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Lassiter 2720 (eBook)

Ritt ins Ungewisse
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6945-7 (ISBN)

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Lassiter 2720 - Marthy J. Cannary
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Das Farmhaus der Madisons lag in völliger Dunkelheit, als die Männer absattelten und sich das Regenwasser aus den Hutkrempen kippten. Sie waren zu fünft aus Grand Lake herübergekommen. Die Bluthunde hatten am Abend angeschlagen und den Trupp auf die Spur von Howard Ewing gebracht. Sie hatten den Hunden Ewings durchgelaufene Schuhe vorgesetzt, die sie tags zuvor im Blend Creek gefunden hatten.
Trotz des Regens hatten die Hunde Witterung aufgenommen und Pinkerton-Agent Joe LeBoeuf und dessen Horde zum Haus der Madison-Familie geführt. Die Madisons standen unter Verdacht, Ewing Unterschlupf zu gewähren. Corky Madison hatte mit Ewing in derselben Konföderierteneinheit gedient.
'Bleibt unten!', knurrte LeBoeuf und beugte sich über das Gewehr. Er deutete auf die Scheune. 'Dort drüben treibt er sich herum! Der Bastard darf die Farm nicht lebendig verlassen!'

Ritt ins
Ungewisse

von Marthy J. Cannary

Das Farmhaus der Madisons lag in völliger Dunkelheit, als die Männer absattelten und sich das Regenwasser aus den Hutkrempen kippten. Sie waren zu fünft aus Grand Lake herübergekommen. Die Bluthunde hatten am Abend angeschlagen und den Trupp auf die Spur von Howard Ewing gebracht. Sie hatten den Hunden Ewings durchgelaufene Schuhe vorgesetzt, die sie tags zuvor im Blend Creek gefunden hatten.

Trotz des Regens hatten die Hunde Witterung aufgenommen und Pinkerton-Agent Joe LeBoeuf und dessen Horde zum Haus der Madison-Familie geführt. Die Madisons standen unter Verdacht, Ewing Unterschlupf zu gewähren. Corky Madison hatte mit Ewing in derselben Konföderierteneinheit gedient.

»Bleibt unten!«, knurrte LeBoeuf und beugte sich über das Gewehr. Er deutete auf die Scheune. »Dort drüben treibt er sich herum! Der Bastard darf die Farm nicht lebendig verlassen!«

Tief im Inneren spürte Howard Ewing, dass man ihm auf den Fersen war.

Das Gespür für drohendes Unheil war ihm in die Wiege gelegt worden, war doch schon sein Vater der Cholera entkommen, die damals in Missouri gewütet und einem Vetter das Leben gekostet hatte. Ewings Vater war der angesehene Senator Bob Ewing gewesen. Er hatte Gesetze gegen Flutdämme am Mississippi erlassen, war für die Chicago & St. Louis Electric Railway zum Präsidenten gefahren und hatte am Ende seines Lebens auf eine erkleckliche Zahl von Erfolgen zurückschauen können.

Von seinem jüngsten Sohn hatte er nichts gehalten.

Die Profession des Sonntagsschullehrers, die Howard einige Jahre lang ausgeübt hatte, war seinem Vater zuwider gewesen. Er hatte darüber gespottet und gescherzt, hatte Howard einen Dummkopf genannt und ihn gefragt, wie in Gottes Namen mit unerzogenen Pennälern Staat zu machen wäre. Hätte er Howard in dieser verregneten Oktobernacht gesehen, wäre sein Urteil kaum milder ausgefallen.

Furchtsam drängte sich Howard an die nasse Scheunenwand.

Er fror und hielt die Winchester umklammert, an deren Lauf das Wasser in feinen Rinnsalen hinunterlief. Das Farmhaus war ein blasser Schatten in der Finsternis, die Kutsche mit ihren feuchten Lederpolstern davor glänzte im Mondschein. Howard war früher damit auf die Felder hinausgefahren, sobald der alte Madison ihm die Pferde angespannt hatte.

Nun war die halbe Welt hinter ihm her.

