Das machte mir schon ziemliche Angst und kurzfristig dachte ich sogar, ob der Arzt von damals vielleicht doch Recht gehabt haben könnte und ich eine Pause brauchte. Ich ließ mich deshalb kardiologisch durchchecken und bekam ein absolut gesundes Herz attestiert. Mit einem solchen Herzen könne ich sogar Pilot werden. Das hat mich sehr beruhigt, auch wenn ich das Fliegen doch lieber den echten Piloten überlassen habe. Ich bekam noch den Rat, Ausdauersport zu betreiben, wie Laufen oder auch Radfahren. Meine Ansicht zum Laufen kennst du ja.“ „Warum haben wir Autos, wenn wir dann laufen oder so ähnlich“, versuchte ich ihn zu zitieren. „Genau, aber ich orderte so ein Heimfahrrad und wenn ich vor Ort in Ludwigsburg bin, nutze ich es auch täglich, wirklich.“ „Das ist besser als nichts, immerhin. Finde ich gut.“ „Besser als nichts? Ich bitte dich, ich strenge mich dabei an bis ich schwitze. Da habe ich schon mehr Anerkennung verdient, oder etwa nicht?“ Wir begannen beide zu lachen. Wie lebensbestimmend das Thema Trinken und Bewegung noch werden würde, erahnten wir nicht.

„Also bist du weiter munter durch die Welt gereist, wo auch immer Autos fuhren.“ „Ja, das war und ist mein Leben. Einmal habe ich mir überlegt, eine Auszeit zu nehmen, noch einmal an eine Universität zu gehen und etwas zu studieren, was mir im Gegensatz zu Jura Spaß machen würde. Ich dachte an Amerikanistik oder so etwas. In einem Urlaub allein auf den Malediven, über...

Erscheint lt. Verlag 20.8.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7597-8200-0 / 3759782000
ISBN-13 978-3-7597-8200-7 / 9783759782007
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