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Das Haus Zamis 100 (eBook)

Der Racheengel
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7285-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Haus Zamis 100 - Oliver Fröhlich
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Das Schmuckstück glühte in der Finsternis. Winzige Flammen tanzten darüber hinweg, verbrannten den Bernstein und erloschen. Eine Explosion ließ den Boden erbeben. Staub rieselte von der Decke. Dann kehrte Ruhe ein. Der deutsche Angriff hatte geendet. Für dieses Mal. Aber der nächste würde kommen, das stand fest.
»Was ist das?«, hauchte Wassili. Den Blick hielt er starr auf das brennende Medaillon gerichtet.
»Das Zeichen, das meine Vorväter so gefürchtet haben. Von dem sie gehofft haben, dass sie es nie empfangen würden.«
»Ich verstehe nicht. Was für ein Zeichen?«
»Das Zeichen, dass das Schwarze Zimmer geöffnet wurde ...«

2. Kapitel


Wien (Gegenwart), Georg

»Wir werden einen Sabbat ausrichten, der den Sippen von Wien zeigt, dass die Zamis-Familie stark wie eh und je, nein: noch stärker als jemals zuvor ist«, verkündete Michael Zamis. »Selbst den Todesboten ist es nicht gelungen, uns zu vernichten.«

Er warf eine Handvoll Pulver in die Schale auf dem Tisch, und eine Stichflamme zuckte auf. Ein Geruch nach Schwefel durchzog den Raum. Der Duft der Macht. Das Sippenoberhaupt atmete die gelblichen Schwaden ein, stöhnte genüsslich auf und ließ sich in seinen Stuhl zurücksinken.

Ich saß meinem Vater gegenüber und schnüffelte ebenfalls. Sofort spürte ich die belebende Wirkung des Schwarzwurzelrauchs. Trotzdem fühlte ich mich nicht so selbstbewusst wie mein Vater. Oder sollte ich sagen: selbstherrlich? Das Oberhaupt unserer Familie schien die Situation zu überschätzen. Natürlich, er war den Todesboten entkommen, doch der eigentliche Sieger des Spiels hieß eindeutig Asmodi.

Sowohl Skarabäus Toth als auch mein Vater hatten ihre Pfänder zurückerhalten. Der Schiedsrichter der Schwarzen Familie seine Maske als unerbittlicher alter Mann, der Patriarch unserer Sippe seine Ehefrau Thekla. Doch das Pfand meiner Schwester Coco hatte er einbehalten: ihr ungeborenes Kind. Er hatte ihr zwar eine Chance eingeräumt, ihr Balg wiederzubekommen, wie er sich ausgedrückt hatte, doch dafür musste sie ihm ein paar Gefälligkeiten erweisen. Ich war mir nicht sicher, aber ich wurde den Verdacht nicht los, dass es ihm von Anfang an um nichts anderes gegangen war.

Ich sah zu Mutter, die regungslos mit uns am Tisch saß und in die Ferne starrte. Die Hände lagen gefaltet auf der Tischplatte, als – was für ein absurder Gedanke! – würde sie beten. Die Erinnerung an ihre Rückkehr vor einigen Wochen stand plötzlich wieder vor meinen Augen.

Wie Asmodi es angekündigt hat, klingelt es nur Sekunden, nachdem der Herr der Schwarzen Familie unser Haus verlassen hat, an der Tür. Vater und ich öffnen. Vor der Tür steht sie, Thekla Zamis, mit hängenden Schultern, hängenden Armen, gesenktem Kopf und zerzaustem Haar.

»Komm herein«, sagt Vater.

Sie reagiert nicht.

Zuerst glaube ich, sie widersetzt sich ihm, weil er sie Asmodi als Pfand überlassen hat. Doch dann bemerke ich, dass etwas nicht mit ihr stimmt. Ich lege ihr die Hand unter das Kinn und hebe ihren Kopf an.