Oben in Merrice Lake war ihm ein großgewachsener Mann begegnet, dessen stechend blaue Augen unverkennbar waren. Diese Augen hatten ihm versichert, dass Howards Tage gezählt waren. Entschlossen hatte der Fremde gewirkt, und ein Remington hatte in seinem Holster gesteckt.

Der Remington konnte Howard mit Leichtigkeit töten.

Die Trommel mit den .38er-Patronen ließ sich leicht leeren, erinnerte sich Howard, der eine solche Waffe schon selbst besessen hatte. Die Schächte waren blank und gut geölt gewesen, und der Revolver hatte sich so leicht laden lassen, wie man mit ihm geschossen hatte.

Howard fürchtete Lassiters Rache.

Er hatte den zwielichtigen Fremden, dessen Auftraggeber in der amerikanischen Hauptstadt saßen, in einen Hinterhalt gelockt, der beinahe einen tödlichen Ausgang genommen hätte. Allein dem Geschick seines Gegners war es zu verdanken, dass dieser mit dem Leben davongekommen war.

»Bleib an der Scheune!«, hatte Madison ihm zugerufen. Er war ins Haus gegangen und hatte seinen Sohn Daniel verständigt, der sich jedoch nicht vor die Tür gewagt hatte. »Bleib an der Scheune und halt das gottverfluchte Maul!«

An diesen Ratschlag hatte sich Howard gehalten, obwohl er wusste, dass außer Lassiter auch die Pinkerton-Männer um Joe LeBoeuf auf der Farm waren. Sie hatten ihm mit ihren Bluthunden von Grand Lake aus nachgespürt, hatten ihn vor sich her getrieben und würden auf ihn feuern, sowie sich ihnen eine Gelegenheit bot.

Sicherer als je zuvor war Howard dem Tod geweiht.

Er hatte sein Scherflein Glück vom Schicksal erhalten. Einige Jahre lang war er ein gefürchteter Zugräuber zwischen St. Louis und Austin gewesen, hatte fünf oder sechs Leute befehligt, die ihm treuergeben gewesen waren. Auf den verzweigten Routen der Northern Express Company hatten sie Beute gemacht, jedenfalls bis jemand -

Ein Schuss erschütterte die Stille der Madison-Farm.

Durch das nächtliche Dunkel flammte ein Feuerstrahl, der die vor Regen triefenden Wände der Scheune aufleuchten ließ. Die Kugel durchschlug die Bretter zwei Handbreit über Howard und riss ein faustgroßes Loch ins Holz. Sie war hinter dem Farmhaus abgefeuert worden.

Aus der Winchester erwiderte Howard den Beschuss.

Talentiert als Schütze war er nicht, fand er, doch seine Fertigkeiten hatten für die Northern Express gereicht, die seinetwegen fünf Wachmänner auf jeden Wagen gesetzt und dennoch keinen Überfall vereitelt hatte. Howard hatte diese Männer kühlen Herzens abgeknallt, wie sie es nun mit ihm beabsichtigten.

Das Madison-Haus...

Er musste hinübergelangen, musste den alten Corky dazu bringen, ihm eines seiner Pferde zu überlassen. Die Nacht war dunkel genug, dass er entkommen konnte, dass er dem Unvermeidlichen entgehen konnte. Er musste es nur zum Haus schaffen. Er besann sich auf Betty, die nichts von dem Schlamassel ahnte, in den er sich gebracht hatte, und stahl sich von der Scheune fort.

Bis zum Hof gelangte Howard, ohne dass ihn jemand sah, dann bellten die Gewehre seiner Feinde. Er duckte sich unter den Schüssen, die über ihn hinwegsurrten und ein Fenster des Madison-Hauses trafen, und rannte zu dem Regenschauer hinüber, unter dem Corky das Holz für den Stallofen aufgestapelt hatte. Die obersten Scheite riss Howard herunter, schuf sich eine Mulde für die Winchester, legte den Lauf hinein und kniete sich dahinter.

