Lassiter Sonder-Edition 53 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7312-6 (ISBN)
Zwei Kerle packten Lassiter und schleiften ihn bis unter den Galgen. Sie schlangen das Ende des Stricks um seine gefesselten Fußgelenke und zogen ihn dann hoch.
Sekunden später pendelte er einen halben Meter über dem Erdboden. Drei andere Banditen schleppten Samira herbei. Sie wehrte sich verzweifelt, doch gegen die brutale Gewalt der Männer kam sie nicht an.
'Amigos!', rief Concho Culebra. 'Lassiter wird sterben! Und sie', er wandte sich um und deutete auf die halbnackte Samira, 'wird dabei zusehen...'
LASSITERS SCHÖNE KOMPLIZIN
von Jack Slade
Es war so dunkel, dass man die Hand vor den Augen nicht sehen konnte. Es regnete seit Stunden ununterbrochen, und der Mann, der durch die Nacht taumelte, war durchnässt bis auf die Haut.
Nicht nur durchnässt. Auch verwundet.
Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Er hatte die linke Hand auf die rechte Schulter gepresst, um die Wunde zu verschließen, die von der Kugel aufgerissen worden war.
Die Kugel eines Apachen hatte ihn erwischt.
Der Mann wusste nicht mehr, in welche Richtung er sich bewegte. Seine Beine machten nur noch einen Schritt nach dem anderen. Und immer wieder hämmerten seine Gedanken: Weiter! Nur nicht schlappmachen, sonst haben sie dich! Und dann nehmen sie dir deinen Skalp und noch eine ganze Menge mehr!
Apachen!
Ausgerechnet Apachen!
Mit allem hatte er gerechnet, nur nicht mit diesen roten Teufeln! Dabei waren sie doch schon seit Monaten ruhig. Seit Monaten hatte es keine Aufstände mehr gegeben. Die Indianer hatten sich seit der letzten großen Niederlage durch General Canby in ihre Reservate zurückgezogen. Ein Teil von ihnen war nach Florida deportiert worden.
Es hieß, dass wirklich keine Gefahr bestand, durch diesen Teil des Südwestens von Arizona zu reiten. Zumindest keine Gefahr mehr durch Apachen.
Doch dann waren sie plötzlich aufgetaucht.
Zum Teufel mit ihnen!
Und dabei hatte der Mann, der nun durch die Nacht taumelte, alles bis ins letzte Detail durchdacht.
Der Mann war Lassiter.
Er war noch ziemlich zuversichtlich gewesen, als er Rainbow Valley verlassen hatte. Jetzt war er ziemlich am Ende.
Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Und er wusste, dass er so gut wie erledigt war, wenn er dem Verlangen aus seinem Inneren nachgab und sich einfach fallen ließ und liegenblieb.
Wie schlimm doch Müdigkeit sein konnte! Sie konnte einen Mann mehr fertigmachen als eine Verwundung.
Über zwanzig Stunden war er nun schon unterwegs. Die letzten sechs Stunden zu Fuß.
Das Pferd hatten ihm die Apachen unter dem Hintern weggeschossen.
Ein Glück, dass es so schnell dunkel geworden war. Das war seine Rettung gewesen. Die pechschwarze Dunkelheit und der wolkenbruchartige Regen, der plötzlich eingesetzt hatte. Es war der in diesem Landstrich übliche Frühjahrsregen. Innerhalb weniger Stunden füllten sich die ausgetrockneten Arroyos mit Wasser und wurden zu reißenden Strömen, die gleichzeitig Leben brachten und Leben vernichteten.
Lassiters Glieder waren schwer wie Blei.
In ihm war das unbändige Verlangen, sich einfach fallen zu lassen und die Augen zu schließen. Schlafen, viele Stunden schlafen.
Aber das war ein Luxus, den er sich in seiner augenblicklichen Situation nicht erlauben durfte.
Er musste weiter. Zu viel stand auf dem Spiel. Nicht nur für ihn, sondern auch für andere.
Verdammte Apachen!
Sie hatten ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wenn er nicht so viel Glück gehabt hätte, wäre er jetzt schon am Ende seines Trails angelangt.
Plötzlich hörte er durch das Rauschen des Regens und das auf- und abschwellende Fauchen des Windes ein noch lauteres Geräusch.
Er blieb stehen. Horchte nach vorne.
Nicht weit von ihm entfernt schossen die gurgelnden Wasser eines Flusses dahin. Es war ein gleichmäßiges Brausen, das den Wind und den rauschenden Regen übertönte.
Ein Wüstenfluss, der innerhalb kurzer Zeit entstanden war, und von dem morgen schon nichts mehr zu sehen sein würde, weil die ausgetrocknete Erde ihn in sich aufgesaugt hatte wie ein riesiger, unersättlicher Schwamm. Danach würde sich die trostlose Landschaft für ein paar Tage in ein farbenprächtiges Blütenmeer verwandeln, um dann wieder monatelang bis zum nächsten Regen scheinbar tot unter der sengenden Sonne zu liegen.
Lassiter wollte sich abwenden, um eine andere Richtung einzuschlagen. Er wusste, dass es in seinem Zustand ziemlich aussichtslos war, diesen Fluss durchqueren zu wollen.
Doch da stutzte er.
Er spähte schärfer in die Finsternis und sah den winzigen Lichtpunkt. Wie das Auge einer Raubkatze glühte der Punkt in die Nacht.
War es ein Campfeuer, das im Schutz von überhängenden Felsen brannte? Oder fiel das Licht aus dem Fenster eines Hauses?
Lassiter wollte es genau wissen.
Er schritt los in Richtung des brausenden, gurgelnden Wasserlaufs. Erreichte plötzlich eine steile Uferböschung. Merkte zu spät, dass er schon ein winziges Stück zu weit gegangen war.