Ihr Blick ist leer und geht geradewegs durch mich hindurch. Wie bei einer Untoten.

»Mutter?«, frage ich.

Ihre Lippen zittern, als wolle sie etwas sagen, doch wenn sie das wirklich will, gelingt es ihr nicht.

Ich ziehe die Hand weg, und ihr Kopf sinkt herab. Ich frage mich, wie sie es geschafft hat, an der Tür zu klingeln. Vielleicht hat Asmodi es für sie getan, bevor er verschwunden ist.

Vater nimmt sie bei der Hand. Ohne Widerstand folgt sie ihm in die Richtung, in die er sie zieht. »Was ist geschehen?«, fragt er, erhält aber keine Antwort.

Mutter spricht nicht mehr ...

... und hatte es seitdem nicht wieder getan.

Wir wussten nicht, wo sie die Zeit ihrer Pfandschaft verbracht hatte oder was ihr dort widerfahren war. Nach und nach besserte sich ihr Zustand zwar, häufig reagierte sie sogar auf Ansprache, aber ob sie sich jemals vollständig erholte, stand in den Sternen.

»Sollten wir mit einem Sabbat nicht noch warten?«, fragte ich. »Sieh dir Mutter an, sie ...«

»Ach was!«, fuhr Vater mich an. »Sie wird schon wieder. Notfalls braucht sie sich ja nicht sehen zu lassen. Muss ich dich darauf hinweisen, dass ich das Familienoberhaupt bin, Georg? Dass ich es bin, der die Entscheidungen trifft?«

»Nein, natürlich nicht. Aber was ist mit ... ihnen?«

Mit einer Kopfbewegung deutete ich auf den Sessel an der Wand, in dem mein Bruder Volkart saß. Oder besser, der Körper meines Bruders Volkart. Seit einiger Zeit wohnte darin nicht nur seine schwarze Seele, sondern auch die seines Zwillingsbruders Demian. Zuerst hatten wir befürchtet, Demians Rückkehr aus dem Totenreich habe zugleich Volkart aus seinem Leib befördert, aber das hatte sich glücklicherweise als Irrtum erwiesen. Andererseits waren in einem einzigen Körper gefangene Brüder auch nicht gerade das Unanstrengendste, was man sich vorstellen konnte.

»Was soll mit ihnen sein?«, fragte Vater zurück.

Ich zuckte mit den Schultern, beobachtete die einleiblichen Zwillinge und schwieg. Der Anblick sprach für sich selbst.

»Sieh doch, dort ist wieder einer«, flüsterte Demian. Zumindest vermutete ich, dass es Demian war, denn schließlich war er derjenige, der eine reichlich unnütze Fähigkeit aus dem Totenreich mitgebracht hatte.

Volkart/Demian schaute angestrengt zur Tür. Er zog die Brauen zusammen, sodass sie sich über der Nasenwurzel fast berührten.

»Ich sehe nichts«, sagte er.

»Wie kannst du durch die gleichen Augen schauen und doch nichts erkennen?«, fragte er nur einen Moment später. »Da steht er doch. Ist das einer der toten Winkler-Forcas?«

Volkarts Stimme änderte sich zu einem Jammern: »Wo denn? Sag mir, wo du ihn siehst.«

In tieferer Stimmlage: »Dort neben der Tür. Sein Hals ist aufgeschlitzt. Ach je, er blutet den ganzen Teppich voll.«

Instinktiv blickte ich zur Tür, aber wie Volkart entdeckte ich nichts. Weder einen toten Winkler-Forcas noch sonst eine Leiche oder auch nur das Blut auf dem Boden.

»Nein, doch kein Winkler-Forcas«, sagte Demian. »Ich kann ihn nur schlecht verstehen, weil er beim Sprechen so blubbert.«

»Was sagt er denn?«, fragte Volkart aus dem gleichen Mund.

