Lassiter Sonder-Edition 52 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7311-9 (ISBN)
Aus schreckgeweiteten Augen sah Georgia, wie plötzlich wieder Leben in Lassiters Gestalt kam. Er stieß ein qualvolles, langgezogenes Ächzen aus und richtete sich dann auf. Seine Bewegungen waren seltsam steif und abgehackt.
Lassiter sah das lange Drachenmesser, das auf dem Tisch lag, und aus dem Hintergrund schallte die hohle Stimme des Khan aus der Gruft: 'Nimm das Messer, Lassiter! Und dann geh hin und töte! Töte diese Frau!'
LASSITER IN
DER TODESFALLE
von Jack Slade
Der Mann kam von rechts. Lautlos wie ein Schatten und schnell wie der Blitz schoss er auf Lassiter zu. Im Mondlicht blitzte eine lange Messerklinge auf. Lassiter sah keine Möglichkeit mehr, nach irgendeiner Seite hin auszuweichen. Der Angriff kam für ihn viel zu plötzlich. Und viel zu überraschend.
Instinktiv tat er das einzig Richtige. Mit einer geschmeidigen Körperdrehung warf er sich dem Unbekannten entgegen. Er griff gleichzeitig nach dem Handgelenk des Burschen. Die lange Klinge fuhr zwischen seinem angelegten Oberarm und dem Brustkorb hindurch.
Der Angreifer glaubte bereits an seinen Sieg und stieß ein raubtierhaftes, triumphierendes Knurren aus. Und Lassiter spürte, dass die Klinge einen tiefen Schnitt durch die Muskulatur seines linken Oberarms und die Haut seines Rippenbogens gezogen hatte...
Er erkannte sofort, dass es eine unheimlich scharfe und zweischneidige Klinge war. Und er wusste, dass er jetzt schon tot wäre, wenn der Kerl ihn voll erwischt hätte.
Was wollte der Bursche von ihm?
Lassiter besaß nicht viel Geld, und er hatte auch keine Feinde hier in dieser Stadt.
Jetzt sah er das verzerrte Gesicht des Mannes dicht vor sich. Der Bursche hatte erkannt, dass er Lassiter nicht richtig erwischt hatte, und wollte die Hand mit dem Messer jäh zurückziehen.
Lassiter hielt das Handgelenk des anderen weiterhin umklammert, ließ es jedoch trotzdem zu, dass der Messerstecher den Arm zurückziehen konnte. Bis zu einem ganz bestimmten Punkt wartete Lassiter. Er lockerte seinen Griff noch ein wenig und keuchte, als könnte er den Arm des Gegners nicht länger festhalten.
»Stirb!«, zischte der Kerl und warf sich erneut mit aller Macht nach vorne.
Genau damit hatte Lassiter gerechnet.
Er packte wieder fester zu, drehte den Unterarm des Gegners mit einem blitzartigen, unwiderstehlichen Ruck in die andere Richtung.
Der Kerl starrte im nächsten Augenblick in sein eigenes Messer. Und sein eigener Vorwärtsdrang trieb ihn in die Klinge hinein.
Das Messer bohrte sich in seine Brust. Die Klinge verschwand so glatt und leicht in dem Körper des Mannes, wie Lassiter es noch nie zuvor erlebt hatte. Es war, als wäre das Messer in ein Stück Butter gefahren. Als wären weder Haut noch Muskeln noch Knochen vorhanden gewesen.
Der Mann hatte die Augen weit aufgerissen.
Aus seinem Mund drang ein entsetzlicher Schrei, schwoll schrill an, brach sich an den Häuserwänden und erstarb dann in einem Röcheln.
Lassiter hatte den Arm des Mannes bereits losgelassen. Er glitt zur Seite weg und sah zu, wie der Sterbende langsam nach vorne kippte und in der schmalen Fahrbahn der Seitenstraße liegenblieb.