Unter seinen Stiefeln löste sich eine Erdscholle. Er wollte sich zurückwerfen, aber es war zwecklos.
Mit den Füßen voran sauste er die steile Böschung hinunter, klatschte gleich darauf ins dahinschießende Wasser und tauchte unter.
Jetzt musste er schwimmen.
Prustend kam er wieder an die Oberfläche und kämpfte gegen die unerbittliche Strömung an. Seine Arme peitschten die Fluten, und er vergaß den Schmerz in seiner Schulter und die Müdigkeit in seinen Gliedern.
Ein paar hundert Schritte weiter unterhalb wurde er in einer scharfen Biegung des Flussbetts förmlich ans Ufer geschleudert. Er blieb ein paar Minuten auf der Sandbank liegen und wartete, bis seine aufgepeitschten Lungen sich wieder etwas beruhigt hatten.
Mühsam kam er auf die Füße und kletterte die flache Böschung hoch. Oben spürte er felsigen Boden unter seinen Füßen. An dem Heulen und Pfeifen des Windes erkannte er, dass sich weiter vorne ein ziemlich steiles Bergmassiv erhob, an dem sich der Wind brach.
Er wandte sich nach links und schritt in die Richtung, wo er vorhin den Lichtpunkt erspäht hatte.
Wo Licht brannte, waren auch Menschen. Wenn Lassiter Glück hatte, fand er dort, was er brauchte: Wärme, etwas zu essen, einen Platz zum Schlafen.
Er konnte auch Pech haben und auf Apachen oder Banditen stoßen.
Nach einer Weile sah er wieder das Licht. Und dann erkannte er, dass es der Lichtschein eines Campfeuers war, das in einer Felsenhöhle brannte.
Vorsichtig pirschte sich Lassiter heran. Er legte einmal kurz die Hand auf den Revolverkolben, grinste jedoch fast im selben Augenblick müde über sich selbst.
Der Revolver war nicht zu gebrauchen, weil die Munition völlig durchnässt war.
Lassiters einzige Waffe war das schwere Bowiemesser, aber damit hatte er kaum eine Chance, wenn er auf mehrere Männer stieß, die ihm feindlich gesonnen waren.
Vorsichtig schlich er näher an die Felsen heran. Der Sturm peitschte die Regenmassen gegen das Gestein, und das Wasser floss in vielen kleinen Bächen zum Arroyo hinab.
Lassiter erreichte den Höhleneingang und verharrte hinter einem großen Felsbrocken. Wohltuende Wärme schlug dem völlig durchnässten Mann entgegen, und der Geruch von Kaffee hing in der Luft.
Zwei Männer kauerten vor dem Feuer.
Drei weitere Gestalten lagen etwas weiter entfernt und hatten sich in ihre Decken eingehüllt. Sie schliefen.
Lassiter musste unwillkürlich grinsen.
Nun hatte ihn der Zufall genau zu der Stelle geführt, die sein Ziel war. Diese Männer suchte er.
Die beiden am Feuer waren Don Parson und Jim Winters. Banditen. In ganz Arizona steckbrieflich gesucht. Auf ihre Ergreifung waren hohe Belohnungen ausgesetzt. Tot oder lebendig.
Don Parson war der Anführer des Rudels. Ein hagerer, grauhaariger Mann mit brutalen Gesichtszügen. Ein zweibeiniger Wolf. Ein eiskalter, erbarmungsloser Halunke, der beim geringsten Anlass zum Revolver griff.
»Hallo, das Feuer!«, rief Lassiter halblaut und verschwand fast in derselben Sekunde wieder hinter seiner Deckung.
Und das war gut so.
Die beiden Banditen am Feuer reagierten unheimlich schnell. Besonders Don Parson.
Beim ersten Laut hatte er sich zur Seite geworfen und hielt auch schon den Revolver in der Hand. Und er jagte zwei Kugeln genau in die Richtung, wo eben noch Lassiters Kopf gewesen war.
Das war Don Parsons Art. Erst schießen, dann fragen. Das hatte er sich in den Jahren des Gehetztseins zur Faustregel gemacht.
Es wurde wieder still.
Die beiden Banditen lauerten in der Höhle.
»Ihr braucht nicht zu schießen!«, rief Lassiter. »Ich bin allein und habe keine brauchbare Waffe.«
»Wer bist du, Hombre?«, fragte Don Parson mit rauer Stimme. »Wie bist du hierhergekommen?«
»Ich wurde am Abend von Apachen überfallen«, gab Lassiter zurück. »Ich konnte mit knapper Not entkommen. Vor einer halben Stunde sah ich das Licht und bin durch den Arroyo geschwommen. Kann ich jetzt ans Feuer kommen und mich etwas wärmen?«
»Du hast mir noch nicht deinen Namen genannt«, knurrte Parson.
Lassiter lachte leise.
»Ihr seid aber verdammt misstrauisch!«, rief er. »Ich heiße Lassiter. Und ich komme aus Rainbow Valley.«
»Lassiter?«, fragte Parson, und Überraschung war in seiner Stimme. »Du bist Lassiter, der Mörder?«
Lassiter antwortete nicht sofort.
Er hielt es für besser, wenn er etwas zögerte. Ein Mann, der steckbrieflich wegen Mordes gesucht wurde, gab nicht so ohne weiteres zu, dass er der Gesuchte war.
»Na, was ist, Lassiter?«, rief...
Erscheint lt. Verlag | 17.8.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • Cassidy • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g f barner • Indianer • Karl May • Kindle • Klassiker • Laredo • Männer • Nackt • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wyatt-Earp |
ISBN-10 | 3-7517-7312-6 / 3751773126 |
ISBN-13 | 978-3-7517-7312-6 / 9783751773126 |
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