»Ich bin mir nicht sicher. Irgendwas von seiner Frau, dass sie eine ganz Scharfe war, oder so.«

»Warum glaubt er, dass dich das interessiert?«

»Keine Ahnung. Hör nur, er ist ein Mensch, kein Dämon.«

»Ich höre doch nichts!«

»Ja, ja, ich weiß.« Er lachte auf. »Jetzt versteh ich! Nicht seine Frau war scharf, sondern das Messer, mit dem sie ihn umgebracht hat.«

»Eine Frau nach meinem Geschmack. Sie hätte ihm auch noch die Zunge abschneiden sollen, damit er uns in Ruhe lässt. Was will er von uns ... von dir?«

Als Mitglieder der Schwarzen Familie hatten wir schon viel erlebt, aber selbst auf mich wirkte es gespenstisch, wenn Demian und Volkart sich unterhielten.

»Was willst du?«, brüllte einer der beiden plötzlich, vermutlich Demian. Sekunden vergingen, dann kicherte er. »Das kann nicht dein Ernst sein! Du wendest dich an mich, um einen Mord unter Menschen aufzuklären?«

Das Kichern kippte ins Hysterische. Dann wedelte er mit der Hand.

»Lasst mich in Zukunft mit diesem Blödsinn in Ruhe! Eure Geschichten scheren mich ... – Was wollen sie denn, Demian? – Misch dich nicht ein, Bruderherz, wenn ich ein paar Sachen klarstellen muss. Also, wenn euch etwas nicht passt, könnt ihr immer noch spuken oder ... – So lass ich mich von dir nicht behandeln. Das ist auch mein Körper! – Jetzt hab dich nicht so. Wir unterhalten uns später. – Was soll das heißen, hab dich nicht so? Du hast es mir zu verdanken, dass du wieder da bist. Da habe ich wohl ein wenig mehr Respekt ... – Ich habe nicht darum gebeten, mit dir einen Körper zu teilen. – Ich auch nicht. Und es ist mein Körper, den wir uns teilen. Benimm dich nicht, als wäre ich nur Untermieter in einem ... – Du hast leicht reden. Dich nerven auch nicht andauernd irgendwelche Geistwesen aus dem Jenseits, die dir ihr Herz ausschütten. – Dafür nervst du mich, wenn du mit ihnen sprichst. – Und dabei sind die wenigsten Dämonen! Kannst du dir das vorstellen?«

Ich wandte mich ab und sah wieder meinen Vater an. »Willst du sie auch einsperren bei deinem großen Sabbat?«

»Wenn es sein muss.«

»Und Coco ...«

»Komm mir nicht mit dem undankbaren Gör!«, brüllte Vater. »Sie hat uns den Rücken gekehrt und die Familie im Stich gelassen.«

Das hatte ich zwar etwas anders in Erinnerung, denn immerhin hatte er sie verstoßen, aber ich hatte keine Lust, darüber mit ihm zu diskutieren. »Na schön. Trotzdem glaube ich nicht, dass die Zamis den Eindruck von Stärke bei den Gästen eines Sabbats machen, wenn nur wir sie vertreten. Mit Lydia brauchst du auch nicht zu rechnen, oder meinst du, sie kommt eigens aus London, um sich mit Gesichtsverband unter die Leute zu mischen?«

Michael Zamis drosch mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Schale für die Schwarzwurzeldämpfe einen Satz machte. »Pass auf, was du sagst! Ich entscheide, was gut für unsere Familie ist. Hast du verstanden? Ich! Außerdem weißt du gar nicht, ob die Narbe in ihrem Gesicht nicht längst verheilt ist. Wir haben sie ein ganzes Stück nicht mehr gesehen.«

Und warum wohl?, dachte ich. Weil...

Erscheint lt. Verlag 10.8.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Coco Zamis • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • Dorian Hunter • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Spin-Off • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-7285-5 / 3751772855
ISBN-13 978-3-7517-7285-3 / 9783751772853
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