Sofort kniete Lassiter neben ihm nieder und drehte ihn vorsichtig auf die Seite. Der kunstvoll verarbeitete Messergriff ragte aus der Brust des Mannes, und er hielt ihn mit beiden Händen umklammert.
Er atmete noch und sah Lassiter an. Seine weit aufgerissenen Augen begannen bereits ihren Glanz zu verlieren.
»Warum?«, fragte Lassiter. »Was wolltest du von mir?«
Die Lippen des Sterbenden bewegten sich.
»Geld...«, antwortete er mühsam. »Du hast doch Geld...«
Lassiter schüttelte den Kopf.
»Da bist du an die falsche Adresse geraten«, sagte er. »Pech für dich, mein Junge.«
»Aber sie haben doch gesagt, du hättest...«
Er brach mitten im Satz ab. Ein Zittern lief durch seinen Körper. Er riss unnatürlich weit den Mund auf, und mit einem erbarmungswürdigen Ächzen versuchte er noch einmal einzuatmen.
Im nächsten Augenblick fiel er in sich zusammen. Die verkrampften Hände lagen weiterhin um den Messergriff.
Lassiters Blick ruhte auf dem Ende des bronzenen Knaufs. Es war ein grüner Drachenkopf, aus dessen weit aufgesperrtem Rachen spitz und rot die Zunge hervorstach.
Obwohl Lassiter sich für das gesamte Messer interessierte, ließ er die Finger von der Waffe. Die ersten Männer näherten sich bereits, und sie sollten den Toten so sehen, wie er gestorben war. Lassiter hatte keine Lust, unnötige Schwierigkeiten auf sich zu ziehen.
Er richtete sich auf, als die Männer bei ihm waren.
Einer von ihnen trug den Marshalstern auf dem dunkelblauen Hemd. Fragend sah er Lassiter an.
»Ich wurde überfallen, Marshal«, sagte Lassiter. »Dieser Mann hatte das Pech, in sein eigenes Messer zu laufen.«
Der Marshal nickte kurz, kniete neben dem Toten nieder und bog ihm die Finger nach außen, bis er an das Messer herankonnte.
Er zog es aus dem Körper des Mannes und wischte die blutige Klinge an der Kleidung des Toten ab. Jetzt sah Lassiter, dass auch die Klinge mit einem Drachen verziert war.
Ähnliche Messer hatte er schon bei den Chinesen in San Francisco gesehen.
Aber der Tote war kein Chinese. Es war ein Weißer, genau wie alle anderen Männer, die Lassiter und den Marshal umstanden.
»Sagt dem Totengräber Bescheid!«, rief der Marshal. Dann sah er wieder Lassiter an und sagte: »Begleiten Sie mich bitte in mein Office, Mister. Ich muss ein Protokoll aufsetzen.«
Zehn Minuten später saßen sich Lassiter und der Marshal im Office gegenüber. Der Marshal stellte sich vor.
»Lee Mango, mein Name, Mister...«
»Lassiter.«
Der Marshal drehte das lange Messer zwischen den Fingern.
»Haben Sie so ein Ding schon mal gesehen?«, fragte er. »Sagt Ihnen dieser Drachenkopf was?«
»Chinesische Arbeit, schätze ich.«
Lee Mango nickte.