Als er die Sträucher hinter der Scheune aufs Korn nahm, aus denen die meisten Schüsse gekommen waren, bohrte sich kalter Stahl in seinen Nacken. Das metallische Klacken eines Revolverhahns beschied Howard, dass sein Banditenleben zu jenem Ende gefunden hatte, wie er es stets befürchtet hatte.

»Howard«, sagte Lassiter und drückte mit dem Remington fest zu. »Ich hatte gehofft, dass wir uns wiedersehen.«

»Ich hatte auf eine glücklichere Gelegenheit gehofft«, meinte Howard und wandte sich halb um. Er starrte den Mann mit den breiten Schultern an. »Du wirst mich nicht töten, Lassiter. Du bist ein Mann der Gerechtigkeit.«

Wieder krachten Gewehre in den Sträuchern jenseits der Scheune. Der prasselnde Regen verschlang die pfeifenden Querschläger, die von den Mauern des Farmhauses abprallten.

»Ich will dich nicht töten«, sagte Lassiter. »Aber ich muss es.«

Grand Lake, Colorado, vier Wochen zuvor

Der Abendempfang von Mrs. Edna Rockley war von solcher Raffinesse, dass die meisten Gäste über den Abend selbst statt ihre geschäftlichen Absichten sprachen. Sie fanden sich in Gruppen von vier oder fünf Leuten auf Treppenabsätzen, in Foyerecken und am Banketttisch ein und redeten über den gefrorenen Fisch, den Mrs. Rockley per Eilkurier aus San Francisco beschafft hatte. Sie tuschelten über die Opernsängerin, die ein grandioses Ariensolo gegeben hatte, das französische Gebäck, die äußerst köstliche Schokoladenpralinen und die Tatsache, dass sich der Dead Man Saloon, den Mrs. Rockleys Ehemann Jack unter der Woche betrieb, in einen respektablen Rauchsalon nach Pariser Couleur verwandelt hatte.

»Folgen Sie mir!«, führte Mrs. Rockley, eine ältere Dame mit gelocktem, silbernen Haar und blitzenden grauen Äuglein, eine Gruppe Herren in die »Beletage« hinauf. »Sie müssen zugeben, dass ich Ihnen den Mund nicht ohne Berechtigung wässrig mache! Die Speisen sind von exzellenter Qualität! Der Westen ist keineswegs so wenig zivilisiert, wie man es Ihnen an der Ostküste weismachen möchte!«

Aus der Traube gutgekleideter Männer, die Kapitalinvestoren aus Philadelphia waren, schallte Mrs. Rockley ein begeistertes »Hört, hört!« und ein nicht minder frohes »Bravo!« entgegen. Die Northern Express Company hatte mit den Rockleys eine gute Wahl getroffen. Die Gesellschaft hatte sich für das vermögendste Ehepaar in Grand Lake entschieden und es um die Ausrichtung eines Empfanges exorbitanten Ausmaßes gebeten.

»Exorbitant!«, wiederholte Mittelsmann Henry Sherman und riss dabei die Augen auf. Er stand neben Lassiter und hielt ein Weinglas in der Hand, aus dem er bislang nur genippt hatte. »So hatte sich das Board geäußert! Man wollte eine ›exorbitante‹ Atmosphäre, in der sich Investoren einlullen und für die Northern Express begeistern lassen!«

Als ehemaliger Frachtunternehmer war Sherman kein Freund der Northern Express, die in den letzten Jahren sämtliche Postkutschenlinien aufgekauft und durch schlecht verlegte Nebengleise ersetzt hatte. Die Gesellschaft rühmte sich damit, die Gegend um Grand Lake bis hinauf in die Rocky Mountains erschlossen zu haben.

»Mrs. Rockley ist stolz«, sagte...

Erscheint lt. Verlag 31.8.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • Abenteurer • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g-f • GF • g f barner • g f unger • Indianer • jack-slade • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • lucky-luke • Männer • martin-wachter • Nackt • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • sonder-edition • Unger • Western • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-6945-5 / 3751769455
ISBN-13 978-3-7517-6945-7 / 9783751769457
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