»Dasselbe nehmen wir auch an. Haben Sie eine Ahnung, warum der Mann Sie überfallen hat, Lassiter?«
»Nein«, murmelte Lassiter. »Ich habe nicht mehr als dreihundert Dollar in der Tasche. Dafür dürfte sich solch ein riskanter Überfall wohl kaum lohnen.«
»Haben Sie sonst irgendwelche Reichtümer?«, fragte der Marshal nachdenklich. »Sind Sie wohlhabend?«
»Ich besitze immer nur das, was ich bei mir trage, Marshal.«
In den Augen des Marshals war deutliches Misstrauen zu erkennen. Nach kurzem Zögern sagte er: »Dabei sehen Sie gar nicht wie ein armer Teufel aus. Aber lassen wir das. Vielleicht hat es diese Bande aus einem ganz anderen Grunde auf Sie abgesehen.«
»Eine Bande, Marshal? Ich bin seit gestern Mittag in der Stadt, habe aber noch nichts von einer Bande gehört.«
»Aber sie existiert«, gab der Marshal ernst zurück. »Ich gebe Ihnen einen guten Rat, Lassiter. Seien Sie vorsichtig! Passen Sie auf sich auf! Wenn es die Bande des grünen Drachen auf Sie abgesehen hat, ist Ihr Leben nicht mehr viel wert.«
»Die Bande des grünen Drachen?«, fragte Lassiter. »Nennen sich die Burschen so?«
»Wir nennen sie so.«
»Wir – wer ist das, Marshal?«
»Ich selbst, ein paar US-Marshals, Privatdetektive von Pinkerton. Und Geheimagenten von Wells Fargo.«
»Das ist ja eine kleine Armee«, sagte Lassiter erstaunt.
Seltsam. Jetzt war er schon seit anderthalb Tagen in der Stadt. Aber er hatte kein einziges Wort über diese Bande gehört.
Der Marshal schien Lassiters Gedanken gespürt zu haben.
»Nur ein kleiner Kreis von Eingeweihten weiß um die Existenz dieser Bande«, sagte er. »Deshalb ist es überhaupt nicht erstaunlich, dass Sie noch nichts davon gehört haben.«
»Und warum weiß die Öffentlichkeit nichts?«, wollte Lassiter wissen. Der Marshal schüttelte leicht den Kopf.
»Darüber darf ich nicht sprechen«, sagte er. »Ich kann Ihnen nur eines sagen: Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Bande, die sich mit Banküberfällen, Viehdiebstahl und ähnlichen Verbrechen bereichern will. Diese Bande arbeitet anders. Aber das darf ich Ihnen nicht sagen. Sie brauchen mich gar nicht erst danach zu fragen.«
Lassiter grinste.
»Ganz wie Sie wollen, Marshal. Aber vielleicht komme ich auch so noch hinter dieses Geheimnis.«
Marshal Lee Mango nickte.
»Zumindest werden Sie noch einmal mit der Bande zusammenstoßen. Da bin ich ziemlich sicher. Denn aus irgendeinem Grunde hat man es auf Sie abgesehen. Ich rate Ihnen noch einmal, Lassiter! Seien Sie vorsichtig! Mehr als diesen Rat kann ich Ihnen leider nicht geben.«
Lassiter stand auf und griff nach seinem Hut.
»Ich bin es gewöhnt, auf mich aufzupassen, Marshal«, sagte er gelassen. »So long...«
Der Weg zum Hotel führte ihn durch dieselbe schmale und dunkle Gasse, in der er von dem Messerstecher überfallen worden war. Diesmal achtete er sehr sorgfältig auf seine Umgebung, um nicht ein zweites Mal auf so unliebsame Weise überrascht zu werden.
Und ständig dachte er über die seltsamen Worte des Marshals nach.
Wer war diese geheimnisvolle Bande, die es offensichtlich auf ihn abgesehen hatte?
Warum wollte man ihn töten?
Verwechselte man ihn mit einem anderen Mann? Oder hielt man ihn vielleicht für einen Geheimbeauftragten der Regierung? Für einen der Männer, die auf die unheimliche Bande angesetzt worden waren?
Plötzlich blieb Lassiter stehen. Vor ihm in der...
Erscheint lt. Verlag | 3.8.2024 |
---|---|
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • Cassidy • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g f barner • Indianer • Karl May • Kindle • Klassiker • Laredo • Männer • Nackt • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wyatt-Earp |
ISBN-10 | 3-7517-7311-8 / 3751773118 |
ISBN-13 | 978-3-7517-7311-9 / 9783751773119 |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 1,3 MB
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich